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langsame Reaktion mit Wasser

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Academic year: 2021

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Kampfstoffe

Tabun

Synonyma:

Dimethylaminocyanphosphonsäureethylesther, GA, Dimethylaminoethoxyphosphorylcyanid Formel:

o I

P O C2H5

CN

Beschaffenheit:

weißlich/bräunliche Flüssigkeit je nach Reinheitsgrad, bei gewöhnlichen Temperaturen stabil; Schmelz- punkt: - 5 0 ° C; Siedepunkt: 246° C; Dampfdruck: 0,07 mmHg bei 25° C; Flüchtigkeit bei 20° C: 0,6 mg/1;

gut löslich in organischen Lösungsmitteln;

Hydrolyse: 50 % in 7 h bei pH 4 - 5 , dabei entsteht Blausäure; langsame Reaktion mit Wasser; sehr schnelle Reaktion mit starken Säuren oder Alkalien; Sättigungskonzentration: 0,612 mgl'1 bei 25° C;

Molekulargewicht: 162,3 g/mol; Dichte der Flüssigkeit bei 25° C: 1,073 g/cm3

Verwendung:

wurde 1936 als für den Warmblüterorganismus hochtoxische Substanz synthetisiert. Flüssigkeiten, Dämpfe, Aerosole in Artilleriegranaten, Mörsergeschossen, Minen, Sprühtanks, Raketen. Wegen der ge- ringen Sättigungskonzentration gut geeignet zur Geländevergiftung. Die Anwendung zur Luftvergiftung ist durch Aerolisierung möglich.

Stoffwechselverhalten:

Ist sehr gut lipoidlöslich und wird daher durch die Haut, die Schleimhäute und durch die Augenbindehaut resorbiert, außerdem Inhalationsaufnahme möglich. Die Resorptionsgeschwindigkeit läßt sich durch Zu- satz von Tensiden und Lösungsmitteln erhöhen. Die Elimination aus dem Körper ist quantitativ bedeu- tungslos, deshalb führt eine chronische Exposition zur Kumulation.

Wirkungscharakter:

Bewirkt eine Hemmung der Acetylcholinesterase (AcChE) und der Butyrylcholinesterase (BuChE), die im ersten Fall zu einem Acetylcholinstau führt, der im wesentlichen das Vergiftungsbild bestimmt. Die BuChE hat bislang nur für die Diagnostik eine gewisse Bedeutung erlangt (biochemischer Nachweis). Das Vergif- tungsbild läßt sich pharmakologisch in muskarinartige und in nikotinartige Effekte unterscheiden. Die An- lagerung und damit die Hemmung der AcChE verhindert die sonst übliche spontane Reaktivierung (Halb- wertzeit 1 Millisekunde). Es ist äußerst stabil und langwierig (Halbwertzeit 108 Tage = chemisch reversi- bel, biologisch irreversibel). Tabun »altert« erst nach Stunden, d. h. bildet nach Abspaltung von Substitu- enten eine irreversible kovalente Bindung aus. Der Wirkungsmechanismus von Antidoten beruht grund- sätzlich auf 2 Maßnahmen:

a) Besetzung der muskarinartigen und der nikotinartigen Rezeptoren (bei höchsten Dosen) durch kompe- titive Hemmung mit Atropin.

b) Abfangen der Organophosphate, die noch nicht den Rezeptor erreicht haben und Aufhebung der Bin- dung des Giftes an die Cholinesterase durch ein Oxim, solange noch keine »Alterung« eingetreten ist.

H3C H3C

X N-

D a u n d e r e r - Klinische Toxikologie - 6 7 . Erg.-Lfg. 6/91 1

(2)

Tabun U I - 6 . 3

Kampfstoffe

Toxizität:

LCT50 = 0,15-0,4 mgl '; ICT50 = 0,02-0,1 mgl ' LCT50 p.c. von aerolisiertem Tabun: 40 mgl '

LD50 p.c. von flüssigem Tabun: 1500 mg/Mensch = 20 mgKG ' LD5() oral: 40 mg/Mensch = 0,6 mgKG '

t,: 0-10 Min.

Symptome:

Leichte Vergiftung:

Pupillenverengung innerhalb von 10 Min.; Akkomodationskrampf, Lichtscheu; erhöhte Drüsensekretion (Atemwege, Magen-Darm-Trakt, Haut); Übelkeit; Bradykardie, erhöhter Blutdruck; Verminderung der Aktivität der Plasma- und Erythrozytencholinesterase, ungewolltes Muskelzucken, Schwäche; Unruhe, Angst, Konzentrationsschwäche, Gefühlslabilität, Schlafstörungen, Alpträume; rasche Gewichtsabnahme innerhalb weniger Tage; EEG: Amplitudenabnahme, bes. occipital.

Mittlere Vergiftung:

Tränenfluß; exzessive Bronchialsekretion (»Lungenödem«), Bronchokonstnktion, keuchende Atmung, Dyspnoe. Erbrechen, Bauchkrämpfe, ungewollter Stuhlabgang, Durchfälle; Bradykardie, Blässe, Zyano- se; EEG: Veränderungen von Amplitude und Rhythmus, abnorme Wellenformen wie bei Epilepsie, langsa- me Wellen mit erhöhter Spannung.

Starke Vergiftung:

Atemdepression (Cheyne-Stokes), Schock, Koma.

Sehr starke Vergiftung:

Krämpfe, Atemstillstand, Herz-Kreislaufversagen.

Nachweis:

Schönemann-Reaktion (0,3 ug/ml Empfindlichkeit)/(p-Nitrokenzyl)-pyridin-Methode nach Epstein (75 (ig/ml)

Diisonitrose-aceton-Methode nach Sass (1,5 |xg/ml) Photometrische Messung der PseudoCholinesterase,

Drägersches Gasspürgerät mit Prüfröhrchen für Phosphorsäureester 0,05/a Therapie:

Erste Hilfe:

ABC-Schutzmaske (B2, P3) und Schutzkleidung anlegen, Giftentfernung von der Haut mit Wasser und Seife oder Roticlean® (Fa. C. Roth, Karlsruhe), benetzte Kleider entfernen; Augen reichlich mit Wasser ausspülen; Entfernung des Vergifteten aus der kontaminierten Umgebung unter Beachtung des Selbst- schutzes; künstliche Beatmung mit dem Beutel nur in giftstofffreier Luft oder mit vorgesetztem Filter.

Dekontamination mit Chlorkalk oder Kalziumhypochlorit-Chlorid. Mindestens 3 x 2 mg Atropin i.m. im Abstand von 15 Min. jeweils bis zum Auftreten von einer Hemmung der Schleim- und Schweißsekretion, Erweiterung der Pupille und Tachykardie.

Arzt:

evtl. künstliche Beatmung, Herzdruckmassage, Fortsetzung der Atmungs- und Kreislauftherapie, dann bei gesicherter Diagnose: initial 2 - 10 - 100 mg Atropin i.v. oder i.m. (Kinder: 0,1 mg/kg KG), anschließend nach Bedarf (4 - 200 mg/St) im Dauertropf bis die Vagussymptomatik durch ein Sympatikusbild verdrängt ist. Es könnten bis zu 80 g Atropinsulfat innerhalb von 24 Stunden erforderlich sein. Eine Atropinüberdo- sierung (Hyperthermie, Ileus, Atemlähmung, Koma, extreme Trockenheit der Schleimhäute) verschwindet von selbst. Bei versehentlicher (Verwechslung) Atropintherapie; initial 0 , 5 - 2 , 0 mg Physostigminsalicylat (Anticholium® Fa. Köhler) i.m. oder i.v. injizieren; bei Bedarf Wiederholung bis zur Beseitigung der toxi- schen Symptome, jedoch nicht bei Atropinüberdosierung eines Alkylphosphat-Vergifteten.

Obidoximgabe wertlos.

2 Daunderer - Klinische Toxikologie - 67. Erg.-Lfg. 6/91

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Kampfstoffe Tabun ffl-6.3

Zusätzliche Behandlung: Diazepam (Valium®) 10-20 mg i.v./i.m. pro die; Volumensubstitution, Elektro- lytsubstitution.

Prognose: Leichte Vergiftungen werden ohne Folgen überwunden. Mittelschwere Vergiftungen bedürfen über Wochen und Monate der ärztlichen Hilfe. Bei Überlebenden starke psychische Probleme (Depressio- nen).

Literatur:

DAUNDERER, M.: Therapie der schweren Alkylphosphatvergiftung. Med.Klin. 79 (1984), 400 (Nr. 16) FRANKE, S.: Lehrbuch der Militärchemie, Bd. 1, Berlin, Militärverlag der DDR (VEB), 1977

HELM, IL, WEGER, N.: Grundzüge der Wehrtoxikologie. Wehrmedizin, Rebentisch, U.S.-Verlag, München 1980 JACOBSEN, U.: Chemische Kampfstoffe. Geo-Verlag, Bonn 1969

LOHS, K.-H.: Synthetische Gifte. 4. Auflage, Militärverlag der DDR (VEB), Berlin 1974 MOESCHLIN, S.: Klinik und Therapie der Vergifteten. 5. Auflage, Georg Thieme, Stuttgart 1972

MüMENTHALER, M.: Die C-Katastrophe-Maßnahmen gegen Nervengifte. Zivilverteidigung Heft IV, Ferdinand En- ke-Verlag, Stuttgart 1980

WEGER, N.: Chemische Katastrophen und ihre Bewältigung. Therapiewoche 31,2392-2396, Verlag G. Baun, Karls- ruhe, 1981

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