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Auktionen. Diese eignen sich aber nicht für alle Artikel und Marktsituationen. Bei professio-

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1. Relevanz

Auktionen sind weder neu, noch be- schränkt sich ihre Anwendung auf Stan- dardgüter (commodities). In verschie- denster Ausprägung sind sie bereits aus der Zeit zirka 500 v. Chr. bekannt (vgl.

Smith 1987, S. 138). Dass Auktionen nicht alleine für Standardgüter, also nicht abnehmerspezifische und wenig komplexe Beschaffungsobjekte, an- wendbar sind, zeigen die Versteigerun- gen von Kunstgegenständen oder der auktionsbasierte Verkauf der Crédit-Ly- onnais-Anteile des französischen Staats im November 2002. Es stellt sich zu- nächst also die Frage, in welchen Situ- ationen Auktionen einsetzbar sind.

Oft werden Online-Beschaffungs- auktionen auch als Indiz dafür darge- stellt, dass der Einkauf in präkooperati- ve Verhaltensmuster zurückverfiele.

Dem liegt die Annahme zugrunde, die

«Partner» in der Retail Value Chain seien von einer allumfassenden Ko- operationsphilosophie beseelt, und integrative Verhandlungen seien distri- butiven überlegen. Die Kettenmit- glieder hingegen verneinen die reale Existenz einer «Kooperationsroman- tik» und betonen die Leistungspartner- schaft, die stets mit harten und in der Regel fairen Verhandlungen verbunden sei. Wir werden daher die Unterschiede und die komparativen Vor- und Nach- teile von traditionellen Verhandlungen und auktionsintegrierten Verhand- lungen herauszuarbeiten haben.

Aktuelle Studien zeigen, dass zwi- schen 35 und 50 Prozent der grösseren Unternehmen (über EUR 100 Mil- lionen Beschaffungsvolumen) Online- Beschaffungsauktionen nutzen. Das durchschnittliche wertmässige Be- schaffungsvolumen, das über solche Auktionen abgewickelt wird, ist mit weniger als 15 Prozent noch moderat;

einige Unternehmen setzen aber bereits für über 25 Prozent ihres kompletten Beschaffungsvolumens Auktionen ein.

Mit einer jährlichen Wachstumsrate von 10 bis 15 Prozent steigt die Verbreitung von Beschaffungsauktio- nen zurzeit stark an (vgl. Kauf- mann/Carter 2003). Man kann davon ausgehen, dass Auktionen in der Zukunft in zahlreichen Branchen zu einem wichtigen Absatz- beziehungs- weise Beschaffungsinstrument werden (vgl. Kaumann 2002, S. 28). Initiiert werden die Auktionen dabei hauptsäch- lich seitens der Beschaffung, und zwar mit zwei Zielen (vgl. Porter 2000;

Vollrath 2001): Eine erhöhte Transpa- renz soll die Lieferanten zur Preis- senkung bewegen, das heisst dem beschaffenden Unternehmen eine Re- duzierung der direkten Kosten ermög- lichen; eine rasche Durchführung des Beschaffungsprozesses senkt zudem auch häufig die indirekten Kosten für die Beschaffung (Prozesskosten).

2. Basis der Aussagen – Grundzüge der Forschungsmethodik

Die Analyse der wissenschaftlichen Literatur zeigt, dass Auktionen – vor al- lem aus mikroökonomischer Perspek- tive – zwar bereits fundiert behandelt wurden (vgl. z. B. Engelbrecht-Wig- gans 1980; Klemperer 1999; Mc- Afee/McMillan 1987; Milgrom/Weber 1982; Vickrey 1961; Wambach 2002), Online-Beschaffungsauktionen jedoch nicht, schon gar nicht mit empirischen Befunden (vgl. Emiliani 2000; Skiera 1998).

In der zweiten Jahreshälfte 2002 wurden in den USA, England, Frank- reich und Deutschland Tiefeninterviews mit Vertretern aus 35 Beschaffungsab- teilungen, 15 Lieferanten und 7 Ser- vice-Providern geführt. Aufgrund des geringen Forschungsstands wurden Fallstudien grosszahligen Befragungen vorgezogen (vgl. Glaser/Strauss 1967;

Eisenhardt 1989; Yin 1994, S. 3 ff.; Ell- ram 1996, S. 97). Es wurde die dabei übliche Vorgehensweise gewählt, zum Beispiel die Verwendung eines vorab getesteten Gesprächsleitfadens, jeweils zwei Wissenschaftler und zwei Prakti- ker als Gesprächspartner, elektronische Dokumentation, Triangulation und Co- dierung der Ergebnisse.

3. Beschaffungsauktionstypen Man unterscheidet in der Literatur üblicherweise vier Grundtypen von

Online-Auktionen –

jenseits der Kooperationsromantik in Retail Value Chains?

Lutz Kaufmann

Niedrigere Einkaufspreise und effizientere Beschaffungs- prozesse sind die Hauptziele bei

Auktionen. Diese eignen sich aber nicht für alle Artikel und Marktsituationen. Bei professio-

neller Durchführung kann auch die Verhandlungsfairness

steigen.

Prof. Dr. Lutz Kaufmann MBA

Inhaber des Herbert-Quandt- Stiftungslehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Internationa-

les Management, an der WHU (Otto-Beisheim-Hoch-

schule), DE-Vallendar

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Online-Auktionen – 31

jenseits der Kooperationsromantik in Retail Value Chains? · 30 bis 34

Auktionen, genauer von «Verkaufsauk- tionen» (vgl. dazu Klemperer 1999, S. 229; Lucking-Reiley 2000, S. 239 f.;

McAfee/McMillan 1987, S. 702; Mil- grom/Weber 1982, S. 1089 f.). Nachfol- gend werden diese Typen kurz charak- terisiert, jedoch bereits in ihrer Ausprägung als Beschaffungsauktio- nen.

• Bei der englischen Auktion (auch mündliche, offene oder Descending- Bid-Auktion genannt) senken die Lieferanten, ausgehend von einem (hohen) Startpreis, sukzessiv ihre Gebote, bis nur noch ein Lieferant übrig bleibt. Dieser erhält den Zu- schlag für das Objekt und einen Preis in der Höhe seines letzten Gebots.

Bei dieser Auktionsform kennt jeder Lieferant zu jeder Zeit die Gebote der Wettbewerber und kann seine entsprechend anpassen. Sie domi- niert heute mit etwa 90 Prozent Häu- figkeit.

• Die holländische Auktion (auch Ascending-Bid-Auktion genannt) ist das Gegenstück zur englischen Auk- tion. Der Auktionator nennt einen (niedrigen) Startpreis und erhöht ihn in kleinen Schritten so lange, bis ein Lieferant das aktuelle Gebot akzep- tiert. Dieser erhält (wie bei der en- glischen Auktion) den Zuschlag für das Objekt zu dem Preis in der Höhe seines Gebots.

• Bei der verdeckten Erstpreisauktion («first-price sealed-bid auction») ge- ben die Lieferanten einmalig ver- deckte Angebote ab, und der Liefe- rant mit dem niedrigsten Gebot erhält den Zuschlag zu dem Preis in der Höhe seines Gebots. Aufträge der öffentlichen Hände werden häu- fig durch diese Auktionsform verge- ben.

• Die verdeckte Zweitpreisauktion («second-price sealed-bid auction») gleicht der verdeckten Erstpreisauk- tion bis auf die Tatsache, dass der Niedrigstbietende einen Preis in der Höhe des zweitniedrigsten (!) Ge- bots – oft minus eines inkre- mentellen Abschlags – erhält. Diese Form wurde von William Vickrey, 1996 Nobelpreisträger für Wirt- schaftswissenschaften, vorgeschla-

gen und wird daher auch «Vickrey- Auktion» genannt.

Neben den vier Grundtypen existie- ren diverse weitere Auktionsformen (vgl. exemplarisch Amor 2000, S. 53 ff.).

4. Grundlegende Unterschiede zu traditionellen Verhandlungen Zunächst ist festzuhalten, dass Beschaffungsprozesse als «reine» Auk- tionen ohne weitere Interaktion mit den Lieferanten extrem selten vorkommen.

Präziser und realitätskonform ist es, von auktionsintegrierten Beschaffungs(ver- handlungs)prozessen zu sprechen, denn in deutlich über 90 Prozent der Fälle wird lediglich der Beschaffungsob- jektpreis als einziger Verhandlungs- parameter über eine Auktion festgelegt – in einigen wenigen Fällen auch wei- tere Total-Cost-of-Ownership-Parame- ter (vgl. Ellram 2002) und zum Beispiel Pönalien. Alle anderen, vor allem die nicht finanziellen Parameter, sind nicht Gegenstand der Auktion. Nachfolgend werden daher traditionelle Ver- handlungen und auktionsintegrierte Prozesse gegenübergestellt, für die vereinfachend angenommen wird, dass der Preis der einzige Bietparameter in der Auktion sei.

In traditionellen Verhandlungen kann eine Vielzahl von Parametern si- multan verhandelt werden, im auktions- basierten Modus hingegen werden Preis und nicht preisliche Verhandlungs- gegenstände getrennt. Traditionelle Verhandlungen sind auch bezogen auf die Verhandelnden ganzheitlich, denn es können «alle Sinne» eingesetzt wer- den, eine Online-Auktion bezüglich des Beschaffungspreises hingegen ist un- persönlich und rein faktenbasiert. Für die Lieferanten ist in Auktionen die Transparenz relativ hoch – Auktionen bilden die Wettbewerbssituation glaub- haft ab, was die Rivalität unter den Lie- feranten steigern kann. Ferner können die Lieferanten alle zeitgleich bieten und beim englischen Typ auch zahlrei- che Gebote abgeben; es kommt in der Regel zu einer Vielzahl von Bietrunden.

Die Lieferanten bieten dabei grundsätz- lich auf derselben Informationsbasis, ein Umstand, der in traditionellen Pro-

zessen, die sich über mehrere Wochen hinziehen, aufgrund dynamischer Wett- bewerbsumfelder zumeist nicht ge- geben ist. Diese Ausführungen zeigen, dass traditionelle Verhandlungen immer möglich sind, Auktionen jedoch nur un- ter bestimmten Bedingungen. Dies ist zu konkretisieren.

5. Anwendbarkeit von Online- Auktionen für Beschaffungsent- scheidungen

5.1 Beschreibbarkeit des Einkaufs- artikels

«Was man spezifizieren kann, kann man auch auktionieren.» Auf diesen Satz lassen sich die Aussagen auktions- erfahrener Einkäufer reduzieren. Bei der Metro AG beispielsweise wurden von destilliertem Wasser über Compu- ter und Delikatessen bis zu ganzen La- deneinrichtungen mit Kühlsystemen bereits nahezu alle Arten von Waren und Dienstleistungen über Auktionen beschafft. Der Einkaufsartikel oder Ser- vice muss dazu klar definierte Eigen- schaften besitzen, sodass die Lieferan- ten wissen, wofür sie bieten. Die Komplexität ist zwar eine Einfluss- größe, aber keineswegs die einzige oder gar die entscheidende. So werden zum Beispiel logistisch komplexe Leistun- gen im internationalen Warenverkehr mittels der Incoterms für alle Beteilig- ten eindeutig beschrieben. Gleiches gilt für technisch komplexe Güter, wie Farbe für Flugzeuge. Entscheidendes Kriterium für die Auktionierbarkeit ist damit die Beschreibbarkeit.

Dies impliziert, dass der Einkäufer bezüglich aller Parameter, für die nicht während der Auktion geboten wird, Mindestniveaus definiert. Es müssen also für alle nicht auktionierten Para- meter Satisfizierungskriterien (Muss- ziele) erfüllt sein. Hinter dieser Hürde entscheidet in der Tat nur noch der Preis. Dieser stellt das Optimierungs- kriterium (Maximalziel) dar. Zwischen den Parametern werden keine Kompen- sationen zugelassen (z. B. etwas bessere Qualität zu einem etwas höheren Preis).

Bei traditionellen Verhandlungen muss dies nicht so sein. Anders ausgedrückt:

Wenn ein Einkaufsartikel nicht klar spe-

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© Thexis 2003, IMH-HSG, CH-St.Gallen, aus Thexis 3.2003

© Thexis 2003, IMH-HSG, CH-St.Gallen, aus Thexis 3.2003

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zifiziert werden kann, wenn gemeinsam innovative Problemlösungen gefunden werden müssen, wenn Gesamtpakete geschnürt werden müssen, um Kom- promisse zu finden, und wenn sich Spe- zifikationen häufig, stark und/oder un- vorhersehbar ändern, sind Auktionen nicht sinnvoll anwendbar. In solchen Si- tuationen ist ein kreativer, integrativer Verhandlungsstil im traditionellen Mo- dus erforderlich.

5.2 Rivalität zwischen den Lieferanten

Vielfach wird eine Mindestzahl an bietenden Lieferanten als Vorausset- zung für die Anwendung von Auktionen genannt. Service-Provider oder ein- zelne Einkäufer suchen in ihren his- torischen Daten nach Korrelationen zwischen der Bieterzahl und der Ein- sparungshöhe. Auch unsere Untersu- chungen bestätigen, dass an erfolgrei- chen Auktionen mehr Lieferanten teilnehmen als an nicht erfolgreichen (vgl. Kaufmann/Carter 2003). Aller- dings findet die Entscheidung letztlich häufig nur zwischen zwei intensiv kon- kurrierenden Lieferanten statt. Es gibt aber auch zahlreiche erfolgreiche Fälle, in denen von vornherein nur zwei Lie- feranten an der Auktion teilgenommen haben. Uns ist sogar ein Fall einer er- folgreichen holländischen Auktion mit nur einem Lieferanten bekannt – dieser

wusste nicht, dass er der einzige Teil- nehmer war. Abgesehen von solcher- massen exotischen Fällen, ist letztlich der Grad der Rivalität unter den Liefe- ranten entscheidend. Und die Rivalität hängt auch davon ab, ob die Kapazitä- ten der Lieferanten zu wenig ausgelastet sind, ob es sich um einen wichtigen Referenzkunden handelt und Folgeauf- träge wahrscheinlich sind etc. Den Ri- valitätsgrad unter den Lieferanten rich- tig einzuschätzen, ist für den Einkäufer eine Herausforderung.

5.3 Technische und rechtliche Machbarkeit sowie Akzeptanz Die Anwendbarkeit einer Auktion setzt schliesslich auch voraus, dass

• alle Teilnehmer zur Durchführung technisch in der Lage sind,

• der Prozess und sein Ergebnis recht- lich abgesichert sind und

• ein Mindestmass an Vertrauen der Beteiligten in die Prozessfairness vorliegt.

6. Vorteile von Online-Beschaf- fungsauktionen

Sind die beschriebenen Vorausset- zungen gegeben, kann eine Reihe po- tenzieller Vorteile von Auktionen ge- nutzt werden:

• Die Produktivität des Einkaufs kann steigen, da mehr Kontrakte intensiv verhandelt werden können.

• Die Einkäufer sind gefordert, die Be- schaffungsprozesse besser zu struk- turieren und vor allem die Artikel be- ziehungsweise Services klar zu spezifizieren, denn der Erfolg einer Auktion hängt massgeblich von de- ren Vorbereitung ab.

• Die einzelnen Einkäufer fühlen sich teilweise wohler mit Online-Auktio- nen, da der distributive und oft als unangenehm empfundene Part der Preisverhandlung dabei entpersona- lisiert abläuft. Andererseits fühlen sich Einkäufer damit unwohl, eine ihrer als ureigen empfundenen Auf- gaben quasi aus der Hand zu geben:

«Man fühlt sich aussen vor, es ist, als schaute man ein Aquarium an – nur spannender, da sich die Fische ge- wissermassen gegenseitig auffres- sen.»

• Internationale Verhandlungen wer- den verbessert, denn erstens können mehr Preisverhandlungsrunden ohne zusätzliche Reisen durchgeführt werden, zweitens kommt der neutra- lisierende beziehungsweise entper- sonalisierende Effekt insbesondere bei grösseren kulturellen Unter- schieden positiv zum Tragen.

• Zwar ist es im traditionellen Modus ebenso möglich, bis zu dem «wah- ren» Marktpreis zu verhandeln, doch Kapazitätsrestriktionen verhindern dies oft. Ein Einkaufsmanager um-

Abb. 1: Auktions-Anwendbarkeits-Matrix Die Rivalität ist primär dann hoch, wenn

es keine Kollision zwischen Lieferanten gibt

mindestens zwei Lieferanten aktiv bieten

freie Kapazitäten bei den Lieferanten existieren

das Auftragsvolumen für Lieferanten attraktiv ist

Die Beschreibbarkeit ist hoch, wenn

der Einkaufsartikel oder die Dienstleistung eindeutig definierte Attribute hat, die von den Lieferanten verstanden werden und dazu führen, dass diese in der Lage sind, Angebote abzugeben

Markt

Objekt hoch

niedrig

niedrig hoch

Rivalität unter den Lieferanten

Beschreibbarkeit des Artikels bzw. Services

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Online-Auktionen – 33

jenseits der Kooperationsromantik in Retail Value Chains? · 30 bis 34

schrieb diesen Effekt folgendermas- sen: «Eine Auktion ist immer min- destens so gut wie mein bester Ein- käufer.»

• Bezogen auf die Preisverhandlun- gen, steigt auch die Transparenz für das Einkaufsmanagement. Einer der Interviewten brachte dies wie folgt zum Ausdruck: «Jetzt kann ich im übertragenen Sinn in den Verhand- lungsraum hineinschauen – anstatt mich auf die Schilderungen meiner Einkäufer zu verlassen, schaue ich in das System und sehe den Markt.»

7. Fairness und Vertrauen bei Online-Beschaffungsauktionen Schaden Online-Beschaffungsauk- tionen strategischen Partnerschaften entlang der Retail Value Chain? Eine wissenschaftlich fundierte Antwort auf diese Frage lässt sich gegenwärtig noch nicht geben. Einige Beobachtungen und Überlegungen zeigen, dass dies nicht der Fall ist.

Zunächst eignen sich strategische Beziehungen kaum für Auktionen.

Denn in solchen Partnerschaften wer- den oft Probleme gemeinsam kreativ gelöst. Unvollständige Verträge sind an der Tagesordnung, und alle nicht preis- lichen Parameter zu spezifizieren, um dann nur noch den Preis online über eine Auktion zu ermitteln, ist in diesen Fällen praktisch nicht möglich.

Allerdings lassen sich «vertrauens- volle» Beziehungen einem Realitätstest unterziehen: «Wenn mir mein langjäh- riger Lieferant stets zugesichert hat, ich bekäme von ihm die besten Preise im Markt, und bei einer Auktion unter- bietet er selbst seine alten Preise um 15 Prozent, und vier bekannte Wettbe- werber sind noch günstiger, dann frage ich mich, ob ich ihm weiter vertrauen soll.»

Für Lieferanten eröffnet sich eben- falls die Möglichkeit, Vertrauen durch Wissen zu ersetzen: Wenn ein Einkäufer in einer traditionellen Preisverhandlung Preiszugeständnisse zu erzielen ver- suchte, indem er auf günstigere Wettbe- werbsangebote verwies, so musste der Lieferant bisher auf die Richtigkeit der Aussage vertrauen. Bei Auktionen sieht er nun die Höhe der anderen Gebote, be-

ziehungsweise bei Auktionen, in denen lediglich der Rang gezeigt wird, sieht er zumindest, ob es aktuell noch bessere Gebote als seines gibt oder nicht. Der Wettbewerb wird glaubhafter!

Eine weitere Sorge von Lieferanten ist, dass Einkäufer selbst so genannte Phantomgebote platzieren, um den Preiswettbewerb anzuheizen. Bei den meisten Service-Providern kann dies zum einen technisch ausgeschlossen werden, zum anderen existieren viel- fach Verhaltenskodizes, so zum Bei- spiel bei GlobalNetXchange (GNX).

Metro-Mitarbeiter beispielsweise ver- pflichten sich hausintern unter anderem zum Einhalten dieses Kodex. Den «ech- ten» Phantomgeboten ähneln auch solche von Lieferanten, von denen bekannt ist, dass sie im Fall eines Zuschlags nicht ausschreibungskon- form liefern können. Hier handelt es sich um De-facto-Phantomgebote. Die meisten Einkäufer lassen zu Auktionen allerdings nur freigegebene Lieferanten zu.

Einige Unternehmen erarbeiten auch Grundsätze für ihre Beschaffungsauk- tionen. So hat die Metro folgende Gol- den Rules aufgestellt:

• Auctions are complementing the classical way of price negotiation.

• Auctions are set up with the inten- tion to award a business.

• Bids outside of GNX must not be ac- cepted.

• In case of re-bidding the auction has to be re-set up.

• All suppliers receive the same infor- mation and are treated equally.

• No exclusive information for any suppliers.

• Identical rules for all suppliers.

• All bidders have to be potential sup- pliers.

• Auction content has to be transpa- rent.

• All aspects of the final decision should be included within the auc- tion.

• All aspects besides price have to be mentioned.

• Quantity/Volume/Dates of an auc- tion contract are binding.

• Fictitious bids are absolutely forbid- den for all participants.

• All auction data has to be treated confidentially.

Unternehmen, die ihre Regeln gene- rell und je Auktion erläutern und befol- gen, profitieren von einer hohen und stabilen Auktionsreputation im Liefe- rantenmarkt. Ihre Lieferanten konsta- tieren sogar eine höhere Objektivität bei Online-Auktionen als bei traditionellen Verhandlungen.

8. Grundzüge einer Agenda für das Auktionsmanagement

a) Der komplementäre Einsatz von Auktionen wird zunehmen, und Fairnessdiskussionen werden ver- schwinden.

b) Einkäufer und Verkäufer müssen ihre Arbeit disziplinierter und vollständig vor der Auktion ma- chen – es gibt keine Verhand- lungsauszeiten mehr zum Nach- fragen, Nachrechnen, Klären und Nachbessern.

c) Ein effizientes Auktionscontrol- ling muss aufgebaut werden.

d) Auktions-Know-how ist inner- halb eines Unternehmens zwi- schen Einkauf und Verkauf besser auszutauschen, zum Beispiel durch die Etablierung von Centers of Auction Excellence.

e) Service-Provider werden zu- künftig mehr als Informations- und Prozesstreuhänder eingesetzt denn als Outsourcing-Partner für Einkaufsaktivitäten.

f) Es werden sich unterschiedlich ausgefeilte Auktionsdesigns he- rausbilden – von Standard bis Premium. Diese treten zum bekannten Einkaufsintrumenten- mix hinzu.

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© Thexis 2003, IMH-HSG, CH-St.Gallen, aus Thexis 3.2003

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