meistens beim Inzidentalom nicht in- diziert ist, ergibt sich die Frage, ob die endoskopische Adrenalektomie beim Inzidentalom von weniger als 5 cm Durchmesser ethisch überhaupt zu rechtfertigen ist, unabhängig von even- tuell sinnlosen Kosten. Hier wird eine Therapie ohne Indikation propagiert.
Dadurch, dass die Autoren ihr Operati- onsverfahren am häufigsten beim Inzi- dentalom angewandt haben – und das sogar bei Größen bis 2 cm Durchmesser – haben sie sich meiner Meinung nach über geltende Vorstellungen der Me- dizin hinweggesetzt. Nun heben die Autoren darauf ab, dass beim Inzi- dentalom der Größe 3 bis 5 cm eine ge- wisse Grauzone der Operationsindika- tion bestehe. Die zum Beleg zitierten Arbeiten können die eventuelle Er- weiterung bezüglich der Operations- indikation auf einen Durchmesser ab 3 cm nicht anhand von Daten begrün- den, sondern nur durch Zitate von Mei- nungen anderer Autoren oder recht al- ten Originalarbeiten. Auch Junginger und Mitarbeiter geben nicht an, ob bei den von ihnen operierten Inzidentalo- men mit einer Größe von 3 bis 5 cm Gesichtspunkte aufgefallen sind, die ei- nen klaren Grund für eine Indikation einer Adrenalektomie kleinerer Inzi- dentalome ergeben oder ob nicht viel- mehr ihre Ergebnisse die Annahme der Sinnlosigkeit der Adrenalektomie bei hormoninaktiven Inzidentalomen von weniger als 5 cm Druchmesser unter- mauern.
Literatur
1.Reincke M, Allolio B: Das Nebenniereninzidentalom.
Die Kunst der Beschränkung in Diagnostik und The- rapie. Dt Ärztebl 1995; 92: A-764–770 [Heft 11].
Dr. med. Hans Joachim Schmeck-Lindenau Medizinische Klinik I
Zentralkrankenhaus Reinkenheide Postbrookstraße 103
27574 Bremerhaven
Schlusswort
Wir bedanken uns für den Kommen- tar, der es erlaubt auf den kritischen Punkt der Indikationsstellung bei In- zidentalomen mit einer Größe zwi- schen 3 und 5 cm einzugehen. Pro- spektiv randomisierte Studien zur
Verlaufsbeobachtung versus Operati- on bei Inzidentalomen dieser Größe fehlen. Das zentrale Argument für ei- ne Verlaufsbeobachtung ist die Leta- lität der konventionellen Operation von einem Prozent (3). Andererseits kann an spezialisierten Zentren der Eingriff ohne Letalität und mit gerin- ger Morbidität – insbesondere beim endoskopischen Vorgehen – durchge- führt werden, wodurch Nebennieren- karzinome in einem prognostisch gün- stigen Stadium operiert werden und dem Patienten längerfristige Verlaufs- kontrollen erspart bleiben. Im eigenen Patientenkollektiv konnte ein 4 cm großes Nebennierenkarzinom, wel- ches unter der Diagnose eines hormo- ninaktiven Inzidentaloms operiert wurde, frühzeitig entfernt werden.
Der Begriff „hormoninaktiv“ ist rela- tiv, aus endokrinologischer Sicht ha- ben Patienten mit hormoninaktiven Inzidentalomen gehäuft eine Hyper- tonie (55,8 Prozent), eine Hyperlipi- dämie (51,6 Prozent), Übergewicht (33,5 Prozent) und einen Diabetes mellitus (27,7 Prozent) (3). Daten aus neuerer Zeit weisen darauf hin, dass bei kleinen Nebennierenadenomen mit einer durchschnittlichen Größe von 2 cm eine Mehrsekretion selte- ner Aldosteron-Metaboliten vorliegen kann (1). Mit der Entfernung dieser kleinen Adenome normalisiert sich in der Regel der vorher erhöhte Blut- druck. Eine Diagnostik dieser Meta- boliten ist nur in wenigen Zentren möglich und wird nicht routinemäßig eingesetzt. Daneben weisen Inziden- talome weitere hormonelle Abnorma- litäten auf. Nach i.v. Glucosegabe kommt es bei Patienten mit Neben- nierenadenomen im Vergleich zu Nor- malpersonen zu einer signifikant höheren ACTH- und Cortisol-Sekreti- on, was möglicherweise klinisch rele- vant ist (2). Die Operation von Inzi- dentalomen mit einer Größe zwischen 3 und 5 cm ist somit nicht eine „Thera- pie ohne Indikation“, sondern eine durch überzeugende Argumente be- gründete Empfehlung.
Literatur
1.Abdelhamid S et al.: A new subset of mineralcorticoid hypertension with excess of 21-Desoxyaldosterone and Kelly’s-M1 Steroid: Clinical and morphological findings. Endocrinol Metab 1995; 80: 737–744.
2.Beuschlein F et al.: Oral glucose tolerance testing but not intravenous glucose administration uncovers hy- per-responsives of hypothalamo-pituitary-adrenal axis in patients with adrenal incidentalomas. Clin En- docrinol 2000; 52: 617–623.
3. Reincke M et al.: Das Nebenniereninzidentalom. Die Kunst der Beschränkung in Diagnostik und Therapie.
Dt Ärztebl 1995; 92: A-764–770 [Heft 11].
Für die Verfasser:
Prof. Dr. med. Achim Heintz Klinik und Poliklinik für
Allgemein- und Abdominalchirurgie Johannes Gutenberg-Universität Langenbeckstraße 1
55131 Mainz M E D I Z I N
A
A3060 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 46½½½½16. November 2001
Bei akuter perianaler Blutung wird in vielen Algorithmen eine Notfallkolo- skopie vorgeschlagen. Blut im Darmlu- men oder ungenügende Vorbereitung machen jedoch häufig eine Identifizie- rung der Blutungsquelle unmöglich.
Die Autoren berichten über eine re- trospektive Studie bei 90 Patienten mit akuter perianaler Blutung, wobei bei 39 Fällen eine Notfallkoloskopie zum Ein- satz kam. Eine definitive Blutungsquel- le konnte nur bei drei Patienten, eine wahrscheinliche Blutungsquelle bei 26 gefunden werden. Bei vier Patienten wurde eine therapeutische Intervention vorgenommen, die in drei Fällen erfolg- reich war. In den meisten Fällen kam es zu einem spontanen Stillstand der Blu- tung. Hospitalisationsdauer und Pro- gnose waren identisch, gleichgültig, ob ei- ne Notfallkoloskopie durchgeführt oder ob zugewartet worden war. Eine beob- achtete Krankenhausletalität von zwei Prozent stand in keinem Zusammen- hang mit dem Blutungsereignis. w Angtuaco TL, Reddy SK, Drapkin S, Harrell L E, Howden C W: The utility of urgent-colonoscopy in the evaluation of acute lower gastrointestinal tract bleeding: A 2-ear expe- rience from a single center. AM Gastroenterol 2001; 96:
1782–1785.
Dr. T. L. Angtuaco, 1725 West Harrison Street, Suite 206, Chicago, IL 60612, USA.
Notfallkoloskopie verzichtbar
Referiert