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Archiv "Barrierefreiheit: Gespräche mit Dolmetschern" (18.05.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 20

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18. Mai 2012 A 1045 BARRIEREFREIHEIT

Gespräche mit Dolmetschern

Zum Umgang mit gehörlosen und schwerhörigen Patienten im Gesundheitswesen

V

on Gehörlosigkeit sind in Deutschland circa 80 000 Men- schen betroffen, weitere 200 000 sind hochgradig schwerhörig. Ge- hörlose Menschen verfügen über individuell sehr unterschiedliche kommunikative Fähigkeiten. In der Regel benutzen sie die Deutsche Gebärdensprache (DGS). Diese ist eine vollwertige und eigenständige Sprache, die aber manuell-gestische Signale verwendet. Jeder gehörlose Patient hat seit 2002 das verbriefte Recht, mit Ärzten mittels DGS zu sprechen. Dazu wird ein Gebärden- sprachdolmetscher benötigt, den die Krankenkassen finanzieren. Als hilfreich erleben gehörlose Men- schen es schon, wenn Kommunika- tion mittels lautsprachbegleitender Gebärden (LBG) möglich ist. Dabei wird jedes gesprochene Wort mit ei- ner Wortgebärde begleitet und da- mit das Verständnis der Lautspra- che visuell unterstützt. LBG ist als Kommunikationsform anerkannt.

Das gesprochene Deutsch ist für gehörlose Menschen schwer zu er- lernen. Ihre Aussprache (sie sind nicht stumm) bleibt für Außenste- hende oft schwer oder nicht ver- ständlich. Nur maximal 30 Prozent des Gesprochenen kann sich ein ge- hörloser Menschen über das Mund- bild erschließen (Lippenlesen). Den übrigen Inhalt muss er sich aus dem Kontext „zusammenreimen“. Das ist für die Betroffenen anstrengend, viele Missverständnisse sind die Folge. Die Verständigung mit ge-

hörlosen Menschen benötigt mehr Zeit als mit hörenden, schon weil man nicht gleichzeitig etwas ande- res machen und miteinander kom- munizieren kann. Folgende allge- meine Hinweise für den Umgang mit gehörlosen Patienten lassen sich aus dieser Problematik ableiten:

Vermerk der Gehörlosigkeit/

Schwerhörigkeit auf der Kranken- akte des Patienten

Patient muss persönlich ange- sprochen werden, um ihn ins Be- handlungszimmer zu rufen. Dazu ist mindestens Blickkontakt nötig.

Dem Patienten sollte der Weg ge- zeigt werden, oder er sollte beglei- tet werden.

Vor einer Untersuchung oder Behandlung sollten dem Patienten alle Schritte genau erklärt werden.

Wenn während der Behand- lung kein Blickkontakt möglich ist, kann nicht kommuniziert werden.

Notwendige Anweisungen oder Er- läuterungen erfordern eine Unter- brechung und die Wiederherstel- lung des Blickkontakts. Vor Beginn der Untersuchung oder Behandlung können bestimmte Zeichen (zum Beispiel Tippen auf die Schulter) für die Verständigung mit dem Pa- tienten vereinbart werden.

Der Patient sollte umfassend und klar über die gestellte Diagnose und den weiteren Behandlungsver- lauf informiert werden.

Bildgebende Untersuchungs- methoden wie Computer- oder Magnetresonanztomographie sind für den gehörlosen Patienten oft- mals sehr beängstigend. Es muss ihm vorab genau erklärt werden, was auf ihn zukommt, und es muss ihm deshalb die Möglichkeit auf - gezeigt werden, notfalls in den Verlauf einzugreifen. Eine Spiegel- brille ermöglicht ihm den Sichtkon- takt nach „draußen“.

Es sollte geklärt werden, wie man mit dem Patienten Kontakt aufnehmen soll, ob per Fax, E-Mail

oder SMS. Wichtig sind möglichst frühzeitige Terminvereinbarungen, damit der gewünschte Gebärden- sprachdolmetscher bestellt werden kann. Außerdem ist zu klären, wer sich um die Organisation des Gebärdensprachdolmetschers küm- mert, so dass auch die Kostenüber- nahme geregelt wird.

Gebärdensprachdolmetscher sorgen für eine barrierefreie Kom- munikation zwischen Arzt und dem gehörlosen Patienten. Sie übersetzen gesprochenes Deutsch in Gebärdensprache und umge- kehrt, sind unparteiisch und neu- tral. Als hinzugezogene Dolmet- scher sind sie an die besondere Schweigepflicht gebunden. Sie sollen nicht als „Erklärer“ oder

„Sozialassistenten“ oder gar „Be- treuer“ missbraucht werden.

Fotos: dapd

S T A T U S

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A 1046 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 20

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18. Mai 2012

Der gehörlose Patient hat ei- nen gesetzlichen Anspruch auf Nut- zung eines Gebärdensprachdolmet- schers bei der Inanspruchnahme und Ausführung von Sozialleistun- gen. Darin eingeschlossen sind die ärztliche und psychotherapeutische Behandlung.

Die Kosten für den Dolmet- schereinsatz tragen die zuständigen Sozialleistungsträger. Bei ambulan- ten Behandlungen sind das in der Regel die Krankenkassen, bei sta- tionären Behandlungen sind die Kosten bereits in der Fallpauschale enthalten.

Häufig bringen gehörlose Pa- tienten einen Dolmetscher bereits zum Termin mit. Wünscht der ge- hörlose Patient zum vereinbarten

Termin einen Dolmetscher, kann er auch den Arzt oder Psychothera- peuten mit der Bestellung eines Dolmetschers beauftragen.

Wird ein gehörloser Patient als Notfall eingeliefert, sollte eine Liste mit Gebärdensprachdolmet- schern bereitstehen.

Notwendigkeiten beim gedol- metschten Gespräch:

Der Dolmetscher sitzt meist neben dem Arzt/Psychotherapeu- ten, dem Patienten gegenüber, da- bei sollte auf gute Beleuchtung und Vermeidung von Gegenblendwir- kung geachtet werden.

Gesprächspartner des Arztes/

Psychotherapeuten ist der gehörlo- se Patient, nicht der Dolmetscher.

Der gehörlose Patient sollte direkt

angesprochen werden, nicht indi- rekt über den Dolmetscher.

Der Dolmetscher sollte nicht in das Gespräch einbezogen werden.

Der Arzt sollte nicht irritiert sein, wenn er zu einem Menschen spricht, der nicht ihn, sondern den Dolmetscher ansieht. Der Blick- kontakt sollte dennoch mit dem Patienten gehalten werden.

Bei Gesprächen oder Vorträ- gen, die länger als eine Stunde dau- ern, sind zwei Dolmetscher nötig, die im Team zusammenarbeiten.

Dr. Karin Hübener

Im Sinne der besseren Lesbarkeit wurde im weiteren Text nur die männliche Form verwendet. Die Autorin verfasste den Artikel unter Verwendung der Broschüre

„Der gehörlose Patient“, hrsg. v. Deutschen Gehörlo- sen-Bund e.V. (www.gehoerlosen-bund.de).

Auch wenn sich Ärzte unterschiedlicher Fach- richtungen zu einer Gemeinschaftspraxis zu- sammenschließen, bleibt jeder der beteiligten Ärzte auf die Grenzen seines Fachgebiets be- schränkt. Das hat Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

Die Beschränkungen der gemeinsamen und gemeinschaftlichen vertragsärztlichen Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis ergeben sich nicht allein aus Qualifikationsanforderungen und berufsrechtlichen Fachgrenzen, sondern auch durch andere vertrags(arzt)rechtliche Re- gelungen, wie durch die in § 73 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch V vorgegebene Trennung der Versorgungsbereiche. Die darin zugrundelie- genden Ziele der Stärkung der Funktion des Hausarztes, der Begrenzung der ständigen Zu- nahme spezieller fachärztlicher Leistungen und der Beseitigung ökonomischer Fehlentwicklun- gen müssen auch bei der Ausübung der ver- tragsärztlichen Tätigkeit in einer fachübergrei- fenden Gemeinschaftspraxis beachtet werden.

Gerade bei fach- und versorgungsbereichs- übergreifenden Gemeinschaftspraxen ist eine eindeutige Abgrenzung der jeweiligen Leis- tungs- und Versorgungsbereiche erforderlich, weil die Gefahr besteht, dass anderenfalls die Fachgebietsgrenzen, insbesondere aber auch die gesetzlich vorgesehene Trennung der haus- und fachärztlichen Versorgungsbereiche unterlaufen werden. Dies gilt vor allem bei den Gemeinschaftspraxen zwischen haus- und fachärztlich tätigen Internisten.

Im vorliegenden Fall bestand die Gemein- schaftspraxis aus einem Internisten mit Schwerpunkt Gastroenterologie, der an der fachärztlichen Versorgung teilnimmt, und ei- nem Internisten ohne Schwerpunktbezeich- nung, der an der hausärztlichen Versorgung teilnimmt. Der Antrag des hausärztlichen In- ternisten auf gleichzeitige Teilnahme an der haus- und fachärztlichen Versorgung war vom Zulassungsausschuss abgelehnt worden. Die Kassenärztliche Vereinigung wies mit einem Schreiben darauf hin, dass im Fall einer pra- xisinternen Vertretung hinsichtlich der Abrech- nungsgenehmigung auf den Status des aus- führenden und nicht den des vertretenden Arztes abzustellen sei und stellte mit Beschei- den die Abrechnung sachlich-rechnerisch richtig. Hiergegen hatten die Ärzte geklagt. Es stellt nach ihrer Auffassung eine nicht ge- rechtfertigte Benachteiligung dar, wenn jeder nicht zugelassene Internist für den hausärzt- lich tätigen Praxispartner in dessen Versor- gungsbereich tätig werden dürfe, nicht aber der hausärztlich tätige Gemeinschaftspraxis- partner. Einziger Grund für diese Benachteili- gung könne eine Missbrauchsgefahr sein, die jedoch nicht vorliegen würde. Dem ist das BSG nicht gefolgt. Internisten ohne Schwer- punktbezeichnung, welche die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben, nehmen zwingend nur daran teil. Eine gleich- zeitige Teilnahme an der haus- und fachärztli- chen Versorgung ist grundsätzlich ausge-

schlossen. Gegenüber den mit der generali- sierenden Trennung der Versorgungsbereiche verbundenen Zielen müssen die Interessen der Gemeinschaftspraxispartner an einfachen

„Vertretungs“-möglichkeiten, aber auch die Interessen der Patienten an der Behandlung durch einen ihnen vertrauten Arzt zurücktre- ten. Die Gemeinschaftspraxis tritt nach außen als einheitliche Rechtspersönlichkeit auf. Einer Vertretung bedarf es demzufolge in einer Ge- meinschaftspraxis nur, wenn der Ausfall eines Partners nicht durch die anderen Partner auf- gefangen werden kann und deshalb ein exter- ner Arzt hinzugezogen werden muss. Selbst wenn man aber die für eine Vertretung gelten- den Regelungen zugrunde legen würde, ergä- be sich hieraus für den hausärztlich tätigen (praxisinternen) Vertreter nicht die Berechti- gung, vertretungsweise Leistungen zu erbrin- gen, die dem fachärztlichen Versorgungsbe- reich eines Praxispartners zugeordnet sind.

Denn auch die Tätigkeit des Vertreters unter- liegt wie die des Vertretenden Beschränkun- gen durch spezielle Qualifikationsanforderun- gen, das Erfordernis der Gebietsgleichheit so- wie Abrechnungsbestimmungen. In einer fach- und versorgungsbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxis ist damit der dem jewei- ligen anderen Versorgungsbereich zugeordne- te Gemeinschaftspraxispartner nicht berech- tigt, bei Abwesenheit des Partners vertrags- ärztliche Leistungen abzurechnen, die dessen Versorgungsbereich zugewiesen sind. (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2011, Az.: B 6 KA

31/10 R) RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Fachübergreifende Gemeinschaftspraxis

S T A T U S

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