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Peptide oder freie Aminosäuren ein Problem der Elementardiät

Wolfgang F. Caspary

Aus der Abteilung Gastroenterologie und Stoffwechselkrankheiten, (Geschäftsführender Direktor: Professor Dr. W. Creutzfeldt)

Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität Göttingen

Unter Elementardiät wird eine che- misch definierte Diät verstanden, die als Proteinquelle ein Gemisch aus essentiellen und nichtessentiellen Aminosäuren, als Hauptenergieträ- ger Kohlenhydrate in Form freier D- Giukose oder Oligosaccharide, dazu wenig Fett, Mineralstoffe und Vit- amine enthält. Zur Verminderung der Osmolarität sind freie Zucker weitgehend durch Oligo- oder Di- saccharide, zur Optimierung der Re- sorption sind langkettige Fettsäuren in zahlreichen Diäten durch mittel- kettige Triglyceride (MCT) ersetzt.

Elementardiäten besitzen folgende Eigenschaften:

..,. sie haben hohen nutritiven Wert, ..,. besitzen vollständige Resorbier- barkeit und sind damit ballastarm beziehungsweise ballastfrei, ..,. sie sind weitgehend unabhängig von der Digestionsfunktion des Pankreas,

..,. sie haben Einfluß auf die Reduk- tion der intestinalen Bakterienflora, ..,. sie vermindern die Sekretionslei- stung des Magens und des Pan- kreas,

..,. sie weisen gute Wasserlösli.chkeit und Hypoallergenität auf,

..,. sie sind in Trockenform gut haltbar.

Elementardiäten stellen bei zahlrei- chen Erkrankungen eine echte Al- ternative zur parenteralen Ernäh- rung dar und wurden bisher bei den in Tabelle 1 genannten Erkrankun- gen eingesetzt.

Mögliche Nebenwirkungen der Ele- mentardiät sind in Tabelle 2 aufge- führt. Die schlechten geschmackli- chen Eigenschaften sind vorwie- gend durch freie Aminosäuren be- dingt. Diarrhoen können als Folge der relativ hohen Osmolarität dieser Diäten auftreten.

Proteinquelle

Der Vorläufer der sogenannten Astronautenkost enthielt Elementar- diät-ähnliche Nährstoffkombinatio- nen mit meist höhermolekularen Ei- weißen als Proteinquelle. Später wurden diese durch ein definiertes Gemisch essentieller und nichtes- sentieller Aminosäuren ersetzt, um die Resorption von der tryptischen Digestionsfunktion des Pankreas unabhängig zu machen. Aufgrund der Arbeiten des Physiologen Mat- thews, London, und des Gastroente- rologen Adibi, Pittsburgh, USA (2), die zeigen konnten, daß Aminosäu- ren aus bestimmten Di-oder Tripep- tiden besser resorbiert werden als Aminosäuren aus einem Gemisch freier Aminosäuren, erhebt sich die Frage, ob die als Proteinquelle der Elementardiät dienenden ge- schmacksunfreundlichen Amino- säurengemische durch ge- schmacksfreundlichere, weniger os- motisch wirksame und möglicher- weise sogar noch besser resorbier- bare niedermolekulare Oligopeptide ersetzt werden sollten.

Zur eindeutigen wirkungsgerechten Abgrenzung der verschiedenen, heute gebräuchlichen Peptidgemi- sche ist es notwendig, in der No-

Chemisch definierte Elemen-

tardiäten mit freien Aminosäu- ren als Stickstoffträger sind bei zahlreichen Erkrankungen als echte Alternative zur par- enteralen Ernährung anzuse- hen. Oligopeptide sind ge- schmacksfreundlicher, weni- ger osmotisch wirksam und

möglicherweise insbesondere

bei Resorptionsstörungen ef- fektiver resorbierbar als freie Aminosäuren. Auf dem Boden bisheriger Kenntnisse müssen

bestimmte Mindestanforde-

rungen an eine sogenannte

.. Peptid"-Eiementar-Diät ge-

stellt werden.

menklatur deutlich zu unterschei- den zwischen dem Begriff der "Pep- tide" schlechthin, der eine große chemische Stoffklasse weiter Mole- kulargewichtsbereiche (Oiigopepti- de=bis zu 10 Aminosäuren, Poly- peptide=bis 100 Aminosäuren, Ma- kropeptide=>100 Aminosäuren) umfaßt, und demjenigen der "Oligo- peptide", der definitionsgemäß nur Verbindungen von 2 bis 10 Amino- säuren in der Peptidkette enthält.

Vereinzelte klinische Erfahrungen über die Verwendbarkeit einer kom- merziellen Peptiddiät liegen bereits vor. Wissenschaftliche Daten hin- sichtlich ihrer möglichen Überle- genheit gegenüber der bisherigen Aminosäuren-haitigen Elementar-

diät fehlen jedoch .

Ziel dieses Artikels ist es, den mo- mentan propagierten Enthusiasmus bezüglich der Überlegenheit der Peptiddiät auf den Boden der Reali- tät zurückzuführen, mit den bisheri- gen Daten aus der Literatur zu ver- gleichen und abschließend Mindest- anforderungen an die Verwendung eines Peptids als Proteinquelle einer Elementardiät zu stellen.

Historische Betrachtung

Physiologen des 19. Jahrhunderts glaubten, Nahrungsproteine würden

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 5 vom 2. Februar 1978 243

(2)

Elementardiät

Tabelle 1: Indikationen für ei- ne Elementardiät

..,. prä- und postoperative Ernährung

..,. gastrointestinale Fistelbil- dung

..,. Maldigestion und Malab- sorption

..,. chronisch entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) ..,. Phenylketonurie ..,. Tumorkachexie

..,. Patienten unter Strahlen- und Chemotherapie

..,. Intensivpflege ..,. Polytraumatisierte

..,. Diagnostik (Kontrastein- lauf, Koloskopievorbereitung)

Tabelle 2: Nachteile und mögliche Nebenwirkungen einer Elementardiät

0

Schlechte Geschmacksei- genschaft

8

Gastrointestinale Neben- wirkungen

a) osmotische Diarrhoe b) Dumping

8

Störungen des Wasser- haushaltes

a) Überwässerung

b) hypertone Dehydratation c) hyperosmolares, nichtke- totisches Koma

d) osmotische Diurese

0

Hyperglykämie

in der Form von Polypeptiden aus dem Darm resorbiert. Nolf (1907) und Messerfi (1913) bestätigten die- se Ansicht durch den Nachweis der besseren Resorbierbarkeil von Pep- tonen und tryptischer Hydrolysate von Protein im Vergleich zu äquiva- ienten Mengen freier Aminosäuren . Nachdem Cohnheim (1901) zeigte, daß "Darmsaft" Peptone zu Amino- säuren zu hydrolysieren vermochte und nach Proteinresorption im Por- talvenenbluNAbel, 1913, 1914) nur freie Aminosäuren entdeckt werden konnten, setzte sich - nicht zuletzt auch wegen des dominierenden Ein- flusses von Verzar - die Ansicht durch, daß Proteine im Darmlumen vollständig zu Aminosäuren hydroly- siert werden müßten, um als freie Aminosäuren die Membran der Dünndarmepithelzelle du rehdringen zu können.

Neuere Befunde

ln der Folgezeit besehäftigten sich Transportphysiologen überwiegend mit dem Mechanismus der Resorp- tion freier Aminosäuren (1 ). Sie konnten vier verschiedene Amino- säuretransportsysteme abgrenzen.

Zudem konnte durch den Nachweis von Krankheiten mit Fehlen einzel- ner Aminosäuretransportsysteme (unter anderem Hartnupsche Er- krankung, Zystinurie) die von Phy- siologen erarbeitete Spezifität der Transportsysteme auch klinisch ge- stützt werden.

Es wurde gezeigt, daß freie Amino- säuren wie Zucker optimal in Ge- genwart von Natrium aus dem Darm- lumen aufgenommen werden.

Protein - Endverdauung

im Darmlumen oder zellständig?

Im postprandialen Zustand finden sich nach Gabe von Stärke oder auch Disacchariden nur minimale Konzentrationen freier Zucker im Darmlumen. Nach Proteingabe sind ebenfalls nur geringe unterschiedli-

244 Heft 5 vom 2. Februar 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

ehe Konzentrationen freier Amino- säuren im Darmlumen nachweisbar.

Von Disacchariden ist bekannt, daß an der Membran der Epithelzelle auf engem Raum die Endverdauung (Spaltung von Oligosacchariden und Disacchariden) und die Resorp- tion der Spaltprodukte (freie Zucker) stattfinden (1 ).

Schon Fischer zweifelte an der klas- sischen Auffassung des Resorp- tionsmechanismus für Proteine ( = erst vollständige hydrolytische Spal- tung, danach Resorption der resul- tierenden freien Aminosäuren). ln der Tat konnten später zuerst die Arbeitsgruppe von Newey und Smyth (1959/60) und später die Ar- beitsgruppen von Matthews und Adibi (2) zeigen, daß Aminosäuren aus bestimmten Dipeptiden effekti- ver resorbiert werden als die ent- sprechenden freien Aminosäuren (zum Beispiel Glycin aus Glycyi-Giy- cin). Damit kamen die alten Vorstel- lungen der Proteinverdauung um die Jahrhundertwende wieder neu zu Ehren.

Untersuchungen an Patienten mit Hartnupscher Erkrankung, die neu- trale Aminosäuren praktisch nicht

resorbieren können, zeigten, daß Phenylalanin gut aufgenommen werden konnte, wenn es in Form eines Dipeptides verabreicht wur- de.

Diese klinischen Befunde mußten als bedeutsamer Hinweis oder sogar als Beweis für die Existenz eines ge- sonderten Transportweges für Di- peptide neben den bekannten AS- Transportsystemen angesehen wer- den.

Aktueller Stand: Resorption von Aminosäuren aus Proteinen und Peptiden

Nach Denaturierung im sauren pH des Magens wird Protein im Dünn- darm durch tryptische Enzyme des Pankreas (Trypsinogen, Chymotryp- sinogen. Carboxypeptidase A und B) nach Aktivierung durch die in der Bürstensaummembran der Dünn-

(3)

darmepithelzellen gelegene Entera- kinase in freie Aminosäurenund Oli- gopeptide gespalten (Darstellung 1).

Die Endverdauung der Oligopeptide erfolgte durch die Mukosazellen des Dünndarmes selbst. Etwa 15 Prozent der Peptidasenaktivität ist in der Bürstensaummembran der Mukosa- zelle lokalisiert, 85 Prozent der Pep- tidhydrolasenaktivität sind im Zyto- sol der Epithelzelle gelegen. Die Mu- kosazelle ist in der Lage, Peptide bis zu einer Kettenlänge von maximal 4-6 (Tetra-Hexapeptide) Aminosäu- ren zu spalten.

Wenn auch die Untersuchung der Arbeitsgruppe von Matthews und Adibi zwingende Beweise für die Existenz eines Peptidtransportsy- stems liefern, so kann nach heutigen Erkenntnissen doch noch nicht si- cher entschieden werden, ob nach oraler Verabfolgung von Proteinen die Resorption der nach pankreati- scher Verdauung anfallenden Oligo- peptide unterschiedlichster Zusam- mensetzung überwiegend über ein Peptidtransportsystem erfolgt, oder ob die Resorption nach Hydrolyse von Oligopeptiden an der Zellmem- bran in der Form freier Aminosäuren quantitativ bedeutender ist.

Die möglichen Transportmechanis- men für freie Aminosäuren und Ami- nosäuren aus Peptiden (hier: Di- peptid) sind Darstellung 2 zu entnehmen.

Resorption

von Aminosäuren und Peptiden bei intestinalen Erkrankungen Untersuchungen an Patienten mit angeborenen Defekten der Trans- portsysteme für freie Aminosäuren (Zystinurie, Hartnupsche Erkran- kung) haben zwingende Beweise für die nutritive Bedeutung eines von Aminosäuren-Transportsystemen unabhängigen Peptidtransportsy- stems geliefert. Daß Patienten mit einem Defekt der Aminosäurere- sorption keine schwere Malnutrition erleiden, kann nur durch die Auf- nahme von Oligopeptiden über ein Peptidtransportsystem erklärt wer- den. Bei Patienten mit einheimi-

Trypsin

.-"-'--- ---.. Peptide

Protein Chymotrypsin Peptide

Elastase

L - - -- -- • Peptide

Basische Aminosäuren Carboxy Peptidase

B

Carboxy Peptidase

A

kleine Peptide

Neutrale Aminosäuren Darstellung 1: Digestion von Proteinen durch pankreatische Enzyme im Darm- lumen

- -Lumen ---j r---Mucosazelle - - ---i11f - - --Serosaseite - - -

o-o~

J.

o-o----.

I

g_.~--4o T

---.0

1

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I

AS-Resorption

O T

~o Bürstensaumhydrolyse der Peptide folgt Re- sorption von Amino- säuren

0-+0- I~--- --o _ _ _ o ____, f

~ ~ 0 / ---.o

Resorption intakter

<l

I Peptide. Intrazelluläre

0

Hydrolytische Peptid-

0 '--... -

spaltung

T ~ I

0

Aminosäure

(X) Dipeptid

<] Peptidasen

Darstellung 2: Resorptionsmöglichkeiten für freie Aminosäuren und Amino- säuren aus Dipeptiden (modifiziert nach Matthews)

scher oder tropischer Sprue ist die Resorption freier Aminosäuren er- heblich stärker eingeschränkt als die Resorption von Aminosäuren aus Dipeptiden. Auch bei einem Proteinmangel nach intestinaler By- pass-Operation ist die Resorption der Aminosäuren (Leucin) deutlich eingeschränkt, während die Aufnah- me von Aminosäuren aus Dipepti- den (Giycyi-Leucin) nicht reduziert ist. Bedingt durch die unterschiedli- che Störung der Resorption freier

Aminosäuren und der Resorption von Aminosäuren aus Dipeptiden könnten Patienten mit intestinalen Resorptionsstörungen prinzipiell von einer Peptiddiät profitieren.

Resorption freier Aminosäuren und Resorption von Aminosäuren aus Proteinhydrolysaten

Um den nutritiven Stellenwert des Peptidtransportsystems zu charak-

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 5 vom 2. Februar 1978 245

(4)

Elementardiät

terisieren, wurden von verschiede- nen Arbeitsgruppen Untersuchun- gen über die Resorption von Amino- säuren aus einem Proteinhydrolysat im Vergleich zur Resorption eines Gemischs der entsprechenden freien Aminosäuren durchgeführt.

Benutzt wurde ein tryptisches und ein Säurehydrolysat von bovinem Serumalbumin, Casein, Lactalbumin und Lysozym sowie ein Aminosäure- gemisch, das sich aus den in Lact- albumin enthaltenen Aminosäuren zusammensetzte. Nach vollständi- ger tryptischer Verdauung des Lact- albumins lagen 22,9 bis 33,6 Prozent freie Aminosäuren und 66,4 bis 77 Prozent Aminosäuren in Peptidform (2-6 Aminosäuren) vor.

Die Resorptionsrate der Aminosäu- ren aus dem angedauten Lactalbu- min nahm mit zunehmender Dauer der pankreatischen Hydrolyse bei der Ratte zu, das heißt ein Protein- hydrolysat wurde optimal nach voll- ständiger pankreatischer Hydrolyse resorbiert. Die Aminosäuren lagen in diesem vollständigen pankreati- schen Hydrolysat sowohl als freie Aminosäuren als auch in Di- bis He- xapeptidform vor. Bei Vorliegen grö- ßerer Peptide und damit unvollstän- diger pankreatischer Verdauung er- folgte die Resorption langsamer.

Aminosäuren aus dem vollständigen tryptischen Hydrolysat von Lact- albumin wurden mehr als doppelt so effektiv aus einer isolierten Schlinge des oberen Dünndarmes der Ratte (10-30 Zentimeter hinter dem Pylo- rus) resorbiert wie das Gemisch der entsprechenden freien Amino- säuren.

In Perfusionsuntersuchungen des Dünndarmes am Menschen konnte gezeigt werden, daß ein Caseinhy- drolysat (50 Prozent freie Aminosäu- ren, 50 Prozent Peptide aus 2-3 Ami- nosäuren) effektiver resorbiert wur- de als ein Gemisch der entsprechen- den freien Aminosäuren. Dabei stell- te sich heraus, daß die bei der Perfu- sion mit dem freien Aminosäurege- misch erzielte Resorption der einzel- nen Aminosäuren erheblich unter- schiedlicher war als nach Perfusion mit dem Hydrolysat, das heißt die

normalerweise nur langsam resor- bierten Aminosäuren (unter ande- rem Phenylalanin, Alanin, Tyrosin, Serin, Threonin, Histidin) wurden ef- fektiver aus dem Hydrolysat resor- biert, während sich für die sehr ef- fektiv resorbierbaren Aminosäuren Methionin, Leucin, Isoleucin, Argi- nin, Valin und Prolin keine Resorp- tionsvorteile aus dem Proteinhydro- lysat gegenüber dem Gemisch freier Aminosäuren ergaben (4).

Diese Untersuchungen zeigten, daß

— entgegen früheren Ansichten — Aminosäuren aus einem Proteinhy- drolysat (freie Aminosäuren und kleine Peptide der Kettenlänge 2-3 Aminosäuren) etwa 30 Prozent ef- fektiver resorbiert wurden als ein entsprechendes Gemisch freier Ami- nosäu ren.

Nach oraler Gabe einer neuentwik- kelten Peptidfraktion (freie Amino- säuren, Peptide der Kettenlänge 2-6) und dem Aminosäuregemisch aus der entsprechenden Peptidfrak- tion fanden Silk et al. 1976 (5) keine signifikant gesteigerte Verschwin- densrate für die Peptidfraktion ge- genüber dem Aminosäuregemisch aus dem Dünndarm des Menschen.

Serumbestimmungen einzelner Aminosäuren (Glutaminsäure, Ala- nin, Methionin, Threonin, Serin und Phenylalanin) ergaben höhere Se- rumspiegel nach Gabe der Peptid- fraktion als nach Gabe des entspre- chenden Gemisches freier Amino- säuren.

Da nach Angaben der Autoren das Aminosäurengemisch entsprechend seiner höheren Osmolarität stärker verdünnt wurde als das Peptid, könnten die unterschiedlichen Se- rumspiegel der einzelnen Amino- säuren durch den Einfluß der Ma- genentleerung bedingt sein.

Zusammenfassende Beurteilung Tierexperimentelle Untersuchungen und Untersuchungen am Menschen (Perfusionsstudien) zeigen eindeu- tig, daß Aminosäuren aus bestimm- ten Di- und Tripeptiden besser re- sorbiert werden als die entsprechen-

den freien Aminosäuren. Bei Re- sorptionsstörungen (zum Beispiel Sprue, tropische Sprue) ist die Re- sorption freier Aminosäuren stärker eingeschränkt als die Resorption von Aminosäuren aus bestimmten Peptiden. Weniger eindeutig läßt sich derzeit entscheiden, ob Amino- säuren aus binem Proteinhydrolysat (zum Beispiel Casein, Lactalbumin) beim Menschen effektiver resorbiert werden als ein entsprechendes Ami- nosäurengemisch. Mit größter Si- cherheit ist zu erwarten, daß ein Proteinhydrolysat, das Peptide aus mehr als 6 Aminosäuren enthält und damit unvollständig pankreatisch hydrolysiert ist, schlechter resor- biert wird als das entsprechende Ge- misch freier Aminosäuren. Es kann somit festgestellt werden, daß ein Proteinhydrolysat, das etwa 50 Pro- zent freie Aminosäuren und rund 50 Prozent Peptide der Kettenlänge 2-6 enthält, mindestens ebenso gut oder möglicherweise besser resorbiert werden kann als ein komplettes Ge- misch freier Aminosäuren. Aus der Tatsache der effektiveren Resorp- tion von Aminosäuren aus einzelnen definierten Peptiden und Tripepti- den kann nicht generell auf eine bessere Resorption von Aminosäu- ren aus einem nichtdefinierten Pro- teinhydrolysat geschlossen werden.

Beweisende Untersuchungen über die bessere Resorbierbarkeit von Aminosäuren aus kommerziellen peptidhaltigen Elementardiäten beim Menschen liegen noch nicht vor.

Praktische Konsequenzen

Chemisch definierte Diäten, die an Stelle von Aminosäuren Peptide als Proteinquelle zur Verbesserung der geschmacklichen Eigenschaften und Verminderung der Osmolarität enthalten, sollten aus einem Pro- teinhydrolysat bestehen, das sowohl aus freien Aminosäuren als auch aus Oligopeptiden, die nicht mehr als 6 Aminosäuren enthalten dürfen, ge- bildet ist. Sollte ein Proteinhydroly- sat größere Peptide enthalten, ist ein Gemisch an freien Aminosäuren als Stickstoffquelle vorzuziehen. 1>

246 Heft 5 vom 2. Februar 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(5)

1 3 4

Darstellung: Empfindliches Verfahren zum Nachweis von Spurenelementen. 1 Probe mit Spurenelementen. 2 Aktivierung im Kernreaktor. 3 Probe mit radio- aktiven Nukliden. 4 Messung des y-Spektrums zur Ermittlung von Art und Menge der Radionuklide

Impulse

Energie Da bei Resorptionsstörungen (zum

Beispiel Sprue) die Resorption freier Aminosäuren stärker eingeschränkt ist als die Resorption von Dipeptiden und Tripeptiden, könnte eine che- misch definierte Diät auf Peptidbasis unter der oben genannten Voraus- setzung einer Elementardiät aus freien Aminosäuren überlegen sein.

Exakte Untersuchungen über die Resorption kommerzieller Peptid- diäten im Vergleich zu Aminosäu- rehaltigen Elementardiäten sind so- wohl beim Gesunden als auch bei Patienten mit Resorptionsstörungen erforderlich, um die mögliche Über- legenheit der Peptiddiät hinsichtlich ihrer Resorption zu etablieren. Die Mindestforderung für ein Peptidge- misch in einer geschmacklich ak- zeptablen chemisch definierten Diät müßte nach den derzeitigen Erfah- rungen wie folgt aussehen: mehr als 95 Prozent des Gesamtstickstoffan- teils sollten als freie Aminosäuren (10-30 Prozent) oder als Oligopepti- de (70-90 Prozent) von nicht mehr als 6 Aminosäuren vorliegen.

Literatur

(1) Caspary, W. F.: Resorption von Kohlenhy- draten und Proteinen im Dünndarm unter nor- malen und krankhaften Bedingungen, G. Thie- me Verlag, Stuttgart, 1975 - (2) Mat- thews, D. M., Adibi, S. A.: Peptide absorption, Gastroenterology 71 (1976) 151-161 - (3) Rus- sell, R. I.: Elemental diets, Gut 16 (1975) 68-79 - (4) Silk, D. B. A., Marrs, T. C., Addison, J. M.

et. al.: Absorption of amino acids from an amino acid mixture simulating casein and a tryptic hydrolysate of casein in man, Clin. Sci.

Mol. Med. 45 (1973) 715-719 - (5) Silk, D. B. A., Chung, Y. C., Kim, Y. S.: Comparison of oral feeding of peptide and amino acid meals to normal human subjects, Gastroenterology 70 (1976) 937

Anschrift des Verfassers:

Privatdozent Dr. med.

Wolfgang F. Caspary

Medizinische Klinik und Poliklinik Humboldtallee 1

3400 Göttingen

Aktivierungsanalyse

Mit der Aktivierungsanalyse steht auch für medizinische Zwecke ein empfindliches Verfahren zum Nach- weis von Spurenelementen zur Ver- fügung. Grundlage ist die durch Be- schuß mit atomaren Teilchen er- reichbare Umwandlung von stabilen Atomkernen des nachzuweisenden Elementes in radioaktive Kerne, die anschließend mit Verfahren der Kernstrah I ungsmeßtechn ik quanti- tativ nachgewiesen werden können.

Der Beschuß erfolgt im allgemeinen mit Neutronen in einem Kernreaktor;

andere, geladene Teilchen oder Gammastrahlen können in speziel- len Fällen auch für eine Aktivierung eingesetzt werden. Bei den durch den Beschuß eingeleiteten Kernre- aktionen wird zunächst unmittelbar ein atomares Teilchen emittiert; es entsteht ein Radioisotop, das mit ei- ner charakteristischen Halbwertzeit unter Emission von ß- oder y-Strah- lung zerfällt. Die bei diesem Zerfall auftretenden Teilchen werden in der üblichen Weise gemessen. Diese Methodik erklärt auch die Tatsache, daß bei der Aktivierungsanalyse der Bindungszustand eines Elementes für seine Nachweismöglichkeit kei- ne Rolle spielt.

Darstellung

Die durch die Bestrahlung induzier- te Aktivität A in einer Probe ist —

neben anderen Faktoren — abhängig von der Menge des Ausgangsiso- topes m, dem Neutronenfluß

e,

dem Wirkungsquerschnitt a der Atome, der Bestrahlungsdauer t und der Halbwertzeit T des entstehenden Radionuklides:

A = k•m•e•o• (1-e-0,693 -)

Die Abhängigkeit vom Neutronen- fluß zeigt, daß man hohe Flußdich- ten benötigt, um niedrige Nachweis- grenzen zu erreichen. Die Abhängig- keit vom Wirkungsquerschnitt a, der für thermische, also für langsame Neutronen im allgemeinen wesent- lich höher ist als für schnelle Neu- tronen und andere atomare Teil- chen, erklärt die vorzugsweise in Kernreaktoren durchgeführte Akti- vierung. Hier stehen Neutronenflüs- se von 10 12-10 15 n/cm 2 . sec zur Ver- fügung. Die Aktivierung mit schnel- len Neutronen ist für den Nachweis von Elementen mit niedriger Ord- nungszahl von Interesse. Hier be- nutzt man Neutronengeneratoren oder Neutronenquellen aus Beryl- lium zur Aktivierung und erreicht mit ihnen Flußdichten von 10 8 n/

cm 2 . sec.

Die Bestrahlungszeiten t hängen von den entstehenden Radionukli- den ab und können von wenigen Mi- nuten bis zu mehreren Tagen dau- ern:

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 2. Februar 1978 247

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