• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: „Aus der UAW-Datenbank“ Schwere Hyponatriämie und zerebrale Krämpfe unter Darmreinigung mit Macrogol" (28.07.2006)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: „Aus der UAW-Datenbank“ Schwere Hyponatriämie und zerebrale Krämpfe unter Darmreinigung mit Macrogol" (28.07.2006)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die Darmreinigung als Vorbereitung zur hohen Koloskopie erfolgt heute überwie- gend oral durch Spülung mit Macrogol 3350 (Polyethylenglykol), dem die Elek- trolyte Natrium und Kalium sowie Ge- schmacksstoffe zugesetzt sind (z. B. Endo- falk®, Klean-Prep®). Das Prinzip beruht auf der Herstellung einer isotonen Lö- sung, von der 2-4 Liter über mehrere Stunden getrunken werden, in der Re- gel ohne relevante Verschiebungen im Wasser- oder Elektrolythaushalt des Kör- pers. Als osmotische Laxanzien werden Macrogol-Präparate auch zunehmend bei chronischer Obstipation eingesetzt, unter anderem bei Tumorpatienten unter einer Opioidmedikation.

Der AkdÄ wurden zwei Fälle berich- tet, bei denen es nach Koloskopievorbe- reitung mit Macrogol zu einer bedroh- lichen Hyponatriämie mit schweren zen- tralnervösen Erscheinungen kam (AkdÄ- Nrn. 140 826 und 141 874).

Eine 69-jährige Patientin erlitt nach Einnahme von 2 Litern (halbe empfohle- ne Dosis) der Macrogol-Lösung zerebra- le Krampfanfälle, wurde verwirrt und ge- riet in der Folge in ein zerebrales Koma mit Hirndruckzeichen. Vorausgegangen war ein sechsmaliges Erbrechen. Das Er- gebnis der Labordiagnostik zeigte eine schwere Hyponatriämie um 110 mmol/l.

Als Begleiterkrankung bestand eine arte- rielle Hypertonie, die mit einem Beta- rezeptorenblocker behandelt wurde, je- doch ohne zusätzliche Gabe eines Diure- tikums. Unter kontinuierlicher Natrium- zufuhr per infusionem klarte die Patien- tin am zweiten Tage auf, unter vollständi- ger Restitution aller klinischen und la- borchemischen Parameter.

Eine 62-jährige Patientin zeigte nach Einnahme von 3 Litern einer Macrogol- haltigen Lösung, worunter es ebenfalls zu einem mehrmaligen Erbrechen kam, eine verminderte Vigilanz, entwickelte einen generalisierten zerebralen Krampfanfall und kam stuporös zur stationären Kran- kenhausaufnahme. Begleiterkrankungen bestanden nicht, ebenso keine Begleitme- dikation. Bei einer initial gemessenen Hyponatriämie von 121 mmol/l (Kalium

im Serum mit 3,3 mmol/l leicht reduziert) erfolgte ein langsamer Elektrolytaus- gleich mit vollständiger Rückbildung al- ler klinischen Veränderungen und der La- borabweichungen.

Publiziert sind mehrere Berichte einer massiven Hyponatriämie unter Macro- gol, in den meisten Fällen mit zentralner- vösen Erscheinungen wie generalisierten Krämpfen sowie Vigilanzstörungen bis hin zum Koma (1–5). Während in einer prospektiven Studie unter Abführmaß- nahmen 11 Prozent der Patienten eine Hyponatriämie allerdings ohne ernste klinische Beeinträchtigung entwickelten (4), zeigte eine andere Untersuchung zwar eine Abnahme der Magnesiumkon- zentration i. S., aber keine Veränderungen der Natrium- und Kaliumkonzentration (6). In einem Falle handelte es sich um ei- nen Patienten mit Zytomegalie-Virusin- fektion bei Aids (3). Weitere Fälle traten bei Patienten mit Niereninsuffizienz so- wie unter einer Diuretikatherapie auf (5).

Es handelt sich bei der Hyponatriämie unter Macrogol offenbar um eine seltene, in einigen Fällen jedoch lebensbedrohli- che UAW. Zwar war die Hyponatriämie nur im ersten geschilderten Fall massiver Art, doch dürfte besonders für die zere- bralen Symptome mit Entstehung eines Hirnödems neben der absoluten Natri- umkonzentration die Geschwindigkeit des Abfalls eine Rolle spielen. Zumindest als Teilursache der Elektrolytverschie- bung lässt sich in diesen Fällen das mehr- fache Erbrechen ansehen, das bei dieser Art der Vorbereitung zur Koloskopie häufig vorkommt.

Das Auftreten einer bedrohlichen Hy- ponatriämie unter Macrogol ist durch kein individuelles Risikoprofil vorherzu- sagen. Besonders aufmerksam müssen je- doch Patienten beobachtet werden, die Begleiterkrankungen wie Niereninsuffi- zienz und Herzinsuffizienz aufweisen, die unter einer Therapie mit Diuretika oder Antidepressiva (SSRI) stehen, weil hier- bei per se eine Neigung zur Hyponatriä- mie besteht, und außerdem solche, die im Rahmen der Abführmaßnahmen mehr- fach erbrechen (7). Bei diesen Patienten

sind gegebenenfalls Elektrolytkontrollen angezeigt, die unter Routinebedingungen der Koloskopievorbereitung in der Regel verzichtbar sind.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beob- achteten Nebenwirkungen (auch Ver- dachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlag- seite abgedruckten Berichtsbogen ver- wenden oder diesen aus der AkdÄ-Inter- netpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur

1. Frizelle FA, Colls BM: Hyponatremia and seizures after bowel preparation: report of three cases. Dis Colon Rectum 2005; 48: 393–6.

2. Schröppel B, Segerer S, Keuneke C et al.: Hyponatremic encephalopathy after preparation for colonoscopy.

Gastrointest Endosc 2001; 53: 527–9.

3. Salik JM, Kurtin P: Severe hyponatremia after colonos- copy preparation in a patient with the acquired im- mune deficiency syndrome. Am J Gastroenterol 1985;

80: 177–9.

4. Marin Gabriel JC, Rodriguez Munoz S, de la Cruz Ber- tolo J et al.: Electrolytic disturbances and colonosco- py: bowel lavage solutions, age and procedure. Rev Esp Enferm Dig 2003; 95: 863–75.

5. Ajus JC, Levine R, Arieff AI: Fatal dysnatraemia caused by elective colonoscopy. BMJ 2003; 326: 382–4.

6. Sharma VK, Schaberg JW, Chockalingam SK et al.: The effect of stimulant laxatives and polyethylene glycol- electrolyte lavage solution for colonoscopy prepara- tion on serum electrolytes and hemodynamics. J Clin Gastroenterol 2001; 32: 238–9.

7. Goh KP: Management of hyponatremia. Am Fam Phy- sician 2004; 69: 2387–94.

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, Postfach 12 08 64, 10598 Berlin, Telefon: 0 30/40 04 56-5 00, Fax:

0 30/40 04 56-5 55, E-Mail: info@akdae.de, Internet: www.akdae.de N B E K A N N T G A B E N D E R H E R A U S G E B E R

Deutsches ÄrzteblattJg. 103Heft 3028. Juli 2006 AA2061

B U N D E S Ä R Z T E K A M M E R

Mitteilungen

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

„Aus der UAW-Datenbank“

Schwere Hyponatriämie und zerebrale Krämpfe unter Darmreinigung mit Macrogol

Curriculum

„Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen in aufenthaltsrecht- lichen Verfahren bei Erwachsenen“

23./24. September und 11./12. November

Veranstalter: Kammer für Psychologi- sche Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten im Land Berlin, Ärztekammer Berlin und Be- handlungszentrum für Folteropfer Tagungsort: Fort- und Weiterbildungs- zentrum der Ärztekammer Berlin Zertifizierte Fortbildungsveranstaltung Auskünfte:Herr Koch, XENION, Tele- fon: 0 30/3 23 29 33; Anmeldung: Psy- chotherapeutenkammer Berlin, Tele-

fon: 0 30/88 71 40-0 N

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In einer Untersuchung von 246 Fällen von Armplexusneuritis waren in mehr als 55 % der Fälle auch Nerven außerhalb des Armplexus betroffen, davon in etwa einem Drittel der

Für alle diejenigen, die nach vorherigen Ausschreibungen jedoch schon in den entsprechenden Be- werberlisten geführt werden, und auch diejenigen, die als Gutachter tätig sind, ist

Sie können sich unter www.akdae.de/20 für einen Newsletter der AkdÄ anmelden, der auf neue Risikoinformationen zu Arzneimitteln hinweist... Nukleinsäureisolierung,

(2) Die Partner dieser Bundesempfeh- lung stellen fest, dass der finanzielle Mehrbedarf durch die Aufnahme der Erst- und Folgeverordnung von Behand- lungsmaßnahmen zur

Eine 62-jährige Patientin mit einer 10- jährigen Anamnese einer schweren De- pression wurde mit Escitalopram (5 mg/.. Tag)

In der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems (ge- meinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: 10. 2010) befinden sich noch sechs weitere Verdachtsfälle einer Rhabo-

In den letzten Jahren konnte durch die Behandlung in spezialisierten Zentren, den Stroke-Units, und durch eine effektive Rehabilitation eine deutliche Verbesserung

Ausführliche Hinweise zu Vorsichtsmaßnah- men und zum Management der Therapie findet man in der Fachinformation, in dem Informationspaket für Ärzte, das vom Hersteller zur