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Archiv "Die Ergebnisse der umstrittenen Meta-Analyse" (09.06.2006)

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ach einer aktuellen Meta-Analyse (JAMA 2006; 295: 2275–85) soll bei Patienten mit rheumatoider Arthritis unter der Therapie mit den TNF-alpha-Antikörpern Infliximab und Adalimumab das Risiko für schwerwie- gende Infektionen auf das 2,2fache und das Risiko für maligne Erkrankungen auf das 3,3fache erhöht worden sein.

Neben gravierender methodischer Kri- tik ist auch eine potenziell industriell beeinflusste Motivation der Veröffent- lichung nicht ausgeschlossen.

Anti-TNF-Therapeutika stoppen den destruktiven Krankheitsprozess sowohl bei rheumatischen Erkrankungen als auch bei chronischen Darmentzündun- gen. Eine gesteigerte Wahrscheinlich- keit für schwerste Infektionen ist für die Substanzklasse gut bekannt und doku- mentiert. Dieses schließt die Reakti- vierung einer Tuberkulose mit ein und scheint mit dem Wirkungsprinzip un- mittelbar verbunden. Eine Assoziation mit Tumoren wurde für Immunsuppres- siva immer wieder beschrieben, ist je- doch angesichts der geringen Gesamt- inzidenzen schwer nachweisbar. So wird mit den Zulassungsbehörden der-

zeit ein Zusammenhang mit dem sehr seltenen hepato-splenischen T- Zell-Lymphom diskutiert. Hier sind von weltweit 150 Fällen sechs unter Anti-TNF-Therapie aufgetreten.

In einer Studie mit Infliximab bei ter- minaler COPD traten im Vergleich zur Placebogruppe vermehrt Malignome auf. Es handelte sich um Neoplasien im HNO-Trakt und des Ösophagus, die in dieser Patientengruppe spontan mit hoher Inzidenz auftreten.

Marktführer nicht analysiert

In der Meta-Analyse wurden neun kon- trollierte Studien zusammengelegt (Ka- sten). Die ermittelte Odds Ratio von 3.3 stützt sich allerdings auf eine Reihe von Studien mit extrem hohen Dosierungen und auch Bildung von Untergruppen, die dann die statistische Signifikanz treiben. So wird Adalimumab 20 mg pro Woche anders gruppiert als Adalimu- mab 40 mg alle zwei Wochen. Aus nicht nachvollziehbarem Grund wurde der Marktführer Etanercept nicht analy- siert. Außerdem wurden die Inzidenz-

zahlen von Registern (wie denen des Deutschen Rheumaforschungsinstituts) überhöht in die Arbeit eingebracht. Im Nachgang führen auch nicht offen ge- legte Industriekontakte zur Diskussion innerhalb der Zeitschrift.

Trotz dieser Kritik weist die Meta- Analyse auf eine wichtige Problematik hin: Immunsuppression durch Blockade von TNF ist mit erheblichen Neben- wirkungen assoziiert. In Hochrisiko- populationen (wie bei terminaler COPD) wird zumindest die Diagnose von Mali- gnomen aufgrund beschleunigten Wachs- tums durch die Immunsuppression er- höht. Es ist daher wahrscheinlich, dass der in der Meta-Analyse beobachtete Zusammenhang in der Tat biologisch relevant ist.

Demgegenüber steht die therapeu- tische Einzigartigkeit der Anti-TNF- Therapie, die bei rheumatischen Er- krankungen den destruktiven Krank- heitsprozess stoppt und bei chro- nisch entzündlichen Darmerkrankun- gen (CED) eine bislang einzigartige Wirkung entfaltet. In diesen Patien- tenpopulationen hätte eine Nichtbe- handlung der Grunderkrankung erheb- liche negative Folgen, die bei CED Komplikationen oder sogar den Tod durch Exazerbation einschließen. Die positiven Effekte überwiegen daher das Nebenwirkungsrisiko der Anti- TNF-Therapie, auch unter Berücksich- tigung der vorgelegten Meta-Analyse.

Eine korrekte Indikationsstellung für den Einsatz einer Anti-TNF-Thera- pie und die Überwachung der Patienten in spezialisierten Zentren ist daher von großer Wichtigkeit. Eine wesentliche Frage für die Zukunft dieser Therapie- form ist es, ob eine Subdifferenzierung von Anti-TNF-Substanzen innerhalb der Klasse anhand des Nebenwirkungs- spektrums möglich ist. Dazu ist ein gemeinsames Register für die verschie- denen Anti-TNF-Therapien auf euro- päischer Basis wünschenswert.

Prof. Dr. med. Stefan Schreiber Vorstandsmitglied des „Kompetenznetzes Darmerkrankungen“

Institut für klinische Molekularbiologie Christian-Albrechts-Universität Schnittenhelmstraße 12 24105 Kiel

Adalimumab = Humira®, Infliximab = Remicade®, Eta- nercept = Enbrel®

M E D I Z I N R E P O R T

A

A1590 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 23⏐⏐9. Juni 2006

Anti-TNF-Therapeutika

Ein erhöhtes Krebsrisiko ist nicht hinreichend belegt

Meta-Analyse zur Therapie der rheumatoiden Arthritis mit Anti-TNF-Präparaten weist methodische Schwächen auf.

Die Ergebnisse der umstrittenen Meta-Analyse

Unter dem Titel „Anti-TNF-Antibody Therapy in Rheumatoid Arthritis and the Risk of Serious Infec- tions and Malignancies“ veröffentlichten Tim Bongartz et al. von der Mayo Clinic in Rochester eine Meta-Analyse, für die neun randomisierte kontrollierte Studien ausgewertet wurden. Sie schlossen 3 493 Patienten ein, die mindestens zwölf Wochen mit Tumornekrosefaktor-alpha-Antikörpern be- handelt worden waren, sowie 1 512 Patienten unter Placebo. Daraus ergibt sich ein um den Faktor (Odds Ratio) 3,3 (95-Prozent-Konfidenzintervall 1,2–9,1) erhöhtes Tumorrisiko und ein um den Faktor 2,2 (1,3–3,1) erhöhtes Risiko auf schwere Infektionen wie Tuberkulose. Für die Krebserkran- kungen wurde eine Dosis-Wirkungs-Beziehung gefunden. Anschaulicher als die Odds Ratios ist die

„number needed to harm“ (NNH). Sie beschreibt die Zahl der Patienten, die behandelt werden müssen, bis (rein statistisch) ein Schadensereignis eintritt. Für die Tumoren betrug die NNH 154 (95-Prozent-Konfidenzintervall 91–500) für eine Behandlungsperiode von sechs bis zwölf Monaten.

Für schwere Infektionen errechnen die Mayo-Wissenschaftler eine NNH von 59 (39–125) für eine

Behandlungsperiode von drei bis zwölf Monaten. rme

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