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Dienstag, 24. April 2018 Neues zur Einstufung
Aktivitäten zur Einstufung von Biostoffen
national/international
Dr. Udo Jäckel
RG 2
Biostoffe im Europäischen Arbeitsschutzrecht
DES VERTRAGS ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION UND DES VERTRAGS ÜBER DIE ARBEITSWEISE DER EUROPÄISCHEN UNION
Artikel 151
„Die Union und die Mitgliedstaaten verfolgen ……folgende Ziele:
…… die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen“
Artikel 153
„(1) Zur Verwirklichung der Ziele des Artikels 151 unterstützt und ergänzt die Union die Tätigkeit der Mitgliedstaaten auf folgenden Gebieten:
a) Verbesserung insbesondere der Arbeitsumwelt zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer,
b) Arbeitsbedingungen,
c) ….“
Biostoffe im Europäischen Arbeitsschutzrecht
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„Die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten für alle Gefahren, unter anderem diejenigen, die sich aus der Verwendung der in der Richtlinie 80/1107/EWG (1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 88/642/EWG (2), genannten chemischen, physikalischen und biologischen Arbeitsstoffe bei der Arbeit ergeben, und zwar unbeschadet bereits geltender oder künftiger strengerer gemeinschaftlicher Bestimmungen.“
National: Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG
Richtlinie des Rates über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (89/391/EWG)
Richtlinie 2000/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den
Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit
National: Biostoffverordnung - BioStoffV
24.04.2018 Biostofftag 2018 Dr. Udo Jäckel
- Identität des Biostoffes
• Infektionspotential
• Sensibilisierende und toxische Wirkungen
• Übertragungswege
- tätigkeitsbedingte Expositionsszenarien
- tätigkeitsbedingte Erkenntnisse zu Erkrankungen
§ 5: Arbeitsschutzgesetz §4: Biostoffverordnung
Grundinformationen u. a. über:
Festlegung von Schutzmaßnahmen
Gefährdungsbeurteilung
Infektionspotential
Einstufung der biologischen Arbeitsstoffe in Risikogruppen
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Richtlinie 2000/54/EG
„Für biologische Arbeitsstoffe gilt entsprechend dem von ihnen
ausgehenden Infektionsrisiko eine Unterteilung in vier Risikogruppen:“
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2
3 C
Einstufungskriterien
Kein oder niedriges Risiko für Individuen und die Bevölkerung
Moderates
individuelles Risiko, geringes Risiko für die Bevölkerung
hohes individuelles Risiko, geringes Risiko für die Bevölkerung
hohes Risiko für Individuen und die Bevölkerung
RG 1 RG 2 RG 3 RG 4
Individuelles Risiko Wirksame Vorbeugung und Behandlung
Verbreitung in der
Bevölkerung
Anzahl eingestufter Biostoffe auf Ebene der EU
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Anhang III der Richtlinie 2000/54/EU Pilze Viren Parasiten Bakterien EU-weit RG 2 - 4 27 127 69 150
Artikel 18 Einstufung der biologischen Arbeitsstoffe
(2) Solange eine gemeinschaftliche Einstufung noch aussteht, nehmen die Mitgliedstaaten ausgehend von den Definitionen des Artikels 2 Absatz 2
Nummern 2, 3 und 4 (Gruppen 2, 3 und 4) eine Einstufung der
biologischen Arbeitsstoffe vor, die eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit darstellen bzw. darstellen könnten.
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Biostoffverordnung (BioStoffV)
(3) Ist ein Biostoff nicht nach Absatz 2 eingestuft, kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach Beratung durch den Ausschuss nach § 19 die Einstufung in eine Risikogruppe nach Absatz 1 vornehmen. …..
§ 3 Einstufung von Biostoffen in Risikogruppen
Die Technische Regeln „Einstufung von ... in Risikogruppen“ werden unter Federführung des Fachbereichs „Rohstoffe und chemische Industrie“ in Anwendung des Kooperationsmodells (vgl.
Leitlinienpapier1 zur Neuordnung des Vorschriften- und Regelwerks im
Arbeitsschutz vom 31. August 2011) erarbeitet.
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GESTIS-Biostoff-Datenbank BG-Merkblätter
Einstufungsarbeit in Deutschland
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AK-Viren AK-Bakterien AK-Pilze AK-Parasiten AK-Zellkulturen
Dossiers TRBA (460-466)
DGUV (BG RCI)
Expertenkreis wissenschaftliche Bewertung Biologische
Arbeitsstoffe
ABAS BMAS
Anzahl eingestufter Biostoffe EU vs. Deutschland (heute)
Pilze
TRBA 460
Viren
TRBA 462
Parasiten
TRBA 464
Prokaryonten
TRBA 466
Risikogruppe 1 986 589 657 10219
Risikogruppe 2 164 551 305 1244
Risikogruppe 3 13 107 17 33
Risikogruppe 4 17
Summe RG 2 - 4 177 675 322 1277 Anhang III der Richtlinie 2000/54/EU
Pilze Viren Parasiten Bakterien
EU-weit RG 2 - 4 27 127 69 150
Anzahl eingestufter Biostoffe EU vs. Deutschland (heute)
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Pilze
TRBA 460
Viren
TRBA 462
Parasiten
TRBA 464
Prokaryonten
TRBA 466
Risikogruppe 1 986 589 657 10219
Risikogruppe 2 164 551 305 1244
Risikogruppe 3 13 107 17 33
Risikogruppe 4 17
Summe RG 2 - 4 177 675 322 1277 Anhang III der Richtlinie 2000/54/EU
Pilze Viren Parasiten Bakterien
EU-weit RG 2 - 4 27 127 69 150
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Herausforderung (1): Aktualität der Einstufungslisten
Daten aus: Aidan C. Parte (2014) LPSN—list of prokaryotic names with standing in nomenclature. Nucleic Acids Research, Vol. 42, D613–D616
1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 0
200 400 600 800
1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 0
2500 5000 7500 10000 12500
Beschriebe Spezies [Anzahl/Jahr]
Jahr
Seit 1980 beschriebene Speziese [Anzahl]
Jahr
jährlich summiert
August 2015:
~ 14800 Prokaryonten gültig beschrieben
~ 11500 Prokaryonten eingestuft
Zeitliche Entwicklung der Anzahl von neubeschriebener
Biostoffe am Beispiel Prokaryonten
Herausforderung (2): Aktualität der Einstufungslisten
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− Mit der Weiterentwicklung von Charakterisierungsmethoden,
− der Generierung neuer Datensätze zu den Eigenschaften und
− der Neubeschreibung von Biostoffen
Veränderungen der wissenschaftlichen Taxonomie
Aktuell im Umbruch: Viren-Taxonomie bleibt es nicht aus, dass sich das Klassifizierungssystem und die Nomenklatur verändert.
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Herausforderung (3): Aktualität der Einstufungslisten
− Neues Wissen über epidemiologisches Geschehen
− Klimawandel und Reiseaktivitäten
− Neue Behandlungsmöglichkeiten (Entwicklung von Impfstoffen)
− „schlechtere Behandlungsmöglichkeiten“ (z.B. durch Verbreitung von Antibiotikaresistenzen ?)
Veränderungen im Wissen zur Einstufung
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2
3 C
A
Herausforderung (3.1): Aktualität der Einstufungslisten
RG 1 RG 2 RG 3 RG 4
Beispiel Antibiotika-Resistenzen
Staphylococcus aureus MRSA Mycobacterium tuberculosis ???
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Auswirkung der Einstufung im Rechtsbereich der BioStoffV (1)
bekannt
Risikogruppe Schutzstufen 1 – 4 (TRBA 100)
- Identität
- Infektionspotential
- sensibilisierende und toxische Wirkungen
Gefährdungsbeurteilung bei
gezielten Tätigkeiten „rel. einfach“
Exposition: Gut abschätzbar
RG 1 Information Substitutionsmöglichkeiten
Gefährdungsbeurteilung im Labor und in der Biotechnologie
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Risikogruppe und Tätigkeitsbezug Schutzstufe
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Auswirkung der Einstufung im Rechtsbereich der BioStoffV (2)
Risikogruppe Fachkunde
Auswirkung der Einstufung im Rechtsbereich der BioStoffV (3)
Herausforderung: Nicht eingestufte Biostoffe
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Dabei hat der Arbeitgeber folgendes zu beachten:
1. kommen …. mehrere Risikogruppen in Betracht, ist ….. in die höchste infrage kommende RG einzustufen
2. Viren, die bereits beim Menschen isoliert wurden, sind mindestens in die Risikogruppe 2 einzustufen, es sei denn, es ist unwahrscheinlich, dass diese Viren beim Menschen eine Krankheit verursachen,
3. Stämme, die abgeschwächt sind oder bekannte Virulenzgene verloren haben, können vorbehaltlich einer angemessenen Ermittlung und Bewertung in eine niedrigere Risikogruppe eingestuft werden als der Elternstamm (parentaler Stamm);
ist der Elternstamm in die Risikogruppe 3 oder 4 eingestuft, kann eine Herabstufung nur auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Bewertung erfolgen, die insbesondere der Ausschuss nach § 19 vornehmen kann.
Biostoffe müssen durch Arbeitgeber eingestuft werden (§3 BioStoffV)
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Bedeutung der Einstufungslisten für andere Rechtsbereiche (1)
Erlaubnispflicht u.a. nach:
Infektionsschutzgesetz § 44 Tierseuchenerregerverordnung § 2
Wer Krankheitserreger in den Geltungsbereich dieses Gesetzes
verbringen, sie ausführen, aufbewahren, abgeben oder mit ihnen arbeiten will, bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde.
Wer mit Tierseuchenerregern arbeiten,
insbesondere a) Versuche, b) mikrobiologische oder serologische Untersuchungen zur
Feststellung übertragbarer Tierkrankheiten o. c) zur Fortzüchtung vornehmen will oder
Tierseuchenerreger erwerben oder abgeben will, bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde.
Eine rechtsverbindliche Liste gibt es hier allerdings nicht
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n
Pathogen für Nichtwirbeltiere (n+, n2)p
Pathogen für Pflanzen (p+, p2, p3)t
Pathogen für Wirbeltiere(t+, t2, t3; t4)
T
zur Bildung von Exotoxinen befähigtV
Wirksamer Impfstoff verfügbarZ
Zoonoseerreger+
In Einzelfällen als Krankheitserregernachgewiesen oder vermutet, überwiegend bei erheblich abwehrgeminderten Menschen ……
ht
Pathogen für Mensch und Wirbeltiere, aber i.d.R. keine Übertragung zwischen beiden Wirtsgruppen.RG
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Auswahl an zusätzlichen Kennzeichnungen
Bedeutung der Einstufungslisten für andere Rechtsbereiche (2)
Aktualisierung Annex III (Richtlinie 2000/54/EG)
Biostoffgruppe
Pilze Viren Parasiten Bakterien Summe
Anzahl Einstufungen (Ʃ RG
2 – 4)
(2000) 27 127 69 150 373
Nationaler Input:
TRBA 460 – 468 Experten - Dossiers Gestis-Biostoffdatenbank
EINFÜHRENDE BEMERKUNGEN zum Annex III
Die Liste eingestufter biologischer Arbeitsstoffe spiegelt den Kenntnisstand zum Zeitpunkt ihrer Erstellung wider. Sie wird aktualisiert, sobald sie dem Kenntnisstand nicht mehr entspricht.
Biostoffgruppe
Pilze Viren Parasiten Bakterien Summe
Anzahl Einstufungen (Ʃ RG
2 – 4)
(2000) 27 127 69 150 373
Anzahl Einstufungen (Ʃ RG
2 – 4)
(2018) 41 171 92 196 500
∆ 2018 – 2000
(Stand April 2018)14 44 23 46 127
Schwerpunkte bei der Überarbeitung - Aktualisierung der Nomenklatur/Taxonomie - Ergänzung von Biostoffen in den RG 3 und 4 - Ergänzung der Kennzeichnung T
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