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Die Bedeutung des bakteriellen Zentralstoffwechsels für die Wirtsadaptation und Virulenz von Streptococcus suis

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(1)

Aus dem Institut für Mikrobiologie

der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

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Die Bedeutung des bakteriellen Zentralstoffwechsels für die Wirtsadaptation und Virulenz

von Streptococcus suis

HABILITATIONSSCHRIFT zur Erlangung der Venia legendi

an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

vorgelegt von Jörg Willenborg, PhD

aus Löningen

Hannover 2017

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Tag der nichtöffentlichen wissenschaftlichen Aussprache: 12.07.2017

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Für meine Familie

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Inhaltsverzeichnis

1. Verzeichnis der verwendeten Publikationen ... 6

2. Abkürzungsverzeichnis ... 8

3. Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund ... 9

4. Konzeption und Ziele der Arbeit ... 20

5. Ergebnisse ... 22

6. Übergreifende Diskussion ... 39

7. Zusammenfassung ... 50

8. Summary... 53

9. Literaturverzeichnis ... 56

10. Darstellung über den eigenen Anteil an den Publikationen ... 66

11. Danksagung ... 70

12. Anhang (9 verwendete Publikationen) ... 72

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Verzeichnis der verwendeten Publikationen

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1. Verzeichnis der verwendeten Publikationen

Das Verzeichnis der neun verwendeten Publikationen erfolgt entsprechend der inhaltlichen Aufteilung. Der eigene Anteil an den Publikationen ist in Kapitel 10 erläutert.

Publikation 1:

Willenborg J, Goethe R. (2016). Metabolic traits of pathogenic streptococci. FEBS Lett 590, 3905–3919.

Publikation 2:

Koczula A, Willenborg J*, Bertram R, Takamatsu D, Valentin-Weigand P, Goethe R.

(2014). Establishment of a Cre recombinase based mutagenesis protocol for markerless gene deletion in Streptococcus suis. J Microbiol Methods 107C:80-83.

*corresponding author

Publikation 3:

Willenborg J, Huber C, Koczula A, Lange B, Eisenreich W, Valentin-Weigand P, Goethe R. (2015). Characterization of the pivotal carbon metabolism of Streptococcus suis serotype 2 under ex vivo and chemically defined in vitro conditions by isotopologue profiling. J Biol Chem 290(9):5840-54.

Publikation 4:

Koczula A, Jarek M, Visscher C, Valentin-Weigand P, Goethe, Willenborg J. (2017).

Transcriptomic analysis reveals selective metabolic adaptation of Streptococcus suis to porcine blood and cerebrospinal fluid. Pathogens 6(1), pii: E7.

Publikation 5:

Willenborg J, Fulde M, de Greeff A, Rohde M, Smith HE, Valentin-Weigand P, Goethe R. (2011). Role of glucose and CcpA in capsule expression and virulence of Streptococcus suis. Microbiology 157(Pt 6):1823-33.

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Verzeichnis der verwendeten Publikationen

7 Publikation 6:

Willenborg J, de Greeff A, Jarek M, Valentin-Weigand P, Goethe R. (2014). The CcpA regulon of Streptococcus suis reveals novel insights into the regulation of the streptococcal central carbon metabolism by binding of CcpA to two distinct binding motifs. Mol Microbiol 92(1):61-83.

Publikation 7:

Fulde M*, Willenborg J*, de Greeff A, Benga L, Smith HE, Valentin-Weigand P, Goethe R. (2011). ArgR is an essential local transcriptional regulator of the arcABC operon in Streptococcus suis and is crucial for biological fitness in an acidic environment. Microbiology 157(Pt 2):572-82. *contributed equally

Publikation 8:

Fulde M*, Willenborg J*, Huber C, Hitzmann A, Willms D, Seitz M, Eisenreich W, Valentin-Weigand P, Goethe R. (2014). The arginine-ornithine antiporter ArcD contributes to biological fitness of Streptococcus suis. Front Cell Infect Microbiol 12;

4:107. *contributed equally

Publikation 9:

Willenborg J*, Koczula A*, Fulde M, de Greeff A, Beineke A, Eisenreich W, Huber C, Seitz M, Valentin-Weigand P, Goethe R. (2016). FlpS, the FNR-Like Protein of Streptococcus suis Is an Essential, Oxygen-Sensing Activator of the Arginine Deiminase System. Pathogens 5(3), pii: E51. *contributed equally

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Abkürzungsverzeichnis

8 2. Abkürzungsverzeichnis

ABC engl.: ATP binding cassette ADS Arginin Deiminase System ArcA Arginin Deiminase

ArcB Ornithin-Carbamoyltransferase ArcC Carbamatkinase

ArcD Arginin-Ornithin Antiporter ArgR Arginin Regulator

ATP Adenosintriphosphat bzw. beziehungsweise ca. circa

CCA engl.: Carbon catabolite activation CCR engl.: Carbon catabolite repression CcpA engl.: Catabolite Control Protein A CDM Chemisch definiertes Medium cDNA engl.: complementary DNA ChIP Chromatin-Immunpräzipitation CO2 Kohlenstoffdioxid

CSF engl.: Cerebrospinal fluid, deutsch: Cerebrospinalflüssigkeit DNA engl.: Deoxyribonucleic acid

EMP Embden-Meyerhof-Parnas

EMSA engl.: Electrophoretic Mobility Shift Assay engl. englisch

et al. et alii

FlpS engl.: FNR-like protein of Streptococcus suis NADH Nikotinamidadenindinukleotid (reduzierte Form) (q)PCR engl.: (quantitative) polymerase chain reaction PPP engl.: Pentose phosphate pathway

PTS engl.: Phosphotransferase system RNA engl.: Ribonucleic acid

RT engl.: Reverse Transcriptase S. Streptococcus

TCA engl.: Tricarboxylic acid cycle THB engl.: Todd Hewitt Broth

WT Wildtyp

z.B. zum Beispiel

L-Aminosäuren werden gemäß internationaler Nomenklatur im Dreibuchstabencode abgekürzt.

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

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3. Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

Streptokokken sind Gram-positive Bakterien, zu deren Gattung mehr als 100 verschiedene Arten gehören (Facklam, 2012; Nobbs et al., 2009). Sie kolonisieren in der Regel die Schleimhäute des naso-oropharyngealen, respiratorischen, gastro- intestinalen oder urogenitalen Traktes des Wirtes. Streptokokken sind dabei stets Wirts-adaptiert, was sie zu einem wichtigen Bestandteil der Mikrobiota einer spezifischen Wirtsnische macht und demnach auch ihre Ko-Evolution mit dem menschlichen oder tierischen Wirt reflektiert. Die bakterielle Besiedlung einer ökologischen Nische geht einher mit einer Vielzahl von Herausforderungen, wie die Kompetition mit anderen Bakterienarten um Nährstoffe, oder die Auseinandersetzung mit dem angeborenen und adaptiven Immunsystem des Wirtes. Trotz dieser Herausforderungen bevorzugen Streptokokken den kolonisierenden Lebensstil und leben meist im Einklang mit einer kompetitiven Mikrobiota und dem Wirt. Jedoch sind ungeachtet dessen viele Streptokokkenarten fakultativ pathogen und können schwerwiegende nicht-invasive und invasive Erkrankungen verursachen. Nicht selten hängt dies von anderen prädisponierenden Faktoren ab, wie einer Immunsuppression, einer Vorschädigung der kolonisierten Wirtsnische, einer Sekundärinfektion des Wirtes oder weiterer krankheitsfördernder Umweltfaktoren.

In der Tiermedizin zählt Streptococcus (S.) suis zu den bedeutendsten Erregern von Faktorenerkrankungen der modernen Schweinehaltung und vereinigt die meisten der erwähnten Charakteristika einer Streptokokkeninfektion. So kolonisiert S. suis vorwiegend die Schleimhaut des Oropharynx, aber auch des Urogenital- und Gastrointestinaltraktes von Schweinen (Gottschalk, 2012). Es treten sehr hohe Kolonisierungsraten auf, so dass nahezu alle Tiere eines Bestandes Trägertiere sein können (Arends et al., 1984; Brisebois et al., 1998; MacInnes et al., 2008). Die Übertragung von S. suis erfolgt häufig nach der Geburt vertikal über Sekrete der Muttersau auf das neugeborene Ferkel (Cloutier et al., 2003). Horizontal wird die Infektion wahrscheinlich von Tier zu Tier über Kontakt oder Tröpfchen und Aerosole übertragen (Berthelot-Herault et al., 2001; Dekker et al., 2013). Eine S. suis-Infektion bei adulten Masttieren verläuft vornehmlich als subklinische Infektion, die jedoch ökonomischen Schaden verursachen kann. Bei Absatz- und Saugferkeln kann es vermehrt zu akuten invasiven Erkrankungen wie Septikämien, Polyrthritiden, Bronchopneumonien und Meningitiden kommen (Staats et al., 1997). Da vor allem

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

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Meningitiden aber auch bei allen Altersklassen auftreten, ist S. suis einer der bedeutendsten Meningitiserreger in der Schweinehaltung. Klinische S. suis-Isolate werden vornehmlich anhand der Antigenität der Kapselpolysaccharide (CPS) serologisch identifiziert und diagnostiziert. Über dreißig verschiedene Serotypen sind so bislang beschrieben worden (Okura et al., 2016). Die meisten S. suis-Isolate von erkrankten Schweinen können den Serotypen 2, 3, 7 und 9 zugeordnet werden, allerdings existieren geographische Unterschiede (Goyette-Desjardins et al., 2014).

So sind hohe Prävalenzen von Serotyp 2 und 3 für Nordamerika und Asien und von Serotyp 9 und 2 für Europa beschrieben. Isolierte Stämme von gesunden Trägertieren zeigen dahingegen eine weniger konservierte Serotypverteilung oder sind oft nicht serotypisierbar, was auf eine weitaus größere Vielfalt von S. suis- Stämmen hindeutet als die bislang erfasste. Daher wird S. suis weltweit vermehrt durch Genotypisierung via multilocus sequence typing (MLST) klassifiziert und S.

suis-Isolate werden dann bestimmten Sequenztypen zugeordnet (King et al., 2002).

Eine detaillierte Klassifizierung porziner S. suis-Isolate ist vor allen Dingen dann von Interesse, wenn ein epidemiologischer Vergleich zu klinischen Humanisolaten erfolgt.

S. suis ist ebenfalls ein zoonotischer Erreger, der schwerwiegende Erkrankungen beim Menschen hervorrufen kann. Wie aus mindestens den bisher beschriebenen 1600 klinischen Fällen deutlich wird, kann eine S. suis-Infektion beim Menschen klinische Manifestationen wie das streptococcal toxic shock-like syndrome (STSLS) oder Meningitiden hervorrufen (Goyette-Desjardins et al., 2014). S. suis ist einer der bedeutendsten bakteriellen Meningitiserreger in Südost-Asien und zu einem Großteil sind Serotyp 2-Stämme verantwortlich für humane Infektionen (Hui et al., 2005;

Huong et al., 2014; Mai et al., 2008; Suankratay et al., 2004). Im Jahre 2005 ereignete sich in einer chinesischen Provinz sogar ein S. suis-Ausbruch mit 204 dokumentierten Krankheitsfällen, wovon 38 tödlich endeten (Tang et al., 2006; Ye et al., 2006; Yu et al., 2006). Ursächlich für den Ausbruch waren Serotyp 2-Stämme des Sequenztyps 7, die im Gegensatz zu z.B. anderen virulenten Serotyp 2- Stämmen des Sequenztyps 1, eine zusätzliche Pathogenitätsinsel (89K) tragen (Chen et al., 2007). Für Menschen liegt ein bedeutender Risikofaktor für eine S. suis- Infektion in einem engen Kontakt zu infizierten Schweinen oder kontaminierten Schweineprodukten. Infektionsrouten können Hautläsionen oder der Verzehr von rohen Schweineprodukten sein, wobei letzteres vor allem traditionell in südost-

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

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asiatischen Ländern praktiziert wird (Wertheim et al., 2009; Fongcom et al., 2001).

Sowohl humane als auch porzine S. suis-Infektionen werden antibiotisch therapiert.

In Schweinen kommen hauptsächlich β-Laktam-Antibiotika (z.B. Penicilline, Ceftriaxon, Ceftiofur) zum Einsatz. Für humane S. suis-Infektionen werden häufig β- Laktam-Antibiotika mit entzündungshemmenden Therapeutika (Dexamethason) kombiniert (van Samkar et al., 2015). Obwohl die Antibiotikaresistenzlage bei S. suis- Isolaten geographisch variieren kann, treten in der Regel Antibiotikaresistenzen gegenüber β-Laktam-Antibiotika verhältnismäßig gering und gegenüber Tetrazyklinen und Makroliden verhältnismäßig häufig auf (Seitz et al., 2016; Varela et al., 2013). Immunprophylaktisch kommen momentan vorwiegend bestands- spezifische Impfstoffe in Form von inaktivierten Ganzzellvakzinen zum Einsatz, jedoch mit mäßigem Erfolg (Segura, 2015). Einen zugelassenen Serotyp- übergreifenden Impfstoff gibt es in Europa bis heute nicht.

In der Pathogenese einer porzinen S. suis-Infektion gilt die Besiedlung des oberen Respirationstraktes und dessen mukosalen Epithels als erster Schritt (Baele et al., 2001; Madsen et al., 2002). Für eine effiziente Adhärenz an mukosale Epithelzellen bedarf es vermutlich einer multifaktoriellen Interaktion von wirtseigenen Oberflächenrezeptoren mit extrazellulären Oberflächenstrukturen oder Adhäsinen von S. suis (Segura et al., 2016). Hervorzuheben ist hierbei der Einfluss der Polysaccharidkapsel, dem bislang bedeutendsten Virulenzfaktor. Zahlreiche in vitro- Studien belegen, dass der Verlust der Kapsel mit einer höheren Adhärenz von S.

suis an Epithelzellen korreliert (Lalonde et al., 2000; Benga et al., 2004). Vermutlich geschieht dies aufgrund einer besseren Exposition von Adhäsinen und/oder einer fehlenden Repulsion basierend auf einer negativen Oberflächenladung bekapselter Stämme (Kouki et al., 2013). Andererseits scheint die Kapsel aber auch wichtig für das Überleben von S. suis im oberen Respirationstrakt zu sein (Seitz et al., 2014).

Demnach könnte aus einer Regulation der Kapselexpression für S. suis eine flexible und effiziente Adaptionsmöglichkeit resultieren (Gottschalk und Segura, 2000). Diese Hypothese bedarf aber noch immer einer experimentellen Überprüfung. Generell werden auch Biofilmstrukturen im Zuge einer erfolgreichen Kolonisierung diskutiert, sind bislang aber noch nicht in vivo nachgewiesen worden. Welche Mechanismen und Faktoren von S. suis unter diesen Bedingungen zudem essentiell für das Überleben sind ist wenig untersucht, aber aufgrund einer hoch kompetitiven

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

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Mikrobiota im Oropharynx kann die Erschließung von komplexen Kohlenhydraten (wie z.B. α-Glukane) über spezifische Hydrolasen, wie die Amylopullulanase, einen bedeutenden Besiedlungsvorteil liefern (Ferrando et al., 2010; Ferrando et al., 2014).

Es wird vermutet, dass kolonisierende S. suis unter bestimmten Bedingungen in der Lage sind, das mukosale Epithel zu überwinden, um eine invasive Erkrankung hervorzurufen (Gottschalk und Segura, 2000). Dies könnte über eine transzelluläre Route nach Invasion der Epithelzellen, eine parazelluläre Route nach Beeinflussung von tight junctions, oder einer Membranschädigung der Epithelzellen durch das von vielen S. suis-Stämmen produzierte porenbildende Suilysin erfolgen (Fittipaldi et al., 2012; Segura et al., 2016). Nach dem Überwinden der Epithelzellbarriere erfolgt der Eintritt in das Blutkreislaufsystem, was begleitend zu einer Bakteriämie eine systemische Ausbreitung im Wirt ermöglicht. Im Blutkreislaufsystem kann S. suis in der Abwesenheit von spezifischen Antikörpern den Angriffen von phagozytierenden Zellen widerstehen. Vor allem die Expression des Kapselpolysaccharids schützt vor der Phagozytose durch Neutrophile und Monozyten (Chabot-Roy et al., 2006; Smith et al., 1999). Aber auch andere bakterielle Mechanismen wie die N-Deacetylierung des Peptidoglykans, die D-Alanylierung der Lipoteichonsäuren, oder die Produktion des zytolytischen Suilysins von S. suis haben einen Einfluss auf die Phagozytose und die bakterielle Abtötung durch Neutrophile (Benga et al., 2008; Chabot-Roy et al., 2006; Fittipaldi et al., 2008a; Fittipaldi et al., 2008b). Infolge der Bakteriämie kann es zu einer mitunter fulminanten Stimulation von inflammatorischen Mediatoren des Wirtes und damit verbunden zu einem septischen Schock kommen (Fittipaldi et al., 2012). Des Weiteren ist eine starke Bakteriämie mit der Entstehung einer S. suis- Meningitis eng verknüpft (Berthelot-Herault et al., 2005). Um in das zentrale Nervensystem einzudringen, muss S. suis die Blut-Hirn-Schranke (engl.: blood brain barrier, BBB) und/oder die Blut-CSF-Schranke überwinden. Den wesentlichen Bestandteil der Blut-Hirn-Schranke bilden die Endothelzellen zerebraler Kapillaren.

Eine Interaktion von S. suis mit Endothelzellen ist in einigen in vitro-Studien untersucht worden (Bonifait et al., 2010; Charland et al., 2000; Vanier et al., 2004;

Vanier et al., 2007). Die Blut-CSF-Schranke hat zwar eine geringere Oberfläche als die Blut-Hirn-Schranke, ist aber mit seinen CSF-produzierenden Epithelzellen des Plexus choroideus ebenfalls eine schwer zu überwindende Barriere für S. suis. Wie für die Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke, beeinflusst die Polysaccharidkapsel

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

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von S. suis die Adhäsions- und Invasionsrate an bzw. in die Epithelzellen des Plexus choroideus (Tenenbaum et al., 2009). Kapsellose Stämme besitzen erhöhte Adhäsions- und Invasionsraten im Vergleich zu bekapselten Stämmen. Zudem erhöht eine S. suis-Infektion, möglicherweise Suilysin-abhängig, die Permeabilität der Epithelzellen des Plexus choroideus, so dass es zu einer Translokation von aktivierten Neutrophilen kommt (Tenenbaum et al., 2005; Wewer et al., 2011). Haben die Bakterien nach der Invasion das zentrale Nervensystem erreicht, so wird vermutlich auch durch Stimulation weiterer Zelltypen, wie Astrozyten oder Mikroglia, eine Entzündungsreaktion induziert, die der Meningitis zugrunde liegt (Domínguez- Punaro et al., 2010; Seele et al., 2016; Zheng et al., 2011). Einen stellenweise umfassenderen Überblick über die Pathogenese einer S. suis-Infektion und den damit verbundenen Virulenz-assoziierten Faktoren geben entsprechende Übersichtsartikel (Baums und Valentin-Weigand, 2009; Fittipaldi et al., 2012;

Gottschalk et al., 2010; Segura et al., 2016).

Die Kolonisierung und die systemische Infektion von S. suis basieren allerdings nicht ausschließlich auf Virulenz-assoziierten Faktoren, sondern auch auf der metabolischen Adaptation an die Nährstoffbedingungen in der jeweiligen Wirtsnische. Allgemein wurde die Erforschung des zentralen (Wirts-adaptierten) Metabolismus pathogener Bakterien für lange Zeit vernachlässigt, nimmt aber in den letzten Jahren, auch aufgrund des technologischen Fortschritts, an Bedeutung für die Pathogeneseforschung zu. Für S. suis finden sich in der Literatur kaum experimentelle Daten zur metabolischen Adapatation unter infektionsrelevanten Bedingungen. Im folgenden Abschnitt wird eine grundlegende Übersicht über den zentralen Kohlenhydratmetabolismus und dem damit verknüpften Aminosäurestoffwechsel von S. suis und weiterer pathogener Streptokokken dargestellt. Hierfür werden die Erkenntnisse aus der Publikation 1 zusammengefasst. Sie dienen als wissenschaftliche Grundlage für die weiterführenden Studien der Publikationen 2 bis 9, die im Rahmen dieser Habilitationsschrift diskutiert werden.

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

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Publikation 1 (adaptiert nach Willenborg & Goethe, 2016)

Willenborg J, Goethe R. (2016). Metabolic traits of pathogenic streptococci. FEBS Lett 590, 3905–

3919.

Streptokokken befinden sich während der Kolonisierung und einer invasiven Infektion in verschiedenen Wirtshabitaten. Diese Habitate unterscheiden sich angesichts der Verfügbarkeit von Makro- und Mikronährstoffen, Osmolarität, pH- Wert, Sauerstoffkonzentration und anderen Faktoren, die eine metabolische Adaptation der Streptokokken erfordern. Der Metabolismus von Streptokokken ist stark auf Kohlenhydrate als Substratquelle zur Energiegewinnung ausgerichtet. In den unterschiedlichen Wirtshabitaten kann das von Streptokokken bevorzugte Substrat Glukose aufgrund der physiologischen Beschaffenheit der Nische oder Kompetition des Streptokokkenstoffwechsels mit dem des Wirtes und/oder der Mikroflora nicht immer in ausreichenden Konzentrationen vorhanden sein.

Streptokokken besitzen eine Vielzahl von PTS- und ABC-Transportern, die auch alternative Kohlenhydrate transportieren können. Der Umfang nutzbarer Substrate kann auch erweitert werden, da manche PTS-Transporter in der Lage sind, verschiedenartige Kohlenhydrate ins Bakterium zu importieren. Des Weiteren verfügen Streptokokken über eine Vielzahl von Glykosidasen, die komplexere Kohlenhydratstrukturen in einfacher zu verstoffwechselnde Di- oder Monosaccharide umwandeln können. Diese sind vor allem Intermediate der Glykolyse, auch Embden- Meyerhof-Parnas-Weg (EMP-Weg) genannt. Der EMP-Weg ist in allen Streptokokken ein zentraler Stoffwechselweg und verstoffwechselt ein Molekül Glukose zu zwei Molekülen Pyruvat unter der Bildung von zwei Molekülen ATP und NADH. Pyruvat kann in Prozessen der homofermentativen Gärung und der heterofermentativen Gärung zu Lactat, Acetat, oder Ethanol verstoffwechselt werden.

Der EMP-Weg liefert neben der Gewinnung von ATP durch Substratkettenphosphorylierung auch Metabolite, aus denen andere organische Moleküle synthetisiert werden können. Diese sind Glukose-6-Phosphat, Fruktose-6- Phosphat, Dihydroxyaceton-Phosphat, Glyceraldehyd-3-Phosphat, Phospho- enolpyruvat (PEP) und Pyruvat (Abbildung 1). Vom EMP-Weg abgeleitete Aminosäuren sind z.B. Ala, Gly, Ser und die verzweigtkettigen Aminosäuren Ile, Leu und Val. Alternativ oder auch begleitend zum EMP-Weg können Streptokokken

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

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Kohlenhydrate über den Pentose-Phosphat-Weg (engl.: pentose phosphate pathway, PPP) verstoffwechseln. Der PPP besteht aus einem oxidativen und nicht-oxidativen Teil, wobei erstgenannter in einigen Streptokokken fehlt (Abbildung 1). Im PPP produziertes Ribose-5-Phosphat und Erythrose-4-Phosphat sind essentiell für die Synthese von Purinen, Pyrimidinen, His und die aromatischen Aminosäuren (Tyr, Trp, Phe). Über Transketolase- und Transaldolase-Reaktionen können aber auch EMP-Intermediate entstehen. Im EMP-Weg gebildetes Pyruvat kann schließlich

Abbildung 1: Schematische Darstellung des zentralen Kohlenhydratstoffwechsels und den damit verknüpften Aminosäure-Stoffwechsel in ausgewählten Stämmen fakultativ pathogener Streptokokken.

Stoffwechselweginformationen und Genannotationen wurden der KEGG- (engl.: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes) und der NCBI- (engl.: National Center for Biotechnology Information) Datenbank für folgende Streptokokkenstämme entnommen: S. agalactiae NEM316, san; S. gordonii Challis CH1, sgo; S. mutans UA159, smu; S. pneumoniae D39, spd; S. pyogenes MGAS5005, spz; S. sanguinis SK36, ssa; S. suis P1/7, ssi. Gefärbte Kästchen unterhalb der Stammbezeichnungen geben an, ob ein bestimmter Stoffwechselweg sehr wahrscheinlich vorhanden ist (grün) oder nicht (rot). Fehlten nach der in silico Analyse mehr als zwei Gene eines Stoffwechselweges mit mehreren Reaktionen, so wurde dieser als wahrscheinlich inaktiv gewertet. Ist explizit für einen bestimmten Stoffwechselweg keine Farbe dargestellt, so ergab die Analyse, dass alle untersuchten Streptokokkenstämme entsprechende Gene gemäß der Genomannotation besitzen (von dieser Definition sind die

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

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Gene für die Biosynthese von Purinen und Pyrimidinen ausgenommen, da für diese keine detaillierte in silico- Analyse erfolgte). Dargestellte metabolische Stoffwechselwege sind vereinfacht dargestellt und können mehrere chemische Reaktionen beinhalten. Zentrale Stoffwechselwege sind durch folgende Farben charakterisiert: gelb, Embden-Meyerhof-Parnas-(EMP)-Weg (Glykolyse); hell-blau, Pentosephosphatweg (engl.: pentose phosphate pathway (PPP; PPPox, oxidativer Teil des PPP (zwf, pgl, gnd); PPPnon-ox, nicht-oxidativer Teil des PPP (rpe, rpiA, tal, tktA))); hell-rot, Pyruvatmetabolismus; hell-braun, fragmentierter Tricarbonsäurezyklus (engl.: tricarboxylic acid cycle (TCA)); violett, Purin- und Pyrimidin-Biosynthese; orange, Arginin Deiminase System (ADS).

Stoffwechselwege sind durch schwarze Pfeile gekennzeichnet und Streptokokkengene, die für korrespondierende metabolische Enzyme kodieren sind mit roten Buschstaben angegeben. Die gestrichelten Pfeile zeigen Reaktionen einer möglichen Glukoneogenese an. Aminosäuren sind in grüner Farbe und gemäß internationaler Nomenklatur im Dreibuchstabencode dargestellt. Gen- und Enzymbezeichnungen (engl.): fbp, fructose-1,6- bisphosphatase; gapN, NADP-dependent glyceraldehyde-3-phosphate dehydrogenase; pps, phosphoenolpyruvate synthetase; pckA, phosphoenolpyruvate carboxykinase; pdh, pyruvate dehydrogenase complex; ppc, phosphoenolpyruvate carboxylase; zwf, glucose-6-phosphate dehydrogenase; pgl, 6- phosphogluconolactonase; gnd, 6-phosphogluconate dehydrogenase; rpiA , ribose-5-phosphate isomerase; rpe, pentose-5-phosphate-3-epimerase; tal, transaldolase; tktA, transketolase; PTS Glc, glucose phosphotransferase system; ldh, L-lactate dehydrogenase; pfl, pyruvate formate lyase; pta, phosphotransacetylase; ackA, acetate kinase; adhE, bifunctional acetaldehyde-CoA/alcohol dehydrogenase; adhP, alcohol dehydrogenase; prsA, ribose-phosphate pyrophosphokinase; aroF1, 3-deoxy-7-phosphoheptulonate synthase; pheE, prephenate dehydratase; hisC, histidinol-phosphate aminotransferase; tyrA, prephenate dehydratase; aspC, aspartate transaminase; asnA, asparagine synthetase; ilvA, threonine dehydratase; alaT, alanine transaminase; glyA, serine/glycine hydroxymethyltransferase; cysE, serine acetyltransferase; cysM, cysteine synthase; glt, glutamate synthase; glnA, glutamine synthetase; arcA, arginine deiminase; arcB, ornithine carbamoyl transferase; arcC, carbamate kinase. Metabolite (engl.): G-6-P, glucose-6-phosphate; F-6-P, fructose-6-phosphate; FBP, fructose- 1,6-bisphosphate; GAP, glyceraldehyde-3-phosphate; DHAP, dihydroxyacetone-phosphate; DGP, 1,3- bisphosphoglycerate; 3-PGA, 3-phosphoglycerate; 2-PGA, 2-phosphoglycerate; PEP, phosphoenolpyruvate;

PYR, pyruvate; AcCoA, acetyl-CoA; CIT, citrate; ICIT, iso-citrate; OXG, oxo-glutarate (α-ketoglutarate); SUC, succinate; FUM, fumarate; MAL, malate; OXA, oxaloacetate; 6-PGL, 6-phosphogluconolactone; 6-PG, 6- phosphogluconate; RU-5-P, ribulose-5-phosphate; R-5-P, ribose-5-phosphate; X-5-P, xylulose-5-phosphate; S-7- P, sedoheptulose-7-phosphate; E-4-P, erythrose-4-phosphate; AcP, acetyl phosphate; AcALD, acetaldehyde;

PRPP, 5-Phosphoribosyl diphosphate; DAHP, 3-Deoxy-arabino-heptulonate 7-phosphate; Chor, chorismate; PH, prephenate; Hser, L-Homoserine; OxB, 2-Oxobutanoate; OxI, 2-Oxoisovalerate; CITR, citrulline; CARBP, carbamoyl phosphate; ORN, ornithine. Diese Grafik ist modifiziert, basierend auf Abbildung 1 der Publikation 1.

durch die Pyruvat-Dehydrogenase zu Acetyl-CoA metabolisiert werden. Acetyl-CoA ist ein wichtiges Intermediat für den Citratzyklus (engl.: Tricarboxylic acid cycle, TCA), der normalerweise mit Oxoglutarat und Oxalacetat sehr bedeutende Vorläufermetabolite für die Synthese weiterer organischer Moleküle liefert. Der TCA ist bei den Streptokokken entweder nicht oder lediglich unvollständig (fragmentiert) vorhanden (Abbildung 1), was ein gutes Beispiel für eine reduktive Evolution des Bakterienstoffwechsels ist. Aufgrund des fehlenden TCA ist für S. suis und vermutlich die meisten anderen Streptokokken eine Oxalacetat-Synthese durch die Phosphoenolpyruvat-Carboxylase essentiell (Publikation 3). Oxalacetat wird schließlich für die Synthese der Aminosäuren der Aspartat-Familie (Asp, Asn, Thr, Lys, Met), aber auch für die Synthese von Ile, β-Alanin (Pantothenate), Nicotinamid, Nicotinat, Oxoglutarat und Purinen benötigt. Ein fragmentierter TCA könnte gemäß Genomannotation bei S. suis vorhanden sein und somit die Synthese von Oxoglutarat ermöglichen. Die Oxoglutarat-Synthese über den fragmentierten TCA konnte aber bislang für Streptokokken experimentell nicht vollständig belegt werden.

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

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Oxoglutarat ist ein wichtiger Vorläufermetabolit für die Synthese der Aminosäuren der Glutamat-Familie (Gln, Glu, Arg und Pro) und viele Streptokokken scheinen auxotroph für Gln/Glu und Arg zu sein.

Obwohl Streptokokken häufig Arg-auxotroph sind, liefert die Verstoffwechselung von Arg einen bedeutenden Beitrag zur Aufrechterhaltung eines physiologischen pH-Wertes von metabolisch aktiven Streptokokken, weil sie im Zuge der Fermentation von Kohlenhydraten saure Stoffwechselprodukte anreichern. Arg wird über das Arginin-Deiminase-System (ADS) abgebaut. Das ADS ist für viele Gram-positive und Gram-negative Bakterien beschrieben worden. Es ist durch die Aktivität von drei zentralen Enzymen charakterisiert (Zuniga et al., 2002a). Dies sind die Arginin-Deiminase (ArcA), die Ornithin-Carbamoyltransferase (ArcB) und die Carbamat-Kinase (ArcC), dessen genetische Informationen zumeist auf einem gemeinsamen arcABC-Operon lokalisiert sind. Mit dem arcABC-Operon können genomisch weitere Gene assoziiert sein, die z.B. für einen möglichen Arg-Ornithin- Antiporter (arcD), eine Xaa-His-Dipeptidase (arcT) und eine Endo-β-galactosidase (arcH) kodieren (Gruening et al., 2006). Metabolisch wird Arg unter der Bildung von Ornithin zu Ammonium und Kohlendioxid verstoffwechselt, wobei Energie in Form von ATP entsteht (Abbildung 1). So können schließlich pH-Wert senkende Protonen im bakteriellen Cytoplasma durch Ammonium-Ionen neutralisiert oder aktiv unter ATP-Verbrauch durch eine F1Fo-ATPase aus der Bakterienzelle hinausgepumpt werden. Das arcABC-Operon von Streptokokken kann in natürlichen Wirtsmilieus wie humanem Speichel oder Blut, einer starken Regulation unterliegen. In Anlehnung an diese Erkenntnisse erscheint es nicht verwunderlich, dass die arcABC-Expression mitunter spezifischen Umgebungsreizen (und damit assoziierten regulatorischen Mediatoren) folgt: So konnten physiologische Stressoren wie die Arg-Konzentration (vermittelt über ArgR-Regulatoren), Sauerstoffpartialdruck (vermittelt über Flp- Regulatoren) und Glukose-Konzentrationen (vermittelt über CcpA-Regulatoren) identifiziert werden (Publikation 5; Publikation 6; Publikation 7; Publikation 9;

Barcelona-Andrés et al., 2002; Choi et al., 2012; Dong et al., 2004; Gamper et al., 1991; Liu et al., 2008; Lu et al., 1999; Maghnouj et al., 1998; Maghnouj et al., 2000;

Makhlin et al., 2007; Ryan et al., 2009; Schulz et al., 2014; Zeng et al., 2006; Zuniga et al., 2002b).

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

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Da das ADS ein alternativer ATP-generierender Stoffwechselweg ist, unterliegt es der CCR (engl.: carbon catabolite repression). In Gram-positiven Bakterien wird die CCR vornehmlich über das Regulatorprotein CcpA ausgeübt.

Durch diese Regulation wird sichergestellt, dass die ATP-Gewinnung zunächst über einfach zu verstoffwechselnde Substrate wie Glukose umgesetzt und zeitgleich die Verstoffwechselung alternativer Energiequellen unterdrückt wird. CcpA ist somit ein bedeutender globaler Regulator der Glukose-abhängigen CCR unterschiedlichster metabolischer Gene. Bestimmte Gene können aber auch durch CcpA aktiviert werden und somit einer Glukose-abhängigen CCA (engl.: carbon catabolite activation) unterliegen. So konnten Studien an verschiedenen Gram-positiven Bakteriengenera (Bacillus, Clostridium, Enterococcus, Lactococcus, Staphylococcus und Streptococcus) den globalen Einfluss von CcpA auf die Expression metabolischer Gene bestätigen, aber zum Teil auch eine Beeinflussung Virulenz- assoziierter Gene zeigen (Publikation 5, Publikation 6, Antunes et al., 2012;

Carvalho et al., 2011; Giammarinaro et al., 2002; Iyer et al., 2005; Kinkel et al., 2008;

Leboeuf et al., 2000; Moreno et al., 2001; Ren et al., 2012; Seidl et al., 2009;

Shelburne et al., 2008b; Yoshida et al., 2001; Zeng et al., 2013; Zomer et al., 2007).

Mechanistisch erfolgt die CcpA-abhängige Regulation von Genen in unmittelbarer Abhängigkeit eines Co-Faktors namens HPr. HPr ist ein phosphorylierbares Protein, das über Fruktose-1,6-bisphosphat den Energiestatus der bakteriellen Zelle erkennt.

Ist ausreichend Glukose vorhanden, wird HPr durch eine HPr-Kinase/Phosphorylase an der Position Ser-46 phosphoryliert (HPr(Ser)~P). Die HPr-Kinase/Phosphorylase- Aktivität hängt wiederum vom glykolytischen Fluss im EMP-Weg ab. Die Ausübung einer CcpA-abhängigen CCR oder auch CCA auf Zielgene erfolgt meist auschließlich über einen CcpA-HPr(Ser)~P-Komplex. Hierbei erkennt und bindet der CcpA- HPr(Ser)~P-Komplex eine spezifische DNA-Sequenz in den Promotorbereichen regulierter Gene. Diese DNA-Sequenz, auch catabolite response element (cre) genannt, ist ein hoch konserviertes palindromisches DNA-Motiv, das in vielen Gram- positiven Bakterien für die Ausübung einer CcpA-abhängigen CCR und CCA notwendig ist. Allerdings variiert die spezifische cre-Sequenz trotz palindromischer Natur in unterschiedlichen Bakterienspezies (Deutscher et al., 2006; Fujita, 2009;

Zomer et al., 2007). Zusammengefasst lässt sich sagen, dass CcpA ein zentraler globaler Regulator der Glukose-abhängigen CCR und CCA ist, der in Abhängigkeit

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Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund

19

des Nährstoffangebots eines (Wirts)milieus die metabolische Adaptation aber auch die Virulenz von Gram-positiven Bakterien steuern kann.

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Konzeption und Ziele der Arbeit

20 4. Konzeption und Ziele der Arbeit

In ihren Wirten können fakultativ pathogene Erreger der Gattung Streptococcus sowohl als Kommensale aber auch als Pathogene in Erscheinung treten. Der Ausbruch einer mit Streptokokken assoziierten Erkrankung scheint zum einen von der Immunkompetenz des Wirtes, aber auch von der Anpassungsfähigkeit der Bakterien abhängig zu sein. Die Erreger-Wirt-Interaktion kann hierbei durch vielerlei Faktoren der Streptokokken beeinflusst werden, wie Strukturkomponenten der bakteriellen Zellwand, dem Vorhandensein bestimmter Oberflächen-assoziierter und sezernierter Proteine, sowie der metabolischen Anpassungsfähigkeit. Vor allem bakterielle Oberflächenstrukturen sind vielversprechende Ansatzpunkte für die Entwicklung von immunprophylaktischen Vakzinierungsstrategien und deren Erforschung nimmt einen hohen Stellenwert in der S. suis-Forschung ein. Allerdings hat sich hieraus bis heute keine signifikant verbesserte Kontrolle der S. suis- Problematik ergeben. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass wir immer noch kein hinreichendes Wissen darüber haben, wie sich S. suis infolge einer Infektion an unterschiedlichste Wirtshabitate adaptiert. Wir müssen verstehen, welche Stoffwechselwege unter diesen Bedingungen essentiell für S. suis sind, ob und wie sie dort reguliert werden und wie sie die Virulenz von S. suis beeinflussen können.

Diese Habilitationsschrift befasst sich nicht nur mit Arbeiten zum grundlegenden Verständnis des Metabolismus von S. suis, sondern auch mit seiner Adaptation an das Wirtsmilieu, und welche Konsequenzen ein Eingreifen in diese Prozesse für die

„Fitness“ und Virulenz von S. suis haben kann. Im Einzelnen standen folgende Ziele und Fragestellungen im Mittelpunkt der Arbeiten:

• Bei Bakterien bedarf es für die grundlegende Erforschung metabolischer Stoffwechselwege und deren Regulation höchst effizienter Methoden, mit denen die Funktionen einzelner oder mehrerer Gene ausgeschaltet werden können. Da die genetische Manipulation von S. suis per se und insbesondere die von metabolischen Genen als äußerst herausfordernd gilt, sollte ein effizientes Mutagenesesystem für S. suis etabliert werden, um funktionelle Analysen bezüglich des zentralen Metabolismus und dessen Regulation zu ermöglichen.

• Über den adaptiven Kohlenhydratstoffwechsel von S. suis ist wenig bekannt.

Metabolismusstudien unter chemisch definierten und infektionsrelevanten

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Konzeption und Ziele der Arbeit

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Bedingungen sollten erste Einblicke in die zentralen metabolischen Prozesse von S. suis liefern. Am Anfang stand zunächst die Frage, welche Substrate ein hochvirulenter S. suis-Stamm unter chemisch definierten Bedingungen für sein Wachstum nutzen und welche Aminosäuren er daraus generieren kann.

Metabolismusstudien sollten aufklären, welche Kohlenhydrat-abhängigen Stoffwechselwege für den Aminosäureanabolismus benötigt werden und wie stark diese beansprucht werden.

• Wie verändert sich der zentrale Kohlenstoffmetabolismus unter infektionsrelevanten Bedingungen, wenn S. suis in natürlichen Wirtsmilieus, wie porzinem Blut oder Cerebrospinalflüssigkeit inkubiert wird? Welche metabolischen Prozesse sind unter diesen Bedingungen essentiell?

• Ist die metabolische Veränderung bereits auf Transkriptebene ersichtlich und wie korrelieren die Erkenntnisse der metabolischen Analysetechnik mit denen aus einer Hochdurchsatz-Transkriptomanalyse?

• Am Beispiel des Arginin-verstoffwechselnden Arginin-Deiminase-Systems (ADS) sollte auch die Rolle des Aminosäurekatabolismus näher untersucht werden: Welche Bedeutung hat das Arginin-verstoffwechselnde Enzymsystem und die Argininversorgung über ein entsprechendes Antiporterprotein für die

„Fitness“ von S. suis?

• Welche physiologischen Bedingungen begünstigen oder unterdrücken die Genexpression für die katalytisch aktiven ADS-Enzyme und welche Regulatorproteine sind unter diesen Bedingungen als informations- übertragende Mediatoren beteiligt?

• Wann, wie und mit welcher Spezifität sind die beschriebenen Regulatorproteine aktiv?

• Welchen Einfluss haben wiederum die unterschiedlichen Regulatorproteine neben ihrer ADS-assoziierten Aktivität auf den Metabolismus, die „Fitness“

und Virulenz von S. suis?

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Ergebnisse

22 5. Ergebnisse

Publikation 2

Koczula A, Willenborg J, Bertram R, Takamatsu D, Valentin-Weigand P, Goethe R. (2014).

Establishment of a Cre recombinase based mutagenesis protocol for markerless gene deletion in Streptococcus suis. J Microbiol Methods 107C:80-83.

Unser unzureichendes Verständnis über die Pathogenese einer S. suis-Infektion und insbesondere den damit assoziierten bakteriellen Stoffwechselprozessen ist zum Teil auch in dem Fehlen effizienter Methoden zur genetischen Manipulation von S.

suis begründet. Das Ziel dieser Studie bestand darin, für S. suis eine effiziente Mutagenesemethode zu etablierten. Diese sollte die Vorteile der gängigen Insertionsmutagenese hinsichtlich des erforderlichen Selektionsdrucks (Gruening et al., 2006; Smith et al., 1999) und einer generell markerlosen Mutagenesemethode hinsichtlich der Möglichkeit einer in frame-Mutagenese (Takamatsu et al., 2006) vereinigen. Zeitgleich sollten aber die hier nicht näher erläuterten Nachteile beider Methoden vermieden werden. Die für diese Mutagenesemethode erforderlichen Kernelemente entstammen dem natürlichen Rekombinationsmechanismus des Bakteriophagen P1 (Sternberg et al., 1981). Die neue Methode nutzt spezifische DNA-Erkennungssequenzen, sogenannte loxP-Stellen. Diese begrenzen eine Antibiotikaresistenzkassette, die wiederum von dem zu deaktivierenden Zielgen homologen DNA-Bereichen flankiert ist. Nach Rekombination kann das Antibiotikaresistenzgen durch eine loxP-erkennende sogenannte Cre-Recombinase wieder aus dem Genom entfernt werden. Im S. suis-Genom bleibt je nach Konstruktionskonzept eine markerlose in frame-Mutation oder -Deletion des Zielgens zurück. Um für diesen Mechanismus eine transiente und heterologe Expression der Cre-Recombinase in S. suis zu ermöglichen, wurde eigens dafür das temperatur- sensitive Plasmid pSET5s_PtufA-cre konstruiert. In einer Machbarkeitsstudie sollte schließlich das etablierte Mutageneseprotokoll an dem virulenten S. suis Stamm 10 getestet werden. Zum einen wurde dafür das Zielgen ccpA ausgewählt, da es bereits in einer vorherigen Studie (Publikation 5) mittels Insertionsmutagenese erfolgreich inaktiviert werden konnte. Für die weitere Mutagenese wurde das Gen SSU1551 bestimmt, da es das erste Gen einer Operonstruktur mit mehreren Genen ist. Eine in

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Ergebnisse

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frame-Mutagenese stellt in solchen Strukturen eine besondere Herausforderung dar, weil die Expression nachfolgender Gene nicht durch den Mutageneseprozess beeinflusst werden sollte. Experimentell konnte die für S. suis neu etablierte Mutagenesemethode erfolgreich auf die zwei getesteten Gene angewendet werden, wobei eine erfolgreiche Mutagenese auf DNA-Ebene (Sequenzierung der spezifisch im Zielgen entstehenden Rekombinationsstelle lox72) und auf RNA-Ebene (Überprüfung der Expression vom Zielgen, aber auch dessen vor- und nachgelagerter Gene mittels RT-qPCR) verifiziert wurde. Zusammengefasst stellt die neu etablierte Mutagenesemethode in der S. suis-Forschung eine deutliche Verbesserung hinsichtlich der Effizienz und der Erzeugung von Mehrfachdeletionen in ein und demselben S. suis Stamm dar.

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Publikation 3

Willenborg J, Huber C, Koczula A, Lange B, Eisenreich W, Valentin-Weigand P, Goethe R. (2015).

Characterization of the pivotal carbon metabolism of Streptococcus suis serotype 2 under ex vivo and chemically defined in vitro conditions by isotopologue profiling. J Biol Chem 290(9):5840-54.

Während zahlreiche Virulenz-assoziierte Faktoren von S. suis identifiziert und deren Bedeutungen für die Pathogenese näher untersucht wurden (Fittipaldi et al., 2012), ist unser Wissen über die metabolische Anpassungsfähigkeit von S. suis an unterschiedlichste Bedingungen im Laufe einer Infektion lückenhaft. Obwohl die Anzahl der sequenzierten S. suis-Stämme stetig steigt und damit auch die Information über eine mögliche metabolische Kapazität zunimmt, können durch sie keine Aussagen hinsichtlich der tatsächlich ablaufenden metabolischen Prozesse von S. suis unter infektionsrelevanten Bedingungen gemacht werden. Das Ziel dieser Publikation bestand darin, zunächst unter chemisch definierten Bedingungen den zentralen Kohlenhydratstoffwechsel und die damit verknüpften Aminosäure- biosynthesewege von S. suis umfassend zu charakterisieren und schließlich auf infektionsrelevante Bedingungen auszuweiten. Wachstumsversuche in chemisch definiertem Medium (CDM) zeigten, dass der virulente S. suis Serotyp 2 Stamm 10 neben dem bevorzugten Substrat Glukose, in der Lage war, unterschiedlichste

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Ergebnisse

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Mono-, Di- und Tri-saccharide für sein Wachstum zu nutzen. Weiterführende Aminosäureauxotrophie-Experimente mit Glukose als alleinige Kohlenhydratquelle ergaben, dass S. suis Stamm 10 auxotroph für die Aminosäuren Arg, Glu/Gln, His, Leu und Trp ist. Um nun diese Erkenntnisse miteinander zu verknüpfen und genauer zu untersuchen, wie die von S. suis bevorzugte Glukose metabolisiert wurden Isotopologue Profiling-Experimente mit 13C-markierten Substraten durchgeführt (Eisenreich et al., 2010). Wird das 13C-markierte Substrat, wie z. B. vollständig markierte [U-13C6]Glukose von den Bakterien verstoffwechselt, so lässt sich eine 13C- Markierung in davon abgeleiteten de novo synthetisierten Aminosäuren detektieren.

Die sogenannten Isotopologue-Profile von diesen Aminosäuren werden mittels GC/MS- und/oder NMR-Spektrometrie erstellt und ermöglichen spezifische Erkenntnisse über die relativen 13C-Flüsse im metabolischen Netzwerk und den vorgeschalteten Kohlenhydratstoffwechselwegen von Bakterien. Wie der Abbildung 2 zu entnehmen ist, lieferten korrespondierende in vitro-Experimente mit [U-13C6]Glukose höchste 13C-Einbauraten für Ala, Asp/Asn, Ser und Thr. Das Isotopologue-Profil von z. B. Ala wies fast ausschließlich das Vorhandensein von [U-

13C3]Ala auf, was auf eine Synthese aus einem vollmarkierten [U-13C3]Pyruvat aus dem EMP-Weg hindeutete. Die für die Ala-Synthese aus Pyruvat erforderliche Transaminierungsreaktion mit Glu als Donor einer Aminogruppe wird vermutlich durch das Genprodukt des alaT-Gens (SSU0319) katalysiert. Von besonderem Interesse war die hohe 13C-Anreicherung in Asp. Asp wird für gewöhnlich aus dem TCA-Intermediat Oxaloacetat synthetisiert. Allerdings besitzt S. suis nur einen unvollständigen TCA (Abbildung 1) und muss daher Oxaloacetat auf einem anderen Wege herstellen. Das Isotopologue-Profil von Asp mit einem hohen Anteil an [13C3]Asp deutete auf eine direkte Carboxylierung eines 13C3-markierten Intermediaten unmittelbar aus dem EMP-Weg, wie z. B. Phosphoenolpyruvat, hin.

Der entscheidende Reaktionsschritt wird durch eine Phosphoenolpyruvat- Carboxylase katalysiert. Um hierfür den experimentellen Beweis zu liefern, wurde durch Anwendung der etablierten Mutagenesemethode (Publikation 2) das korrespondierende ppc-Gen (SSU0479) in S. suis Stamm 10 deletiert. Nachfolgende Isotopologue Profiling-Experimente mit dem konstruierten ppc-defizienten Stamm bestätigten, dass das ppc-Genprodukt essentiell für die Bildung von Oxaloacetat und somit auch Asp und Thr ist.

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Ergebnisse

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Abbildung 2: Schematische Zusammenfassung des zentralen Kohlenhydratstoffwechsels und den damit verknüpften Aminosäure-Biosynthesewegen anhand von in vitro und ex vivo Isotopologue profiling-Experimenten in S. suis.

Dieses Schema vereint die Ergebnisse von Isotopologue profiling-Experimenten, Aminosäureauxotrophie- Experimenten und der vorhandenen Genomannotation des S. suis Stammes P1/7. Relative metabolische Flüße aus Isotopologue profiling-Experimenten sind für das Wachstum von S. suis zur exponentiellen (E) und stationären (S) Wachstumsphase in CDM, und zudem für das Wachstum in porzinem Blut (B) und CSF (C) gezeigt. Aminosäuren sind gemäß internationaler Nomenklatur im Dreibuchstabencode dargestellt.

Biosynthesewege, für die experimentell höhere relative Flußraten bestimmt wurden, sind mit dickeren schwarzen Pfeilen hervorgehoben. Graue gestrichelte Pfeile deuten Biosynthesewege an, für die die genetische Ausstattung fehlt. Die farbigen Kästchen über den Aminosäuren zeigen gemäß der angezeigten Skala die experimentell bestimmten 13C-Anreicherungen (mol %) in den jeweiligen Aminosäuren an. Hierbei stehen die grauen und weißen Kästchen für Aminosäuren, die methodisch bedingt nicht mit den Isotopologue profiling-Experimenten erfasst werden konnten, aber in den Aminosäureauxotrophie-Experimenten in CDM als essentiell (weiß) oder nicht nicht-essentiell (grau) bestimmt wurden. Des Weiteren ist die Aufnahme von essentiellen Aminosäuren durch entsprechende Transporterproteine in violett angedeutet. Metabolite (engl.): Glu-6-P, glucose-6-phosphate;

3-PGA, 3-phosphoglycerate; PEP, posphoenolpyruvate; PYR, pyruvate; Acetyl-CoA, acetyl coenzyme A; OAA, oxaloacetate; OXG, oxoglutarate (α-ketoglutarate). Die Abbildung ist der Publikation 3 entnommen.

Des Weiteren konnte mittels Isotopologue Profiling-Experimenten die de novo Biosynthese von folgenden Aminosäuren über folgende Stoffwechselwege nachgewiesen werden: Gly über Ser, Val und Lys über Pyruvat, und Phe und Tyr über den PPP. Obwohl der PPP für die Synthese aromatischer Aminosäuren genutzt wird, wie aus den charakteristischen Isotopologue-Profilen von Phe und Tyr mit vollständig 13C-markiertem Phosphoenolpyruvat und Erythrose-4-Phosphat als

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Ergebnisse

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Vorläufermetaboliten hervorgeht, scheint die Glukose dennoch zum größten Teil durch den EMP-Weg metabolisiert zu werden, wie zusätzliche Experimente mit [1,2-

13C2]Glukose zeigten. Um zu überprüfen, ob die charakterisierten metabolischen Prozesse von S. suis auch unter den einer Infektion ähnelnden Bedingungen stattfinden, wurden Isotopologue Profiling-Versuche in porzinem Blut und CSF ex vivo durchgeführt. Die Experimente ergaben ähnliche 13C-Markierungsmuster in den vorrangig synthetisierten Aminosäuren Ala, Asp/Asn, Ser und Thr. Hier schien ebenfalls die Phosphoenolpyruvat-Carboyxlase essentiell für die Oxaloacetat- Synthese zu sein, was sich auch in einem bedeutenden „Fitness“-Nachteil des ppc- defizienten Stammes gegenüber dem WT-Stamm in porzinem Blut und CSF äußerte.

Besonders auffällig war bei den Ergebnissen der ex vivo Isotopologue Profiling- Experimente jedoch, dass eine de novo Biosynthese der verzweigtkettigen Aminosäure Ile ausschließlich in prozinem CSF, allerdings nicht in Blut oder in den in vitro Versuchen detektiert werden konnte. Ob sich diese und auch weitere Beobachtungen bereits auf Transkriptebene von S. suis erkennen lassen und sich gegebenenfalls ein erhöhter Aminosäuresynthesebedarf zu den vorhandenen Aminosäurekonzentrationen in porzinem CSF in Bezug setzen lässt, war unter anderem auch Bestandteil der Untersuchungen in Publikation 4.

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Publikation 4

Koczula A, Jarek M, Visscher C, Valentin-Weigand P, Goethe, Willenborg J. (2017). Transcriptomic analysis reveals selective metabolic adaptation of Streptococcus suis to porcine blood and cerebrospinal fluid. Pathogens 6(1), pii: E7.

Da bestimmte metabolische Prozesse von Bakterien vor allem in Abhängigkeit von dem Nährstoffangebot ihrer Umwelt einer starken Regulation unterliegen können, erfolgte in Anlehnung an die metabolischen ex vivo Studien von Publikation 3, eine korrespondierende Hochdurchsatzsequenzierung zur Transkriptomanalyse (RNA-seq) von S. suis. Diese wurde unter identischen Bedingungen, einer 6-stündigen Inkubation von S. suis Stamm 10 in porzinem Blut und CSF, durchgeführt. Insbesondere wurden durch RNA-seq jene milieu-spezifische

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Stoffwechselwege identifiziert, die aufgrund der Methodik in Publikation 3 nicht erfasst werden konnten. Zugleich sollten aber auch die Erkenntnisse aus den Metabolismusstudien (Publikation 3) komplementiert werden. Das RNA-seq lieferte für eine Inkubation in porzinem Blut 434 und in porzinem CSF 422 differentiell exprimierte Gene, jeweils im Vergleich zu einer Inkubation im Kulturmedium (THB).

Eine funktionelle Eingruppierung der Gene ergab, dass im Blut vornehmlich Gene des Kohlenhydrat-Transports und –Metabolismus und im CSF hingegen jene des Aminosäure-Transports und –Stoffwechsels von S. suis betroffen waren. Im Blut waren zahlreiche ABC- und PTS-Transportergene, welche für den Transport alternativer Kohlenhydrate verantwortlich sind, sowie Gene unterschiedlicher Glykosidasen und Isomerasen höher exprimiert, was auf eine Erschließung von alternativen Kohlenhydratquellen von S. suis im Blut hindeutete. Für die Expression von Genen des Kohlenhydrat-verstoffwechselnden EMP-Weges ergaben sich zwar keine signifikanten Unterschiede, allerdings waren mehrere Gene des PPP höher exprimiert. Damit korrelierend, waren sämtliche Gene für die Synthese von den Nukleobasen Adenin und Guanin höher exprimiert. Der PPP liefert mit Ribose-5- Phosphat einen wichtigen Vorläufermetabolit für diese Purin-basierten Bausteine der Nukleinsäuren (siehe Abbildung 1). Im Gegensatz zum Blut waren im CSF mehrere Gene für den Transport von Aminosäuren und Peptiden höher exprimiert. Ein Grund dafür könnte in den durchschnittlich geringeren Aminosäurekonzentrationen liegen, die im CSF gegenüber denen im Blut/Serum in dieser Studie gemessen wurden.

Einen weiteren Hinweis für einen erhöhten Aminosäurebedarf von S. suis in porzinem CSF liefern auch die zahlreichen höher exprimierten Aminosäure- biosynthesegene. Darunter fanden sich Gene, die der Biosynthese von Thr, Tyr, Phe, aber auch den verzweigtkettigen Aminosäuren Val und Ile zuzuordnen sind. Eine erhöhte Ile-Biosyntheserate im CSF im Vergleich zum Blut oder CDM konnte bereits durch die Isotopologue Profiling-Experimente gezeigt werden (Publikation 3). Neben dem Aminosäure-Anabolismus war aber auch mit dem ADS ein wichtiger Stoffwechselweg des Aminosäure-Katabolismus sowohl im CSF als auch im Blut höher exprimiert. Da generell das ADS, aber auch andere metabolische Gene, durch das globale Regulatorprotein CcpA von S. suis direkt oder indirekt reguliert werden können, wie eigene Studien (Publikation 5 und 6) belegen, könnte CcpA ebenfalls eine wichtige Rolle in der Regulation von metabolischen Genen in porzinem Blut und

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Ergebnisse

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CSF übernehmen. Eine Vielzahl differentiell exprimierter Gene in porzinem Blut und CSF sind in vitro ebenso Teil des CcpA-Regulons (Publikation 6) von S. suis.

Zusätzliche Genexpressions-Experimente mit einem CcpA-defizienten S. suis Stamm in porzinem Blut und CSF müssen allerdings den Einfluss von CcpA unter diesen Bedingungen detaillierter aufklären. Im Überblick, die hier durchgeführten RNA-seq- Experimente und Bestimmungen der Aminosäurekonzentrationen im CSF und Blut komplementieren die Metabolismusstudien aus Publikation 3 und ermöglichen in dieser Zusammenstellung erstmalig einen detaillierten Einblick in die metabolische Adaptation von S. suis an infektionsrelevante Bedingungen.

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Publikation 5

Willenborg J, Fulde M, de Greeff A, Rohde M, Smith HE, Valentin-Weigand P, Goethe R. (2011).

Role of glucose and CcpA in capsule expression and virulence of Streptococcus suis.

Microbiology 157(Pt 6):1823-33.

Glukose ist ein nicht nur von S. suis (Publikation 3), sondern auch von anderen pathogenen Streptokokken bevorzugtes Substrat, um Energie für das bakterielle Wachstum zu generieren. Die Konzentration an freier Glukose variiert in unterschiedlichen Wirtshabitaten. So kann man während der Kolonisierungsphase im Oro- bzw. Nasopharynx von eher geringen Konzentrationen und im Vergleich dazu während der invasiven Phase im Blut oder CSF von höheren Konzentrationen ausgehen (Philips et al., 2003; Shelburne et al., 2008a). Korrelierend dazu scheint in pathogenen Streptokokken die Expression von Virulenzgenen in einem engen Zusammenhang zu verfügbaren Kohlenhydratquellen und den damit verbundenen Metabolismus zu stehen (Iyer et al., 2005; Moye et al., 2014; Shelburne et al., 2008b). Um nun bei S. suis eine mögliche Verbindung von der Expression Virulenz- assoziierter Gene zu verfügbarer Glukose näher zu untersuchen, wurden ausgewählte Virulenzgene entlang einer Wachstumskinetik mittels RT-qPCR untersucht. Da in einer früheren Studie herausgefunden wurde, dass die Enzyme (ArcABC) des energieliefernden ADS der Glukose-abhängigen Katabolitrepression (CCR) unterliegen (Gruening et al., 2006), wurde zunächst das ArcB-Protein als

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Indikator ausgewählt. Western Blot-Analysen zeigten, dass die Expression des ArcB- Proteins während der frühen exponentiellen Wachstumsphase unterdrückt, allerdings zur frühen stationären Wachstumsphase völlig enthemmt war. Parallel durchgeführte Glukose-Messungen des Kulturmediums ergaben, dass die ArcB-Expression zu dem Zeitpunkt anstieg, an dem die Konzentration frei verfügbarer Glukose abnahm.

Weitere Virulenz-assoziierte Gene, die wie das arcB einer strikten CCR unterliegen, waren das Cholesterol-abhängige Zytolysin (Suilysin) und der extracellular factor (EF). Der Katabolitaktivierung (CCA) hingegen folgten die Expression des opacity factor of S. suis (OFS), des surface antigen one (SAO) und des ersten Gens des Kapselpolysaccharid-Genclusters (cps2A). Wie von anderen Gram-positiven Bakterien bekannt ist, kann das Regulatorprotein CcpA eine entscheidende Rolle in der Glukose-vermittelten CCR und CCA von Genen spielen. Um nun den Einfluss von CcpA auf diese Prozesse in S. suis genauer zu untersuchen, wurde ein CcpA- defizienter Stamm konstruiert. Anschließende RT-qPCR-Experimente mit einem WT- Stamm und dem CcpA-defizienten Stamm ergaben, dass während der exponentiellen Wachstumsphase CcpA in der Tat in der CCR von arcB und der CCA von ofs, sao und cps2A involviert ist. Diese Erkenntnisse veranlassten uns, eine genomweite Expressionsanalyse des CcpA-defizienten Stammes mittels cDNA- Microarray durchzuführen, um die Gesamtheit aller CcpA-beeinflussten Gene zum Zeitpunkt der frühen exponentiellen Wachstumsphase zu ermitteln. Diese ergab, dass von insgesamt 259 beeinflussten Genen, was ca. 13,2 % aller Gene des S.

suis-Genoms entspricht, 141 Gene höher und 118 niedriger exprimiert waren im Vergleich zum WT-Stamm. Darunter befanden sich neben den bereits untersuchten Virulenz-assoziierten Faktoren vor allem Gene für den Transport und die Verstoffwechselung alternativer Kohlenhydratquellen. Welche Stoffwechselwege im Detail betroffen waren, wird in der Publikation 6 präziser erläutert. Von besonderem Interesse war allerdings, dass sowohl im cDNA-Microarray als auch in der RT-qPCR die Kapselpolysaccharid-Synthese im CcpA-defizienten Stamm niedriger exprimiert war. Eine Reduktion der Kapseldicke konnte ebenfalls in elektronenmikroskopischen Aufnahmen bestätigt werden. Die Kapsel ist der bislang am besten untersuchte Virulenzfaktor von S. suis und kann aufgrund der anti-phagozytischen Eigenschaften gegenüber phagozytierenden Zellen des Immunsystems essentiell für die Virulenz sein (Baums und Valentin-Weigand, 2009). In Korrelation dazu zeigten Experimente

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Ergebnisse

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mit porzinen neutrophilen Granulozyten, dass der CcpA-defiziente Stamm eine signifikant verminderte Überlebensrate im Vergleich zum WT aufwies. Des Weiteren kann die Kapsel bakterielle Oberflächenproteine maskieren, die eine Interaktion mit Wirtsproteinen eingehen können. Western Blot-Analysen mit porzinem Plasma bestätigten, dass es aufgrund der reduzierten Kapseldicke und der vermutlich damit verbesserten Exposition bakterieller Oberflächenproteine im CcpA-defizienten Stamm, zu einer erhöhten Ablagerung porziner Plasmaproteine und im speziellem von Fibrinogen kam. Zusammengefasst konnte diese Studie zeigen, dass CcpA ein wichtiger globaler Regulator der CCR und CCA ist und vermutlich bedeutend am Zusammenspiel von Metabolismus und Virulenz in S. suis beteiligt ist. Die Frage, welche Konsequenzen sich nun hinsichtlich der Virulenz des CcpA-defizienten Stammes im Tiermodell ergeben, wurde im Rahmen einer anderen Fragestellung in Publikation 9 beantwortet. Offen blieb die Fragestellung, welche Gene direkt oder indirekt und zudem unter Glukose-limitierenden Bedingungen von CcpA reguliert werden. Diese detaillierte Bestimmung und Charakterisierung eines CcpA-Regulons von S. suis erfolgte in Publikation 6.

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Publikation 6

Willenborg J, de Greeff A, Jarek M, Valentin-Weigand P, Goethe R. (2014). The CcpA regulon of Streptococcus suis reveals novel insights into the regulation of the streptococcal central carbon metabolism by binding of CcpA to two distinct binding motifs. Mol Microbiol 92(1):61-83.

Das Ziel dieser Studie war es, für Glukose-reiche (exponentielle Wachstumsphase) und Glukose-reduzierte (stationäre Wachstumsphase) Bedingungen erstmalig ein umfangreiches CcpA-Regulon innerhalb der Gattung Streptococcus zu charakterisieren, indem vor allem genomweite Genexpressions- Analysen mit genomweiten Bindungsstudien zum CcpA kombiniert wurden. Dafür wurden in dieser Studie zunächst die cDNA-Microarray-Experimente zum CcpA- defizienten- und WT-Stamm der Publikation 5 auf die stationäre Wachstumsphase ausgeweitet. Während in der exponentiellen Wachstumsphase in dem CcpA- defizienten Stamm im Vergleich zum WT-Stamm 259 Gene differentiell exprimiert

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Ergebnisse

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waren, waren es in der stationären Wachstumsphase 389 Gene. Obwohl bei der stationären Wachstumsphase das Ausmaß der differentiellen Expression nicht so ausgeprägt war wie bei der exponentiellen Wachstumsphase, deutete die große Anzahl unterschiedlich exprimierter Gene und die funktionelle Eingruppierung der beeinflussten Gene bereits daraufhin, dass CcpA sowohl als Aktivator aber auch als Repressor unter Glukose-reichen und Glukose-reduzierten Bedingungen wirken kann. Betrachtet man die metabolischen Stoffwechselwege, die durch CcpA beeinflusst werden, so waren diese vorwiegend dem Kohlenhydratmetabolismus zuzuordnen. Dazu gehörten unterschiedliche ABC- und PTS-Transporter für die Aufnahme alternativer Kohlenhydrate und Gene für die Metabolisierung dieser Kohlenhydrate wie z.B. die Galaktose-verstoffwechselnden Leloir- und Tagatose- Wege oder Glykogen-Synthese (glgCAB). Vor allem waren aber Gene des Pyruvat- Metabolismus betroffen wie die Laktat-Dehydrogenase (ldh), die Acetat-Kinase (ackA), die Pyruvat-Dehydrogenase (pdhE), die Pyruvat-Format-Lyase (pfl) und die Alkohol-Dehydrogenase (adhE). Es ist anzunehmen, dass durch die CcpA-Defizienz unter Glukose-reichen Bedingungen eine Verschiebung vom homofermentativen hin zum heterofermentativen Stoffwechsel erfolgte, wie bereits in einer anderen Studie beschrieben wurde (Carvalho et al., 2011). Da in der exponentiellen Wachstumsphase das Ausmaß der differentiellen Genexpression stärker war als in der stationären Wachstumsphase, stellte sich die Frage, ob dies auch mit dem Phosphorylierungsstatus des für Gram-positive Bakterien beschriebenen CcpA- transaktivierenden Co-Faktors HPr und gegebenenfalls mit einer Interaktion mit CcpA korrelierte. Western Blot-Analysen bestätigten, dass im Vergleich zur stationären Wachstumsphase in der exponentiellen Wachstumsphase ein größerer Anteil an vermutlich Serin-phosphoryliertem HPr (HPr(Ser)~P) vorhanden war. Dazu korrelierend konnte durch Co-Immunpräzipitationsversuche eine erhöhte Menge an mit CcpA-assoziierten HPr nachgewiesen werden. Wie in der Einleitung beschrieben, erfolgt für die Ausübung einer Genregulation die Bindung von CcpA oder auch CcpA- HPr(Ser)~P-Komplexen üblicherweise an spezifische DNA-Elemente, den sogenannten cre-Stellen, in nicht-translatierten Promotorbereichen CcpA-regulierter Gene. Durch EMSA-Versuche mit Oligonukleotiden, die putative cre-Stellen der CcpA regulierten Operons arcABC und glgCAB enthielten, konnte zunächst die in vitro-Bindung von CcpA umfangreich gezeigt und spezifiziert werden. Weiterführende

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