POLITIK
zu zeitaufwendig, weil ohne Unter- stützung einer automatisierten Da- tenverarbeitung insbesondere die Allgemeinärzte den richtigen Dia- gnosebegriff aus etwa 6 000 verschie- denen Begriffen in der ICD-Nomen- klatur heraussuchen müssen.
D
as zentrale Zulassungsver- fahren soll für biotechnologi- sche Produkte verpflichtend werden. Den pharmazeuti- schen Unternehmen werde allerdings auch für andere hochtechnologische Produkte und innovative Arzneimit- tel die Möglichkeit gegeben, die Zu- lassung zentral zu beantragen, heißt es in der EG-Verordnung. Alle im Rahmen des zentralen Zulassungs- verfahrens gestellten Anträge müß- ten direkt bei der Europäischen Arz- neimittelagentur eingereicht werden.Für Gutachten über Arzneimittel für den menschlichen Gebrauch sei der Ausschuß für Arzneispezialitäten zu- ständig. Besondere Auflage: Bei Me- dikamenten, die genetisch veränder- te Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, müsse der Aus- schuß in seinem Gutachten die Um- weltschutzauflagen der Richtlinie 90/220/EWG einhalten. Damit sollen etwaige schädliche Auwirkungen ver- mieden werden, die durch die Frei- setzung oder das Inverkehrbringen genetisch veränderter Organismen auf die menschliche Umwelt oder Gesundheit entstehen können.
KURZBERICHTE
Die Verschlüsselungsebene für Diagnosen könne nur in Abhängig- keit des Auswertungs- und Erkennt- nisinteresses des Arztes definiert werden. Dieses Interesse sei weder festgelegt noch bisher vertraglich ver- einbart worden. HC
Werde die Zulassung erteilt, dürfe das betreffende Arzneimittel in der EG vertrieben werden. Umge- kehrt stelle eine Zulassungsverweige- rung ein Verbot für das Inverkehr- bringen des betreffenden Arzneimit- tels in der gesamten Gemeinschaft dar. Durch die Zentralisierung von Zulassungsverfahren soll gewährlei- stet werden, daß es ab 1995 nur je- weils eine wissenschaftliche Beurtei- lung der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit eines Medikaments gibt. Auf Antrag würden jeder inter- essierten Person die Gründe zur Er- teilung oder Verweigerung einer Ge- nehmigung über die Arzneimittel be- reitgestellt, die von der Agentur be- urteilt worden sind.
Schiedsrichter bei Unstimmigkeiten
Hinsichtlich des dezentralen Ge- meinschaftsverfahrens nehme die Europäische Arzneimittelagentur in erster Linie eine Koordinierungs- funktion wahr. Dieses Verfahren be- ruht auf dem Prinzip der gegenseiti-
gen Anerkennung nationaler Zulas- sungsbescheide. Die neue EG-Be- hörde soll hierbei nur dann in An- spruch genommen werden, wenn ei- ne nationale Arzneimittelbehörde die Erstzulassung eines Arzneimit- tels eines anderen EG-Landes nicht auf ihren Mitgliedstaat ausdehnen will. Aus der Verordnung des Euro- päischen Rates geht hervor, daß das Londoner Institut dann quasi als Schiedsstelle fungieren soll, die letztendlich über die Erteilung oder Verweigerung einer Zulassung zu entscheiden habe.
Die Entscheidungen der Agen- tur sind sowohl bei zentralen als auch dezentralen Zulassungsbescheiden verbindlich. Das heißt: Die betref- fenden Mitgliedstaaten müssen die auf EG-Ebene getroffenen Zulas- sungsbescheide umsetzen.
Darüber hinaus soll die Europäi- sche Arzneimittelagentur die Über- wachung der in der Gemeinschaft ge- nehmigten Arzneimittel unter prakti- schen Anwendungsbedingungen ko- ordinieren. Außerdem soll durch die Zusammenfassung von Produkt- merkmalen, durch einheitliche Eti- kettierungen und Packungsbeilagen die Harmonisierung auf dem Arznei- mittelmarkt vorangetrieben werden.
Informationen über die Neben- wirkungen eines EG-weit vertriebe- nen Arzneimittels (Pharmakovigi- lanz) sollen künftig über zentrale Da- tenbanken zugänglich sein. Die EG- Verordnung sieht vor, daß die Agen- tur zu diesem Zweck eng mit den na- tionalen Arzneimittelüberwachungs- behörden zusammenarbeitet. Da- durch soll gewährleistet werden, daß ein Arzneimittel mit unannehmbaren Nebenwirkungen umgehend vom Markt zurückgenommen werden kann
Außerdem sei für den Bereich der internationalen Pharmakovigi- lanz künftig eine enge Kooperation mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geplant. Über entsprechen- de Maßnahmen, die zwar für den eu- ropäischen Raum getroffen werden, die sich aber auch unmittelbar auf die Gesundheit der Bevölkerung in Drittländern auswirken können, soll die WHO durch die Londoner Agen- tur in Zukunft unverzüglich unter- richtet werden. Petra Spielberg
Neu: Europäische Arzneimittelagentur
Zentrale Koordinierungs- und Zulassungsstelle
Am 1. Januar 1995 soll die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln ihre Arbeit aufnehmen. Wie die Nachrichtenagentur afp meldete, erhielt London auf einem EG- Sondergipfel Ende Oktober in Brüssel den Zuschlag als Standort für das Arzneimittelinstitut.
Bereits Mitte dieses Jahres hatte der EG-Rat eine Verordnung verabschiedet (Nr. 2309/93), die die Aufgaben und Strukturen der neuen Behörde regelt. Wichtigste Abteilungen: der Ausschuß für Arzneispezialitäten und der Ausschuß für Tierarzneimittel. Hauptaufgabe der europäischen Agentur sollen Zulassungen nach einem zentralisierten Verfahren und die Ko- ordinierung dezentralisierter Zulassungsverfahren von Arzneimitteln sein (vgl. Deutsches Ärzteblatt, Heft 12/1993, Rubrik „Themen der Zeit").
A1-3118 (26) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 47, 26. November 1993