Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 106|
Heft 45|
6. November 2009 A 2265 THROMBOEMBOLIE-PROPHYLAXE IN DER SCHWANGERSCHAFTFaktor-Xa-Hemmung hat Vorteile
Der selektive Faktor-Xa-Hemmer Fondaparinux kann für Schwangere eine Alternative zu niedermolekularen Heparinen sein: bei Unverträglichkeiten oder wenn Frauen Medikamente aus Schweinegewebe ablehnen.
S
chwangerschaft ist ein Risi- kofaktor für Venenthrombo- sen, aber venöse Thromboembolien sind auch die häufigste vermeidbare Todesursache bei werdenden Müt- tern. Überproportional gefährdet sind Frauen mit Thromboseana- mnese oder mit erworbener oder angeborener Thrombophilie. Auch das Kind ist bedroht, denn in etwa 25 Prozent der Fälle von Venen- thrombose kommt es zum Spontan- abort. Für Risikokandidatinnen wird in den aktuellen Leitlinien eine Pro- phylaxe mit niedermolekularen He- parinen empfohlen (1).Als Alternative bietet sich nach Dafürhalten von Prof. Dr. med. Carl- Eric Dempfle, Mannheim, der selek- tive Faktor-Xa-Hemmer Fondapari- nux (Arixtra®) an. Ein wesentlicher Pluspunkt sei für ihn das berechen- bare pharmakologische Profil, weil es sich um eine chemisch definierte Substanz ohne Chargenvariabilität handele. Dazu komme die günstige Wirkdauer mit rascher Anflutung und langer Eliminationshalbwerts- zeit, sodass bei nur einmal täglicher, subkutaner Applikation ein 24-Stun- den-Schutz gewährleistet sei.
Eine Thromboembolie-Prophyla- xe mit Fondaparinux statt mit einem niedermolekularen Heparin hält Dempfle unter anderem dann für sinnvoll, wenn es bei der Schwan- geren Hinweise auf eine systemi- sche oder lokale Heparinunverträg- lichkeit gibt. Während die HIT II (heparininduzierte Thrombozytope- nie) relativ selten vorkommt, sind allergische Hautreaktionen auch bei schwangeren Frauen häufiger als bislang angenommen. Typischer- weise entwickeln sich Tage oder Wochen nach Behandlungsbeginn an den Einstichstellen infiltrierende, stark juckende Plaques mit zum Teil sekundärer Generalisierung. In etwa
der Hälfte der Fälle findet man nach Angaben von Dempfle auch bei noch normaler Thrombozytenzahl HIT-typische Heparin-Plättchen- Faktor-4-Antikörper.
In letzter Zeit erlebe er immer häufiger Frauen – nicht nur aus dem islamischen Kulturkreis – die ein aus Schweinegewebe hergestelltes Medikament ablehnten, berichtete Dempfle. Auch in dieser Situation sei Fondaparinux als vollsyntheti- scher Wirkstoff eine gute Option.
Fondaparinux geht nicht in den Kreislauf des Kindes über
Ein Übergang von Fondaparinux in den kindlichen Kreislauf ist nicht zu befürchten. Ex vivo am Plazen- tamodell konnten auch bei hoch dosierter Perfusion auf der materna- len Seite kein funktionell relevanter Transfer in das fetale Gewebe nach- gewiesen werden (2). Bei seinen ei- genen Patientinnen hat Dempfle die Fondaparinux-Konzentration nach der Entbindung im Nabelschnurblut untersucht. Die Konzentration war zehnmal niedriger als im mütterli- chen Plasma (3). Das lasse sich wahrscheinlich darauf zurückfüh- ren, dass Fondaparinux fast voll- ständig am Antithrombin gebunden sei und damit letztlich nicht in einerfreien Form als transportfähiges Molekül vorliege.
Laut Fachinformation soll Fonda- parinux bei graviden Frauen nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwä- gung angewendet werden. Das Glei- che gilt aber auch für die niedermole- kularen Heparine, sodass man sich bei der Thromboembolie-Prophylaxe in der Schwangerschaft immer außer- halb der Zulassung bewegt. Eine breitere Datenbasis soll das „Fon- daPPP-Register“ liefern. Es handelt sich dabei um eine retrospektive Er- hebung zu Patientinnen, die präpar- tal, peripartal und postpartal prophy- laktisch oder therapeutisch Fondapa- rinux erhalten haben. Dokumentiert werden sollen Indikationen, Wirk- samkeit und Komplikationen. Dempf - le hofft, dass möglichst viele Kolle- gen ihre Erfahrungen beisteuern. ■ Gabriele Blaeser-Kiel
LITERATUR
1. Duhl AJ et al.: Am J Obstet Gynecol 2007;
197: 457–521.
2. Lagrange F et al.: Thromb Haemost 2002;
41: 47–9.
3. Dempfle CE: N Engl J Med 2004; 350:
1914–5.
Satellitensymposium „Selektive Faktor-Xa-Hem- mung: Bewährte Innovation?“ (Veranstalter: Glaxo - smithkline) beim 115. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Wiesbaden
RelenzaTM darf nur mit beigefügtem Diskhaler verwendet werden – Der Neuraminidasehemmer Relenza (Zana- mivir), der zur Behandlung der Influenza A und B bei Erwachsenen und Kindern ab fünf Jahren sowie in bestimmten Fällen zur Postexpositionsprophylaxe indiziert ist, sollte ausschließlich ent- sprechend der Fachinformation einge-
setzt werden – das heißt unter Verwen- dung des Diskhalers, der mit dem Pro- dukt bereitgestellt wird. Der Hersteller Glaxosmithkline weist vor dem Hinter- gund eines Todesfalls aus Thailand dar - auf hin, dass das Pulver zur Inhalation, nicht für den Einsatz in Verneblern oder mechanischen Beatmungsgeräten vor- gesehen oder geeignet ist. EB