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Archiv "Antibiotikaresistenzen: Erkennen, bewerten und bekämpfen" (05.12.2008)

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A2632 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 49⏐⏐5. Dezember 2008

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ehr als 40 000 Personen star- ben 2006 an den Folgen ei- ner Infektionskrankheit, davon über 50 Prozent an den Komplikationen einer Pneumonie, und die Statistiken der Jahre 2002 bis 2006 weisen eine Zunahme der Mortalitätsrate von Pa- tienten mit einer Infektion um 14 Pro- zent auf (1). Parallel dazu wird die Therapie von bakteriellen Infektions- krankheiten durch die steigende An- zahl antimikrobiell-resistenter Erre- ger erschwert. Dies bedeutet für die Patienten oft längere Behandlungs- zeiten und Belastungen durch eine verzögerte oder nicht eintretende Heilung. Da die Anzahl an resisten- ten Erregern wahrscheinlich künftig noch größer wird, ist eine gezieltere Herangehensweise zur Reduzierung antimikrobieller Resistenzen und zur Stärkung präventiver Maßnahmen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene erforderlich.

Vor diesem Hintergrund wurde die Deutsche Antibiotika-Resistenz- strategie auf Initiative des Bundes- ministeriums für Gesundheit ent- wickelt. Ein Konsultationsverfahren ermöglichte der Fachöffentlichkeit und Vertretern der Länder, Verbän- de, Krankenkassen und Kranken- häuser, die Strategie zu kommentie- ren und mitzugestalten. Das Bun- desministerium für Ernährung, Land- wirtschaft und Verbraucherschutz erarbeitete einen veterinärmedizini- schen Teil, und auch das Bundes- ministerium für Bildung und For- schung trug zur Strategie bei.

Unter Berücksichtigung der Kom- mentare wurde die Deutsche Anti- biotika-Resistenzstrategie fertigge- stellt; am 12. November stimmte das Bundeskabinett zu. Zentrales Ziel der Strategie ist die Reduzierung von Antibiotikaresistenzen. Dazu sollen im humanmedizinischen Be- reich zehn Ziele und 42 Aktionen in

den Jahren 2008 bis 2013 in den fol- genden vier Handlungsfeldern um- gesetzt werden:

1. Ausbau der Surveillance- Systeme zur Antibiotikaresistenz und zum Antibiotikaverbrauch:

Die analysierten Daten sollen durch ein geeignetes Feedback an Antibio- tika verordnende Ärztinnen und Ärz- ten zurückgeleitet werden. Der Aus- bau eines Frühwarn- und Reaktions- systems soll das frühzeitige Erkennen von Erregern mit neuen Resistenzen beziehungsweise Resistenzmustern, von verstärkten regionalen/lokalen Häufungen oder eines erhöhten Auf- kommens an bestimmten resistenten Infektionserregern gewährleisten. In Abhängigkeit von der Problematik können dann gezielte Eindämmungs- maßnahmen durch das Reaktionssys- tem eingeleitet werden.

2. Stärkung der Verhütungs- und Bekämpfungsmaßnahmen zur Reduzierung von Antibiotikaresis- tenzen:Um den rationalen Umgang mit Antibiotika zu stärken, soll unter anderem eine Antibiotikatherapie- Kommission am Robert- Koch-Insti- tut (RKI) eingerichtet werden, die für

die Sichtung von vorhandenen und die Initiierung von benötigten Emp- fehlungen und Leitlinien zur Antibio- tikatherapie zuständig ist. Darüber hinaus sollen Maßnahmen zur Ver- besserung der Diagnostik und der Aus-, Weiter- und Fortbildung von Ärzten, Apothekern, Pflegepersonal und Naturwissenschaftlern in diesem Bereich eingeführt werden.

3. Förderung der Zusammen- arbeit:Damit Verhütungs- und Be- kämpfungsmaßnahmen zur Redu- zierung von antibiotikaresistenten Infektionserregern auch langfristig erfolgreich sind, müssen die re- gionalen und nationalen Akteure in diesem Bereich zusammenarbeiten.

In Anlehnung an bereits etablierte Strategien sollen regionale Netz- werke zur Verhütung und Bekämp- fung antimikrobieller Resistenzen als Modellprojekte eingerichtet und die Zusammenarbeit von regionalen Akteuren in diesem Bereich ge- stärkt werden. Auf Bundesebene wird eine interministerielle Arbeits- gruppe im Bereich Antibiotikaresis- tenz eingerichtet, die die Aktionen ressortübergreifend koordiniert und den Dialog zwischen betroffenen Akteuren sicherstellt.

Zusätzlich soll auf Bundesebene ein koordinierendes Zentrum zur Verhütung und Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen am Robert- Koch-Institut eingerichtet werden, das Aktivitäten im Gesundheitsbe- reich koordiniert und die deutsche Zusammenarbeit mit internationa- len Partnern sicherstellt.

4. Forschung und Evaluierung:

Durch die Analyse von Aktivitä- ten im Bereich der Antibiotikare- sistenzforschung sollen Defizite identifiziert und Maßnahmen zur Eindämmung von Antibiotikare- sistenzen künftig auf eine verbes- serte wissenschaftliche Grundlage

ANTIBIOTIKARESISTENZEN

Erkennen, bewerten und bekämpfen

Im Rahmen der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie werden Daten zu

bakteriellen Erregern aus der stationären und der ambulanten Versorgung systematisch erhoben; dadurch lassen sich regional unterschiedliche Entwicklungen erkennen.

Multiresistente Staphylococci aurei wurden ursprünglich als methicillinresistent benannt nach ei- nem heute nicht mehr verwendeten Antibiotikum, bei dem die Resistenz in den 60er-Jahren zuerst beobachtet wurde.

Foto:Aktion Meditech

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 49⏐⏐5. Dezember 2008 A2633

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gestellt werden. Gegenwärtig wird am RKI ein dauerhaftes Überwa- chungs- und Frühwarnsystem für Antibiotikaresistenzen entwickelt und etabliert. Die ARS (Antibiotika- Resistenz-Surveillance in Deutsch- land) ist ein repräsentatives flächen- deckendes Surveillancesystem für Antibiotikaresistenzdaten, das Da- ten sowohl aus der stationären Kran- kenversorgung als auch aus der am- bulanten Versorgung zusammen- führt und bewertet. Die Surveillance der Antibiotikaresistenz soll im nächsten Schritt durch ein Monito- ring des Antibiotikaverbrauchs er- gänzt werden (3, 4).

Darüber hinaus führt das RKI mit der EVA-Studie eine Untersu- chung über die Einflüsse auf die Verschreibung von Antibiotika in Deutschland durch. Um den sach- gerechten Einsatz dieser Substan- zen zu fördern, müssen die Einflüs- se und die Ursachen sowie deren Bedeutung bei der Antibiotikaver- ordnung durch Ärztinnen und Ärzte in den Praxen und in Kliniken be- kannt sein. In Kooperation mit den Ärztekammern wurden im Septem- ber 11 000 Ärztinnen und Ärzte aus verschiedenen Fachdisziplinen, die regelmäßig Antibiotika verordnen, im niedergelassenen und stationä- ren Bereich befragt. Gegenwärtig erfolgt die Auswertung der Frage-

bögen. n

Dr. rer. nat. Antina Barger, Priv.-Doz. Dr. med. Lars Schade Bundesministerium für Gesundheit, Referat

„Übertragbare Krankheiten, AIDS, Seuchenhygiene“

Friedrichstraße 108, 10117 Berlin E-Mail: antina.barger@bmg.bund.de E-Mail: lars.schaade@bmg.bund.de

Priv.-Doz. Dr. med. Gérard Krause Robert Koch-Institut Abteilung für Infektionsepidemiologie

Seestraße 10, 13353 Berlin E-Mail: KrauseG@rki.de

Prof. Dr. med. Michael H. Kramer Bundesministerium für Gesundheit, gegenwärtig:

TRAC Plus – Center for Infectious Disease Control P. O. Box 2717 Kigali, Ruanda E-Mail: kramer.michael@tracrwanda.org

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ie alten Grabenkämpfe zwi- schen den Arztgruppen dro- hen wieder aufzubrechen. Denn der Gesetzgeber hat Mitte Oktober zwei folgenreiche Änderungen zur hausarztzentrierten Versorgung be- schlossen (§ 73 b). Zum einen gibt er mit dem 30. Juni 2009 einen Stichtag vor, bis zu dem die Kran- kenkassen solche Verträge abge- schlossen haben müssen. Zum ande- ren schreibt er den Kassen auch ei- nen bevorzugten Vertragspartner vor: Sie müssen künftig Verträge mit Gemeinschaften schließen, „die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilneh- menden Allgemeinärzte des Be- zirks der Kassenärztlichen Vereini- gung vertreten“. Damit wird dem Deutschen Hausärzteverband bezie- hungsweise dessen Landesverbän- den quasi ein Vertragsmonopol ein- geräumt.

Bei vielen Facharztverbänden stieß diese Entscheidung auf heftige Kritik. Auch der Vorsitzende des Be- rufsverbands Deutscher Internisten (BDI), Dr. med. Wolfgang Wesiack, sagte Mitte November bei einem Pressegespräch in Berlin: „Zwar wollen wir die alten Kämpfe nicht reaktivieren. Es kann aber nicht sein, dass 29 Prozent der Allgemeinärzte 71 Prozent der anderen hausärztlich tätigen Ärzte dominieren.“ Die hausärztlich tätigen Internisten setz- ten ebenso wie die Kinderärzte an- dere therapeutische Schwerpunkte, die durch ein solches Versorgungs- monopol ignoriert würden. Der BDI prüft derzeit, gerichtlich gegen diese Bestimmung vorzugehen.

Den Vorreiter solcher Hausarzt- verträge haben der Hausärztever- band Baden-Württemberg, Medi und die dortige AOK geschlossen.

Wesiack hält diesen für ein „span-

nendes Experimentierfeld“. Die ent- scheidende Frage sei aber: „Was ha- ben die Versicherten davon?“ Für den BDI-Präsidenten sind Selektiv- verträge eine sinnvolle Ergänzung, um Lücken in der Versorgung zu schließen. Das System der Kas- senärztlichen Vereinigungen könn- ten Einzelverträge aber nicht erset- zen. Was die AOK und die Ärztever- bände derzeit in Baden-Württem- berg verwirklichten, sei ein Ein- kaufsmodell zu Lockangeboten. „Das wird sich so nicht wiederholen“, meinte Wesiack. Um zu verhindern, dass die Krankenkassen die Bedin- gungen diktierten, müssten die Ärz- te geschlossen auftreten.

Die ärztliche Freiberuflichkeit ist bedroht

Für mehr Einigkeit zwischen den Arztgruppen will sich der BDI auch in der Allianz deutscher Ärztever- bände einsetzen, in der er seit dem 1. Dezember 2008 den Vorsitzenden stellt. Im Wahljahr 2009 gelte es ins- besondere, eine gemeinsame Strate- gie zu entwickeln, um ärztliche In- teressen wirksam zu vertreten.

„Wir müssen eine übergeordnete Perspektive anstreben“, bekräftigte auch BDI-Vizepräsident Prof. Dr.

med. Malte Ludwig. Vieles deute darauf hin, dass Teile der Politik die ärztliche Freiberuflichkeit infrage stellten. Als Stichworte nannte Lud- wig die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung oder auch die Einrichtung Medizinischer Versorgungszentren. „Man soll of- fenbar sein Heil im Angestelltenver- hältnis suchen“, sagte der Internist.

Für die wirtschaftliche Selbststän- digkeit, aber vor allem für die eigen- ständige Berufsausübung bleibe im-

mer weniger Raum. n

Heike Korzilius Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit4908 Der Strategieentwurf zur Erkennung, Prävention und Kontrolle von Antibio- tikaresistenzen ist abrufbar unter:

www.aerzteblatt.de/plus4908.

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BERUFSVERBAND DEUTSCHER INTERNISTEN

Geschlossen gegen das Diktat der Kassen

Die Ärzte dürften sich nicht in Partikularinteressen verlieren,

meinen die Internisten. Das bedrohe ihre Schlagkraft.

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 49⏐⏐5. Dezember 2008 A1

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LITERATUR

1. Statistisches Bundesamt. Todesursa- chenstatistik 2008; Ref Type: Internet Com- munication.

2. Harbarth S: Antibiotikatherapie – Einfluss des Antibiotikaverbrauchs auf Resistenzbil- dung und -selektion. Anästhesiol Intensiv- med Notfallmed Schmerzther 2007; 12:

130–5.

3. Noll I, Barger A, Heckenbach K, Eckmanns T: Zur Surveillance der Antibiotikaresistenz in Deutschland. Der Mikrobiologe 2008; 1:

19–23.

4. Noll I, Heckenbach K, Kleinkauf N, Eck- manns T: Zur Surveillance der Antibiotika- resistenz in Deutschland. Epidemiologi- sches Bulletin 2007, November 2; 44:

405–9.

LITERATURVERZEICHNIS HEFT 49/2008, ZU:

ANTIBIOTIKARESISTENZEN

Erkennen, bewerten und bekämpfen

Im Rahmen der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie werden Daten zu

bakteriellen Erregern aus der stationären und der ambulanten Versorgung systematisch

erhoben; dadurch lassen sich regional unterschiedliche Entwicklungen erkennen.

Referenzen

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