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Kirwald, E. (1959). Die Ordnung des Wasserhaushaltes im Mittelgebirge. In A. Kurth (Ed.), Mitteilungen / Schweizerische Anstalt für das Forstliche Versuchswesen: Vol. 35/1. Festschrift. Zum siebzigsten Geburtstag von Prof. Dr. sc. techn. und Dr. h. c. H

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Academic year: 2022

Aktie "Kirwald, E. (1959). Die Ordnung des Wasserhaushaltes im Mittelgebirge. In A. Kurth (Ed.), Mitteilungen / Schweizerische Anstalt für das Forstliche Versuchswesen: Vol. 35/1. Festschrift. Zum siebzigsten Geburtstag von Prof. Dr. sc. techn. und Dr. h. c. H"

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Die Ordnung des Wasserhaushaltes im Mittelgebirge

Von E. Kirwald, Freudenstadt, Baden

I. Ermittlung der Grundlagen

Wenn man etwas ordnen, d. h. in sinnvollen Zusammenhang bringen will, muß man zunächst die zu ordnenden Elemente kennen und deren innere Beziehung zueinander er·

forschen.

Im vorliegenden Fall handelt es sich darum, die Beziehungen des Waldes zum Wasser- haushalt im Mittelgebirge zu klären, um allenfalls Maßnahmen zur Behebung von Schä- den durchzuführen oder vorbeugende Vorkehrungen gegen solche Schäden zu treffen.

Unter den verschiedenen Wegen, die zu diesem Zweck eingeschlagen worden sind, hat sich das Verfahren von A. Eng 1 er und H. Burg er am besten bewährt. Es besteht be- kanntlich darin, ganze Einzugsgebiete in ihrem natürlichen Zustand als Beobachtungs- objekte zu untersuchen und zu diesem Zweck festzustellen: Die natürlichen Gegeben- heiten der Größe und Lage des Gebietes, seinen Untergrund und Boden, das Relief, den Bewuchs nach Art, Alter und Aufbau und in diesem Gebiet dann die interessierenden Teilvorgänge des Wasserkreislaufes, nämlich die Niederschläge, Abflüsse und Verdun- stungen zeitlich und mengenmäßig zu ermitteln. Darüber hinaus kann. man noch die Wassergüte, beziehungsweise den Bodenahtrag mituntersuchen.

Vor- und N achteüe des Verfahrens. Der größte Vorteil besteht darin, daß man völlig natürliche, tatsächliche Verhältnisse untersucht und daß die Ergebnisse keine künst- lich geschaffenen Zustände darstellen. Sie sind somit ohne weiteres verwertbar und auf ähnliche Verhältnisse übertragbar. Man hat tatsächliche Vorgänge vor sich.

Nachteile ergehen sich teils aus natürlichen Schwierigkeiten und teils aus Fehlern, die in den Geräten, in ihrer Aufstellung und Ablesung liegen. Man findet in der Natur an sich schon selten in jeder Hinsicht geeignete Objekte, die sowohl ihrem Untergrund nach als auch im Boden und Bewuchs störungsfrei und von erwünschter Zusammenset- zung sind. Wenn ein Objekt gefunden ist, so braucht man ein vergleichsfähiges anderes Gebiet, in dem ein einwirkender Faktor, in unserem Fall also der Wald unterschied- lich ist, um dann auf seinen Einfluß auf den Wasserhaushalt schließen zu können. Meist sucht man Gebiete mit starker und mit schwacher oder gar keiner Bewaldung. Neben dem Vergleich verschiedener Kulturgattungen kann man weitergehen und die Einflüsse verschiedener Waldarten und Waldformen untersuchen.

Die beiden ältesten Beobachtungsfelder diese Art, nämlich der Rappen- und der Sperbelgraben im Emmental gelten heute als klassische Versuchsgebiete, sie sind die Stammgebiete sämtlicher, später nach ihrem Vorbild angelegter Untersuchungen in der ganzen einschlägigen Fachwelt.

«Mitteilungen der Schweizerischen Anstalt für das forstliche Versuchswesen, Bd. 35, Heft l»

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Prof. Dr. h. c. Hans Burg er gebührt der Dank dieser Fachwelt, und zwar nicht nur für die zahlreichen Auswertungen und Deutungen, die er im Laufe von Jahrzehnten vor- genommen hat, sondern auch für die Verfeinerungen und vor allem für die Erweiterung der Fragestellung auch in anderen Gebieten, so zum Beispiel die laufende Untersuchung der Einflüsse einer Aufforstung, die in einem wenig bewaldeten Gebiet ausgeführt wor- den ist (z.B. im V alle di Melera).

Im folgenden sollen einige Streiflichter auf Arbeiten auf dem Gebiet «Wald und Was- f;erhaushalt» geworfen werden, die in dem Gebiet mit dem intensivsten Wasserverbrauch in Deutschland, nämlich im Ruhrgebiet gewonnen worden sind, um damit u. a. auch zu zeigen, daß sich das Verfahren auch dort bewährt. Nebenbei sei bemerkt, daß auch in anderen Landschaften der Bundesrepublik ähnliche Beobachtungen nach dem 2. Welt- krieg eingeleitet worden sind (z.B. im Harz, in der Eifel u. a.).

Im Ruhrgebiet sind schon in den Jahren 1894-96 die ersten Talsperren gebaut wor- den. Der dort im Jahre 1899 gegründete Ruhrtalsperrenverein hat für eine genos- senschaftliche Bewirtschaftung des Wassers zu sorgen und vor allem durch den Bau und Betrieb von Talsperren dem in verschiedener Form auftretenden Wassermangel ab- zuhelfen. Es ergab sich im Laufe der Zeit von selbst, daß man das Augenmerk nicht nur auf die Vorgänge in den Gewässern richtete, sondern auch auf die Zusammenhänge zwi- schen Niederschlag, Abfluß, Verdunstung, zeitliche und mengenmäßige Wasservorrats- änderungen im Boden und im Untergrund zu achten begann. Die einfache Feststellung der anfallenden NiPderschlags-und Abflußmengen und ihrer Gänge genügen nicht mehr, man fragt nun auch nach den Ursachen der Vorgänge und nach den Wegen und Mitteln ihrer Steuerung.

Da es sich um ein Waldland handelt, ergaben sich die Fragen nach den Zusammenhän- gen zwischen Wald und Wasserhaushalt aus der Lage heraus. Wohl waren durch Eber - mayer ab 1866 in Bayern und in der Folge auch in anderen Ländern forstmeteorolo- gische Stationen eingerichtet worden, doch erschien uns das Verfahren aus dem Emmen- tal am geeignetsten, denn wir hatten es auch anderswo erprobt und mittlerweile waren die klassischen Untersuchungen von Eng 1 er über «den Einfluß des Waldes auf den Stand der Gewässer» und einige Berichte Burg er s über weitere Beobachtungsergeb- nisse auf diesem Gebiet sowie über seine Bodenunlersuchungen erschienen.

Andere Verfahren wie beispielsweise die Beobachtung eines Gebietes während einer Reihe von Jahren und dann die Beseitigung des Waldes zur Ausschaltung seiner Wir- kungen und die anschließende Beobachtung dieser veränderten Zustände kamen unter den gegebenen wirtschaftlichen und Eigentumsverhältnissen ohnedies nicht in Frage.

Aus der Fülle der Ergebnisse von 7 und neuerdings 9 Untersuchungsgebieten seien hier einige Auswertungen herausgegriffen und in Beziehung zu den Mitteilungen Eng- lers bzw. Burgers gebracht.

Die Hauptwirkung des Waldes liegt im humiden Gebirge, wie schon Engler aus- drücklich betont und Burger experimentell erhärtet, im Waldboden, in der Bodenbil- dung, im Aufschluß tieferer Schichten und im Bodenschutz vor Abtrag. Dieser Wald- boden ist nun im Wasserkreislauf derjenige Faktor, den wir unter keinen Umständen auf die Dauer entbehren können. Im Vergleich mit Böden unter anderen Kulturgattun- 38

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gen geben Waldböden das Wasser an den Kreislauf am besten ab, indem sie den Abfluß strecken. Es ist in dieser Hinsicht erfahrungsgemäß unerläßlich, darauf hinzuweisen, daß man die unterirdischen Teile und Biozönosen des Waldes nicht vergißt, die auch dann noch im Boden vorhanden sind und nachwirken, wenn das oberirdische Holz ge- schlagen und beseitigt worden ist. Solche Wurzelräume und ihre Wirkungsgefüge kön- nen noch geraume Zeit zusammen mit der oberirdischen Streu und den Humusstoffen den Abfluß günstig beeinflussen, wenn die Bäume schon längst gefällt oder verbrannt sind.

Nicht zu übersehen ist die günstige Wirkung auf die Hochwasser, die ohne Wald viel häufiger auftreten und sich häufiger wiederholen, so daß die Angriffe auf Gerinne, Bö- schungsfüße und Hänge schließlich zum Abbau der Landschaften und zu fortschreiten- den Schwierigkeiten in den Vorflutern führen. Für diese Zusammenhänge gibt es zahl- lose Beispiele in vielen Ländern und Gebirgen. Eine völlige Verhinderung jeglicher Hochwasser durch die Bewaldung ist nicht möglich.

Eine kleine, aber sehr deutliche Erläuterung der Wirkung des Waldbodens kann ein im Ruhrgebiet selten eintretender Extremfall geben. Es handelt sich um den Oktober 1951, der mit 8 mm Niederschlag oder 9 Prozent des langjährigen Mittels seit dem Jahre 1892 der zweittrockenste Monat war (Oktober 1908 mit 4 mm). Die Trockenperiode fing schon Mitte September an und dauerte bis Ende Oktober. Selbst in dem an Hochgebirgs- verhältnisse erinnernden steilsten Bachgebiet (Rönkhausen) gab es am Ende dieser mehrwöchigen Trockenzeit einen wenn auch sehr geringen Abfluß.

Obwohl aus dem Waldgebiet etwas weniger Gesamtabfluß erfolgt, ergeben die Mes- sungen, daß kürzere niederschlagsfreie Perioden, wie sie öfter auftreten, ohne weiteres überwunden werden und praktisch ein ständiger Abfluß stattfindet. Wir kennen hin- gegen viele Wildbachgebiete, die nach W aldabschwendungen zu wilden Gesellen wur- den, die sehr schnell auslaufen und dann wasserleer bleiben. Vgl. dazu die Erfahrungen Frankreichs.

In ausnahmsweise langen Trockenperioden ergeben sich in den Bächen immer noch Abflüsse, wenn:

a) Pflanzendecken die Böden aufschließen und vor Abtrag bewahren;

b) die Vegetationsdecken die Böden vor direkter Bestrahlung schützen, den Boden- wind abhalten und Verdunstungsverluste des Bodenwassers verhindern und

c) wenn vor der Trockenperiode noch ein Abflußanstieg geherrscht hat, d. h. die Böden mit Wasser aufgefüllt worden sind. Diese Voraussetzungen treffen in kühl-feuch- ten (Wald-)Klimaten meist zu. Hinsichtlich des Verbrauchs an Transpirationswasser konnte festgestellt werden, daß die Böden unter den gegebenen, keineswegs etwa be- sonders günstigen Verhältnissen, in der Lage sind, die notwendigen Wasservorräte so- wohl für das Leben der Pflanzendecke als auch zur Speisung der Gewässer zu speichern.

Einen überjahreszeitlichen Ausgleich der Abflüsse können sie allerdings nicht be- wirken. Dazu dienen die Talsperren, deren Bewirtschaftung und Wirtschaftlichkeit wieder mit den Zuständen in den Einzugsgebieten innig zusammenhängt.

Sehr aufschlußreiche Erscheinungen, die mit dem Durchgang des Wassers durch den Boden zusammenhängen, zeigten sich in den zweiten Abflußanstiegen, die wir nach der 39

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Herkunft dieses Wassers «Sickerwasserwellen» nennen. Sie sind dadurch gekennzeich- net, daß auf den ersten Anstieg des Abflusses mit einer gewissen Verspätung ein zweiter folgt, der unter Umständen höher ist als der erste und der dann allmählich abklingt. Das verspätete Auftreten dieser Sickerwasserwellen tritt nach 12-30 Stunden auf und zeigt die Zeit an, die das Wasser zur Sättigung des Bodens bis zum undurchlässigen oder schwer durchlässigen Untergrund und zum Durchgang bis zum Austritt im Talboden gebraucht hat. Diese Erscheinung muß noch näher untersucht werden, insbesondere in Gebieten, die sie nur ausnahmsweise oder nicht ausgeprägt aufweisen.

Erwähnenswert ist die große Empfindlichkeit der Ackerböden in einem der Ein- zugsgebiete, die beweist, daß der Untergrund nicht zu verhindern vermag, daß der Ab- fluß durch die Kulturgattung (Acker oder Wald) primär beeinflußt wird, das heißt, daß dem Wasserhaushalt auch auf schlechtem, dichtem Untergrund gedient sein kann und umgekehrt, daß eine nachteilige Decke durch einen guten Untergrund nicht zum Vor- teil des Wasserkreislaufes verändert werden kann.

Schließlich seien noch zwei Einflüsse erwähnt: Der Auffang von Benetzungswasser durch die Baumkronen und durch den Boden und seine Decke sowie die Tagesschwan- kungen der Abflüsse.

Der Auf fang, auch lnterzeption genannt, beeinflußt auch das Auftreten der soge- nannten Umkehrpunkte, das ist die Umkehr der Wasserführung vom Fallen zum Steigen.

Die Niederschläge, die die Benetzung und Umkehr verursachen, fangen unter Umstän- den schon bei sehr niedrigen Werten an, so daß der Anstieg des Abflusses bereits nach 2-3 mm beginnen kann.

Die Tagesschwankungen des Abflusses, die sich darin äußern, daß der Abfluß mit der Temperaturzunahme um die Mittagszeit abfällt und in der Nacht wieder ansteigt:

Diese Erscheinung hängt mit kleinklimatischen Vorgängen zusammen, die für die Bo- denentwicklung, den Wasserhaushalt und das Pflanzenwachstum besonders bedeutsam sind: Das Transpirationswasser ist zur Zeit der größten Licht- und Wärmeeinwirkung gewiß kein «Verlust», sondern äußerst produktiv im Sinne der Erkenntnis, daß sich ein optimales Wachstum der Pflanzen erst dann einstellt, wenn sowohl die Boden-, als auch die Luftfeuchte, optimal sind. Es müssen demnach beide Arten von Feuchtigkeit zusam- menwirken. Weder das Wasservorkommen im Boden noch das in der Luft werden gün- stig beeinflußt, wenn die Sonne den Boden bescheint und der Wind die Feuchte ent- führt.

Wir sehen hier somit ein feines Zusammenspiel von Bodenwasserspeicherung, Trans- piration, Wärme und Luftruhe im Waldbestand und wahrscheinlich auch in einer Wiese oder in einem Getreidefeld. Im Walde kommen wir auf diesem Wege auf die alten be- kannten waldbaulichen Forderungen nach einem stufig aufgebauten Wald mit gutem Trauf, richtiger Bodenoberfläche und tätigem Boden zurück, so daß wir bestätigen kön- nen, daß eine richtig aufgebaute, sich in ihren Gliedern ergänzende, stützende und schützende Waldlebensgemeinschaft auch optimale ober- und unterirdische Wuchsver- hältnisse schafft, erhält und selbst steuerl. Man denke nur etwa an folgenden Kreislauf:

Licht ermöglicht das Wachstum, durch dieses werden Lücken geschlossen, eine geschlos- sene Decke erhält die Boden- und Luftfeuchtigkeit, in dieser gedeiht organisches Leben 40

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und funktionieren chemische und physikalische Vorgänge der Stoffumsetzung und Bil- dung usw. wieder bis zum Anfang, so daß alles von pulsendem Leben erfüllt ist. Dieses Leben und Schaffen muß sich in der Summe auch auf die Umwelt auswirken und unser Lebensraum muß einen anderen Gesamtcharakter erhalten, als wenn die Pflanzendecken als Mittler zwischen Boden und Klima fehlen.

Man kann somit sagen, daß diese Gesetze des Zusammenwirkens und des Kreislaufs nicht nur «intern», innerhalb der Lebensgemeinschaft, sondern auch nach außen wir- ken, d. h. die Landeskultur einerseits und die Wasserwirtschaft anderseits mildernd und dämpfend beeinflussen. Die Feuchtevorräte im Boden und in den Pflanzen dienen zu- sammen dazu, niederschlagsfreie Zeiten produktiv zu überwinden und ihnen die Schärfe zu nehmen.

H. Burg er hat aber nicht nur die äußeren Erscheinungen beobachtet, sondern auch den eine Schlüsselstellung einnehmenden Faktor Boden daraufhin untersucht, wodurch er günstig oder nachteilig einwirkt. Die damals vorhandenen Verfahren und Geräte wa- ren für Laboratorien und für Böden bestimmt, die aus ihrem natürlichen Gefüge heraus- gerissen werden mußten. Burger untersuchte aber das Verhalten der Böden an Ort und Stelle und entwickelte zu diesem Zweck die bekannte Methode mit den Stahlzylindern von 100 qcm Querschnitt, die 10 cm in den Boden getrieben werden, um dann nach dem Eingießen von 1 Liter Wasser die V ersickerungszeit festzustellen, die einem Niederschlag von 100 mm entspricht. Wenn man gewisse Fehlerquellen berücksichtigt, kann man auf diesem Wege am unveränderten Objekt brauchbare Vergleichszahlen gewinnen. Wir haben sie auch mit Erfolg angewandt und durch sogenannte «Gießproben» ergänzt, die gezeigt haben, daß der Oberflächenabfluß ähnlichen Tendenzen entspricht wie die Ver- sickerung.

Ein direkter Bodenabtrag findet im Walde nur von Bodenwunden, Erdwegen oder entblößten Runsen statt; von Ackerland waren Abschwemmungen besonders in der vegetationslosen Zeit gemessen worden.

Einen neuen Weg zum Verfolgen von Wasserbewegungen im Boden ermöglicht die Anwendung von radioaktiven Isotopen. Verschiedene andere Verfahren mit Farbstoffen, Salzen, Temperaturunterschieden usw. haben hier versagt. In unserem Fall verwandte Dr. Mon tens vom Ruhrverband in Essen Gaben von 20 mC radioaktives Brom (Br 82), um den Weg von derart aktiviertem Wasser im Boden mit Hilfe von Geigerzählern zu verfolgen. Die Versuche gelangen. ( 11)

In völliger Übereinstimmung mit den Feststellungen der seit 1900 laufenden schwei- zerischen Untersuchungen können wir unsere Erfahrungen etwa wie folgt nach folgen- den Gruppen zusammenfassen :

Bodenkulturelle Aufgaben: Sicherung einer nachhaltigen Wasserwirtschaft besonders in geneigten Lagen. Unter Umständen sind Standortsgebiete auszuscheiden, die je nach der erwünschten Gesamtwirkung der landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nut- zung zuzuführen sind (Raumordnung). Hierher zählen z.B. die absoluten Waldstandorte in Steillagen, auf flachgründigen Hängen u.ä.; ferner alle Maßnahmen zum Klima- und Bodenschutz auch außerhalb des Großwaldes mit Hilfe von Waldpflanzen in Form von 41

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Gehölzen und Hecken (Flurholzanbau), oder die Verteilung von Tagwassern von Wegen oder aus überschußgebieten, Konturfurchen u.ä.

Forstwirtschaftliche Aufgaben: Bodenpflege und zwar hier auf dem Wege über die Waldpflege; ökonomischer Eigenverbrauch des Waldes durch einen wirtschaftlich wert- vollen Vorrat und Regelung der unproduktiven Verdunstung durch Reduktion der Be- standesdichte, Vermeiden und Heilung von Bodenwunden aller Art.

W asserwirtschaftliche Aufgaben: Sparsamer Umgang mit dem Wasser. Weiterer Aus- bau des Beobachtungsdienstes und weiterer technischer Anlagen, die das Wasser vor dem Verlassen des Landes einer intensiven Nutzung zuführen sollen. Es zeigt sich, daß der Betrieb und insbesondere die Wirtschaftlichkeit solcher technischer Anlagen sowie die Nachhaltigkeit ihrer Funktionen dann am besten gewährleistet sind, wenn ihre Ein- zugsgebiete in Ordnung sind. Besondere Aufgaben fallen hier den Waldstandorten zu, denn sie unterstützen die wasserwirtschaftlichen Bemühungen in mancher Hinsicht: Kein Produktionszweig gibt so klares Wasser ab wie der Wald durch die Transpiration und durch die Filterung des Wassers durch den Boden. Im Zeitalter der zunehmenden Verschmutzung des Wassers und der Bedrohung des Grundwassers durch Öllager und Ölleitungen, kurz, durch das immer weiterschreitende Aufreißen der Böden, gewinnen diese günstigen Wirkungen des Waldes auf die Güte des Wassers ständig an Bedeutung.

Aber auch die anderen Wirkungen des Waldes auf die N achhaltigkeit der W asserliefe- rung und auf die Wassermengen sind von Bedeutung. Obwohl der Wald wahrscheinlich kaum nennenswerte Niederschlagserhöhungen verursacht, so gilt er doch zweifelsfrei als Feuchtebewahrer und als Strecker der Umlaufvorgänge.

In diesem Zusammenhang möchte ich bemerken, daß alle Länder mit dem Problem

«Wald und Wasserhaushalt» aus zwei Gründen an der Fortführung der schweizerischen Untersuchungen sehr interessiert sind, nämlich, weil sie einerseits schon seit nahezu 6 Jahrzehnten laufen und weil solche Beobachtungen an sich um so mehr Wert haben, je länger sie dauern.

Wenn man in diesen Fragen etwas bewandert ist, weiß man aber auch die Opfer zu schätzen, die solche mühsame und kostspielige Arbeiten erfordern. Die dankbare Freude ist daher begreiflich, die wir vor Jahren empfanden, als wir erfuhren, daß nicht nur der Wille zur Fortsetzung der Forschungen vorhanden ist, sondern, daß sie mit weiteren Fragestellungen weiter ausgebaut werden.

II. Die Behandlung von Bächen im Kombinierten F orsttechnischen V erbauungsverfahren

Die Gewässer sind Resultierende aller Teilvorgänge in ihren Einzugsgebieten, die mit dem Niederschlag beginnen und über die Versickerung, Rücklagenbildung, den Auf- brauch solcher Rücklagen und über alle Arten von Verdunstungsvorgängen schließlich in der Sammlung des Wassers in Gerinnen oder Becken ausmünden. Darüber hinaus hängen die Teilvorgänge wieder mit den Temperaturen, den Strahlungsverhältnissen und den Luftbewegungen zusammen.

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Abbildung 1

Abflußmeßrinne mit Pegel und Schreibpegelhäuschen. N-Geb. J,33 qkm Aufn. Kleinenbroich, 1951

Abbildung 2

Kombinierter Wildbachverbau: Grundschwellen und Einbindung durch Bachschutzwald aus Erle, Esche, Ahorn, Vogelbeere

Bau und Aufn. Kirwald

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Abbildung 3

Höckerschwelle in einem Mittelgebirgswildbach Bau und Aufn. Kirwald

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Eine «naturnahe Behandlung von Bächen» hängt daher auch mit den Aufgaben zu- sammen, die im vorigen Kapitel als Grundlagenarbeiten angeschnitten worden si.nd.

Eine weitere Beziehung zu diesen Arbeiten ist durch den Wald selbst gegeben, der ein entscheidendes Mittel sowohl für die Behandlung der Einzugsgebiete als auch der Ge- wässer darstellt. Die Bezeichnungen «forsttechnisch» und «kombiniert» deuten an, daß es sich um die Anwendung von Waldpflanzen als Mittel zum Zweck und um eine Ver- bindung dieser Pflanzenverbände mit anderen Baumitteln handelt.

Maßgebend für die Anwendung solcher Verfahren sind verschiedene Gesichtspunkte, unter denen die Einbindung der Gewässer in ihren Standort an erster Stelle steht. Wir verstehen darunter die innige unter- und oberirdische Verbindung des Gewässers mit seiner Umgebung und seine wirkende Teilnahme an den natürlichen Vorgängen in diesen Räumen. Im Boden besteht somit die Einbindung vor allem darin, daß die Wur- zeln den Boden mechanisch festigen, ihn dabei offen halten und die Verbindung des Gerinnes mit dem Bodenwasser der Umgebung ermöglichen. Demnach werden günstig beeinflußt: das Bodengefüge, die Bodenwiderstandskraft, das Bodenklima und die Bo- denwasserbewegungen.

Im oberirdischen Raum stellen die Pflanzengürtel die Verbindung mit dem Luftraum her, sie beeinflussen das oberirdische Kleinklima und dienen auch dem Klimaschutz, bleiben in den Wasserdampfstrom physikalisch und physiologisch eingeschaltet und bil- den dadurch ein Mittel der Landschaftspflege entlang der besonders beanspruchten Adern der Landschaften.

Nicht zuletzt denken wir bei der Anwendung der Pflanzenverbände auch an die äußere Bildgestaltung, denn die Gewässerbänder sollen nicht nur ökologisch richtig in ihre Umgebung übergleitet werden, sondern auch das füld der Landschaft schön ge- stalten. Landschaftliche Schönheiten sollen ja nicht auf einzelne Punkte oder Räume be- schränkt bleiben, sondern womöglich überall - also auch in den ausgesprochenen Wirt- schaft~landschaften - angestrebt werden.

Im Gebirge reichen Vegetationsgürtel zur Sicherung von Bächen allein nicht aus, man muß meist auch verschiedene Querwerke wie Gurte, Schwellen und Sperren ein- bauen. Diese sollen hier aber nicht behandelt werden.

Die Pflanzenverbände sollen standortgemäß sein, den technischen, also vor allem hydraulischen Anforderungen genügen, wirtschaftliche Nutzungen bieten, schön wirken und laufend erneuerungsfähig sein, so daß ihre Wirksamkeit nicht unterbrochen wird.

Die Baum- und Straucharten, die von Natur aus im Bereich der Gewässer vorkommen, erfüllen meist alle gestellten Bedingungen. Die brauchbarsten und am leichtesten zu be- handelnden Arten sind: Weiden, Erlen, Eschen, Weißbuchen, Vogelbeeren, Vogel- und Traubenkirschen, oft auch Pappeln oder Stieleichen, Ahorne, Ulmen, auch Hasel, Ho- lunder, Weißdorn, Kornelkirsche oder Schneeball.

Nadelhölzer scheiden aus, man kann sie aber unter Umständen eingesprengt dulden, wenn sie auf felsigen, nicht aufweichbaren Böden vorkommen und wenn ihr Fuß durch andere Arten geschützt wird. Eine Bestockung im Hochwasserbereich muß anders auf- gebaut sein als in einem normalen Wirtschafts- oder Schutzwald. «Bach- oder Wasser- schutzwälder» werden zweckmäßigerweise als Mittelwälder, in manchen Lagen sogar nur

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als Niederwälder aufgebaut. Deren Bestockung kann je nach den Funktionen gegliedert werden in:

a) eine Technische Hilfsbestockung, deren Aufgabe vor allem im mechanischen Schutz vor Wasserschäden besteht, indem sie das Wasser zerteilt, seine Stoßkraft min- dert, den Boden festigt und schützt;

b) eine biologische Nebenbestockung, die vor allem waldbauliche Aufgabenhinsicht- lich der Bodenpflege, Windruhe, Astreinigung als Füll-, Schutz- oder Treibholz zu erfül- len hat und schließlich

c) die Hauptbestockung oder das Wirtschafts- und Pflegeholz, das auch eine Edel- holzzucht im Schutz von a) und b) möglich macht.

Zu den alten Schutzwaldarten gesellt sich hier eine besondere Art, die den Gewässer- schutz zu erfüllen hat. Kein Teil dieser Gliederung der Bestockung hat einen Selbstzweck zu erfüllen, sie bildet im Gegenteil eine zusammenwirkende Schutz- und Lebensgemein- schaft, die sogar über ihren eigenen Standort hinausgreift und der Landschaftspflege schlechthin dient, so daß wir auch außerhalb des geschlossenen Waldes solche Saum- wälder anstreben.

Ein Bachbett wird bei der Entwicklung solcher Schutz- und Pflegewälder sowohl im Längs- als auch im QuerschniLL zweckmäßigerweise unterteilt: In der Längenerstreckung kann ein Wasserlauf durch verschiedene Standorte eilen, die sich sowohl nach ihren Bö- den als auch klimatisch soweit voneinder unterscheiden, daß wir von «ökologischen Ausbauzonen» sprechen können. Bei Gebirgsbächen wird die im Tal liegende Mündungs- strecke andere Verhältnisse aufweisen als der Mittellauf oder gar das oberste Sammel- gebiet, das bis zur Vegetationsgrenze reichen kann. Im Hochgebirge geht die Längen- erstreckung oft über diese hinaus, so daß dort keine Vegetationsdecken mehr herange- zogen werden können und nur noch mit baulichen Mitteln gearbeitet werden kann.

Jede dieser Zonen wird auch eine andere Holzartenzusammensetzung erfordern, die wieder individuell behandelt werden muß. Die Auswahl der Gehölze erfolgt nach wald- baulich-ökologischen Gesichtspunkten, die Behandlung muß jedoch den technischen Auf- gaben und den landschaftlichen Pflegeaufgaben gerecht werden.

In den meisten Fällen wird eine Baumart die Grundbestockung bilden. In unseren Lagen ist es meist die Rot- oder die Grauerle, denen man 2-3 andere Arten beimischt.

Ausgesprochene «Buntmischungen» sind hier abzulehnen, da sie schwierige und kost- spielige Pflegemaßnahmen erfordern, die durch die hydraulischen Funktionen des Be- wuchses nicht erleichtert werden. Versäumnisse könnten sich aber hier weit bedenklicher auswirken als im Wirtschaftswald.

Wenn eine solche Bestockung einmal gegründet ist, wird nach etwa einem Jahrzehnt ein Teil auf den Stock gesetzt, damit er sich durch Ausschläge erneuert und dann das technische Schutzholz entsteht. Ein anderer Teil (etwa 1/a) bleibt der Auslese vorbe- halten, um daraus die künftige Oberholzetage herauszuarbeiten, die das Wertholz zu erzeugen, die schönheitlichen Wirkungen zu erzielen und auf die Landschaft pfleglich 44

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einzuwirken hat. Man kann sie dann auch weiter gliedern etwa in Laßreitel, Oberhölzer, Hauptbäume u. ä. Dies ist aber nebensächlich.

Neben dieser Gliederung der Gewässer im Längsschnitt, müssen wir noch eine solche im Querschnitt vornehmen. Meist zielt man auf zwei Profile ab und zwar eines für den ständigen Durchfluß und ein zweites für die gelegentliche Abteilung von Hochwassern.

Während der erste Querschnitt durch eine Vegetation nicht befestigt werden kann, da er ständig benetzt ist, streben wir einen II. Querschnitt an, der nur gelegentlich über- flutet ist, so daß sich in ihm namentlich eine Schutzbestockung erhalten kann. Mit die- sem grünverbauten Profil kann man an der unteren, grünen Uferlinie beginnen und sie bis zur Hochwassergrenzlinie fortsetzen. Die besten Fingerzeige gibt hier die Beobach- tung des zu behandelnden Gewässers. Gegebenenfalls braucht man Ermittlungen und die Beratung durch Stellen der Wasserwirtschaftsverwaltung, denn eine Bepflanzung kann hier bei unsachgemäßer Anlage, Pflege oder Nutzung auch Schäden anrichten.

Bei der Pflege und Nutzung der Bestockung gelten mit gewissen Abwandlungen auch die Grundsätze der Auslesedurchforstung etwa nach Schädelin für die «Jungwuchspflege, Säuberung und Durchforstung». Die erwähnten Abwandlungen beziehen sich vor allem auf die Auswirkungen auf den W asserdurchfluß, beziehungsweise -abfluß, der durch die Entnahmen beeinflußt wird. Das Wasser darf sich weder stauen noch die Bäume ungehemmt umströmen; die Bestockung muß leicht durchströmbar bleiben, die Schutz- bestockung soll womöglich elastisch sein, um eine weitgehende Gegenwirkung gegen die Wasserkraft auszuüben, denn diese Gegenwirkung ist das Hauptmittel der Schadensver- hütung im Überflutungsgelände.

Die vom Wasser umströmten Bäume benötigen auch eine gute Bewurzelung, so daß man bei den Entnahmen darauf achten muß, daß sich sowohl die Kronen als auch ihre Gegenstücke, die Wurzeln ordentlich entwickeln können. Am wichtigsten erscheinen uns hier die Festigung der Bestockung von innen heraus und die Gegenwirkung gegen die angreifende Kraft des Wassers. Beide Aufgaben lassen sich aber Dank der natür- lichen Eigenschaften der dazu geeigneten Holzarten erfahrungsgemäß bestens lösen.

Die Abbildung 2 zeigt einen Blick in einen Mittelgebirgswildbach, der solche 2 Quer- schnitte aufweist und in dem das Geschiebe in der Sohle durch Schwellen gebunden ist.

Die Gliederung der Bestockung nach den angedeuteten Grundsätzen wird erst herausge- arbeitet, da sie jung ist (7jährig), ihre Aufgaben aber dennoch schon erfüllt. In einigen Jahren wird ein Drittel des Bachschutzwaldes auf den Stock gesetzt werden.

Man darf es nicht versäumen, nach Stürmen, Gewittern und nach der Schneeschmelze die Bäche dahingehend zu kontrollieren, ob nicht Bruchhölzer, Würfe oder andere Stoffe (Schwemmsel) im Hochwasserbereich herumliegen, da sie beim nächsten Hochwasser sehr starke Schäden anrichten können.

Eine nicht zu unterschätzende Aufgabe der Schutzbestockung besteht in der Bremsung von Hochwasserabflüssen. Infolgedessen wird man jeweils zu entscheiden haben, wie stark eine solche Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit sein soll, um nicht uner- wünschte Anlandungen oder Auswaschungen zu verursachen. Im Freiland genügt zum Schutz oft schon ein einfacher W eidenrutenmantel, in dessen Schutz man auch einzelne Hochstämme stehen lassen kann. Bei steilen Tälern muß man schon mit einer stärkeren 45

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Bremsung rechnen, die insbesondere im Walde wegen des Lichtmangels meist mit den Halbschatthölzern Erle, Weißbuche, auch Esche arbeiten muß, deren Stockausschlag sich verhältnismäßig einfach und zuverlässig regeln läßt.

Durch die Eingriffe in die Bestockung kann man neben der Beeinflussung des Ab- flusses auch auf den Geschiebehaushalt einwirken. Im zweiten Profil wirken in dieser Beziehung die Wurzeln mit, im ersten erfolgt dies durch Querwerke und durch die er- wähnte Minderung der Fließgeschwindigkeit.

Mit den Aufgaben entlang der Gerinne sind die Vorgänge und Maßnahmen in den Einzugsgebieten verbunden. Hier sollen insbesondere die Geschiebeherde und die Boden- wunden behandelt werden und die Einwirkung der Böden auf die Versickerung und den Abfluß betreut und gelenkt werden.

Da solche Maßnahmen ein Thema für sich bilden, sei hier nur darauf hingewiesen, daß man solche Böden durch künstliche Maßnahmen ihren ursprünglichen Zwecken nicht entfremden soll. Das heißt, daß man Bodenwunden womöglich wieder mit entspre- chenden Vegetationsdecken versehen soll, unter denen sich die Böden weiterentwickeln können, um auch auf den Wasserkreislauf günstig einzuwirken. Meist muß man dabei auch technische Behelfsbauten errichten, die für die Übergangszeit den Schutz ausüben müssen, bis die Vegetation herangewachsen ist und den Schulz übernehmen kann. Einen solchen vergänglichen Schutz erzielt man meist mil Holz, Reisig, Draht u.ä. bodenbe- ständigen Baustoffen. Vgl. Schrifllum (12).

Im Oberholz kann die Nulzung des Uferbewuchses ganz nach waldbaulichen oder kaufmännischen Gesichtspunklen erfolgen, wenn das technische Hilfsholz vorhanden und in Ordnung ist, denn erst dieses schafft die Sicherheil und Handlungsfreiheit im gan- zen Wasserschutzwald. Daß ein Kahlschlagbelrieb kaum in Frage kommt, ergibt sich aus den Ge[ahren, die eine plötzliche Entblößung der Ufer heraufbeschwören kann.

Die Beslockungsglieder, die sich vegetativ verjüngen sollen, müssen nach entsprechen- den Gesichlspunkten genutzt werden, das heißt in der Zeit der Vegetationsruhe, mit glat- tem, tiefem, schiefem Schnitt, ohne Rindenverletzungen. Hohe Stöcke stellen eine noch größere Gefahr dar als hohe Solitärbäume ohne Fußschutz, sie werden umströmt, es ent- stehen Überfälle, Kolke und unter Umständen sogar Uferanbrüche daraus. Stöcke sollen bodengleich sein.

Es braucht nicht belont zu werden, daß ein ungeeigneter Bewuchs im Hochwasser- bereich mehr schaden kann als nützen und daß solche Bäume und einzelne dichte Sträu- cher am unrechten Ort manche Abneigung gegen einen Uferbewuchs schlechthin hervor- gerufen haben.

III. Höckerschwellen

Mit den forsttechnischen Sicherungselementen in Form von Ruten, Sträuchern und Bäumen kann man auch weilere Elemente aus toten Baustoffen verbinden, die im we- sentlichen eine ähnliche schwächende Wirkung auf das Wasser ausüben wie die tech- 46

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nische Schutzbestockung. Es handelt sich um eine Zerteilung und Durchwirbelung des fließenden Wassers, wobei sich ein Wasser-Luftgemisch bildet.

Der Zweck solcher Baukörper besteht vor allem darin, den ganzen Wasserkörper in zahlreiche Einzelwirbel, Strähne und Fäden zu zerteilen, diese in verschiedene Fließ- und Fallrichtungen zu lenken, die Selbstbelüftung zu fördern und die kinetische Energie in andere Energieformen umzuwandeln, die dem Bachbett keinen Schaden zufügen kön- nen. (Stoß, Reibung, Schall, Wärme.)

Wir erreichen das durch sogenannte «H öckerschwellen» aus Blöcken, die auf diesen Standorten von Natur aus vorhanden sind und nur eingebaut werden müssen. Man kann solche Blöcke natürlich auch künstlich herstellen. Die Bäche führen an sich Grobge- schiebe.

Abbildung 3 zeigt eine solche Schwelle in einem Waldbach, der im geschlossenen Berg- wald im Schatten fließt und im Sommer oft ganz versiegt, während sich Gewittergüsse und andere Starkregen mit verheerenden Abflüssen sehr schädlich bemerkbar machen.

Wegen der aussetzenden Wasserführung kann man den im Wechsel zwischen feucht und trocken rasch vergänglichen Baustoff Holz nicht einbauen, so daß man auf dauer- hafte tote Baustoffe angewiesen ist. Ein normaler Ausbau eines massiven Gerinnes in Form einer Schale oder einer systematischen Abtreppung mit normalen, glatten Schwel- len würde verhältnismässig sehr hohe Kosten verursachen.

Nicht zuletzt haben uns aber auch Gründe des Naturschutzes und der Landschafts- pflege veranlaßt, Wege zur Brechung der Schurfkraft und damit zur Verhinderung der Grobgeschiebebewegung zu suchen, die den Waldbach in seiner ursprünglichen Form erhalten, zumal ein leeres Steingerinne öde aussieht, hohe Aufwendungen verlangt und doch auch vergänglich ist. (Instandhaltungslast.) Den Höckerschwellen sieht man bei richtiger Ausführung nicht an, daß sie Kunstbauten sind, der Bach ist auch nicht plötz- lich aus seinem Gleichgewicht gebracht, so daß er im Vorfluter oder im Unterlauf und Schwemmkegel nicht wieder zu erodieren anfängt u.ä. Das laufend durch Verwitterung entstehende feinere Geschiebe und die Schwemmstoffe sollen meist und können auch verfrachtet werden.

Auf einem dichten Untergrund kann man sich meist mit einem Trockenmauerwerk oder mit einer Spundwand auf der Oberseite begnügen, im Geröll wird hingegen meist eine Gründung in Beton in der Weise ausgeführt, daß man die einzelnen Blöcke zur Hälfte oder zu zwei Dritteln in frischen Beton versenkt, so daß sich beim Abbinden ein Körper bildet. In Lagen mit aggressiven Wässern empfiehlt sich die Anwendung von Zementen, die gegen solche Wässer widerstandsfähig sind (z.B. Dur-Atherm, Sulfadur u. a.). Aus dem Bachbett sollen in der Regel keine Blöcke entnommen werden, um es nicht seines «Gerüstes» zu berauben und den Bach dadurch noch anfälliger zu machen.

Das Wasser verliert an solchen «Brechern» seine Schurfkraft und nimmt kein Ge- schiebe auf. Die Entfernung der Schwellen sowie die Höhe werden empirisch bestimmt, sie betragen so viel, daß das Wasser in den Zwischenstrecken keine solche Geschwindig- keit erlangen kann, daß es Geschiebe in Bewegung bringt. Wenn solche Schwellen in Jahrzehnten abgerieben, das heißt geglättet werden, ist eine Erneuerung einzelner Blöcke sehr einfach. Man kann auch bei Bedarf Sekundärwerke einschalten.

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Wir verwenden beim Einbau der Blöcke Flaschenzüge, Seilwinden mit und ohne Uni- mog und Seilzüge, also nur Hilfen, die im Forstbetrieb auch sonst schon üblich und vor- handen sind.

Aus Trockenschlichtungen errichtete Höckerschwellen eignen sich auch für Runsen, die zur gänzlichen Aufforstung bestimmt sind.

Diese Bauwerke bilden auch nur Bestandteile eines Grünverhaues, so daß man auch hier das zweite Profil durch einen entsprechenden Bewuchs sichern soll, der mit den Schwellen zusammenwirkt, indem der bei Hochwassern überflutete Boden durchwurzelt und das Wasser gebremst wird. In den Hochlagen leisten Grünerlen, Grauerlen, Vogel- beeren und Ahorne gute Dienste.

Beim Auspflanzen der Böschungen müssen allenfalls alle Pflanzen durch Pfähle und durch Bedecken der Pflanzlöcher mit Steinplatten besonders geschützt werden, desglei- chen ist für eine rechtzeitige Nachbesserung zu sorgen.

Im Endzustand wirken hier somit die Zerwirbelung und Schwächung durch die Hök- kerschwellen und die Zerteilung und Bremsung durch Bachschutzwälder zusammen.

Wir haben mit Arbeiten zur Erforschung von Wald und Wasserhaushalt in Bergbach- gebieten begonnen und dabei auf die Lehrmeister auf diesem Gebiet A. Engler und H.

Burg er sowie auf die verdienstvollen Arbeiten der Schweizerischen Zentralanstalt für das forstliche Versuchswesen auch auf diesem Gebiet hinweisen können.

In den beiden folgenden Abschnitten waren für die Maßnahmen zum Schutz gegen das gesammelte Wasser in den Gerinnen Gesichtspunkte maßgebend, die nicht zuletzt von den Forderungen des Naturschutzes entscheidend mitbestimmt werden. Wie bei den Grundlagenforschungen in den Einzugsgebieten, so waren auch bei den Arbeiten an den Gewässern somit Grundsätze des Naturschutzes wirkend, die Prof. Dr. h. c. Hans Bur- ger als Forscher und akademischer Lehrer vertreten hat.

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Le bilan des eaux dans Ies regions montagneuses de moyenne altitude

(Resume)

Se basant sur l' exemple classique du Sperbelgraben et du Rappengraben on a entrepris des recherches de meme genre dans la region de la Ruhr. Le Jer chapitre traite de quel- ques problemes fondamentaux sur la question: «Foret et bilan des eaux.»

Le second chapitre contient une description des installations de mesurage et releve le role joue par les forets protectrices dans le bassin de reception des torrents. L' action de la foret est completee generalement par des ouvrages de defense.

On decrit dans le 3• chapitre un systeme special de barrages constitues par des gros blocs de rochers ( «H öckerschwellen»}, qui brisent la force de l' eau.

La regolamentazione della circolazione idrica a meta montagna

( Riassunto}

In base alle indagini compiute nella regione della Ruhr, secondo il classico esempio dello Sperbelgraben edel Rappengraben, vengono trattate nel prima capitolo diverse questioni fondamentali nel campo «Foresta e circolazione idrica». La seconda parte descrive l'impianto, i compiti e la specifica ef ficacia dei boschi protettori dei torrenti e delle acque, la cui azione e generalmente combinata con quella delle apere di imbrigliamento. Il terzo capitolo illustra uno speciale tipo di imbrigliamento («Höckerschwellen»

=

traverse a gobba), ehe serve ad annientare l'energi,a, delle acque.

Watershed management in the Central European Uplands

(Summary}

Based on the classical example of the Sperbel- and Rappengraben investigations, forest hydrological research has been performed in the Ruhr region. In the first part of this paper principal problems of the field «forest influences on water management» are dis- cussed. The second part deals with watershed management and the different points to be considered when reafforestation of a catchment is planned. In many cases constructions are necessary in addition to plantations. The third part, therefore, is devoted to a special type of constructions, the so-called «Höckerschwellen», built into the riverbed from huge blocks and bolders. They serve to destroy much of the eroding energy of torrents by friction.

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Schrifttum

1. B ur g er, H.: Physikalische Eigenschaften der Wald- und Freilandböden. Mitt. d. Schweiz.

Zentralanst. f. d. forstl. Versuchswesen 1922, 27, 29, 32, 38.

2. B u r g e r , H.: Einfluß des Waldes auf den Wasserabfluß bei Landregen. Schweiz. Ztschr. f.

Forstwesen 1929.

3. B u r g er, H.: Wald und Wasserhaushalt. Schweiz. Ztschr. f. Forstwesen 1929.

4. B u r g er, H.: Bodenuntersuchungen im Aufforstungsgebiet von Teufimatt. Schweiz. Ztschr. f.

Forstwesen 1930.

5. Burg er, H.: Einfluß des Waldes auf den Stand der Gewässer. Mitt. d. Schweiz. Zentralanst.

f. d. forstl. Versuchswesen 1934, 1943.

6. Burg er, H.: Einfluß des Waldes auf die Höhe der Schneedecke. Schweiz. Ztschr. f. Forst- wesen 1948.

7. Burg er, H.: Wald und Wasserwirtschaft in der Schweiz. Allg. Forstztschr. München 1954 (mit weiterer Literatur).

8. De 1 f s, Friedrich, Kiese kam p, Wagenhof f : Der Einfluß des Waldes und des Kahlschlages auf den Abflußvorgang, den Wasserhaushalt und den Bodenabtrag. Scha- per, Hannover 1958.

9. Kir w a l d, E.: Höckerschwellen im Kombinierten Bachausbau. Ulmer, Stuttgart 1954.

10. Kir w a l d, E.: Waldwirtschaft an Gewässern, Euting, Neuwied a. Rh. 55.

ll. Kir w a 1 d, E.: über Wald- und Wasserhaushalt im Ruhrgebiet. Kommiss.-Verlag Classen, Essen, Haus d. Technik, 1955.

12. K i r w a l d, E.: Heilung von Bodenwunden. Ulmer, Stuttgart 1958.

13. Pr ü ß, M.: Probleme der Wasserversorgung des Ruhrgcbictes. Allg. Forstztschr. München 1954,/2.

14,. Sc h ä de 1 in, W.: Die Durchforstung als Auslese- und Vercdclungsbetrieb höchster Wert- leistung. Bern, Leipzig 3. A. 42.

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Referenzen

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