• Keine Ergebnisse gefunden

E Die Weichen heute richtig stellen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "E Die Weichen heute richtig stellen"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

© 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 1617-9439/12/0404-3 Physik Journal 11 (2012) Nr. 4 3 M E I N U N G

1) vgl. die DPG-Studie

„Der Zugang zur Hoch- schullehrerlaufbahn im Fach Physik an deutschen Universitäten“, www.dpg- physik.de/veroeffentli- chung/broschueren/stu- dien/hochschullehrer- laufbahn_2010.pdf 2) vgl. „Nachwuchs im Abseits“ von A. Funke und K.P. Schmidt, For- schung & Lehre, 10/2011, S. 778

Meinung von Dr. Kai P. Schmidt.

Der theoretische Physiker leitet eine European Young Investiga- tor-Arbeitsgruppe an der TU Dort- mund und ist Sprecher der AG Hochschulpolitik im Jungen Kol- leg der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste.

E

s ist viel los in der deutschen Wissenschaftslandschaft: Die Universitäten haben bei angespann- ter Haushaltslage doppelte Abi- turjahrgänge zu bewältigen. In der nächsten Runde der Exzellenziniti- ative fallen demnächst die Entschei- dungen. Die künftige Ausgestaltung der Autonomie der Hochschulen, die Rolle des Bundes bei der Finan- zierung von Universitäten und die weitere Differenzierung zwischen Universitäten stehen ebenso auf der Tagesordnung wie das Besoldungs- system von Professoren.

Wie wirkt sich dieses Span- nungsfeld auf Nachwuchswissen- schaftler aus, die sich für eine akademische Karriere entschieden haben und damit als Professoren von morgen am längsten von heu- tigen Veränderungen betroffen sind? Diese Forscherinnen und Forscher sind Anfang bis Mitte 30 und haben mehrjährige nationale und internationale Berufserfahrung sowie zum großen Teil erhebliche Personalverantwortung für Ma- sterstudenten, Doktoranden und Postdocs. Unabhängig davon, ob sie Nachwuchsgruppenleiter, Ju- niorprofessor oder Akademischer Rat sind: Gemein ist diesen Positi- onen die zeitliche Befristung.1) Dies macht es schwer, Familie und Beruf zu vereinbaren und den Anteil weiblicher Professoren zu erhöhen.

Auch aus wissenschaftlicher Sicht ist eine Befristung nicht sinnvoll, da allein der Aufbau einer Arbeits- gruppe an einer neuen Wirkungs- stätte mehrere Jahre benötigt. Der Umzugswahnsinn im deutschen Wissenschaftssystem ist in einer globalen vernetzten Welt nicht mehr zeitgemäß und sollte stark re- duziert werden. Stattdessen sollten die Universitäten mit dem Wis- senschaftler eine nachhaltige Per- spektive mit transparenten Regeln vereinbaren (Tenure Track). Dann würden die Fakultäten zwangsläu-

fig nicht mehr ausschließlich auf die attraktiven Drittmittelsummen von Nachwuchsgruppen schauen, sondern müssten Verantwortung für junge Wissenschaftler über- nehmen. Diese würden eine ver- lässliche Perspektive sicher auch mit einem stärkeren Engagement danken.

Bei der Bezahlung von Nach- wuchsgruppenleitern im Rahmen des TVL/TVöD lässt sich eine inte- ressante Parallele zur W-Besoldung ziehen, die das Bundesverfassungs- gericht kürzlich zu Recht kritisiert hat. Auch der TVL/TVöD sieht vor, niedrigere Grundgehälter durch leistungsabhängige Kompo- nenten zu ergänzen. In der Praxis kommt dies aber fast gar nicht vor, und transparente Kriterien fehlen völlig.2) Es wäre konsequent, im Zuge der Neugestaltung der W- Besoldung auch die Bezahlung des wissenschaftlichen Nachwuchses angemessen anzupassen. Am Bes- ten wäre es, alle Nachwuchswissen- schaftler unter dem Dach einer re- formierten Wissenschaftlerbezah- lung einheitlich einzugruppieren.

Eine umgestaltete W-Besoldung sollte es auch ermöglichen, lukra- tive „Bleibeverhandlungen“ zu führen, ohne dass ein Ruf an eine andere Universität vorliegt. In den letzten Jahren haben Bleibever- handlungen häufig Berufungsver- fahren verzögert und somit dem wissenschaftlichen Nachwuchs geschadet, der von einem trans- parenteren und schnelleren Beru- fungsprozess profitieren würde.

Insgesamt nimmt an den Fakul- täten die Bedeutung von Drittmit- teln immer weiter zu. Bei Neuberu- fungen führt dies dazu, dass nicht mehr ausschließlich die Qualität der Bewerber entscheidet, sondern immer häufiger die Integration in bestehende Verbundprojekte.

Als Konsequenz wird die ohnehin dünne Stellen lage weiter eingeengt,

da nur Bewerber eine Chance erhalten, die genau zu den Ver- bundprojekten passen. Gleichzeitig besteht aber auch die Gefahr, dass die aktuelle Drittmittelverteilung die thematische Vielfalt in der For- schung und die Qualität der Lehre einschränkt. Dem sollte man mit einer größeren Anzahl von Profes- soren mit kleineren Arbeitsgrup- pen entgegen steuern.

Zurzeit scheint es eine Tendenz zu geben, den Studentenberg der doppelten Jahrgänge mit zeitlich befristeten Nachwuchsstellen be- wältigen zu wollen, ohne sich über zukünftige Perspektiven für diese Forscher Gedanken zu machen – meist mit der Begründung, die Stu- dentenzahlen würden ohnehin wie- der sinken. Hier sind Zweifel ange- bracht angesichts der kürzlich stark nach oben korrigierten Prognosen, einer möglichen weiteren Internati- onalisierung der Studierenden auf- grund der Situation in Südeuropa und der Öffnung der Universitäten in Richtung Weiterbildung. Der immer stärkere finanzielle Druck auf die Universitäten darf in dieser Situation nicht dazu führen, dass Stellen für Nachwuchsgruppenleiter unkontrolliert zunehmen.

Das alles zeigt, wie wichtig es ist, die Weichen für die Professoren von Morgen heute richtig zu stel- len, um auch in der Zukunft die bes ten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für exzellente For- schung und Lehre in Deutschland zu gewinnen.

Die Weichen heute richtig stellen

Wie gelingt es auch in Zukunft, die besten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zu gewinnen?

Kai P. Schmidt

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Das Programm enthält zahlreiche Vorschläge, wie trotz der intensiven Energiege- winnung durch Wasserkraftwerke am Lech die Natur wieder mehr Raum und der Fluss mehr Dynamik

Der jüdische Widerstandskämpfer und Poet Stanislaw Jerzy Lec formulierte einst im kommunistischen Polen: „Die Verfassung eines Staates sollte so sein, dass sie die Verfassung

Mit künstlicher Beschneiung kann momentan die Zahl schneesicherer Skigebiete deutlich erhöht werden. Kommt es aber zur prognostizierten Erwärmung von 2 °C oder mehr in

„Wir haben mit unserem Indikatorenmix einen Vorschlag unterbreitet und erwarten, dass die Ministerpräsidentenkonferenz diesen als eine Grundlage für die Debatte nimmt..

Es ist mittlerweile allgemeiner Konsens, dass die Inzidenz alleine keine geeignete Maßzahl mehr sein kann, um die Pandemie auch im Herbst abzuschätzen.. Gerade wenn es

„Die Stadt der Zukunft – Anregungen aus der Morgenstadt – Initiative für ein smartes Zwickau 2050“. Alanus

Seit vielen Jahren wird es an der Universität Duisburg-Essen zur Verwaltung der Hochschulwebseite, aber auch in der Funktion als Lern-Management-System eingesetzt.. In der

 Es wird eine Kontrollmöglichkeit für die Kantone auch in Bezug auf die korrekte Abrechnung von ambulanten Leistungen geschaffen – wie heute bereits für stationäre