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© 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 1617-9439/14/1010-3 Physik Journal 13 (2014) Nr. 10 3 M E I N U N G

Meinung von Thomas Reiter, Direktor für bemannte Raumfahrt und Betrieb bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und Astronaut.

V

or fünfzig Jahren wurden die beiden Vorläuferorgani- sationen der Europäischen Welt- raumorganisation ESA gegründet.

Heute ist ESA eine der führenden Raumfahrt agenturen weltweit und eine der wenigen, die das breite Spektrum der Weltraumaktivitäten vollständig abdecken. Dies reicht von den klassischen Weltraumwis- senschaften und der Exploration über Erdbeobachtung und die anwendungsorientierte Felder Navigation und Kommunikation bis zur zentralen Frage nach dem zuverlässigen Zugang zum Welt- raum. Das Jahr 2014 steht für diese vielfältigen Aufgaben geradezu bei- spielhaft: Die Raumsonde Rosetta ist nach zehnjähriger Reise durch unser Sonnensystem am Kometen Churyumov-Gerasimenko an- gekommen und hat mit den wis- senschaftlichen Untersuchungen begonnen. Seit Ende Mai arbeitet der deutsche ESA-Astronaut Ale- xander Gerst auf der Internationa- len Raumstation ISS, im November wird ihn seine italienische Kollegin Samantha Cristoforetti ablösen.

Mitte August dockte das Automa- tische Transferfahrzeug (ATV)

„Georges Lemaître“ vollautoma- tisch an der ISS an, um die Crew mit lebensnotwendigen Gütern und neuen Forschungsgeräten zu versorgen. Mit dem Ziel, die Erde besser zu verstehen, zum Beispiel hinsichtlich der Klimafrage, ist im April der erste von insgesamt zehn Sentinel-Satelliten gestartet, die Atmosphäre, feste Landmasse und Ozeane beobachten. Diese Erfolgs- geschichte zeigt das weite Spek- trum an Wissen und Können, das heute in Europa bei der ESA und ihren Partnern in Wissenschaft und Industrie vorhanden ist.

Solche Erfolge kommen nicht von ungefähr. Sie wurden durch die entsprechenden politischen Ent- scheidungen vor zehn und mehr

Jahren ermöglicht. Letztlich waren diese Vorgaben nur möglich, weil die Entscheidungsträger eine ge- meinsame Sicht der zu erreichen- den Ziele hatten und weil Europa über eine leistungsfähige Basis in Wissenschaft und Industrie ver- fügte, die bei einem vertretbaren Risiko eine realistische Aussicht auf Erfolg solch anspruchsvoller Weltraummissionen versprach.

Daraus folgt aber auch, dass wir in Zukunft nur Erfolge erwarten können, wenn wir heute dafür die Weichen stellen, gemeinsame Ziele definieren und die entsprechenden Entscheidungen treffen.

Von der Konzeption einer Welt- raummission bis zur Entwicklung und der erfolgreichen Durchfüh- rung vergehen oft ein oder gar zwei Jahrzehnte. Die Fähigkeit, über einen so langen Zeitraum Wissen und Können zu erhalten und weiter zu entwickeln, macht es zwingend erforderlich, der heranwachsenden Generation an Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern die Möglichkeit zum Handeln zu ge- ben. Europa ist heute gut aufgestellt um die Herausforderungen der nahen Zukunft zu meistern. Damit dieser Satz auch noch in zehn und zwanzig Jahren seine Gültigkeit behält, sind heute weitreichende Entscheidungen notwendig.

Hierfür ist das Gebiet der Ex- ploration ein Beispiel. Alle raum- fahrttreibenden Nationen sind sich einig, dass der Mensch in den nächsten zehn Jahren die Erdum- laufbahn verlassen und zu weiteren Zielen aufbrechen wird. Schon heute erkunden eine Vielzahl robo- tischer Missionen unseren Mond und den Mars, als Voraussetzung dafür, dass später Menschen in die- se Welten vorstoßen können. Dafür gibt es viele gute Gründe: Raum- fahrt, und das gilt ganz besonders für die Exploration, dient zu aller erst dem Erkenntnisgewinn. Damit

ist nicht nur die wissenschaftliche Erkenntnis gemeint. Denn Wissen ohne Können, ohne die Möglich- keit und den Nachweis, dieses Wissen auch anzuwenden und in den verschiedensten Bereichen ein- und umzusetzen, ist für eine Gesellschaft nur von beschränkter Bedeutung. Neues Wissen und neues Können eröffnen den po- litischen Entscheidungsträgern Optionen, übermorgen auf He- rausforderungen einzugehen, von denen wir heute nicht wissen kön- nen, wie sie genau aussehen. Die Herausforderungen der Raumfahrt zwingen die Industrie zu innova- tiven Lösungen und verbessern so ihre Wettbewerbsfähigkeit. Und nicht zuletzt geht es um etwas, das sich mitunter schwer in Worte fassen lässt: Raumfahrt ist in eigen- tümlicher Weise faszinierend und inspirierend. Diese Inspiration ist nicht nur, aber gerade für die junge Generation wichtig, denn diese wird unsere Zukunft auf diesem Planeten gestalten.

Zu guter Letzt: Der Vorstoß des Menschen in den Weltraum kann nur in breiter globaler Zusammen- arbeit gelingen. Diese zeigt, dass Raumfahrt Gesprächskanäle in der Politik öffnen oder offen halten kann und in bestem Sinne Völker auf dem ganzen Globus verbindet.

Gerade für die „Soft Power“ Eu- ropa ist die Beteiligung an einem ebenso anspruchsvollen wie sicht- baren Unterfangen von zentraler Bedeutung.

Die Weichen für den Weltraum stellen

Damit Europa seine Raumfahrtkompetenz erhalten kann, sind heute weitreichende Entschei- dungen notwendig.

Thomas Reiter

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