ipyridamol, 1959 als Hemm- stoff der Wiederaufnahme von Adenosin zur Behand- lung der koronaren Herzkrankheit (KHK) eingeführt, gehört neben den Nitrokörpern zu den ältesten Koro- nartherapeutika. Sein Wirkungsme- chanismus ist nicht vollständig aufge- klärt, jedoch werden im Zusammen- hang mit seinen Wirkungen drei Ef- fekte beschrieben.
¿ Hemmung der Aufnahme von Adenosin in die Erythrozyten, letzterer auch Hemmstoff für die Plättchen- aggregation. Dieser Effekt ist auch für die koronargefäßdilatierende Wirkung verantwortlich, wobei insbesondere die epikardialen, gut durchbluteten Gewe- bebezirke mit noch intakten Gefäßen mit einer starken Widerstandserniedri- gung über einen längeren Zeitraum reagieren. In der Folge kommt es zu ei- ner negativen Umverteilung des Blutes aus bereits schon schlecht durchblute- ten poststenotischen Myokardbezirken („steal“-Phänomen) (29).
À Hemmstoff der Phosphodi- esterase mit Anstieg von cAMP in den Plättchen.
Á Hemmstoff der Thromboxan- A2-Bildung, das selbst als wirksamer Aktivator der Plättchenaggregation gilt.
Dipyridamol kopiert im Gegen- satz zu Glyceroltrinitrat keinen Angi- na-pectoris-Anfall. Sein Effekt auf die Koronardurchblutung und die meta- bolischen Prozesse wird vom Zustand der Koronararterien bestimmt (17, 58). Während die Durchblutung in nicht stenosierten Koronarien um 80 Prozent zunimmt, steigt sie in steno- sierten Koronarien nur um etwa 40 Prozent an. Bei Patienten mit einer Eingefäßerkrankung erhöht Dipyri- damol den Blutfluß in ischämische Bereiche möglicherweise über einen erhöhten Kollateralfluß (35). Die Eröffnung neuer Kollateralen ist unter einer Langzeitanwendung um- stritten.
Die Brauchbarkeit von Dipyrida- mol als Koronartherapeutikum wird seit langem kritisch bewertet, wozu
auch diese Bestandsaufnahme dienen soll (Tabelle 1).
Therapeutische Anwendung
Dipyridamol wird immer noch für die Behandlung der chronischen Koronarinsuffizienz, zur Vorbeugung und Nachbehandlung des Herzinfark- tes sowie zur Behandlung des Alters- herzens angeboten (70). Vor der i.v.-Injektion von Dipyridamol (cave Ischämiereaktionen) ist zu warnen (29, 30). Die regelmäßige Einnahme von Dipyridamol verbessert die Bela- stungstoleranz bei KHK-Patienten nicht (66). Werden Patienten mit Nitrokörpern und b-Rezeptoren- blockern behandelt, bleibt Dipyrida- mol ohne additiven Effekt (6). Die teilweise für die Wirksamkeit von Di- pyridamol sprechenden Ergebnisse einer Metaanalyse sollten nochmals überprüft werden (49). Bei der Be- handlung von Infarktpatienten mit Dipyridamol versus Dipyridamol/
ASS wurden keine Unterschiede be- A-817
M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT
Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 14, 3. April 1998 (49)
Dipyridamol –
sein heutiger Stellenwert
Knut-Olaf Haustein
Stichwörter: Dipyridamol, koronare Herzerkrankung,
„steal“-Phänomen, Thrombozyten-Aggregationshemmer Dipyridamol wurde 1959 erstmalig zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit eingeführt, wobei sehr bald ein die Koronargefäße dilatierender Effekt als „steal“-Phäno- men erkannt wurde. Dipyridamol wird auch als Thrombo- zyten-Aggregationshemmer genutzt, jedoch zumeist in Kombination mit Acetylsalicylsäure und bevorzugt bei Pa- tienten mit Herzklappenersatz, zur Verhütung einer Reok- klusion nach Bypass-Operationen sowie bei transienten ischämischen Attacken (TIA). Seit wenigen Jahren wird
Dipyridamol für die Diagnostik von Funktionszuständen des Myokards in
der Stress-Echokardiographie beziehungsweise bei der Thallium-Szintigraphie neben Dobutamin und Adenosin eingesetzt, um Myokardbereiche mit herabgesetzter Durch- blutung zu erkennen. In Deutschland gab es bisher keine Studien, die zu einer Zulassung von Dipyridamol als Diagnostikum führten. Für die Indikationen chronische Koronarinsuffizienz sowie zur Vorbeugung und Nach- behandlung eines Herzinfarktes erscheint die Zulassung aus heutiger Sicht obsolet.
ZUSAMMENFASSUNG
Key words: Dipyridamole, coronary heart disease,
“steal”-phenomenon, anti-platelet drug
Dipyridamole was introduced into the treatment of coro- nary heart disease in 1959. Its coronary “steal” phenomenon was observed a few years later. However, the now obsolete drug is still marketed for the treatment of coronary insuffi- ciency and during the post-infarction period. Dipyridamole is also known as an anti-platelet drug and it is used as an ad- junct together with the much more effective acetylsalicylic acid in patients with prosthesis related thromboembolic
events (for example prosthetic grafts, revascula- rization after angioplasty, transient ischemic
attacks). Dipyridamole is also taken for functional diagno- stics of the ischemic myocardium (stress echocardiography, thallium scintigraphy) besides dobutamine and adenosine.
Until now, no adequate clinical trials demonstrating the effi- cacy of dipyridamole have been published in Germany, hence its non-registration for diagnostic purposes. Dipyridamole should be withdrawn from the market for the treatment of different states of ischemic heart disease.
SUMMARY
Klinische Pharmakologie Erfurt (Leiter Prof. Dr.
med. Knut-Olaf Haustein), Klinikum der Frie- drich-Schiller-Universität Jena
D
obachtet. Eine Dipyridamol/ASS- Kombination war für die Verminde- rung der Reokklusionshäufigkeit nach einem Myokardinfarkt bei ein- jähriger Beobachtung nicht geeignet
(68), so daß der schon in den achtziger Jahren erzielte Konsens zur unzurei- chenden Brauchbarkeit von Dipyri- damol als Plättchenaggregationshem-
mer bei der Sekundärprävention er- neut diskutiert werden muß (3, 14, 23, 48). Die Progression der peripheren arteriellen Verschlußkrankheit wurde durch Dipyridamol/ASS nur mit ei-
nem Nutzen für Hypertoniker und Raucher verzögert (22). Bei der tiefen Beinvenenthrombose war Dipyrida- mol/ASS mit oder ohne Kompression
unwirksam (18, 62). Transiente ischä- mische Attacken und die Häufigkeit von apoplektischen Insulten wurden nach der American-Canadian Co- operation Study Group (ACCSG) und der European Stroke Prevention Study (ESPS) durch Dipyridamol/
ASS günstiger als durch Dipyridamol beeinflußt (Tabelle 1)(2, 5). Anderen Publikationen zufolge ist Dipyrida- mol bei der Sekundärprophylaxe ei- ner Apoplexie wenig oder nicht wirk- sam (14, 23).
Dipyridamol wurde als Throm- bozyten-Aggregationshemmer bei re- konstruktiven Bypass-Operationen (18, 19) ohne und bei Herzklappener- satz mit Erfolg (20, 59, 60) eingesetzt, jedoch war Warfarin der Dipyri- damol/ASS-Kombinatioin überlegen (40). Auch eine Warfarin-Dipyrida- mol-Kombination war ohne zusätzli- chen Effekt (15). Bei venös-korona- ren Bypass-Operationen kam es bei einer retrospektiven Analyse unter Dipyridamol/ASS seltener zur Reok- klusion (7), während in einer prospek- tiven Studie transmurale Myokardin- farkte (6,9 versus 1,6 Prozent), nicht aber Restenosen verhindert wurden (52). Bei aortokoronarem Bypass war Dipyridamol/ASS versus Plazebo be- züglich der Restenosierung nicht im- mer überlegen (16, 50, 65). Wegen der durch ASS verursachten Blutungen sollte Dipyridamol präoperativ und Dipyridamol/ASS postoperativ ver- abreicht werden (1).
Stress-Echokardiographie und Dipyridamol
Die Echokardiographie ist vor al- lem für die Erkennung und Lokalisa- tion von Koronargefäßerkrankungen geeignet (13). Genutzt werden die Er- gometer-Belastung, die durch Arznei- mittel (Adenosin, Dobutamin und Dipyridamol) imitierten Belastungs- situationen (37, 39, 43, 51) und die Thallium(TI-)-Szintigraphie mit oder ohne Dipyridamol. Die Dipyridamol- Echokardiographie ist der Ergome- ter-Echokardiographie bei gleicher Aussage und trotz häufiger auftreten- der unerwünschter Wirkungen über- legen (53, 56). Intravenös injiziertes Dipyridamol wird bei der TI-Szinti- graphie zur Darstellung der Myokard- A-818
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(50) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 14, 3. April 1998 Tabelle 1
Zusammenstellung wichtiger Dipyridamol-Studien bei verschiedenen Indikationen
Indikation Medikation Beurteilungskriterium, Effekt Literatur
Angina pectoris D kein Effekt (6)
geringer Nutzen (Metaanalyse) (49) Myokardinfarkt D versus D+ASS Gesamtmortalität, Koronar-
ereignisse nach 41 Monaten (24 versus 21%, nicht signifikant) (4) D versus D+ASS tödliche bzw. nicht tödliche
Zweitinfarkte ein bzw. 2 Jahre nach Erstinfarkt: 30 (D) versus
24% (D+ASS) (31)
D versus D+ASS Thrombusbildung im linken
Ventrikel: kein Effekt (27) periphere arte- D versus D+ASS Verzögerung der Progression
rielle Verschluß- durch D+ASS > D (22)
krankheit
Thromboemboli- D versus D+ASS Thromboseprophylaxe: 1 (D+
sche Erkrankung D versus D+ASS ASS) versus 7 Rezidive (D) (61) Transitorische D+ASS Häufigkeit von Apoplexien,
ischämische Retinathrombosen und Tod
Attacke* nicht beeinflußt (2)
D+ASS Apoplexie und Todesfälle:
Senkung der Häufigkeit (5) Bypass- D versus D+ASS Reokklusion: ohne Vorteil
Operation gegenüber ASS (18, 19)
Herzklappen- D+ASS versus W Embolieprophylaxe: Warfarin
ersatz wirksamer als D+ASS (40)
D+W versus W Thromboemboliehäufigkeit:
D+Warfarin gleiche Wirkung
wie Warfarin (15)
Venös-koronarer D+ASS versus P Reokklusion: seltener unter
Bypass D+ASS (7)
transmurale Infarkte: seltener unter D+ASS; Restenosen:
D+ASS gleiche Wirkung wie P;
Q-wave-Infarkte: 6, 9 (D+ASS)
versus 1,6% (P) (52)
Aortokoronarer D+ASS versus P Gefäßverschluß: 8 versus 21%
Bypass (signifikant) (16)
Gefäßverschluß: 24,3 versus 33%
(nicht signifikant) (50) Gefäßverschluß: 68 versus 77%
(nicht signifikant) (65)
D: Dipyridamol, ASS: Acetylsalicylsäure, W: Warfarin, P: Plazebo
* Nach der zwischenzeitlich durchgeführten ESPS2-Studie an nahezu 7 000 Patienten sind (1) 1 649 Patienten mit Plazebo behandelt worden, was ethisch unvertretbar ist, weil ASS als wirksames Arzneimittel bereits bekannt ist. Außerdem sind (2) Ergebnisse von mehr als 400 Patienten gefälscht worden, so daß der Wert der Studie mit seinen Ergebnissen, die für einen günstigen Effekt der Kombination Dipyridamol + ASS gesprochen hätten, mehr als fraglich erscheint (71).
durchblutung bei nicht ausreichend physisch belastbaren Patienten ge- nutzt (24, 25, 32, 33, 67, 69). Es führt bei KHK-Patienten zu zunehmender Myokardischämie mit abnehmender Ejektionsfraktion, Wandmotilität so- wie Druck/Volumen-Ratio. Diese Ef- fekte können durch Aminophyllin aufgehoben werden (30). Die Technik ist auch bei älteren Menschen (> 70.
LJ) indiziert, wobei Dobutamin (54) oder Dipyridamol bevorzugt verab- reicht werden (12, 41, 64). Die Dipyri- damol-TI-Szintigraphie ist für die Be- urteilung von Risikopatienten mit koronarer Herzkrankheit vor ge- fäßchirurgischen Eingriffen nützlich (21). Diese Indikation wurde jedoch bestritten (8, 34).
Mit der Dipyridamol-Echokar- diographie und der transösophagealen Echokardiographie (9, 11) können Ri- siko und Prognose eines gefäßchirur- gischen Eingriffs für die
postoperative Periode (zwei Jahre) erfaßt werden (69):
Patienten mit einem Defekt im TI-Szintigramm sind risi- kogefährdet (Tod oder nicht tödlicher Myokardinfarkt), so daß eine Koronar- angiographie und gegebe- nenfalls Maßnahmen zur Re- vaskularisation vor der chir-
urgischen Intervention indiziert sind (38). Die Dipyridamol- war der Stress- Echokardiographie bei der Beurtei- lung der Koronardurchblutung nach einem Myokardinfarkt (10, 44, 45) be- ziehungsweise bei Revaskularisations- maßnahmen überlegen (46). Die Ein- nahme von Dipyridamol vor der TI- Szintigraphie war geeigneter für die Beurteilung einer Restischämie nach einer thrombolytischen Behandlung eines akuten Myokardinfarktes als die Stress-Echokardiographie (26).
Das Ausmaß der unerwünschten Dipyridamolwirkungen (UAW) wur- de an 400 Patienten studiert: 69 Pro- zent der Patienten gaben ein Sym- ptom an, unter anderem klagten sie über retrosternalen Thoraxschmerz (9 Prozent), schwere Hypotonie (2,5 Prozent) und Dyspnoe (0,3 Prozent).
Am meisten betroffen waren Patien- ten jenseits des 70. Lebensjahres mit einer Dreigefäß-Erkrankung (42).
Die UAW waren durch die Injektion von 100 mg Aminophyllin bei 99,5
Prozent der betroffenen Patienten zu beheben. Zwei Patienten mußten sta- tionär wegen schwerer pektanginöser Beschwerden aufgenommen werden, jedoch entwickelten sich weder ein Myokardinfarkt noch Herzrhythmus- störungen (42). Dipyridamol sollte nicht bei Hypertonikern, Patienten mit einem Sick-Sinus-Syndrom, höher- gradigen Formen eines Herzblocks sowie bei Patienten mit bronchoob- struktiven Erkrankungen eingesetzt werden.
Vergleich mit Adenosin und Dobutamin
Für die Stress-Echokardiographie werden Dipyridamol, Adenosin und Dobutamin genutzt. Die drei Stoffe unterscheiden sich insofern, als Adenosin und Dipyridamol primär
über eine Vasodilatation und Dobuta- min über seine positiv inotropen und chronotropen Eigenschaften mit nach- folgender Vasodilatation wirksam wer- den. Durch Atropin kann die Herzfre- quenz zusätzlich gesteigert werden (ausgenommen bei Adenosin).
Adenosin steigert den Koronar- fluß ebenso wie Dipyridamol. In einer retrospektiven Studie an 2 000 Patien- ten wurden nur marginale hämodyna- mische Unterschiede zwischen Adenosin und Dipyridamol nachge- wiesen (Tabelle 2).Adenosin wirkt et- was stärker vasodilatierend als Dipy- ridamol. Ein Abfall des systolischen Blutdrucks um 30 mm Hg und der re- trosternale Schmerz traten häufiger, aber kurzfristiger als unter Dipyrida- mol auf (kurze Eliminations-Halb- wertszeit) (36). Die unter Dipyrida- mol beobachteten UAW waren schwerwiegender als unter Adenosin, traten zwar seltener auf (UAW: 78 versus 50 Prozent), waren aber häufig nur mit Aminophyllin-Infusionen zu
beherrschen (28). Adenosin steigerte die Herzfrequenz stärker als Dipyri- damol (63). Bei der Stress-Echokar- diographie besitzt Dobutamin wegen Bildung eines höheren Doppelpro- duktes Vorteile gegenüber Adenosin und Dipyridamol, dafür reagiert Adenosin spezifischer (36). Die für Dipyridamol angegebenen Vorbehal- te zur Anwendung gelten auch für Adenosin.
Dobutamin erwies sich in einer vergleichenden Stress-Echokardio- graphie-Studie als höher empfindlich, aber als weniger spezifisch bezüglich der Erkennung von Infarktherden (Tabelle 2).
Die Empfindlichkeit beider Echokardiographie-Formen zur Vor- aussage der funktionellen Wieder- herstellung lag nach den Daten einer anderen Studie bei 72 (Dobutamin) beziehungsweise 51 Prozent (Dipy- ridamol), die Spezifität hingegen bei 68 bezie- hungsweise 82 Prozent (47). Unter Berücksichti- gung beider Parameter gab es keine signifikanten Un- terschiede zwischen beiden Stoffen (55). Dobutamin kann vor allem bei Patien- ten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funk- tion oder bei bestehender schwerer KHK lebensbedrohliche Herzrhyth- musstörungen auslösen. Bei Aorten- aneurysma ist Dobutamin kontra- indiziert.
Zusammenfassende Bewertung
¿ Dipyridamol verfügt über kei- ne Vorteile bei der Behandlung der chronisch-ischämischen Herzkrank- heit. Aus diesem Grund sollte es nicht mehr bei diesen Indikationen ein- schließlich der „chronischen Koro- narinsuffizienz, zur Vorbeugung und Nachbehandlung eines Herzinfarktes sowie zur Behandlung des Alters- herzens“ eingesetzt werden (Rote Liste 1997).
À Dipyridamol hemmt als Phos- phodiesterase-Hemmer die Plättchen- aggregation, löst aber keine weiteren hämostaseologischen Effekte aus.
Dipyridamol wird für die Behandlung A-819
M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT
Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 14, 3. April 1998 (51) Tabelle 2
Vergleich der Sensitivität und Spezifität von Dipyridamol, Dobutamin und Adenosin bei der Stress-Echokardiographie (25)
Dipyridamol (%) Adenosin (%) Dobutamin (%)
Sensitivät 89 88 83
Spezifität 78 85 80
thromboembolischer Komplikationen nach Herzklappenersatz und in Kom- bination mit ASS zur Verhütung eines apoplektischen Insultes bei Risikopa- tienten angewandt, wobei ASS die therapeutisch entscheidenden aggre- gationshemmenden Effekte bewirkt.
Á Dipyridamol wird bei der Echokardiographie und Thallium- Szintigraphie des Myokards bei Pa- tienten genutzt, die eine physische Belastung nicht tolerieren. Für die- se Indikation ist Dipyridamol aber nicht zugelassen, so daß nach Erarbei- tung entsprechender Studienergeb-
nisse die Zulassung für diese Indika- tion zu beantragen ist. Im Interesse der Arzneimittelsicherheit sollte be- dacht werden, ob Dobutamin und Adenosin das Dipyridamol angesichts der nur mit Aminophyllin zu beherr- schenden, schwereren UAW ersetzen können, zumal sich Spezifität und Sensitivität aller drei Arzneimittel nur marginal unterscheiden.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1998; 95: A-817–820 [Heft 14]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift des Verfassers
Prof. Dr. med. Knut-Olaf Haustein Mitglied der Arzneimittel-
Kommission der deutschen Ärzteschaft
Klinikum der Friedrich-Schiller- Universität Jena
Klinische Pharmakologie Erfurt Nordhäuser Straße 78 · 99089 Erfurt
A-820
M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT/FÜR SIE REFERIERT
(52) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 14, 3. April 1998
Koloskopische Allergen- Provokation bei
Nahrungsmittelallergie
Von verschiedenen Autoren ist immer wieder der Vorschlag gemacht worden, bei einer vermuteten Nah- rungsmittelallergie das Allergen di- rekt auf die Schleimhaut aufzubrin- gen, entweder im Rahmen einer Gastroskopie oder rektoskopisch.
Die Autoren schlagen vor, einen ent- sprechenden Allergen-Provokations- test via Koloskop (COLAP-Test) vorzunehmen. Sie berichten über ih- re Ergebnisse bei 70 Patienten mit Verdacht auf Nahrungsmittelallergie und fünf gesunden Kontrollen. Im Rahmen der Koloskopie wurde die Zökumschleimhaut mit drei Nah- rungsmittel-Antigenextrakten, einer Pufferkontrollösung und Histamin provoziert. Die Reaktion wurde nach 20 Minuten abgelesen, und gleichzei- tig wurden Gewebsproben entnom- men, um die Mastzellaktivierung und die Zahl der Eosinophilen zu über- prüfen. Schwere systemische anaphy- laktische Reaktionen wurden nicht beobachtet. Der Test war positiv auf mindestens ein Nahrungsallergen bei 54 von 70 Patienten (77 Prozent), bei den gesunden Kontrollen war keine positive Reaktion zu erkennen. Die Reaktion auf das Antigen korrelierte mit einer Aktivierung der intestina- len Mastzellen und Eosinophilen, nicht jedoch mit dem IgE im Serum oder positiven Hauttests. Die Auto- ren empfehlen, den COLAP-Test bei
allen Patienten mit Verdacht auf Nahrungsmittel-Allergie einzuset-
zen. w
Bischoff SC, Mayer J, Wedemeyer J et al.: Colonoscopic allergen provocation (COLAP): a new diagnostic approach for gastrointestinal food allergy. Gut 1997; 40: 745–753.
Abteilung IV Gastroenterologie und Hepatologie, Medizinische Hochschule Hannover, 30623 Hannover.
Colon irritabile nach gastrointestinalem Infekt
Von Kriegsteilnehmern ist immer wieder berichtet worden, daß nach ei- ner durchgemachten Ruhr ein emp- findlicher Darm zurückgeblieben ist, der sich mit Symptomen eines Colon ir- ritabile bemerkbar macht. Die Auto- ren gingen der Frage nach, wie häufig nach einer bakteriologisch bestätigten Gastroenteritis sich eine Reizmagen- symptomatik etabliert. Insgesamt wur- den 544 Personen nachuntersucht.
Sechs Monate nach dem akuten Infekt klagte jeder 14. Patient über Symptome eines Colon irritabile. Besonders häu- fig betroffen waren weibliche Patienten und Personen, bei denen die Durchfal- lepisoden länger angehalten hatten. w Neal KR, Hebden J, Spiller R: Preva- lence of gastrointestinal symptoms six months after bacterial gastroenteritis and risk factors for development of the irritable bowel syndrome: postal survey of patients. Br Med J 1997; 314: 779–782.
Department of Public Health Medicine, University of Nottingham, NG7 2UH, Großbritannien.
Motorische Funktion der Speiseröhre nach Antireflux-Operation
Im Rahmen einer langjährigen Refluxkrankheit läßt sich häufig eine gestörte peristaltische Aktivität nach- weisen. Insbesondere von der Ar- beitsgruppe um De Meester ist wie- derholt die Behauptung aufgestellt worden, daß nach einer Fundoplica- tio sich nicht nur die Refluxsympto- matik, sondern auch die motorische Funktion der Speiseröhre normalisie- ren würde. Die Autoren berichten über ihre Ergebnisse einer Semi- Fundoplicatio nach Toupet bezie- hungsweise einer 360-Grad-Fundo- plicatio nach Nissen-Rossetti bei 33 Patienten. Bei allen Patienten ließ sich der Reflux klinisch und pH-me- trisch normalisieren, der Druck im unteren Sphinkter stieg signifikant an. Die peristaltische Aktivität bes- serte sich jedoch allenfalls bei den Pa- tienten, bei denen eine 360-Grad- Fundoplicatio durchgeführt worden war. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, daß bei der Refluxkrankheit der Speiseröhre eine primäre Störung der motorischen Funktion der Speiseröh-
re vorliegt. w
Rydberg L, Ruth M, Lundell L: Does oesophageal motor function improve with time after successful antireflux sur- gery? Results of a prospective, randomi- sed clinical study. Gut 1997; 41: 82–86.
Department of Surgery, Department of Otorhinolaryngeology, Sahlgrenska Uni- versity Hospital, University of Göteborg, Schweden.