Notizen 1289 Der Mößbauereffekt an Nitrokomplexen
AI2PbFe(N02)6 [A1: K, Tl, Rb, Cs]
mit low-spin-konfigurierten Fe2+-Ionen The Mössbauer Effect of Nitro Complexes
Ai2PbFe(N02)6 [A*: K, Tl, Rb, Cs]
with Fe2+-Ions in the Low-spin State
J . PE B L E R , G . BA C K E S , K . SC H M I D T u n d D . RE I N E N
Sonderforschungsbereich 127 (Kristallstruktur und chemische Bindung) und Fachbereich Chemie der Universität Marburg
(Z. Naturforsch. 31 b, 1289-1290 [1976]; eingegangen am 4. Juni 1976)
Nitro Complexes, Low-spin Fe2+, Mössbauer Effect, Ligand Field Parameters
Mössbauer data of low spin Fe2+-ions in nitro complexes AI2PbFe(N02)6 [A1: K, Tl, Rb, Cs] are presented. Explicitly the depend- ence of the isomer shift ö on the FeN bond length is studied and correlated with the ligand field parameters A of the correspond- ing Ni2+- and Cu2+-compounds.
Die kubischen Elpasolithe A2PbFe(N02)6 mit A = Tl, K, Rb und Cs wurden Mößbauer-spektro- skopisch untersucht, und zwar im Temperatur- bereich 4,2 K-450 K. Der experimentelle Aufbau wurde an anderer Stelle beschrieben1. Die charak- teristischen Mößbauer-Parameter wie Isomeriever- schiebung <5, Halb wertsbreite und Quadrupolauf- spaltung /1EQ, die sich aus der Anpassung von Lorentz-Linien an die Meßspektren ergaben, sind mit den entsprechenden Absorbertemperaturen in Tab. I aufgeführt. Die Mößbauer-Spektren der untersuchten Verbindungsreihe stellen Einzellinien dar, deren Halbwertsbreiten gegenüber der natür- lichen Linienbreite des 14,4 keV-Niveaus von 57Fe leicht verbreitert sind. Bemerkenswert ist eine geringfügige Zunahme der Linienbreite in der Reihenfolge Tl < K <Rb <Cs.
Fe2+ liegt in den untersuchten Nitrokomplexen im low-spin-Zustand vor. Auffallend ist der betrags- mäßige Unterschied der Isomerieverschiebung ge- genüber den (5-Werten anderer Fe(II)-Komplexe, wie z.B. des K4[Fe(CN)6] (d = —0,220(5) mm s-1)2. In Übereinstimmung damit ist jedoch, daß die Liganden N02~ und CN~ in der spektrochemischen Reihe recht weit auseinander stehen. Da der Nitro- ligand ein deutlich schwächerer c-Donor als CN~ ist, wird der Ligandenfeldparameter A signifikant er- niedrigt. Der gleiche Tatbestand führt für N02~ zu einer kleineren s-Elektronendichte am Kernort, d.h. zu einer Erhöhung der Isomerieverschiebung.
Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. D. R E I N E N ,
Fachbereich Chemie der Philipps-Universität, Lahn- berge, D-3550 Marburg/Lahn.
Tab. 1. Isomerieverschiebung (relativ gegen Fe(Pd)) und Halbwertsbreite der Mößbauerlinie sowie Gitter- parameter von Nitrokomplexen mit low-spin Fe2+-
Ionen in oktaedrischer Koordination.
Gitter-
Verbindung T ö r parameter K mm s- 1 mm s_1 2l
A Tl2PbFe(N02)6 5
295 80 420
0,159(5) 0,153 0,098 0,024
0,26 0,26 0,26 0,27
10,39
K2PbFe(N02)6 5 295 80 420
0,156 0,152 0,098 0,024
0,26 0,27 0,27 0,26
10,31
Rb2PbFe(N02)6 5 295 80 420
0,194 0,186 0,125 0,048
0,29 0,29 0,29 0,29
10,46
Cs2PbFe(N02)6 5 295 80 420
0,241 0,235 0,158 0,102
0,32 0,32 0,33 0,33
10,64
K2PbCu(N02)6 (57Fe2+-dotiert) 5
295 80 0,160 10,68 Cs2PbCu(N02)6
(57Fe2+-dotiert) 5 250 80 295
0,308 0,224 0,200
a — c b =
10,75 11,04 11,01 Da die 7r-Acceptor-Eigenschaften des Nitroliganden vergleichsweise schwach ausgeprägt sind2, können sie unberücksichtigt bleiben.
Auf der Basis des Konzepts der „partiellen Iso- merieverschiebung" 3 kann für das komplexe Anion [Fe(N02)6]4_ der zu erwartende Betrag für die Iso- merieverschiebung zu <5 = + 0,06 mm s_1 abge- schätzt werden. In dieser nur grob qualitativen Be- trachtung bleibt der Einfluß der A-Kationengrößen
6 rnms"1
.22.
.20- J ' C s2P b F eQ 0 1C u0 g 9( N O2)6
. 1 8 -
.16- ^K2PbFe006Cu09i(N02)6
u Cs2PbFe(N02)5
.12- K2PbFe(N02)g^/i RbjPbFelNO^g
'1 0- i Tl2PbFe(N02)6
.08- q
10.3 10,5 10.7 10,9 A
Abb. 1. Isomerieverschiebung von Nitrokomplexen mit low-spin Fe2+-Ionen in oktaedrischer Stickstoff- koordination in Abhängigkeit von der kubischen
Gitterkonstanten a.
1290 Notizen
bzw. der unterschiedlichen Gitterparameter auf die Fe-N-Bindungslängen unberücksichtigt. In Abb. 1 haben wir daher den Betrag der Isomerieverschie- bung ö(T = 295 K) als Funktion der Gitterkonstan- ten a (Raumtemperatur) dargestellt. Offenbar nimmt die Elektronendichte |!F(0)|
2am Fe-Kernort in guter Näherung linear mit zunehmendem Gitter- parameter ab. Den gleichen Befund erhält man, wenn die Ligandenfeldparameter A der entsprechen- den Ni
2+- oder Cu
2+-Nitrokomplexe A
2IB
nÜ
II(N0
2)6 mit dem dem Pb
2+-Ion in der Größe vergleichbaren Sr
2+auf der B
n-Position gegen die Gitterkonstanten aufträgt (Abb. 2). Mit steigendem a fällt A linear ab.
Die A-Erniedrigung beim Übergang von den Cs- zu den K-Komplexen ist deutlich und beträgt mehr als 1000 cm-
1(~10%). Die Gitteraufweitung führt offenbar zu einer nicht unerheblichen Fe-N-Ab- standsvergrößerung, die einer Bindungsschwächung entspricht. Aufgrund von Mößbauer-Hochdruck- experimenten
4weiß man, daß in der Regel mit einer Abnahme des Metallion-Liganden-Abstands eine Erhöhung der s-Elektronendichte verknüpft ist.
SI M A N E K et al.Afanden, daß für das Zustande- kommen dieses Effekts die Wechselwirkung der Ligandenorbitale mit den abgeschlossenen ls-, 2 s- und 3s-Schalen der Fe-Ionen mitverantwortlich ist und den direkten Beitrag der 4s-Elektronen zur IsomerieVerschiebung signifikant erhöhen kann. Die mit abnehmendem Metall-Ligand-Abstand, d.h.
zunehmender Kovalenz verknüpfte Verringerung der d-Elektronendichte im Bereich des Zentralions führt zu einer weiteren Abnahme der Isomeriever-
1 J . P E B L E R U. W. P E T Z , Z . Naturforsch. 2 9 b, 6 5 8 [ 1 9 7 4 ] .
2 D . R E I N E N, C. F R I E B E L U. K . P . R E E T Z , J . Solid.
State Chem. 4 , 1 0 3 [ 1 9 7 2 ] .
3 G. M . B A N C R O F T and R. M . P L A T T, Advances in Inorg. Chem. and Radiochem. 1 5 , 5 9 - 2 4 1 [ 1 9 7 2 ] .
— , e u
K 0 0 0
K \
4 ÜnS r ( N 02)6
13000
K ^ . Rb \ c s
Ü" = N i2 +
12000
C s ^ Ü11 = Cu2 +
11000 -
10,50 10,60 10,70 10,80 10,90 a (£ )
Abb. 2. Die Variation des Ligandenfeldparameters A von Nitrokomplexen des Ni2+- und Cu2+-Ions mit der Gitterkonstanten (im Falle der Cu2+-Verbindungen wurde über die o-rhombischen Gitterkonstanten ge-
mittelt2).
Schiebung. Der
57Fe-dotierte Cu
2+-Nitrokomplex fügt sich mit seiner Isomerieverschiebung über- raschend gut in die Abb. 1 ein. Man darf dement- sprechend annehmen, daß die Fe
2+-Ionen sich in ihrer Größe dem Cu
2+-Ion anpassen.
Zur Weiterführung der Üntersuchungen sind Hochdruckexperimente vorgesehen.
4 R. M Ö S S B A U E R, Angew. Chem. 1 4 , 5 2 4 [ 1 9 7 1 ] .
5 E . S I M A N E K U. Z . S C R O U B E K, Phys. Rev. 1 6 3 , 2 7 5 [ 1 9 6 7 ] ; E . S I M A N E K U. A . Y . C. W O N G, Phys. Rev.
1 6 6 , 3 4 8 [ 1 9 6 8 ] .