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as Zweite Gesetz zur Änderung ar- zeimittelrechtli- cher und anderer Vorschriften ist ein so genann- tes Artikelgesetz, das neben dem Arzneimittelgesetz unter ande- rem auch Heilmittelwerbege- setz, Apothekengesetz, Betäu- bungsmittelgesetz und Sozial- gesetzbuch V änderte und am 26. Oktober 2012 in Kraft trat.Es dient im Wesentlichen der Umsetzung der europäischen Pharmakovigilanz- und der Fälschungsrichtlinie. So sehen Maßnahmen gegen Arzneimit- telfälschungen vor, dass für alle verschreibungspflichtige Arz- neimittel mittelfristig Sicher- heitsmerkmale auf der äußeren
Umhüllung anzubringen sind.
Nähere Einzelheiten dazu wer- den noch in so genannten dele- gierten Rechtsakten festgelegt.
Zudem wurden neue Anforde- rungen an die Herstellung, den Vertrieb und Import von Wirk- stoffen einschließlich der be- hördlichen Überwachung der Wirkstoffhersteller und Impor- teure festgelegt, um das Sicher- heitsniveau im Arzneimittel- bereich weiter zu verbessern.
Zugleich wurde der zehnte Ab- schnitt des AMG, der die Samm- lung und Auswertung von Arz- neimittelrisiken regelt, an euro- päische Vorgaben angepasst.
Unter anderem wurde die Mel- depflichten für Nebenwirkun- gen erweitert und pharmazeu-
tischen Unternehmern das Vor- halten einer Pharmakovigilanz- Stammdokumentation auferlegt.
Fach- und Gebrauchsinforma- tionen sind mit einer mehrjäh- rigen Übergangszeit um einen Standardtext zu ergänzen, dass jeder Verdachtsfall einer Neben- wirkung zu melden ist. Den Apotheken bleibt allerdings eine aufwändige Überprüfung der Lagerbestände erspart. Denn der Abverkauf von Arzneimitteln in der Distributionskette, die noch den alten Vorschriften entspre- chen, ist unbegrenzt möglich.
Weitere Änderungen Im Be- reich der klinischen Prüfung wurde neben dem AMG auch die Verordnung über die An-
wendung der Guten Klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln zur Anwendung am Menschen überarbeitet und insbesondere die Funktion des Prüfers konkretisiert. Neu ist auch, dass im Sachverständigen- ausschuss für Verschreibungs- pflicht zukünftig nur noch Vertreter der medizinischen und pharmazeutischen Wissen- schaft stimmberechtigt sind.
Der Gesetzgeber möchte so er- reichen, dass Fragen der Arznei- mittelsicherheit ausschließlich auf Basis fachlicher Voten ent- schieden werden.
Das Artikelgesetz brachte auch Neuregelungen im Heilmittel- werbegesetz (HWG). Verkaufs-
PRAXIS POLITIK
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50 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Februar 2013 | www.pta-aktuell.de
Teil 1 fasste Änderungen im Sozialgesetzbuch V, im Betäubungsmittel- und im Apothekenrecht sowie der Verschreibungsverordnung zusammen.
Die Neuregelungen im Arzneimittelbereich sind Gegenstand von diesem Teil.
Rück- und
Ausblick – Teil 2
kataloge und Preislisten für Arzneimittel sind nunmehr aus- drücklich vom Anwendungsbe- reich des HWG ausgenommen.
Die Werbung mit der Wieder- gabe von Krankengeschichten, der bildlichen Darstellung oder Bezugnahme auf Äußerungen Dritter ist nur noch mit Ein- schränkungen verboten, näm- lich wenn sie in missbräuch- licher, abstoßender oder irre- führender Weise erfolgen.
Im Apothekengesetz brachte das Artikelgesetz eine Verlängerung der schriftlichen Anzeigefrist;
bei Änderung des Verantwortli- chen für eine Filialapotheke ge- genüber der zuständigen Behör- de beträgt sie zwei Wochen.
Sozialrechtliche Aspekte Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrecht- licher und anderer Vorschriften wurden zudem sozialrechtliche Aspekte geändert, die im ur- sprünglichen Gesetzentwurf nicht vorgesehen waren. Insbe- sondere sollen im Rahmen der Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln mit neuen Wirk- stoffen nunmehr Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin- produkte beziehungsweise Paul- Ehrlich-Institut bei Beratungen vor Beginn von klinischen Prü- fungen regelmäßig beteiligt wer- den. Damit soll erreicht werden, dass das Studienprogramm des pharmazeutischen Unterneh- mers sowohl im Hinblick auf die Anforderungen der Zulassungs- behörden als auch im Hinblick auf die Anforderungen des Ge- meinsamen Bundesausschusses optimiert werden kann.
Rückmeldungen Des Weite- ren bat der Bundesrat die Bun- desregierung bis Ende 2014 über die Erfahrungen mit der Preisbindung und der Erstat- tung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen zu berichten.
Denn es wird befürchtet, dass
die vorgeschrieben Offenlegung der Rabatte nicht nur die Preis- verhandlungen in Deutschland belasten könnte, sondern unter Umständen auch Auswirkungen auf die Ausbietung im deut- schen Markt und damit die Pa- tientenversorgung mit neuen Arzneimitteln haben könnte.
Substitution Ferner erhielten GKV-Spitzenverband und Deut- scher Apothekerverband mit dem neuen Gesetz die Befug- nis, im Rahmenvertrag festzule- gen, in welchen Fällen Arznei- mittel nicht gegen andere wirk- stoffgleiche ausgetauscht wer- den dürfen. Diese Möglichkeit kommt insbesondere für Betäu- bungsmittel in Betracht, da ihr Austausch bei der Abgabe in der Apotheke nicht immer unprob- lematisch und ohne Risiken ist.
Grundsätzlich gilt, dass ein Opi- oid nur dann durch ein wirk- stoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden darf, wenn es mit dem verordneten in Wirkstärke, Wirk- dauer und Packungsgröße iden- tisch sowie für den gleichen In- dikationsbereich zugelassen ist und ferner die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt.
Rabattverträge Schließlich werden sich als Konsequenz aus dem neuen Artikelgesetz vorü- bergehend noch mehr Ände- rungen bei Rabattarzneimitteln ergeben. Denn Verträge zwi- schen gesetzlichen Krankenkas- sen und Herstellern, die nicht nach transparenten Vergabever- fahren ausgeschrieben wurden, werden nach einer Übergangs- frist von sechs Monaten auto- matisch unwirksam.
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Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium