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Einundzwanzig Buchstaben eines verlorenen Alphabets.
Von N. Karamianz.
Die amienisclieii Geschichtsschreiber aus dem V. Jahrhundert n. Ch. bezeugen alle einstimmig, dass der bl. Mesrop, der Erfinder
der Arm. Buchstaben und der Begründer der arm. christlichen
Litteratur, auch für die Iberer und Albaner besondere Schrift¬
zeichen erfunden und in Gebrauch gesetzt bat. Einer von diesen
Geschichtsschreibern Koriün, der Schüler und Biograph des hl.
Mesrop berichtet darüber folgendes'): »Um diese Zeit (nachdem er
,die armen, und iberischen Buchstaben schon erfunden hatte, und
,für die Verbreitung derselben sorgte) kam zu ihm ein albanischer
„Priester, Namens Benjamin. Bei demselben erkundigte er sich
„nach den voin Armenischen abweichenden Wörtern der albani-
„schen Sprache, nahm dann gemäss der ihm von Oben verliehenen
„Geisteskraft die Buchstabenschrift, und ordnete, berichtigte, und
„wendete dieselbe , unter Beihülfe der Gnade Christi , auf die
„albanische Sprache an. Hierauf trennte er sich von den Bischöfen
„und Beherrschern des Landes, und allen Kirchen (im byzanti-
„niscben Theile von Armenien) .... und kam in die Gegend
„von Grossarmenien in die Stadt Nor ^) „Darauf trennte er sich
„von ihnen (von dem König Artasches und dem Patriarchen Sahak)
„zog nach den Gegenden der Albanen und kam in ihr Land. Er
„ging sogleich in die königliche Hauptstadt, besuchte den hl.
„Bischof der Albanen, Namens Jeremia, und den König derselben,
„Arswagh, mit vieler Freimütbigkeit, und wurde von ihnen zuvor-
„kommend aufgenommen wegen des Namens Christi. Auf ihre
„Frage setzte er ihnen auseinander, warum er gekommen sei,
„und beide zusammen, der Bischof und der König, liessen sich
„herab , die Bucbstaben und das Lesen zu lernen. Aueh gaben
„sie den Befehl , in den Provinzen und Ortschaften ihres Reiches
„viele Jünglinge zu sammeln und sie in der Kunst des Lesens
„und Schreibens zu unterweisen , an geeigneten Orten Scbulen zu
„errichten und für die Einkünfte zum Unterhalte derselben zu sorgen.
1) Icli citiro dio deutsche Uebersetzung dos Werkes von Dr. B. Welte:
Goriün's Lebensbeschreibung d. hl. Mesrop. Tübingen 1841. — S. Seite 28 fi'.
2) Dio neue Stadt (Valarschapat).
316 Karamianz, Einundzwanzig Buchstaben eines verlor. Alphabets.
„Sobald dieser Befehl zur Ausführung gekommen war, machte
„sich der selige Bischof Jeremia sogleich an die Uebersetzung
„der göttlichen Schriften, wodurch augenblicklich die rohen, umher-
„schweifenden und thierischen Bewohner von Albanien mit den
„Propheten bekannt und den Aposteln vertraut. Erben des Evange-
„liums und kundig aller Offenbarungen Gottes wurden. Der gottes-
„fürchtige König der Albaner ging aber noch weiter und gab dem
„Satan und Dämonen verehrenden Volke den mit Drohungen ver-
„stärkten Befehl zu zerstören und auszurotten den alten eitlen
„Götzendienst und sich zu fügen dem süssen Joclie Christi
Darauf trennte er sich von der ganzen Kirche der Albanen.
Aus diesem Berichte Koriüns ist klar, dass der hl. Mesrop
durch die Begründung einer christlich - nationalen Litteratur so¬
wohl für die Zukunft der armenischen, als auch beider Schwester¬
kirchen in Georgien und Albanien sorgte. Weiter entnehmen wir aus
diesem Berichte, dass gleich darauf, nachdera die Schriftzeichen erfunden und erlernt waren, der Grund einer Litteratur gelegt wurde.
Ueber dieselbe Thätigkeit des hl. Mesrop berichten seine
zwei anderen Schüler, Moses Chorenazi und Lasar Pharbezi, der
Bericht des letzteren ist dem des Moses sehr ähnlicb und bringt
nichts neues, dagegen der des Moses ist in sprachlicher Hinsicht
interessanter und verdient Erwähnung. Moses Chorenazi : IIL 54
erzählt zuerst die Anwendung der armenischen Scbriftzeichen,
dann die Erfindung solcher für die georgische (iberische) Sprache
und fUhrt dann so fort : „Und er selbst brach auf nach dem Lande
„der Albaner zu dem Könige Arswaghen und zum Patriarchen
„Jeremia, welche freiwillig seine Lehrerschaft annahmen und ihm
„auserwählte Knaben zum Unterichten gaben. Und er rief einen
„gewissen Benjamin, einen talentvollen Uebersetzer, den ohne Ver-
„zug der Knabe Wasak, der Herr der Siünier, durch die Vermittlung
„seines Bischofs Anania entliess; mit diesen schuf er die Schrift-
„zeichen jener gur gein dßn {Ifn^npif-iu^ou) derben {""i^ui_
qnt-ft) , barbarischen [futl-iu^u^) und gebrochenen (/"frg^
p.yi£uiif.njii) Sprache der Gargaren'.
Diesem Berichte nach scheint es, dass die Sprache der Al¬
baner doch dem Armenischen und Georgischen nicht so verwandt
klang, wie man es sich denken könnte, da Moses bei der Gelegen¬
heit wo er über die Alphabete dieser Sprache redet, nichts davon
sagt. Nach der Geschichte des Moses selbst sind die Albanen
kein besonderer Volksstamm, sondern sie stammen ebenso von
den Nachkommen des Haik, des Sohnes des Gelam, Namens Sisak
ab, den man wegen seiner süssen Blicke, Alu d. h. „Süss' genannt
haben soll, s. Moses Chorenazi: Gesch. II. 8. Die griechischen und
lateinischen Geschichtsschreiber, die bei der Gelegenheit der Züge
des Cn. Pompejus und später der Legaten des Antonius und dann
öfter in der Kaiserzeit die Albaner und Iberer erwähnen, scheinen
Küranäanz, Einundzwanzig Buchstahen eines verlor. Alphabets. 317
sie als zwei ganz von den Armeniern verschiedene Volksstämme
zu betrachten. Was die Iberer der Alten, oder die heutigen
Georgier betrifft, so können wir noch heute constatiren, dass sie
einem anderen Volksstamme angehören , als die Armenier ; dies
scheint auch Moses Chorenazi andeuten zu wollen, der die Iberer
nicht von Haik , sondern von einem anderen Nachkommen des
Japhet abstammen lässt. Von den Albanern aber wissen wir zu
wenig, um uns darüber aussprechen zu können. Dieser Volks¬
stamm, der die schmale Strecke beim Caspischen Meere bewobnte,
ungefähr im ganzen heutigen Gouvernement Baku, ist spurlos ver¬
schwunden; dies wäre wohl begreiflich, wenn sie immer so gelebt
hätten, wie Koriün sie schildert, nämlich roh und herumschweifend,
aber es blieb nicbt immer so , denn wir wissen durch den alba¬
nischen Geschichtsschreiber Kalankatuazi (X. 70), dass sie später
lange unter geordneten Verhältnissen in Städten und Dörfem
gewohnt und ihre Selbständigkeit bewahrt haben. Es ist zweifellos,
dass sie in Polge der häufigen Einfälle der Sarmaten und der an
ihre Stelle tretenden hunnischen Völkerschaften die immer durch
Albanien ziehen mussten, geschwächt durch den Einfluss der arme¬
nischen Kirche unter den Armeniem aufgingen.
Das sogenannte albanische Patriarchat, dessen Sitz in Alba¬
nien immer in der Stadt Paitakaran und dann in der armenischen
Provinz Sünikb war, existirte noch bis Anfang unseres Jahr¬
hunderts unter demselben Namen, bis es unter der russischen
Herrschaft zu einer armenischen Diöcese wurde.
Trotzdem aber, dass wir wussten, dass die Albaner ein Al¬
phabet, eine wenigstens christliche Litteratur und ein Culturleben
von ein paar Jahrhunderten gehabt haben , kannten wir bis jetzt
nichts positives, weder die Sprache noch die Monumente. Wie es
oft vorkommt, war es auch dies Mal ein glücklicher Zufall, der
mir 21 Buchstaben des verlorenen albanischen Alphabets in die
Hände spielte.
Während meines Ferienaufenthaltes in München, wo ich auf
der Königl. Hof- und Staatsbibliothek arbeitete, erfuhr ich von Herrn
Bibliothekar Dr. W. Meyer , dass ein Maler aus Kleinasien , ein
Grieche , der Bibliothek eine armenische Handschrift zum Kauf
angeboten hätte, das Buch sollte die Geschichte Alexanders des
Grossen und seiner Nachfolger enthalten. Ich interessirte mich
natürlich sehr für so einen werthvollen Fund, suchte den Besitzer
der Handschrift, den Herrn Symeon Sabbides Moumyakmaz aus
Svas, auf und bat um die Erlaubniss die Handschrift zu sehen,
die er mir bereitwilligst gewährte. Ich sah mir sie also mit einem
Landsmann und Schulkameraden an und fand darin folgendes :
Die Handschrift enthielt verschiedene Geschichtserzählungen durch
einander, erstens kam der bekannte Alexanderroman schön ge¬
schrieben und fast auf jeder Seite illustrirt; die leeren Räume
um die Illustrationen waren mit verscbiedenen Versen von zweiter
Bd. XL. 21
318 Karamianz, Einundzwanzig Buchstahen eines verlor. Alphabets.
und dritter Hand ausgefüllt. Auf der Schlussseite des Romanes
kam nun wie gewöhnlich die Selbstangabe des Abschreibers. Aus
dieser erfuhren wir, dass das Buch ein Diaconus, Namens Jo-
vasaph in Svas (Sebastia) in der Kirche oder im Kloster Gregor
des Erleuchters im Jabre ^1 der armen. Aera, d. h. 1535 n. Ch.
geschrieben habe. Auf dieser Seite war aber noch ein kleiner
leerer Raum geblieben, wo wir zwei in einer unbekannten Schrift
geschriebene Zeilen bemerkten; am Rande neben der ersten Zeile
stand mit armenischer Schrift: f^^/» utqnL-uhifig d. h. Albanische Schrift.
Nun versuchten wir es zu lesen und es fiel uns auf, dass
das erste Wort mit den armen. Buchstaben sehr leicht lesbar
war und dass es dasselbe Wort war, womit jede Notiz in Hand¬
schriften über den Abschreiber zu beginnen pflegt. Wir verglichen
es jetzt mit den oben stehenden Zeilen der armeniscben Notiz
und fanden , dass diese beiden Zeilen dieselben obengeschriebenen
armenischen Worte enthalten, nur die Schrift war anders. Es
blieb also kein Zweifel, dass diese Bucbstaben nach der Angabe
der Randbemerkung die Albanischen waren.
Die beiden Zeilen sahen so aus:
>J>Z^^^^ 2l^&Öl^^^/^^ >^^(^VM./v
-y\Ay\^^ enjiiXAj/c^.
Die Armenische Notiz des Abschreibers fing so an : iSt^gkiß
qjlrijuiiquipui jni^utuip uuMpl^uit-tui^ . . . . d. h. gedenket
des sündigen Jovasaph Diakonus. Jetzt verglichen wir die Buch¬
staben nach den Lauten und bekamen 21 Buchstaben heraus,
die einen Theil des albanischen Alphabetes bilden, das der bl.
Mesrop für die Albanen schuf Diese 21 Buchstaben sind folgende:
Lautworth iu lat. . Lnutwerth in Lat
Alban. Armen. _ . .. Alban. Armen. "^t-
Transcription. Transcription.
Y) Lb = a
2) / = ^ i
-i.) 3 = k e (gr. £)
4) ^ == fr e (gl-, r/)
h) A = n 0
6) 2 = 2_ S''^
7) / = 5
^) X = .ß kb
0) Z, = t
10) = m
11) / = 7_ gll (1)
g (scharf wio franz zl
12) > = ./ j
13) f = "i P
14) l' = Ul t
15) ^ = i w
16) V z=- U s
17) ^ = -t pll
18) /VI-= r r
19) ^ = lt k
20) £> £_
V (u)
21) = n
Karamianz, Einundzwanzig Duclmtalen eines verlor. Alphabets. 319
Die entsprechende Zahl der Buchstaben und eine gewisse
Aehnlichkeit der Lautzeichen überzeugte uns , dass wir es richtig
gelesen hätten , es blieb nur ein Zweifel übrig , nämlicb sind es
wirklich Albanische Buchstaben, wie die Randbemerkung sagt,
oder hat der Scbreiber dieser Zeilen sich nur einen Spass gemacht
und durch Verdrehung der Armenischen Lautzeichen sich es zu¬
recht gelegt und so getauft? Die Analogie des georgischen alten
Alphabetes, der sogenannten Chuzuri - Schrift, die auch viel Aehn¬
lichkeit mit dem Annen. Alphabet hat, gewisse ganz vom Arme¬
niscben abweichende Buchstaben dieser Schrift und die Randglosse
schienen uns aber Gewähr genug, um anzunehmen, dass wir hier
wirklich die Albanischen L.autzeichen vor uns haben. Was die
Aehnlichkeit betrifl't, so scbeint diese mir ganz natürlich, weil
beide Charaktere von einem und demselben Manne, d. h. von dem
hl. Mesrop herrühren. Ob sie imn denselben Lautwerth haben,
wie die entsprechenden armenichen Zeichen, das muss dahin gestellt
bleiben , da wir keine Controle , d. h. keine lebendige Albanische Sprache mehr baben.
Wenn nun diese Schrift wirklich die Albanische ist, so bleibt
übrig alte Monumente und Inscbriften zu suchen , welche uns
einiges Material von der Sprache und Geschichte dieses Volkes
geben könnten , und die Möglichkeit ist auch gar nicht aus-
geschlossön, denn ich erinnere mich gehört zu haben, dass solche
Inschriften in jener Gegend zu finden seien. Die Handschrift des
Herrn S.abbides enthielt auch mauche andere wertbvolle Sachen, es
wäre daher wünschenswerth , dass sie nicht iu Privathänden zu
Grunde gehe, sondern durcb Aufbewahrung iu einer ölfentlichen
Bibhothek allen zugänglich wäre.
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Sanskrit Grants and Inscriptions of Gujrat Kings.
Nos. VI. to IX.
By H. H. DhrnTa,
B. A., LL. B., High Conrt Pleader, Municipal Commissioner and Vice-President Praja Hit Vardhak Sabha, Surat.
In the conrse of my search for and inquiries concerning copper¬
plate grants in Central and Southem Gujrat, I came across some
that I propose to briefly notice here in this paper. The first
of these is
No. VI.
The first plate of a Cambay grant about which I received the
first intimation from my friend Mr. Tripurashunkur Sanmukhram,
the then Sir Car coon. Salt Depot, at Cambay. He obtained an
exact facsimile of the first plate for me and promised to send me
in course of time those of others if I succeeded in making anything
out of it. But before this could be done to my satisfaction the
gentleman was transferred to another place and the copies of the
other plates were and have not as yet been obtained. Dr. Burgess
too moved the Govemment with what success I do not exactly
know; the owner would not trast the plates to anybody, and it
was with great difficulty that my friend could obtain a sight
of them even and that copy.
The grant consists of three plates the first of which is engra¬
ved on one side only, the second on both sides, and the third
wholly on the first side and a couple or two of lines on the other.
The gr'oss weights of the plates is said to be from 12 to 17 lbs.
They are as is usual in such cases fastened by a strong ring.
The inscription is as far as it goes metrical throughout
It is a Räshtraküta grant and seems most probably to be of
one of the rulers of what Dr. Bühler has termed the Gujrat branch.
The present plate brings down the genealogy to Krishnaräja or
Krishna 1., the son of Karkaräja or Karka I., and breaks off all ofa
sudden in the middle. The text of the grant coincides almost
entirely with that of tbe Kävi grant of Govindaraja, the great-