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Rengstorf: Hirbet Qumrän und die Bibliothek vom Toten Meer

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(1)

Von Roland Bergmeier, Weingarten

Noch immer, und dies nach mehr als vierzig Jahren intensiver

Forschung, wissen wir in Einzelfragen über die einstigen Besitzer

der Schriftrollen vom Toten Meer so wenig, daß jedes neu zu¬

gänglich gemachte Fragment vor schwierige Entscheidungen im

Grundsätzlichen stellt. Fundamentalfragen sind immer wieder:

• Gehört eine Handschrift originär zur authentischen Literatur

der Qumrangemeinde,

• wurde sie in Qumran nicht konzipiert, sondern lediglich rezi¬

piert und allenfalls redigiert,

• wurde sie in Qumran kopiert, weil sie, geistesverwandt, ge¬

schätzte Lektüre darstellte,

• oder nur überliefert und bewahrt als Bestandteil möglicher¬

weise alter priesterlicher Tempelbibliotheksbestände'?

Weil wir so wenig wissen, müssen neue Texte oft mehr hergeben,

als sie sagen könnend 4 Q 521 ist ein Beispiel, berührt jedenfalls

eine ganze Reihe nicht geklärter Qumranprobleme. Bevor diese

diskutiert werden, teile ich im Anschluß an E. Puechs umfangrei¬

che, aber zum Teil irreführende Analyse' zunächst den Text mit,

soweit er sich zusammenhängend darbietet und ich ihn lesen zu

können glaube", alsdann eine eigene, durch Anmerkungen kom¬

mentierte Übersetzung.

' Dies könnte immerhin ein zu beachtendes Moment sein in der Hypothese

von K. H. Rengstorf: Hirbet Qumrän und die Bibliothek vom Toten Meer. Stuttgart 1960.

^ Abschreckendes Beispiel : R. Eisenman/M. Wise: Jesus und die Urehristen. Die Qumran-Rollen entschlüsseU. München 1992. Alle aufsehenerregenden Informatio¬

nen stehen in den Einleitungen zu den Texten, nicht in den mitgeteilten Texten selbst.

' Une apocalypse messianique (4 Q 521). In: Revue de Qumrän (RdQ) 15

(1992), S.475-522.

* Zu danken habe ich Herrn Dr. G. W. Nebe, Heidelberg, für mancherlei Hilfe und Rat.

(2)

Beobachtungen zu 4 Q 521 f 2, II, 1 -13 39

•)wm)> iVTstr»'' Tixm D''ä[ti'n 1

Q'^miy) ms?3ü 310"' KiV Da Ttt>[K Vai 2

imnsi •'ns •'tz^pin is?3Knn 3

DaVi D''Vn''?3n Vd "»nK nx iKs?3n nxtn KiVn 4

Klp'' □Y'^TSi D-'T'on •'nx •'d 5

inai i''Vn'' D-'3iaxi «inin imi D'-ias Vsi 6

ni3V?3 x&D D-'T'on nx ia5"' ^5 7

q-'sibId ipn D-'iisr npis d-'Hox T'nn 8

nnaax] nonai D-'Vix] V[xa n]paix qV[i»]Vi 9

1 Ach^ es höre die ganze Welt* auf seinen Gesalbten^

2 und keiner darin weiche ab* von den Geboten des Hochhei¬

ligen'.

* mit Impf, konstruiert wie Gen 17,18; möglich wäre natürlich auch DX,

vgl. Ps81,9. Für den Fall, daß Z. 1-2 als Schlußzeilen eines vorausgehenden Psalms in Betracht kämen, wäre wohl ''3 zu ergänzen: »Ja, die ganze Welt wird hören ...«

' »Himmel und Erde« = „die (ganze) Welt", vgl. L. Köhler/W.Baumgartner:

Lexicon in Veleris Teslamentilibros. I Leiden '1967, S.88 s.v. f^N. Wahrscheinlich liegt eine Anspielung auf Jes 1,2a vor „Höre, Himmel, höre hin, Erde!"

' Was für ein Gesalbtenverständnis hier vorliegt, ist keineswegs sicher auszu¬

machen. Nach langem Irren und Suchen neige ich zu einem Verständnis im Sinne von Jes 61,1; das Buch dieses Gesalbten beginnt ja auch, wie eben zitiert: „Höre, Himmel, ..." Aber für den Fall, daß Z. 1-2 Schlußzeilen eines vorausgehenden

Psalms wären, könnte auch die universale Herrschaft des Gesalbten im Stil

von Ps 2, dazu s. H.-J. Kraus: Psalmen. Neukirchen ^1961, S. 14-16, angesprochen sein. Zugleich umfaßt das Heil der „messianischen Zeit" «Himmel und Erde», vgl. Hos 2,18.21 {. So kann es dann auch im Blick auf den «weißen Bullen» der eschatologischen Vision von äthHen 90,37 heißen: „Alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels fürchteten ihn ..."

' Der Parallelismus „Himmel und Erde werden hören auf und „keiner darin

wird abweichen von" liegt auf der Hand, s. auch E. Puech, in: RdQ 15,486, und verlangt, vgl. z.B. Ex 12,16, nach vorliegender Übersetzung.

' Unter dem irreführenden Eindruck, der Gesalbte werde als himmlische Gestalt eingeführt, drängt sich dem Interpreten leicht Dan 4,14 (rir"'ii? nnun) als Parallele auf Mir scheint PsSal 17,43c: ol Xoyoi aütoü cog Xoyoi äyiwv näherzu¬

liegen, wobei zu fragen sein wird, ob nicht äyicüv = D-'tmj? wie Prov 9,10; 30,3;

Sap 10,10 als Hoheitsname Gottes (= der Hochheilige) aufzufassen ist. (Sap 10,10 wird gewöhnlich nicht in diesem Zusammenhang angeführt, aber die Konkordanz von yvwoii; ay'mv Prov 30,3; Sap 10,10 sowie die Parallelität von „die Herrschaft Gottes zeigen" und „Erkenntnis geben des Hochheiligen", also Aufnahme von Gen 28,16, scheinen mir die Zuordnung zu rechtfertigen.)

(3)

3 Die ihr den Herrn sucht, strengt euch an in seinem Dienst'",

4 dabei werdet ihr ja den Herrn finden, ahe, die von Herzen

hoffen":

5 Wenn der Herr sich um die Frommen kümmert'^ und die

Gerechten mit Namen ruft",

6 über den Demüdgen sein Geist waltet'" und die Getreuen er

verwandelt durch seine Macht'^

7 dann werde er verherrlichen'* die Frommen beim Thron" der

Herrschaft für immer'*,

8 die Gebundenen frei machend, sehend die Blinden, die Ge¬

beugten aufrichtend".

9 Für immer will ich festhalten an Gott, dem Höchsten^", und

seiner Güte trauen^'.

" Das nicht genau identifizierbare Zeichen am Rande könnte Hinweiszeichen

auf einen Neueinsatz sein. »Sein Dienst« ist zu verstehen im Sinne von

Dtn 10,12.20, und so spannt sich ein Bogen von Zeile 3 zu Zeile 9. Ein Zusam¬

menhang von Z. 1-2 mit Z.3ff. ist demgegenüber nur gegeben, wenn in Z.2 von

»den Geboten des Hochheiligen« die Rede ist.

Entsprechend Sanh 44b nVsni TOSS ymnn »wer sich im Gebet anstrengt« muß

imasn auf is?3xnn bezogen werden.

" Vgl. Jdt 6,9 xai einEQ iXm.C,eiq tri xaQbiq. oou öxi. Diesem öti entspricht im folgenden ■'D. Ich setze dafür den Doppelpunkt Gleichzeitig ist aber zu berück¬

sichtigen, daß die Zeilen 5 und 6 zusammengesetzte Nominalsätze sind, Zeile 7 jedoch Verbalsatz ist.

Inhaldich ist Dtn 4,29 zu vergleichen: Den Herrn suchen und finden, „wenn du von ganzem Herzen ... nach ihm fragst."

" Vgl. auf der Grundlage von Ez34, llf insbesondere PsSal 3, IIb örav eni- oxenTT|Tai Sixaioog.

" Vgl. Jes 40,26; 43,1.

" Vgl TestLev 18,11 b xai nvEÜna ayiMoovTi? Eoxai en aixoXq, ferner die kol- lekUvierende Rezepdon von Jes 11,2 in 1 Petr 4,14 (s. dazu M. Karrer: Der Ge¬

salbte Die Grundlagen des Christustitels. Göttingen 1991, S.329).

" D"'31?3!< ist auswechselbar mit D'^T'on Ps31,24.

" Die Verherrlichung nach Jes 55,5; 60,9 auch PsSal 17,31c.

" Das ist nach Jer 3,17; Ez 43,7 Jerusalem, wie ja auch die Verhei."lichung von PsSal 17,31c in Jerusalem zu sehen ist, s. V.30c. Vy bezieht sich auf Gottes Sitzen auf

dem Thron, im Deutschen muß es jedoch heißen »beim/am Thron« wie »am Haus

Jahwes« Jes 38,20, »an deiner Krippe« Hi 39,9, »an den Strömen Babels« Ps 137,1.

" Zur »Herrschaft für immer« vgl. Ps 145,13; Thr 5,19 im Rahmen von 5,17- 21; PsSal 17,3.

" Die ganze Zeile nach Ps 146,7 f.

" Ohne Überprüfung am Original ist die Lesung natürlich ungesichert, wenn¬

gleich inhaldich naheliegend, vgl. Dtn 10,20 in Verbindung mit V. 17.

" Kohortadv in beiden Fällen nach Vorschlag von Dr. W. Nebe, Heidelberg.

Zur Ergänzung vgl. Ps 13,6; 52, 10b: •^v^ ühs D-'nVx-itsna ■'nnun.

(4)

Beobachtungen zu 4 Q 521 f 2, II, 1-13 41

10 ...

11 Und Herdiches, das es nicht gegeben hat, wird das Werk des

Herrn sein, wie es heißt^^:

12 Er werde heilen die tödlich Verwundeten und die Toten le¬

bendig machen",

13 die Elenden durch gute Botschaft erfreuen^* / und die Ge¬

ringen sättigen^',

die Vertriebenen fürsorglich leiten und die Hungernden reich

machen^*.

1. Schreiend, aber irreführend gaben R. Eisenman und M. Wise

dem Text die Bezeichnung »Der Messias des Himmels und der

Erde {4 Q 521)«. und erklärten den Gesalbten zu einer nahezu

übernatürlichen Gestalt". Vorsichtiger spricht E. Puech von einer

messianischen Apokalypse^*. Aber was, im Ernst, macht den Text

zur ApokalypseSprechen wir also lieber von einem Psalm

eschatologischen Inhalts! Und was macht ihn interessant für die

Erschließung essenischer Theologie? Da ist die Rede von Auf¬

erstehungshoffnung. Löst also „die Bezugnahme auf die »Er¬

weckung der Toten«", wie R. Eisenman/M. Wise meinen, „ein an¬

deres schwieriges Problem für viele Qumran-Kommentatoren,

nämlich ob die für diese Dokumente Verantwortlichen an die

Auferstehung der Toten glaubten"'"? Oder ist von der allgemei¬

nen Totenauferstehung möglicherweise gar nicht die Rede"? Tat¬

sächlich bewegt sich 4 Q 521 f 2, II, 12'^ noch nicht einmal

" Vgl. Ps87,3 T2in nn3D3.

" Vgl. Dtn 32,39 (lebendig machen - heilen); Shemone esre 2; Jes 26, 19a;

PsSal 15,13b.

Vgl. Jes 61,1. Der Schreiber hat offenbar übersehen, daß der Halbvers zur folgenden Zeile gehört, wie der Wechsel von syndetischem und asyndetischem Anschluß deutlich macht.

» Vgl. 1 Sam 2,5.8; Ps22,27.

" Vgl. 1 Sam 2,7. Die modvische Nähe der Zeilen 12-14 zu 1 Sam 2,5-8 ist auffällig.

" Jesus und die Urchristen, 25 f

" S.o. Anm. 3.

" Vgl. jetzt auch J.J.Collins: The Works of the Messiah. In: Dead Sea Disco¬

veries, Sample Issue (1994), S. 1-15: 1.

^° R. Eisenman/M. Wise: 27.

" K. Berger: Qumran und Jesus. Wahrheit unter Verschluß'/ Stuttgart 1993, S.131.

" 4 Q 521 f 7,6 gehört, überhaupt nicht in diesen Zusammenhang. E. Puech, in: RdQ 15,501 liest zwar ms ■^tid m rr'nan D[''p''] und übersetzt: «le vivificateur

(5)

eindeutig im Rahmen einer Hoffnung, wie sie etwa in PsSal 3,12;

14,10; 15,13 formuliert wird, verwendet zudem altbiblische

metaphorische Redeweise im Anschluß an Stellen wie

Dtn 32,39; 1 Sam 2,6, formuliert also wie die 2. Benedikdon des

Achtzehnbittengebets in dessen babylonischer Rezension und wie

Mt 11, 5/ Lk 7, 22 auf gemeinsamer frühjüdischer Basis, verschie¬

dene Stellen eschatologisch assoziierend:

Shemone esre 2 Mt 11, 5/Lk 7,22

tf'Ji D''73nin nTtJa vexgoi eyeiQovtai

"XTin TTT' Jes 26,19 dvaoTTiaovtai ol vexqoi, xal

eyeQQriöovtai kxX. Jes 26,19

xal ^Tiaovtai ev tfj eXer\\ioo6vr{

ToC deoC auTÖv

PsSal 15, 13b

Damit werden assoziiert.

Ps 145,14; 146,7 - wie in Jes 35, 5 (Blinde, Taube, Lahme)

4Q521 f 2, II, 8-; Dan 12,2 und wie in 4 Q S21 f 2, II, 12 die

Stelle Jes 61,1".

So meint also 4 Q521 jedenfalls eindeudg zukünftiges Handeln

Gottes, während Texte wie 4 Q 181 \, 3-6; /g//! 1,10-14 und

15,14-17 von der Gegenwart des eschatologischen Heils in der

mit den Himmlischen verbundenen Heilsgemeinde''' und die

Pesarim von der gegenwärtigen Erfüllung von Propheten und

Psalmen in der beginnenden Endzeit handeln. Zur besonderen

Eschatologie der Qumrangemeinde zeigt 4 Q 521 somit keine

Affinität.

[ressus]citera les morts de son peuple», aber hier ist, worauf mich Herr Nebe aufmerksam machte, mit (R. Eisenman -)M. Wise: Jesus, 29, ■'in zj lesen. Der Passus ins --jn nx rr^nnn ist dann aber zu übersetzen: „der am Leben erhält die Wankenden seines Volkes".

" Der Satz: „Totenerweckungen kommen bei Jesaja nicht vor", ist so schwerlich zutreffend, gegen R. Berger: Qumran, 99, auch entsteht ein falscher Eindruck, wenn man 4 Q 521 f 2, II, 8-12 so zitiert, als folge Zeile 12 unmittelbar auf Zeile 8.

^' Grundlegend: H.-W. Kuhn: Endenvartung und gegenwärtiges Heil. Untersu¬

chungen zu den Gemeindeliedern von Qumran. Göttingen 1966, S. 44-175; speziell:

R. Bergmeier: Entweltlichung. In: Novum Testamentum 16 (1974), S. 58-80: 60f ; 77-79; ders. : Glaube als Gabe nach Johannes. Religions- und theologiegeschichtliche Studien zum Dualismus im vierten Evangelium. Stuttgart usw. 1980, S.74.

(6)

Beobachtungen zu 4 Q 521 f 2, II, 1 -13 43

2. Wie läßt sich der messianische Charakter des Textes be¬

stimmen? Zu unentschieden beläßt E. Puech, ob und wie die Re¬

de vom Messias auf die Qumran-Erwartung eines priesterlichen

und eines königlichen Gesalbten zu beziehen sei'^ In diesem

Punkt urteilen R. Eisenman/M. WiSE zutreffend: „Interessanter¬

weise spiegelt sich hier die Lehre von den zwei Messias-Gestal¬

ten, wie wir sie aus den ersten Tagen der Qumran-Forschung

kennen - nicht wider; statt dessen stoßen wir auf den »nor¬

mativeren«, einen Messias, der Christen und Juden eher vertraut

vorkommt"'*. Nur hat es, nach M. Karrers zergliedernder Unter¬

suchung zumal, wenig Sinn, überhaupt von einem normativen

Messiasbild auszugehen'^ Es sieht wohl so aus, als könnten die

Zeilen 4Q521 f 2, II, 1-2 die universale Herrschaft des Messias

im Stil von Ps 2 ansprechen'*. Und sein Spruch, auf den zu hören

sei, könnte wie in PsSal 17,43 c »wie Engelwort«" bzw. wie gött¬

liches Hoheitswort gelten. Und noch einmal stellte sich Nähe zu

den Salomopsalmen ein, wenn gesagt wird, daß Gott die From¬

men in Jerusalem, dem »Thron der Herrschaft für immer«, ver¬

herrlichen wird"". Das Problem der vorgetragenen Auslegung be¬

steht nun aber darin, daß Kohärenz zwischen der Rede von dem

Gesalbten in Z. 1-2 und dem fortlaufenden Zusammenhang von

Z. 3 ff. nicht erweisbar ist. Man müßte dann annehmen, daß lineae

1-2 Schlußzeilen eines messianischen Psalmes sind «(Ja, Himmel

und Erde werden hören ...»), aus dessen Duktus sich auch die

Rede von «den Geboten der Heiligen» erklären würde. Mit Z.3 ff.

schlösse sich dann ein neuer Psalm eschatologischen Inhalts an.

Das nicht genau identifizierbare Zeichen am Rande könnte, wenn

es nur präziser plaziert wäre, Hinweiszeichen auf den Neueinsatz

sein.

" In: RdQ 15, 487 mit Anm. 15.

" Jesus, 23.

" Der Gesalbte (s.o. Anm. 14), 314: «Setzte die Forschung in den letzten Jahr¬

zehnten für neutestamentliche Zeit an die Stelle jüdisch-messianischer Dogmatik offene Entwicklungen, so führt die Neuaufnahme der Analyse der nachfolgenden jüdischen Quellen in den letzten Jahren dies in die nächsten Jahrhunderte fort.»

Vgl. auch H. Lichtenberger: Messianische Erwartungen und messianische Gestal¬

ten in der Zeit des Zweiten Tempels. In: Messias-Vorstellungen bei Juden und Chri¬

sten. Hg.v. E. Stegemann. Stuttgart 1993, S.9-20.

" S.o. Anm. 7.

" Vgl. W. BoussET - H. Gressmann: Die Religion des Judentums im späthelleni¬

stischen Zeitalter. Tübingen "1966, S. 229.

" S.o. Anm. 15-17.

(7)

Doch es gibt noch einen anderen Weg der Interpretation, der

nicht unbedacht bleiben soll, zumal ich ihm den Vorzug geben

möchte. Es könnte ja sein, daß die D''B>nj? mxQ Z.2 als »die

Gebote des Hochheiligen« aufzufassen sind. Dann ergibt sich

nämlich ein klarer Zusammenhang von »nicht abweichen von den

Geboten des Hochheiligen« und »sich anstrengen in seinem

Dienst«, ein Zusammenhang, dem in Dtn 10,12 f. das Nebenein¬

ander von »Jahwe, deinem Gott, dienen« und »die Gebote Jah¬

wes halten« entspricht. Zu diesem Verständnis passend, ist weiter

zu bedenken, daß »der Gesalbte« von Z. 1 möglicherweise im

Anschluß an Jes 61,1 (den [n]T)n rr^m von // QMelch 18

allenfalls vorbereitend"') als Prophetengestalt gesehen werden

will"^ deren Botschaft dann eben in dem Zusammenhang von

Z.3 ff. zu hören wäre. Und dieser Zusammenhang bleibt in jedem

Fall und vollständig im Rahmen jüdischer Eschatologie,

die, mit M. Karrers Beobachtung zu Mt 11,2-6 formuliert, nicht

mit Wundertaten des Messias rechnet, sondern den wunderbaren

Charakter der Heilszeit auf umfassend heilvolles Wirken Gottes

zurückführt"'. Man könnte auch im Anschluß an Sh. Talmon sa¬

gen, daß in 4Q 521 die »Konfluenz von Heilssituadon und heil¬

bringendem (oder: heilbringender) Gesalbten«"" noch nicht statt¬

gefunden hat. Wie man sieht, scheint alles dafür zu sprechen, daß

4 Q 521 nicht unsere Kenntnis von Qumrantheologie bereichert,

■" Vgl. dazu M. Karrer: Der Gesalbte (s.o. Anm. 14), 353 f. - Zu beachten ist, daß der dualisdsche Einschlag von 11 QMelch dem Psalmtext von 4 Q 521 gänz¬

lich fehlt, ja fremd ist.

H. Stegemann: Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus. (Her¬

der/Spektrum 4249) Freiburg-Basel-Wien 1993, S.50f ; 286, möchte in''irn ana¬

log CD 2,12; 6,1; 1 QM 1 1, 7 f auf die Propheten, hier auf die Prophetenbücher,

»die Gebote der Heiligen« auf die Thora beziehen. Aber würde man die zwei Teile des Kanons in dieser Reihenfolge aufzählen? Auf jeden Fall ist klar, daß nicht vom Messias die Rede sein kann. Andererseits besteht aber auch zur Gestalt des Elia erweisbare Beziehung nicht, gegen J.J.Collins: 77ie Works of the Messiah (s.o. Anm. 29), 5-9. Die Verwendung von Mal 3,24 in Sir 48,10 macht deutlich,

daß die Konkordanz von gerade eben drei Wörtern, nämlich □''33 max 4Q521

f 2 iii, 2, syntakdsch bezogen auf D''Xn, nicht ausreicht, um begründetermaßen Mal 3, 24 zitiert und den Elia redivivus aufgerufen zu sehen, gegen E. Puech, in : RdQ 15, 496 f; J.J.Collins, a.a.O., Sf

" Der Gesalbte, 323; vgl. auch H. Stegemann: Essener (s. Anm. 42), 341. Das Gesagte gilt voll auch gegen J. J. Collins: The Works of the Messiah (s. o. Anm. 29).

Biblische undfrühnachbiblische Messias- und Heilserwartungen. In: Juden und Christen im Gespräch. Gesammelte Aufsätze 11 (Information Judentum 11). Neu¬

kirchen-Vluyn 1992, S.98- 129: 103.

(8)

Beobachtungen zu 4 Q 521f 2, II, 1-13 45

sondern allgemein unsere Einsicht in Sprache, Vorstellungsweit

und Theologie der frühjüdischen Psalmen vertieft. Für 4 Q 521

gilt somit K. Bergers Plädoyer"', die Qumrantexte als frühjüdi¬

sche, zwischentestamentliche Literatur wahrzunehmen, in vollem

Umfang.

3. Vorausgesetzt, daß es - entgegen der Einschätzung durch

K. Berger"* - legitim ist, die antiken Essener-Nachrichten mit

den modernen Qumranfunden in Verbindung zu bringen"^, gibt

es gleichwohl prinzipiell unlösbar erscheinende Fragen. So wissen

wir noch immer nicht, wie die Bezeichnung Essäer/Essener zu

deuten ist. Viele haben sich die Hypothese zu eigen gemacht, der

Name sei mit dem späteren syrischen X''Dn zu verbinden und

also Fortführung des hebräischen Namens D'^T'On im Aramäi¬

schen"*'. Eigentlich überraschend für die Anhänger dieser Hypo¬

these stellte sich heraus, daß in den allgemein als authentische

Qumranliteratur anerkannten Schriften die Selbstbezeichnung der

Qumranfrommen als D'^T'On fehlte. Jetzt scheint 4 Q 521 den Ge¬

genbeweis zu liefern: «On releve en passant une des plus ancien¬

nes mentions des HSYDYM dans un texte qumränien»"'. Aber

sollte nicht gerade das Vorkommen von D"'T'Dn bei der Zuordnung

des Textes zur Vorsicht mahnen? Eigentlich spricht ja alles gegen

die zuvor genannte Hypothese:

• Weder das Jüdisch-Palästinische noch das Jüdisch-Babyloni¬

sche kennen das Wort non »fromm«. Eine jüdische Bewegung

bzw. Gruppe kann also schwerlich zweihundert Jahre lang

»•"On geheißen haben, ohne eine Spur in der Sprache zu hin¬

terlassen'".

• Die frühchristliche Überlieferung kennt weder »Essener«

noch »Fromme« als Name einer Bewegung oder Gruppe".

" Qumran und Jesus (s.o. Anm. 30), 52-56.

" Qumran und Jesus, 47.

R. Bergmeier: Die Essener-Berichte des Flavius Josephus. Quellenstudien zu den Essenertexten im Werk des jüdischen Historiographen. Kampen 1993.

" Vgl. R.Meyer: Art. Ia55ouxaio?. In: Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament VII, S. 35-54: 39, Anm. 27.

*' E. Puech, in: RdQ 15, 488; vgl. auch R. Eisenman -M. Wise: Jesus, 27. Die Chasidim als angeblich typischer Qumranausdruck werden häufig beschworen, selbst dort, wo die Übersetzung selbst korrekt ist, vgl. S.205: David, »ein Mann von frommen Werken« (S.202 »hasidim« statt hasädim).

" Hinweis von Prof Dr. K.Beyer, Heidelberg (Schreiben vom 19.1.91).

" Es ist unwahrscheinlich, daß ausgerechnet die frommen Diasporajuden

(9)

Sieht man von Philo und Josephus ab, gilt das Gesagte auch

vom frühjüdischen Schrifttum.

• Die authendsche Qumranliteratur erweckt eher den Eindruck,

als wolle sie den Gebrauch von (D"')T'Dn geradezu vermeiden.

Wie die Aspekte Eschatologie und Messianität spricht auch das

Nebeneinander von D'^p'^ns, d'^T'On und D''l327 ganz für die Text¬

sorte »apokryphe Psalmen«, wobei wiederum auch Nähe zu den

Psalmen Salomos verzeichnet werden kann".

Schlußbemerkungen

E. Puech weist zu Recht auf die kolometrische Darbietung des

Textes hin", wie sie z.B. auch // Q Ps 119 aufweist'". Weitere

Beispiele dieser Art hat schon J.M.Oesch gesammelt". Gleich¬

wohl ist bei C. K. Barrett noch immer zu lesen: »Die hebräische

Poesie des AT wurde von Robert Lowth im 18. Jahrhundert „ent¬

deckt"; die meisten frühen Benützer das Hebräischen, z. B. in der

nti Zeit, scheinen von ihr jedoch nichts gewußt zu haben.«" Wie

man sieht, liegt bei C. K. Barrett hier offensichdich eine Fehlein¬

schätzung vor.

In der Sache kann 4 Q 521 der Gruppe der »nicht-kanonischen

Psalmen aus Höhle 4«" zugeordnet werden, denn weder Ortho¬

graphie noch Terminologie noch Theologie sind charakteristisch

für die Qumrangemeinde. Ein solches Urteil setzt freilich voraus,

daß die Identität der Qumrangemeinde vom typischen religiösen

Leben des Frühjudentums in hellenistisch-römischer Zeit klar zu

unterscheiden ist'l Insoweit ist K. Berger entgegenzuhalten, daß

von Act 2,5 Essener gewesen sein sollen, gegen (O. Betz/)R. Riesner: Qumran und der Vatikan. Klarstellungen. Gießen/Basel u. Freiburg usw. 1993, S. 179.

" Vgl. die Belegsammlung bei E. Puech, in: RdQ 15, 488, Anm. 17. Aus den PsSal vgl. z.B. 5,2.11; 10,6; 13,1-12; 15,1.7; 18,2.

» In: RdQ 15, 487.

" The Psalms Scroll of Qumrän Cave If ed. by J.A.Sanders. Oxford 1965, Plates VI-X.

" Petucha und Setuma. Untersuchungen zu einer überlieferten Gliederung im he¬

bräischen Text des Alten Testaments. Freiburg/Götdngen 1979, S. 121f.; 276-278;

282; 289-291; 300; 321 ff

" Das Evangelium nach Johannes. Göttingen 1990, S. 178.

" Vgl. A.S. VAN DER Woude: Fünfzehn Jahre Qumranforschung (1974-1988) (Fortsetzung). In: Theologische Rundschau 55 (1990), S. 245-307: 263-265.

" Anders offenbar K. Berger: Qumran und Jesus, 54 f

(10)

Beobachtungen zu 4Q521f 2,11,1-13 47

er unterschätzt, was sich an Unterscheidendem sehr wohl ermit¬

teln läßt: das Separatistische an Qumran" wie auch die genuin

priesterliche Grundlage der Bewegung*". Dabei liegt für histo¬

rische Betrachtung die Verbindung beider Aspekte von der Ur¬

sprungssituation her klar auf der Hand. Im gleichen Zeitraum

vollziehen sich drei priesterlich orienderte Separationen:

• Onias IV., Sohn des letzten zadokitischen Hohepriesters Onias

III., flieht nach Alexandria und begründet das Konkurrenz¬

heiligtum von Leontopolis*'.

• Der Abbruch der Hohepriestersukzession in Jerusalem eröff¬

net auch den Streit über den legitimen Kult zwischen Juden

und Samaritanem, ist also Auslöser des eigendichen Bruchs

der Samaritaner mit Jerusalem*^

• Der Beginn des hasmonäischen Hohepriestertums evoziert die

Vorgänge, die zur Gründung des Qumran-Jachad führen*'.

Sicher: „Es gibt im Judentum verschiedenste Gruppen, die einen

Neuanfang in der Wüste suchen. Sie sind nicht identisch."*" Aber

es gibt auch eindeutige Belege für den Tatbestand speziell qum-

ranessenischer Separation als solcher:

• Nach 4 QMMT C 7f. erfolgte die Trennung der Qumrange¬

meinde vom übrigen Volk aufgrund kontroverser Halacha spe¬

ziell in Fragen ritueller Reinheit*'. Übereinstimmend damit ist

" Qumran und Jesus, 41, s. demgegenüber O. Betz(/R. Riesner): Qumran, 64- 66; R. Bergmeier: Essenerberichte, 94.

" Qumran und Jesus, 53; s. demgegenüber R. Bergmeier: Essenerberichte, 73 (dort weitere Literaturhinweise).

" E. Schürer: The history of the Jewish people in the age of Jesus Christ (175 B. C. - A. D. 135), rev. and ed. by G. Vermes, F.Millar and M.Goodman. Ill, 1.

Edinburgh 1986, S.47 f.; 145-147.

H.G. Kjppenberg: Garizim und Synagoge. Tradilionsgeschichtliehe Untersu¬

chungen zur samaritanisehen Rehgion der aramäischen Periode. Berlin/New York 1971, S.92f.; F. Dexinger: Der Ursprung der Samaritaner im Spiegel der frühen Quellen In: Die Samaritaner, hg. v. F. Dexinger und R. Pummer. Darmstadt 1992, S.67-140: 80-83.

" A.S. VAN DER Woude: Fünfzehn Jahre Qumranforschung (1974-1988) (Fortset¬

zung). In: Theologische Rundschau 57 (1992), S.225-253: Ursprung und Geschich¬

te der Qumrangemeinde.

" K. Berger: Qumran und Jesus, 47.

" Vgl. E.QiMRON and J. Strugnell: An Unpublished ffalakhik Letter from Qum¬

ran. In: Biblical Archaeology Today, Israel Exploradon Society, Jerusalem 1984, S. 400-407: 405; s. auch R. Eisenman - M. Wise: Jesus, 202

(11)

in CD 8,16; / QSa l,2f.; 4 Qflor 1,14; // QMelch 24 die

Rede von solchen, »die sich vom Wandel auf dem Weg des

Volkes abgewandt haben«, entsprechend in CD 8,8 (19,20)

von den Abtrünnigen der Qumrangemeinde, sie hätten sich

nicht vom Volk abgesondert.

• Josephus, ant. 18,19 bestätigt: Die Essener halten sich vom

gemeinsamen jüdischen Heiligtum fern und begehen ihre

Kulthandlungen für sich ; der Grund für ihre Separation liegt

in Fragen der kultischen Reinheit, wovon sie dezidierte Auf¬

fassungen haben**.

• O. Betz machte auf eine weitere Übereinstimmung aufmerk¬

sam: „In der judenchristlichen Schrift der Pseudo-Klementi-

nen (Recogniliones 1,53 f.) hören wir von einem sadduzäi-

schen Schisma: »Es war nämlich zuerst eine Spaltung unter

denen, die Sadduzäer (Sadducaei) genannt werden. Einige be¬

gannen sich als bessere Gerechte (ut caeteris iustitiores) von

der Gemeinschaft des Volkes zu trennen.«"*^

" R. Bergmeier: Essener-Berichte, S94.

" O.Betz/R. Riesner: Qumran, 65; zur Sache vgl. schon R.H. Charles: Apo¬

crypha and pseudepigrapha of the Old Testament in English. II, Oxford 1913, S.785.

(12)

kawnahu rasülan „weil er Bote ist" und Verwandtes.

Ein Beitrag zur Syntax des nachklassischen Arabisch

Von Werner Diem, Köln

Inhalt

1. Einlehung 50

2. Normaltyp 51

2.1. Einleitung 51

2.2. Formale Bildung 51

2.3. Position im Matrixsatz 53

2.4. Modale Funktion im Matrixsatz 55

2.5. Subtypen 59

2.6. Genese 65

2.7. Belegkatalog 67

2.8. Reflexe in heudgen Dialekten 74

3. Sondertypen 75

3.1. Einleitung 75

3.2. Uminterpretierung von kawn als „daß" 76

3.3. kawn „daß" ohne Genidv 79

3.4. kawn „weil" mit Genitiv und ohne Genitiv .... 82

3.5. li-/bi-kawni 'an{na) „weil" und kawna 'an{na) „weil" 88

3.6. {li-)kawn „damh" 91

3.7. kön „falls" 92

3.8. al-kawn „daß" 94

3.9. Redundantes kawn nach Präpositionen? 95

3.10. Zusammenfassung 98

4. Zur absoluten Chronologie 99

Literaturverzeichnis 102

Referenzen

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