Die materiellen
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DIU Qu?>fUA'
MATERIELLEN RECHTSGRUNDSÄTZE
DES
OESTERREICHISCHEN
PRIVILEGIEN-GESETZES.
VORTRÄGE
GEHALTEN IM
K. K.OESTKRK. HANDELS-MUSEUM
VON
DR
J.G. RITTER
v.JJTOERZ,
K.K.MINISTKII IAI. -11AI'HIM IfVMII!I.*MI
M
•>TEIIIi:M.S
EPARAT-ABDRUCK AUS DEM „1LLUSTRIRTEN OESTERR.
UNGAR. PATENTBLATT'.
WIEN 1890.
VERLAG VON
ING.H.PALM (MICHALECKI &
CO.).Digitizedby
Af
Digitizedby
Die materiellen Rechtsgrundsätze
des
Österreichischen Privilegien-Gesetzes.
Einleitung.
1.
Unter einem Privilegium wird im Allgemeinen jede
Ausnahme
voneinem Gesetze verstanden, diezu Gunsten einzelner Personen,Corporationen oder ganzerGemeinden, Ländergebiet<1 u. s.w. zu Rechtbesteht. In diesemSinne hat esvonjeherundschon in denfrühestenZeiten Privi- legienallerArt gegeben: staatsrechtliche, aufGrundderen sich in einzelnenTheilen großer Reiche eine partikulare Laiidesherrlichkeit entwickelte, Privilegien für religiöse Genossenschaften, fürMilitär,Adel, Städte, Zünfteu. s.w.Ja,das ganze Privatrecht stellt sich im Sinnedes alt- römischen Civilrechtes
dem
juspublicum gegenüberalsein Privilegium dar.Und
nachdemdieseAusnahme vom
öffent- lichenRechte imInteresse des bürgerlichenLebens und bürgerlichenVerkehreszurRegelgewordenwar,entstanden auchdem
geineinenRechte gegenüber wiederAusnahmen.Mit den zahllosen Privilegien dieser Art, die erst seit einem Jahrhundert
—
seit der französischen Revo- lution—
inAbnahme
begriffen sind, dürfen jene Privi- legien,von denenhierdieRedesein soll, dieErfindungs-
Privilegien,nicht verwechselt werden. Diesejüngsten aller Privilegienverdienen ihrenNamen
eigentlich nicht, weilsie keineswegsAusnahmen
von irgend einem Gesetze über das Erfinderrecht sind, sondern vielmehrZnsatze zum
geineinen Rechte, ganz neue Rechtezu Gunsten derEr- finder, auf welche im System des Privatrechtesnichtge- dachtwurde und nichtgedachtwerden konnte. Das Rechtr
aufErfindungen ist
dem
Civilreehte fremd,es wurd^aber bei fortschreitenderEntwicklung derIndustrieindm
ein- zelnen Staaten allmiihligals Bedürfnisempfunden.Wenn
dieses aus volkswirtschaftlichen Rücksichten entstandene Specialrecht zuweilen,undnamentlichinOester- reich, Privilegialrecht genanntwird, sohat esdiese Be- zeichnung wohl auseinem zweifachenGrundeerhalten. In sachlicherHinsicht darum, weil esdem
Erfinderals sol-chem
eine Befugnis zuspricht, die nachgemeinem RechteNiemand,
nicht einmal der Eigenthümerals solcher an der ihmzu eigen gehörigen Sache hat, nämlich dieBe- fugnis, anderen Personen die bloüeNachahmung
seines Reehtsobjeeteszuuntersagen—
alsoscheinbareinAusnahms- recht. In formeller Hiusicht aberdarum,weil diesesRecht jedemeinzelnenErfinder durch einen besonderen feierlichen Act desLandesfürsten als Gesetzgeber verliehen wurde, mithin infolgepersönlicherAusübungeinesMajestätsrechtes seitens desMonarchen gleicheinemGnadenactedesLandes- türsten aufselbständiger Basis
beruhte. In beiden Beziehungenjedoch hat dieBezeichnung^Privilegium" für den Erfindungsschutz, auchvom
speoifischösterreichischen Gesichtspunkteaus, nur einehistorische Berechtigung. Die Rechtsanschauung und mit ihr auch dieForm
des Er- findungsschutzes änderte sich, derName
blieb. D<*r ur- sprüngliche und ri'litigeNamen
für die Gesetzezum
Schutzeder Erfinder ist ,.Patentgesetze", weil das be- sondere R"cht, das sie enthalten,dem
Erfinder mittelst eines „offenen Briefes" (literae patentes) verliehen und documentirtwird. Heutzutageist derName
Patentrecht fastallgemein üblich, selbst inOesterreich,wo
'derName
Privilegienrecht allerdingsdiegesetzlicheBezeichnung war und bisjetzt noch ist.Insofern nun in gegenwärtigen Vorträgen
vom
Er- finderschutz^ inOesterreich
und von den diesbezüg- lichengesetzlichen Bestimmungen dieRedesein wird, em- pfiehlt es sich, den offiziellen Ausdruck„Pr
ivilegien- Gesetz" beizubehalten. Handelt es sich jedochum
den Erfindungsschutzüberhaupt oderum
ausländische Gesetze, welche denselben nonuiren. so wirdder vonder Wissen- schaft aeeeptirte Ausdruck „Patentwesen- -im Platze sein, undeswird demnächst wohl auch bei uns das Privilegien- Gesetzeinein Patent-Gesetze weichen.Digitizedby
Die Wissenschaft des Patentwesens ist verhältnis- mäßig noch sehrjung:, sieentwickelte sich erst im Laufe des jetzigenJahrhunde)ts. Angeregt durch das praktische Bedürfnis nae.hReformen der positivenPatent-Gesetze, er- blicktesieselbstverständlichihreeigentlicheAufgabedarin, vorAllem die
Natur
desErfinderrechtes
zu unter- suchen. Aberin derMeinung, recht gründlich zuWerke
zu gehen, folgte sie größtenteils einem idealistischen Schlagworte, welchesdieStaatsdoctrinäreder französischen Revolution ausgegeben hatten. In der Sitzung derfran- zösischen Nationalversammlungvom
7. Jänner 1791 war es nämlich als „Verletzung derMenschenrechte"
er- klärt wurden, eine industrielle Erfindung nicht als dasEigenthum
ihres Urhebers zu betrachten.Seitherlebte sich nun einTheil der Gelehrtenwelt immer mehr in den schönen Gedanken hinein, daß das Erfinderrecht wirkliches Eigenthum sein müsse, da doch Jedermann einnatürliches Rechthabe,die Früchteseiner Arbeit, der geistigen wie der materiellen, zu genießen.
Das veralteteSystem desbürgerlichenRechteshabeleider nur aufdieVerhältnissezwischen Personen und auf jene derPersonen zu sachlichen Gütern Rücksicht genommen, hingegen das
dem
Sacheigenthume ebenbürtige Eigenthum an Gedanken, die eine industrielle Verwerthnngmittelst Reproduction des Erfindungsgegenstandes zulassen, gänzlich ignorirt. DieseLücke müsseausgefülltwerden. •— Daß
eine solche Theorie in denKreisen der Erfinderpopulär wurde, istsehrbegreiflich,denn in jedemMenschen steckt nebendem
gesunden Egoismus auch eineDosis reizbarerEitel- keit; und wenn erhört,daßervonNatur aus berechtigt sei, seine Erfindung als seinEigenthun) zu betrachten, so ist es nichtzum
Verwundern, wenner verlangt, daßdieses Menschenrecht auch vonder Gesetzgebungvoll anerkannt werde. Daraus ergabsieh für dieAnhänger dieserTheorie von selbst, daß das Erfinderrecht keineswegs dieWir-
kung
des Patentrechtesseinkönne, sondern alsUrsache
des letzterenzu betrachten sei; der Staat habedas Er- finderrecht mittelst des Patentes nicht zuverleihen,
sondern lediglich zu docnm
eutireu, undjede Reform der Patent-Gesetzewärewerthlos,wenn sienicht aufdem
Fundamente desa priori festgestelltenEigentimms ander Erfindung aufgebaut würde.-
<;—
Heutejedoch
muß
diese Lehre, zu welcher sich noch der PariserPatente.ongreß 1S77 bekanute, als eine von der \VUseusehaftverworfene
erkannt werden.Um
zu idnersachgemäßen Ansicht über das Erfinderrecht zu ge- langen, ist es garnicht nöthig, in dieArenades doctri- nären Streites herabzusteigen und die großeMenge
juristischerFußangeln aufzudecken,mit denen derKampf- platz ausgestattet ist. Willman
erfahren, ob eseinnatür- liches Erfinderrechtgibt, undworin dasselbebesteht, ob und in wie weit alsoAnsprüche desErfinders an die Gesetzgebungals berechtigtangesehen werden können, so brauchtman
nur das überaus einfacheVerhältnis des Erfinders zu seiner Erfindung
unbefangen in'sAnge
zu fassen.DieErfinduugist ein
G
ed a nke des Erfinders, und es steht vollkommenin Belieben des Letzteren, den Ge- danken zu äußern, vielleicht auchinirgend einerForm
zu verkörpern, oder—
bei sich zu behalten. Thut er das Letztere, so ist kein Zweifel,daß dieErfindungganz und garihm selbst angehöre, weil sie—
alsGedanke—
eben einen Theil seiner eigenenPersönlichkeit ausmacht.
Aber ein Rechtsobjeet ist derGedanke in diesem Falle nicht, denn Niemand kann zu sich selbst in einemVer- hältnisse stehen. Hier braucht erkeinRecht und hier gibt es keines. Der Erfinder kann aber das. was ergedacht, ersonnen hat, auch äußern, entweder durch materielles Handeln undSchartenoder durch irgendeineArt vonMit- theilung au andere Personen.
Zu
dem. was einePerson physischschafft, steht sie allerdingsineinemVerhältnisse, welchem der Rechtsschutz gebührt,dftner übrigensdurch das allgemeine bürgerliche Recht,durch die Bestimmungen überdie Arten der Eigenthumserwerbungn. s. w. bereits thatsächlieh gewährleistet ist. Hier hat alsodasRechtdes EiHndersalsErfinderbereits seinEndeerreicht,und waserin VerfolgungseinerZwecke etwanoch weiterwünschen mag, daskannnur seinemEinzelninteresseentsprechen,welchem die gemeinsamen Einzelnintercsscn allerAnderen, alsoder in Rechtsform erscheinendeWille derGesammtheit,gegen- überstehen.Es kann aber auch eintreffen, daß der Erfinder seinen Gedanken der
Welt
lediglichmittheilt, ohne ihn in der Gestalt einesVermögensubjectes zu verkörpern. InDigitizedby
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diesemFall»'jedochj^ehürt- derGedankeoffenbar nicht
mehr
ihm allein, sondern Allen, denen er—
dircet oder in- direct—
mitgetheilt winde, und jeder von ihnen hat genaudasselbeRechtwie der Erfinder, dasvondereigenen Denkkraft einmal Erfaßte geistig zu verarbeiten, fort- zuentwickeln, zu benutzen undkörperlich zu reproduciren.Diesevollkommen naturgemitbV Rechtsgleichheit
mag dem
Erfinder sehr unangenehm sein, denn vielleicht hat erviele Mühe, Zeitund Kosten aufgewendet,um
seinen Erfindungsgedankenvoll auszudenken,und auch abgesehen hievon, mochte er sich für seine Mittheilung wohl in andererWeisebelohnt sehen, alsdurchdas bloßeBewußt- sein,der Gesammtheit einenNutzen,eineVermehrungder Ideen und Vermögensobjecte verschafft zu haben. Die Nonnen desCivilreehtes in Bezug anfEigentimm bieten ihmallerdings keine materielle Entschädigung, weil eben jeder Andere auf die gleiche Art wie er selbstEigen-tümer
einerkörperlichenSache werdenkann, diefreilich inder Aussenwelt gar nicht vorhanden wäre,wenn
der • Erfinder sie nicht zuerst erzeugt oder ihre Erzeugung veranlaßt hatte. DerErfinder würde sich aber möglicher- weise dannfür entschädigt, oder besser gesagt: für be- lohnt halten,wenn
der Gegenstand seiner Erfindungnur vonihm selbst, oder nur mitseiner Einwilligung repro- dneirt und benützt werden dürfte. Er möchte seinen Mitmenschen gegenüber ein Verbotsrecht erlangen, das ohneZweifel einmachtiger Sporn fürden Erfindungsgeist wäre; allein das ändert nichts an derThatsache, daß dem ganz begreiflichen einseitigen Interessedes Erfinders das absolute Vetorecht der Gesellschaftentgegensteht.Indessen ist es immerhin denkbar, daß Umstände eintreten können, welche dieGesellschaft bewegen,
dem
Erfindergegenüber auf ihr starresRecht zu verzichten undAusnahmen
von der allgemeinenRechtsgleichheit zu- zulassen. Eskommt
nurdarauf an, dass der Staatdie Ueberzeugung gewinne, die rasche Verbreitung von Er- findungen sei nichtbloß eine Privatangelegenheit derEr- finder, sondern verdieneimöffentlichen Interesse
auf exceptionelleArt begünstigt zu werden. Er wird dann einsehen lernen, daßihn das natürlicheRechtderGesammt- heit.Alles nachzumachen,
dem
gemeinnützigen Ziele, das er den Erfindungen geben kann,lange nicht sosicher undI
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—
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sorasch näher bringt, alswenn er unter gewissen Be- dingungen und innerhalb gewisser Grenzen auf dieses Rechtverzichtetund imgleichen
Maße
denPrivatinteressen derErfindereine Berechtigung zuerkennt, dieihnen von Hausaus versagt war. Soentsteht danneinganzneues
Recht, das nichtinderallgemeinenMenschennatur, sondert' inderErwägung
deröffentlichenInteressen einesbestimmten staatlichen Gemeinwesens seine Wurzel hat. Der bloßeWunsch
einesErfinders istdem
natürlichenRechteder Gesammtheit gegenüberkein Rechtstitel; Recht kann im Staate nurdas sein, wasdem
Gesammtwillen entspricht, und dieser Gesummtwille stellt,—
wie selbst die Ver- theidigerdessogenannten Erfindnngseigenthums zugeben—
vonNatur aus im contradictorischen Gegensatze zu
dem
Willen des Erfinders.Wie weit
Letzterer über die Grenzen desnatürlichen Rechteshinausstrebe, ist fürdie Erkenntnis dessen, was der Staatdem
Erfinderals neues Recht gewährensoll, principiell vongarkeinerBedeutung.Es hat
sehr
lange gedauert,bissichendlicheineinzelner Staat entschloß, ein besonderes Erfinderrecht überhaupt anzuerkennenund zu garantiren.—
DieGrundsätze für solcheRechtszuerkennung spricht nun eben das Patent- gesetz aus und dieses ist somit dieeinzige
Quelle des wirklichen—
nicht eingebildeten—
Erfinderrechts. Die Genesis derPatentgesetzgebung darf nicht dort gesucht werden,wo
dienatürlichen RechtederGesammtheit den natürlichen Interessen des einzelnen Erfindersw
ider- streiten, sonderneinzig und alleindort,wo man
zu der Ansicht gelangtist, daßneben
deneinseitigenEr- finderinteressen auch ein Staatsintcresse vorhanden ist, welches es ermöglicht,Privat- undGemeininteressen unter bestimmten,vom
Staate aufgestellten Bedingungen mit- einanderinEinklang
zu bringen.Aus dem
Gesagten erhellt schon zurGenüge, daß dasErfinderrecht von Hauseaus nichts von deinansich hat, wasman
unter Eigenthum vonjeherverstanden hat und verstehen kanu, undzwar darum, weil das Erfinder- recht,mag
es auch durch diepositive Gesetzgebung ge- schütztwerden, keineSache, sonderneine Gcistesthätig- keitzum
Gegenstände hat. woraus von selbst folgt, daß sein Inhalt und seineWirkung
eine ganz andere seinmuß
als derInhalt und dieWirkung
desEigenthums-Digitizedby
recht«'*. Insbesondere gibt das Eigenthum
Niemandem
das Recht, andere Personen von derErzeugung, Benützung und Veräußerunggleichartiger
Objecte auszuschließen.Und
doch liegt gerade dieses Ausschließen imInteresse des Erfinders, der sogar dem rechtmäßigen Eigenthüiner eines patcntirten Gegenstandes die Reproduction unter- sagen will.AuchdieVerfechterdessogenanntengeistigenEigen- thumsselieusich gezwungen, diese Einwendungen gelten zu lassen; aber derGlaube an das angeborneMenschen- recht des geistigenEigenthumsist so stark, daß er seine Bekenner zur Forderungdrängt, die Gesetzgebung solle
zum
Vortheile desErfinders «-ine ganzneue Art
von Eigenthum construiren. Aberwas hilft derName,wenn
der Begriff fehlt?Soll die moderne Gesetzgebungwirklich die Aufgabe haben, aus Respect vor populären Schlag- worten aus Worten ein System zu bereiten? Der Staat hat geradeheutigentags genugdamit zu thun. dasalte
EigenthumvorprincipiellenAngriffen inSchutzzu nehmen, und es wäre dahersehrbedenklich,wenn
erdie ohnehin grassirende Begriffsverwirrung in Betreff der Heiligkeit desEigenthums, diesesGrundpfeilers der gesellschaftlichen Verhältnisse,durch dieSanctionirung einesneuen Titular- eigenthums vermehren wollte.Wenn
nur ein Pseudo- Eigenthum construirtwerdenkann, dann istesentschieden besser, dasselbe garnicht zu construiren. DerStaat gebedem
Erfinder dasjenige, was ihm in Anbetracht derGe- sammtinteressen billigerweise zu concedirenist, undschirme dieses gewährte Sonderrecht imPateritgesetze mit solchen Garantien, die derwahren Naturder Dingegemäß
sind.Darüberhinauszugehen, fehlt es nicht nur an jedemju- ristischen Grunde, sondern auch anjeglicherpolitischen Veranlassungund Zweckmäßigkeit.
Bei den
mühsamen
BestrebungenjuristischerTheore- tiker, moderne Rechtsbedürfnisse in die urältesten, für ganz andere Verhältnisse gebildeten Rechtsfonneln zu zwängen,undfürdas Erfinderrecht,wenn
nichtdenInhalt
desEigenthumsrechts, so doch wenigstens denNa
inen Eigenthnm zu vindiciren, eineArt vonSecnndogenitur des Eigenthums zugründen, gedenktman
unwillkürlich der berühmtenStelle ausGoethe's rFausf:
—
10—
„Es erbensichGesetzundRechte Wieeineew'ge Krankheitfort;
Sieschleppen vonGeschlechtsichzu Geschlechte Undrücken sachtvon Ort zuOrt.
Vernunft wird Unsinn,Wohlthat Plage;
Weh
1dir.daßdueinEnkelbist!Vom
Rechte,dasmit uns geborenist,Vondemist,leider!nie dieFrage."
Obgh-irh diese Worte
dem
Mephistopheles in denMund
gelegt sind, soenthalten siedoch einegroßeWahr-
heit; und
warum
sollte, der Teufel nichtauch einmaldie Wahrheit reden, besonders wenn erdarauf rechnet, daß sie unbeachtetbleiben werde?Wir
habenes nicht unterlassendürfen, das angeb- liche Recht auf eine Erfindung, da9 mitdem
Erfinder geborenseinsoll, bis zur natürlichen Quelle seinerEnt- stehung zu verfolgen,und habengefunden, daßderInhalt dieses Rechtes, als eines angeborenen, gleich Null ist.Allein der
Anspruch
des ErfindersaufZuerkennung
eines Rechtes braucht darum keineswegs geleugnet zu werden. Aus rein theoretischen Gesichtspunktenwäre frei- lich
—
wie ja vorhin in der Entwicklung desRechts- verhältnisses gezeigtwurde—
auchein solcherAnspruch zu negiren, aber das praktischeLeben hat dieSituation zu Gunsten desErfinders geändert.Nachdem
es einmal in einzelnenCulturstaatenalsdas InteressederGesammt- heit erkannt worden,dem
Erfinder einen gesetzlichen Schutz und hiedurch ein Recht auf seineErfindung zu verleihen, können sich andereCulturstaaten sowohl im Interesse derGesammtheit, als imInteresse der Erfinder gegen die Zuiuuthung gesetzlicherAnerkennung und Re- gelung des Erfindungsschutzesnicht mehrablehnend ver- halten.War
alsoEnglandmit seinerPatentgesetzgebung schon im XVII. Jahrhundert vorausgegangen, hatte sich das Patentwesen allmälig auch in anderen Staaten ver- breitet und ausgebildet, so mußte sich endlich auch in Oesterreich das Bedürfnisfühlbarmachen,dem
gegebenen Beispiele zu folgen,um
vondem
internationalen Geistes- nndGeschäftsleben nichtausgeschlossen zu werden, hinterdem
Auslande nichtzurückzubleiben. Aufdieser sachlichen Notwendigkeit beruht der natürliche Anspruch Aller im modernen Staate aufEinführung des Erfindungsschutzes,mag
nun inWirklichkeit dasVerlangennacheinemPatent-Digitizedby
gcsetzev<un ganzenVolk*' oder nurvon einzelnenKreisen der Bevölkerung, oder, wie es anfänglich in Oesterreich derFall war, garnur vonder Regierungausgehen.
Die Autgabe der folgenden Vortrüge soll es nun sein, die Grundsätze des
materiellen
Rechtes darzu- legenund zu erörtern, aufwelchen derErfindungsschutz in Oesterreich nach dein heute noch inKraft stellenden Gesetzevom
l.">. August lHä^i beruht. Auf die for-mellen
Rechtsbestiinmnngen, auf dieNormen
für das Verfahren in Privilegien -Angelegenheiten in und außer Streit wird dermalen nichteingegangen werden: dieser Theil der Grundsatz«* des österreichischen Erfindungs- schutzesmuß
einer abgesonderten Darstellungvorbehalten bleiben.2.
Obgleich die Ertheilung von Ertindungsprivilegien iu Oesterreich bis in denAtifang des 18. Jahrhunderts zurückreicht, so ist der Erfindungsschutz doch erst seit
HO
Jahr«'ii GegenstandeinersystematischenGesetzgebung.Ein
dem
IgnazH
ögerinWien
im Jahre 1709
ver- liehenes Privilegium auf dieErzeugung von Speise- und Brennöl aus Weintraubenkernen wird als das ältestein Oesterreich ertheilte Ertindungsprivilcgium bezeichnet.*) Damals—
unterKaiserJoseph I.—
wardieGewährung
einesPrivilegiums undderUmfang
des Schutzes reiner Gnadenactdes Landesfürsten. Den Charakter einesHaje- stätsreehtes bewahrte die Privilegienverleihnng biszum
Jahre1820
und hundert Jahre dauerte es, bissieh aus den vonFall zu Fall festgesetztenBestimmungen einauf allgemein giltigen Grundsätzen beruhendes Gesetz ent- wickelte;jader Bestand des den einzelnen Erfindungen gewährten Schutzes war beijedem Thronwechselin Frage gestellt. Es sollten einerseitsnurneueund gemeinnützige Erfindungen privilegirt werden, deren Vorprüfung in dieserRichtung den Landesbehörden oblag. Andererseits aberdurfte dieErfindungauch nicht ..gar zu nützlich*' sein; darum wurden z. B. unter Joseph II. Spinn- maschinen von der Privilegirung ausgeschlossen.Man
glaubte die traditionelle Handarbeit gegen die revolu-*)Dr.P. A.Beck, DerErfindungsschutzinOesterreich (1884).
—
12—
tionäre Maschine in Schutz nehmen zu müssen, indem
man
dieser letzteren das Privilegium versagte; die Mascliinemusste sich einstweilen ohne Privilegium fort- helfen, understLeopold II.(1790—
1792)entschloß sich zurPrivilegirungvon Maschinen.Wie
weit dieösterreichische Gesetzgebung nochin den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts von festen Prineipien imPrivilegienwesen entfernt war, dafürkönnten zahlreicheBeweise angeführt werden.Beispielshalber seien aus der Politischen Gesetz- sammlung Franz' II.
vom
Jahre 17!»"» (Band(j und7) folgendeFälle vona. h.Privilegiumsverleihungennamhaft gemacht.Im
Jahre 179."» wurden mittelst „Offenen Briefes" Seiner Majestät vier Privilegienertheilt, u. zw.:1. Unterm 10. April
dem
C. L.Roll ig
auf das Musikinstrument Orphica.Geltungsgebiet:
diedent sehen Erbländer;
Eingriffsstrafe:
Contiscation des Instruments, a: h. Ungnade und 100 Dukaten.2. Unterm2ti.Juni
dem
Th. Pac,Im
er vonEggen-
storfauf Papiermaschinen.Geltungsgebiet:
Oesterreich ob und unter der Enns,Iiinerösterreich,Böhmen
und Mähren.Strafe:
Contiscation und200
Dukaten.3.Unterm 7. August
dem
Th.Hess
auf Koch-, Brat-und Hackmaschinen.Geltungsgebiet:
nichtbezeichnet (deroffeneBrief istgeruhtetan,.alle nachgesetzten Obrigkeiten", insbeson- dere andie niederü>terrei< bischeRegierung).Strafe: Contiscation und »bei Unserer schweren Strafeund Ungnade".
4. Unterm 24. August
dem
Jos.Knppelwieser
aufeinstählernes Kochgeschirr.
Geltungsgebiet:
diedeutschen Erbländer.Strafe: Contiscationund
200
Dukaten.Unter diesenvier Privilegien ist nurdas
dem
Th.v.
Pachner
verliehene vonSr. Majestät auch..fürUnsere Thronfolger" verbindlich erklärt worden.Im
Allgemeinen schwebte beidem
Tode des Sonverains das Damokles- schwert der Caducität über den Privilegien. Dieselbe wurde erst anläßlich der Thronbesteigung Kaiser Fer-Digitizedby
dinand'sI. mit a. h Entschließung:
vom
0. Jänner1H36
beseitigt und dieser neu*; Grundsatz erhielt beidem
RegierungsantritteSr.Majestät des KaisersFranz JosephI.mit a. h. Entschließung
vom
November 1849 seine Bekräftigung.Im
Volke zeigte sieh bei uns noch zu Anfang unseresJahrhundertskeinedem
Erfinduugssehutze günstige Stimmung. Als Kaiser Franz II. den Befehl gab, ein förmliches Privilegien-Gesetz auszuarbeiten, sprachen sich dieProvinzialbehördengegenjeden Erfindungsschutz aus und es bedurfte der nachdrücklichen Vorstellungen seitens der niederösterreichischenLandesregierungund der Banco-Hofdeputation,um
das Zustandekommen desersten österreichischen Privilegien-Gesetzesvom
10. Jänner1810
durchzusetzen. Es war diesfreilich noch einselt- sames Conglomerat von Principien.GegenständederLand- wirthschaft wurden als rzu
gemeinnützig" vonderPrivi- legirnngausgeschlossen; das eine Privilegium erstreckte sich aufs ganzeReich, ein anderesaufeine Provinz,ein drittes nurauf das Marchfeldu.s.w. Fürdas Eitheilungs- verfahrensollte„alsRegel*4dasAnmeldeprincipgelten,trotz-dem
aber dochdieNützlichkeit der zu privilegirenden Erfin- dung amtlich geprüft werden. Die Ertheilung jedes einzelnen Privilegiums war Gegenstand einera. Ii. Ent- schließung, welche noch vorEntrichtung der Privileginms- taxe eingeholtwurde; die Ausfertigungder Privilegiums- Urkunde aber erfolgte erst nach Einzahlung der Taxe.Da
nun dasvom
Kaiser verliehene Privilegialrecht seitens der Behörden schonvom Tage
dera. h. Entschließung an respectirt werden mußte, so fanden es die Privi-legien
räthlieh, mit derTaxzahlnngso langealsmöglich zu warten und einstweilen auf die Verbriefung ihres Rechtszu verzichten: denn mitdem
Tage, an welchen ihnen die Urkunde ausgestellt wurde, begann erst die nominelle Dauer desPrivilegiums, dessen Schutz sie—
ohne Taxe
—
schon vorher genießen konnten. Erstam
21. Jänner 18 18 publicirte die Commerz-Hofcommission ein Decret an die niederösterreichischeRegierung, womit bekanntgegeben wurde, daß die Privilegiums-Urkunde zur VerhütungsolcherMißbräuche stetsdas
Datum
jenera. h.Entschließungtragen solle, durch welche das Privilegium verliehen worden war.
14
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Die Grundsätze für die Erthrilung eines Privi- legiums schwankten in Oesterreich lange Zeit zwischen dein Anmeldung*- und
dem
Vorprüfungssysteme. Endlich gab zu Gunsten desersterender Umstandden Aussehlag, daß Lombardo-Venetien, welches 1800 an Frankreich gefallen war, unter der französischen Herrschaft das französische Patentgesetzvom
Jahre 171*1erhalten hatte, das in BetreffdesErtheilungsverfahrensdem
reinen An- meldnngsprincipe huldigte. Als nun Lombardo-VenetienlH1"» wieder an Oesterreich zurückfiel und sich das Be-
dürfnis geltend machte, deinganzenStaateeineinheitliches Privilegien-Gesetzzu geben,
kam
das reineAnmeldungs- prineip—
ohne amtliche Vorprüfung der Nützlichkeit undNeuheit der Erfindung—
bei unszum
Durchbruche.So entstand das österreichische Privilegien-Gesetz
vom
8. December 1H20, ans welchemsieh diespäteren Privi- legien-Gesetze
vom
31. Marz 1H32 undvom
IT». Augm-t 18">2 entwickelten.Um
den Oesterreichern in Ungarn und den unga- rischen Landesangehörigen inOesterreich die Erwerbung des gesetzlichen Schutzes liir eine Erfindungin beiden Gebieten zu sichern, solltenfür das Privilegienwesen in Oesterreich undin Ungarngleiche Normen
hergestellt werden. Diese gute Absichtkam
abernur langsam zur Verwirklichung. DieSchritte zu diesem Ziele hatten an- fänglich nicht dengewünschten Erfolg, underst zu einer Zeit,wo
inOesterreich bereitsdas Privilegien-Gesetzvom
Jahre 1832 in Geltung stand, wurdejenes alterevom
Jahre 1820 mit einigenunwesentlichen Abänderungen i::Ungarn kundgemacht.
Nun kam
das Jahr 1848 unddieungarischeRevo- lution, nach deren Unterdrückung die österreichische Regierung in umfassendster Weise daranging, Ungarn und seine Nebenländerzu Provinzen des österreichischen Kaiserstaateszumachen unddasStaatswesennachallenRich- tungen hin zu centralisiren.Demgemäß
sollte ein öster-reichisches
Privilegium ohneweiters auch in den LändernderStefanskrone
Geltung haben undeswurde mittelst a. h. Patentesvom
1">. August 1S."i2 einPrivi- legien-Gesetz für dieGesammtmonarchieerlassen, welches in Ungarn 1"» Jahre lang praktisch in Wirksamkeit stund.Digitizedby
D
i*österreichisch-ungarischeZoll-undHandelsbiindnisvom
24.December18ti7reiht«'denErfindungsschutz nicht unter die den beiden Reichshälftengemeinsamen
An- gelegenheiten, sondern setzte nur fürdie beiderseitigen Staatsgebiete die Regelung des Erfindungsschutzes nachgleichen Grundsätzen fest. (Art. XVI.)
Kraft dieses, seither von zehn zu zehn J;.bren ver- längertenBündnisses haben dienachVorschrift des Privi- legien-Gesetzes und desBündnisses erwirkten Privilegien in beiden Ländergebieten Geltung. In beiden Gebieten sollen die Bedingungen der Privilegien-Ertheilung -- so lange das Bündnis besteht
—
zwar aufdem Wege
der autonomen Gesetzgebung, jedoch nach gleichen Grund- sätzen und im gegenseitigen Einvernehmen festgestellt werden, biszum
Zustandekommen eines neuen Gesetzes fürden Erfindungsschutzaber „die jetztbestehenden,dem Wesen
nach von einandernicht abweichenden diesfälligen Vorschriftenw in Wirksamkeit bleiben. Sofern aberdoch Differenzen bestehen, hat sich die gewissenhafte Pflege des büudnismäßigen Einvernehmens beider Reichshälften erfahrungsgemäß als geeignet erwiesen, über Schwierig- keiten hinwegzuhelfen.Schließlich sei hiernoch erwähnt, daß infolge, des Gesetzes
vom
20. November 187!), betreffend die Her- stellung eines gemeinsamen Zollverbandes zwischeu der österreichisch-ungarischen Monarchie und Bosnien und der Herzegowina, einin derMonarchie erwirktes Privilegium auchinden gedachten zweiLändern Geltung hat, nachdem dieselbendurch den BerlinerVertragvom
Jahre 1878in dieMachtsphäreunsererMonarchiegezogen und vonunserer Heeresmacht thatsächlich occupirtwurden.Auf
Grundder a. h.Entschließungvom
20.Juni1880 erließ das Reiehs- Finanzministerinm in den Oecupationsländern eineVerord- nung, wonach daselbstdie Principien derin Oesterreich- Ungarn geltenden gesetzliehenVorschriften in Betreffdes Privilegienwesensvom
1.JännerLS80
an inWirksamkeit getreten sind. DerFall jedoch, daß einBewohner des Occnpationngebietes sichum
ein österreichisch-ungarisches Privilegium bewarb, ist seithernurein einziges Malvor- gekommen.—
16-
Als
Anhang
zu diesen geschichtlichenNotizen soll auch noch der Literatur über die österreichische Privi- legien-Gesetzgebung gedachtwerden. Esist indieser Be- ziehung dasvortrefflicheWerk
zunennen,welches Hofrath Anton Etiler v.Krauß
im Jahre1838
über das Privi- legien-Gesetzvom
Jahre1832
veröffentlicht hat.*) Dieses klargeschriebene, vonwissenschaftlicheinGeisteundprak- tischerErfahrung getrageneBuch enthält interessante Ver- gleiche zwischen denPrincipien des österreichischen Ge- setzes undjenen der damals in Geltung stellendenPatent- Gesetze von England, Frankreich und denVereinigten Staaten von Nordamerika, ist aber überdies ein werth- vollerBehelfzum
Verständnisse unseres jetzigen Privi- legien-Gesetzes, welches ja, wie früher schon bemerkt wurde,ausdem
Geiste des älteren Gesetzesvom
Jahre 1832, bezw.vom
Jahre 1820 hervorgegangenist.In Betreff des18")2erGesetzesisteineähnliche lite- rarischeArbeit bisjezt nichtveröffentlicht worden.
Wohl
habendieinternationalen Patenteongresse und die damit verbundenen Bestrebungen vonGelehrten, Industriellenund anderen Fachmännern zu einerReform des Erfindungs- schutzes aufdem Wege
derAutonomie oder der inter- nationalenVereinbarung hie und dain Oesterreich einen publicistischenAufsatz oder eineBroschürehervorgerufen:
aber zu einer systematischen Darstellung und wissen- schaftlichenErläuterungunseres Privilegien-Gesetzes istes dabei nichtgekommen, wederinder eigentlichen Gelehrten- und Professorenwelt,noch indenKreisender praktischen Juristen und Fachmänner, noch endlich auf SeiteDer- jenigen, ausderen
Hand
derEntwurfzum
I8."i2erGesetze hervorgegangen ist, und denen die Durchführung des Gesetzeszunächstoblag.Dieses Schweigen läßt sich vielleicht
zum
Theile damit erklären, daß das österreichische Privilegienwesen geraumeZeit lang seines geringen Umfauges wegen die öffentlicheAufmerksamkeit nurwenigauf sich zog, und daß seineBedeutung späterhin unterschätztwurde.Man mag
den österreichischen Erfindungsschutz mitunter wohl*)UnterdemTitel: »Geist derösterreichischen Gesetz- gebung zur Aufmunterung der Erfindnngen im Fache der Industrie".
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garmit scheelen Blicken betrachtethaben, als eineGunst fürdieausländischen Erfinder aufKosten der inländischen Industrie: als ob dieGemeinnützigkeit einer Erfindungvon ihrerProvenienzabhinge! Zuletztbegnügte
man
sichdamit, unser Privilegien-Gesetzalsveraltetzu bezeichnenund eine radiealeReformzu verlangen, allerdings nach sehr ver- schiedenen Recepten.Inoflkiellen Kreisen mochte
man
anfänglichgemeint haben, es sei dasRilthlichste, überneue Gesetze in der Oeftentlichkeit so wenigals möglichzu sprechen, zumal es genüge, wenn die mit derHandhabung
des Gesetzes betrauten Beamtenwissen, was sie zu thun haben. Sie sollen thun, wasihresAmtes
ist,und sich über ein Ge- setz nicht in literarische Erörterungen einlassen, die ja doch nur einer im Gesetze vielleichtgar nicht be- gründeten Privatmeinung Ausdruckgeben,wo
nichtgar zu einerabfälligen Kritikführen könnten.In neuesterZeit denkt
man
freilichinder Beamten- welt anders, allein jetzt trafen Umstünde zusammen, welche das Zustandekommen einer umfassendensystemati- schen Arbeit über unserPrivilegien-Gesetz ungemein er- schwerten und sichihrerDrucklegungindenWeg
stellten.Dahin gehört vor Allem die Erwartung, daß das neue E'atentgesetz, zu welchem schon seit 8 Jahren Vor- bereitungen getroffen werden, in absehbarer Zeitan die Stelle des 1852iger Gesetzes treten werde,
—
eine Er- wartung, diesich natürlich mitjedem Jahre steigert;—
ferner« aber auch dieaußerordentliche Vermehrung der mitder
Handhabung
des Privilegien-Gesetzes verbundenen Amtsgesehilfte.Und
so ist denn das Privilegien-Gesetzvom
Jahre1852
bis heute ohneeinen des Gegenstandes würdigen wissenschaftlichen Commentargeblieben.Es
war
daherdieBroschüre,welche HerrMinisterial- Secretär Dr. A. P. v.Beck
im Jahre 1884 über den„ErfindungsschutzinOesterreich" publieirtc,einedankens- weithe Erscheinung. SieistfreilichnurderAbdruckeines Vortrages, welcher
vom
Autor im niederösterreichischen Gewerbevereine gehalten wurde, und übersteigtdeshalb nichtdie Grenzen einerknappen Skizze. Ein umfassendesWerk
überdenselben Gegenstand, welchesBeck —
wie seine Broschüremeldet—
schondamals unterderFeder hatte, ist bisjetzt noch nicht der Oeffentlichkeit über-2
—
18—
geben worden. Jene Skizze istaber jedenfalls ein sehr schätzbarer Versuch, dieHauptgrundsätze unseres Privi- legien-Gesetzes
vom
Jahre1852
imZusammenhange
mit der Praxis übersichtlichundauf populäreArtdarzustellen.Die Aufgabe der gegenwärtigen Vorträge ist es nun, gleichfalls mit Rücksicht auf die praktische Hand- habung, die unser Privilegien-Gesetz findet, in einzelne der wichtigsten Materien desselben etwas tiefer einzu- dringen. Aber auch diese Vorträge werden und müssen gar manchen
Wunsch
unerfüllt lassen, der eben nurin einem selbständigen systematischenDruckwerkeerreichbar wäre. Sie verzichten von vornherein auf Vollständigkeit, aufeine streng wissenschaftliche Darstellungsformundauf jede Polemik.Was
dieVollständigkeit
betrifft, so würde sie nicht nur eine Erörterung des Privilegien-Gesetzes in seinem ganzen Umfange, sondern auch der dazuge- hörigen Vollzugsvorschrift undder späteren Ministerial- verordnuugenund Verfügungen, sowie desArt.XVI
des ö.-u. Zoll- und Handelsbündnisses und der ineinzelnen Fällen getroffenen Vereinbarungenzwischen den Handels- ministerien beider Reichshülften erfordern. Eine solche Behandlung des Stoffes müssteselbstverständlich einem HandbucheüberdasPrivilegien-Gesetzvorbehalten bleiben:
inöffentlichenVorträgenwäresie
—
vonallenanderenBe- denken abgesehen—
schon darum unmöglich, weil sie für alle Betheiligten unerträglich wäre und uns vondem
„Geiste" des Gesetzesunwillkürlichauf Detailsundklein- liche Nebendinge ablenken würde, zumal siejadoch alle unleugbar
zum
Organismus und Mechanismus des ganzen Systemsgehören. Deshalb sollen gegenwärtigeVortrüge über das österreichische Privilegienrecht sich auf dieGrundsätze,
auf die Fundamentalprincipien unseres Gesetzes beschränken undAllesbeiseite lassen, wasnicht unmittelbarzu ihrerDarlegung nothwendig ist. Eswird sich hierbeinoch Gelegenheit genug finden,auf gewisse einzelneNormen
undadministrativeEntscheidungen oder Verfügungen Rücksicht zu nehmen. Allein es handeltsich hier nichtdarum, ein Instructionsbuch für Beamte oder Geschäftsagenten zusammenzustellen.Daß
sichunsere jetzigenVorträgeaufdenmateriellen Theil der Rechtslehrevom
österreichischen Erfindungs-Digitizedby
schützebeschranken und den formellen Theil unberück- sichtigt lassen, ist allerdings nurauf zufällige äußere Umstände zurückzuführen.
Zu
einiger Entschuldigung dieserUn
Vollständigkeitmag
übrigens bemerkt werden, daß in deröfterscitirten Beck'schen Broschüre gerade der formelle Theil unserer Rechtsmaterie ausführlicher behandelt erscheint alsdermaterielle.Die Haltung dieser Vorträge soll eine möglichst
populär- wissenschaftliche
sein. Wissenschaftlich—
der Sache nach, aber ohne die
Form
gelehrterUnter- suchungen; esmag
genügen, von den Resultaten der- selben Gebranch zu machen, ohne den oft mühevollenWeg,
aufdem
das Resultat erlangtwurde, umständlich darzulegen. Populär—
nichtinder Bedeutungdes Ober- flächlichen und desdurch Harmlosigkeit oderPikanterie allgemein Unterhaltenden, sondern imSinne derGemein- faßlichkeit für jeden Gebildeten, derdem
Gegenstande überhaupt ein Interesse entgegenbringt, und dergelernt hat,juristisch zn denken, obgleich ihmdieRechtswissen- schaft alsFachstudium fremd ist.Schon darum, weil sich dieseVorträge über einen Rechtsgegenstand an das Laienpublicum wenden, müssen sieaufjedwede
Polemik
verzichten. In einesolcheein- zutreten wäre da,wo
durch möglichst einfache Dar- stellung gewirktwerden will, ganzunzweckmäßig. Den- jenigen, die irgendwo eine Ansicht ausgesprochen haben, der wirnichtbeitreten können, sind wir zuDanke
ver- pflichtet, weil sie nns genötliigt haben, ihre Gründe zu würdigen.Und
es versteht sich vonselbst, daß überall da,wo
von zweifelhaften Dingen dieRedeist, lediglich unserer snbjectiven Auffassung Ausdruck gegeben wird.Esist nichtunser Verdienst, aber auchnichtohne
Werth
für uns,
wenn
dies*' Auffassung mit jenerPraxis über- einstimmt, welche sich im österreichischen Handelsmini- sterium, also in der obersten Privilegienbehörde, seit 37 Jahren ausgebildet hat.Diese Vortrüge richten sichnicht andie Adresse der Fachgelehrten, sondern an die weiteren Kreise der gebildeten Gewerbewelt, welchemit
dem
für siebestimmten Specialgesetzevom
15. August1852
lange nicht sogut vertraut sind, alsman
ausdem
Alter dieses Gesetzes schließen möchte. Beidem
Umstände, als dermalen in2'
—
20—
Oesterreich jährlich nahezu 40«»n Privilegien neu ertheilt werden undmehralsebensovielaltere Privilegien aufrechter- halten bleiben, stehen zahlreicheInteressender einheimi- schen Bevölkerung jeden
Tag
in Gefahr, durch un- genügende Kenntnis des Privilegien-Gesetzes zu Schaden zu kommen.Und
ansdiesem Grundescheint es—
ohne Rücksicht auf die Möglichkeit einer baldigen Reform unseres gesetzlichen Erfindungsschutzes—
erlaubt und gerechtfertigt, sich auch noch in zwölfter Stundemitdem
alten, heute nochgeltenden Privilegien-Gesetze zu beschäftigen.I. Rechtsobjecte.
§ 1 bezeichnet als Objecte der Privilegiums-Er- theilung: 1. Entdeckungen. 2. Erfindungen und 3. Ver- besserungen, und gibthieraufineben dieserReihenfolge dieDefinition dessen, was untereiner privilegirbarenEnt- deckung. Erfindung und Verbesserung zu verstehen ist.
Hienach könnte es den Anschein haben, als ob das Privilegien-Gesetz in allererster Linie für Ent- deckungen bestimmt wäre. Gleichwohl hat
man
eich, u. zw.—
wie sieh zeigen wird—
mit vollem Rechte, daran gewöhnt, alle Privilegien, welche nachMaaügabe dieses Gesetzes verliehen werden. Erfindungsprivilegien zu nennen.Wir
gestatten unsdaher vor Allem, in derlegalen Reihenfolge derRechtsobjecte desPrivilegialschutzeseine Umstellungvorzunehmen und:1. von den Erfindungen, 2. vonden Verbesserungen.
3. von den Entdeckungen zu sprechen.
1.
Erfindungen.
Als privilegirbareErfindung wird in § 1 erklärt
:
a)DieDarstellung eines
neuen
Industrie-Erzeug- nisses oder eines neuen Mittels oderVerfahrens zurEr- zeugungeinesIndustrieproductes mitneuen
Mitteln;h) dieDarstellung eines
neuen
Gegenstandes der bezeichnetenArt mitbekannten
Mitteln:c) dieDarstellung eines
bekannten
Gegenstandes der bezeichneten Art mit Mitteln, welche fürdiesen
Gegenstand
bisher
nicht verwendetwurden, alsowenig- stensrelativ neusind.Doch unterliegt diePrivilegirung unter allen
Um-
stünden den imGesetze angeführten Beschränkungen.DieneuereTheorie und legislativePraxis findetes allerdingsnicht zweckmäßig, denErflndungsbegriff gesetz- lich zu definiren; sieüberlässt dies der Wissenschaft und derRechtsprechung. Erfahrungsgemäß hat sich diegesetz- liche Definition besonders in jenem Theilealsbedenklich erwiesen,der vonderDarstellung einesbekannten Gegen- standesmit anderen als den fürihn bisher verwendeten Mitteln spricht. Die unter diese Gesetzesstelle zu sub- sumirendenErfindungen sind zahlreich und haben schon eineReihe von Streitigkeitenhervorgerufen, indenen die technischeWissenschaftdie Aufgabe übernehmen mnsste, dieallzuweiteFassungdesGesetzes vernünftig und sach-
gemäß
einzuschränken. Dabei handelte es sich keineswegs immerum
eine mehroder minder liberale Auslegung des Gesetzesbuchstabens, sondern weit öfter darum, zu ver- hüten, daß unterdem
scheinbaren Schutzedes Gesetzes Raubzüge indas Gebiet desErfinderrechtesunternommen werden und einer Verletzung dieser Gebietsgrenzen, die dergesundeMenschenverstand zu erkennen vermag und diedas Gesetz zweifellos schützen will, dieSanction zu versagen.Abstrahirt
man
von derlangathmigenPermutations- formel, inwelche das für unsmaaßgebendeösterreichische Gesetzden Erfindungsbegriffeinkleidet, so erübrigen für dasWesen
einer privilegirbarenErfindung folgende drei Erfordernisse:
a)sie inuss
industrieller
Natur sein, d. h. ge- werbliche Verwerthbarkeit besitzen;b) sie muss sich in
bestimmter Form
dar- stellen, undc) siemuss
neu
sein.Zu
a.Für das
Wort
^Industrie-' findet sich im Privi- legien-Gesetze keine Definition. Infolge dieser klugen Zurückhaltungist es gänzlichderWissenschaftimVereine mit derPraxis überlassen, von Fall zu Fall zu ent- scheiden, ob eineErfindung industriellerNatursei oder— 22 —
nicht. Das deutschePatentgesetz verlangtvon einerEr- findung, die aufeinPatent Anspruchmacht, daß sie„eine gewerblicheVerwerthung gestatte"*.
Iin Allgemeinen und ohne Präjudiz für dieRecht- sprechungin einzelnen Fällendürfte es wohlerlaubtsein, dengleichen Sinn auch indas österreichischePrivilegien- Gesetz zu legeu, obgleich dasselbe den deutschen Aus- druck nicht kennt. Die Annahme, daßauch nach § 1 unseresPrivilegien-Gesetzes eineprivilegirbareErfindung dasMerkmal gewerblicher Verwerthbarkeit haben müsse, stößt inunserem Gesetze auf keinen Widerspruch,undes sollin dieser Hinsicht insbesondere auf § ö hingewiesen werden, welcher ein wissenschaftliches Princip oder einen rein wissenschaftlichen Satz von der Privilegirnng aus- schließt.
Dieser
Ausschluß
soll allerdings auch für den Fall gelten, wenn das Princip oder derSatz einer„un- mittelbarenAnwendung
auf Gegenstände der Industriefähig
ist*', während das deutsche Patentgesetz sich für die Patentirbarkeit einerErfindungausdrücklich mit derFähigkeit
des Erfindnngsgegenstandes zu gewerblicher Verwerthungbegnügt
und für wissenschaftliche Prin- zipien keineswegseineAusnahme
statuirt. Darin scheint also ein Gegensatz zwischendem
deutschen unddem
östeireichischen Gesetze zu liegen, der es bedenklich raachen könnte, dasWort
„industriell*4 des österreichi- schen Gesetzes als „gewerblichverwerthbar" aufzufassen.Bei nähererBetrachtungjedochverschwindet dieserGegen- satz.
Denn
§ 5 unseresGesetzes fährtfort:»Wohl
aber istjede neueAnwendung
einessolchen Principes oder Satzes, wodurch ein neuesErzeugnis der Industrie,ein neues Erzengungsmittel oder eineneueErzeugungsmethode zu Stande kommt,privilegirbar."
Das
heißt also mit anderen Worten: Nach öster- reichischemGesetzemachtdiebloßeFähigkeit
zueiner, selbstunmittelbarenVerwendung
in der Industrie einen theoretischen Satzallerdingsnoch nicht privilegirbar; er mussinWirklichkeit
angewendet erscheinen, und nur in diesem Falle wird dasPrivilegium ertheilt. nicht auf den Satz, sondern aut diedargestellte Realisirung.Und
auch dasdeutschePatentgesetz denkt nicht an eine reintheoretische
Möglichkeit zu gewerblichered by
VerwerthnngdesErfindungsgegenstandes, denn esfordert in § 20 einederartige
Beschreibung
der zur Paten- tirungangemeldeten Erfindung. rdaßdanach
dieBe- nutzung
derselben durchandere Sachverständige möglich erscheint. Auch sind die erforderlichen Zeichnungen, bildlichenDarstellungen, Modelle und Probestücke beizu- fügen*'.Und
somit schützt auch das deutsche Gesetz gleich dem österreichischen einwissenschaftliches Prineipnurin seiner zur praktischen Anwendbarkeitverkörperten Aus- gestaltung.Zu
b.Erfindungist die
Darstellung
einesneuen Gegen- standes, alsonicht derGegenstandselbst,auf welchender ErfinderwiejederAndere nur nach den Regeln desallge- meinen bürgerlichenGesetzbuches Privatrechte erwerben kann.—
Erfindung ist alsoeineideelle
Formgebung, welche allerdings eine materielleVerkörperung und die Wiederholungdieser letzterenzuläßt und fordert. Aber dieWiederholungen der materiellen Darstellungen sind nichtebensoviele neueErfindungen; die eine Erfindung, diedenGegenstand desPrivilegiums ausmacht, ist mit der ideellen Darstellung fertig und abgeschlossen, nndwenn
das Privilegien-Gesetz behufs der Privilegirnngdie Vorlage von Modellen. Mustern, Zeichnungen oder doch genauen Beschreibungenverlangt,so sinddiesdochnur—
gleich vielen anderen Erfordernissen
—
nothwendigeVor- bedingungenfür diefaetiseheErtheilnng des Privilegiums;siegeben
dem Wesen
der ErfindungAusdruck,
aber dasDa Bein
derErfindungist nichtan diesenAusdruck geknüpft. Jene Darstellung, indersich der Begriff einer Erfindung consumirt. liegt daher nur in der geistigen Thätigkeitdes Erfinders.Am
deutlichsten zeigt sich (wieRosenthal,
,.Deut8chesPat.-Ges.u,richtighervorhebt) die Bedeutung desUnterschiedes zwischen ideellerundmaterieller Dar- stellungsform bei der Erfindung eines ProductionsVer- fahrens. Dasselbe besteht vielleicht nurin einerReihe vonHandgrillen, aus welchen schließlichein Product(be- kannt oder unbekannt) hervorgeht. Diese Handgriffe manifestirensich in derAusführungsinnenfällig, materiell.—
24-
also iii einer gewissen Forin, allein diese Formen und Handgriffe könnten an und für sieh überhaupt nicht Gegenstand irgend einesRechtessein, wogegendie ideelle
Form
derErfindung, die sich indem
praktischen Ver- fahren äußerlich wiederholt, eben den Gegenstand des Ertindungsrechtes ausmacht und durch dasselbe ge- schütztwird.Der Umstand, daßjedeprivilegirbare Erfindungdie DarstellungeinesIndustrieobjectes sein muss, bringtden PrivilegialschutzineineverwandtschaftlicheBeziehung
zum
Schutze der gewerblichenMuster,
und es fragt sich, ob und inwiefern etwa einGegenstand den Privilegien- und denMusterschutz gleichzeitiggenießen könne.Denn
auch dasMuster (imSinne des Gesetzesvom
7.December 1858) ist einedurch Geistesthätigkeit erfundeneDarstel- lungvonGegenständen (Formen) der Industrie.Von
einer principiellen Unzulässigkeit,einunddasselbe Übject durchbeide
Gesetze schützen zu lassen, kann nicht dieRede sein, wenndas Object thatsüchlich jeneEigentümlichkeiten in sich vereinigt,welche das eine wiedasandereGesetz von seinen Schutzobjecten fordert. In den betreffenden österreichischenGesetzen wird auf dieMöglichkeit einer solchen Combinirung allerdings nicht ausdrücklich hin- gewiesen, dochhat dieses StillschweigengarkeinenBelang hinsichtlich der factischen Anwendbarkeit beider Gesetze auf eine unddieselbeErfindung, sobald nur die gesetz- lichenVoraussetzungen ihrerAnwendbarkeit ineinem con- creten Falk*vorhanden sind.Unterscheidet
man
bei den gewerblichen Mustern zwischen Geschmacks- und Gebrauchsmuster, dann er- scheinenalsGeschmacksmuster
solche,welcheausschließ- lich dieVerschönerungeinesGegenstandes, alsodie flußere Form um ihrer selbst willen
bezwecken,z.B.Stoff- dessins; alsGebrauchs-
oder Nützliehkeitsmuater hin- gegen solche, bei denen dieForm
einemindustriellen Zwecke
dient, gleich jeder anderen privilegirbaren Er- findung, und wobei diebloße Schönheit, dieGeschmacks- sache natürlicherweise gar keine oder nur eine Neben- bedeutung hat, z. B. bei Modellen von technischen Ap- paraten.Unbestritten ist, daß bloßeGeschmacksmusternicht den Privilegialschutz, bloße Gebrauchsmuster nicht den
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Musterschutz erlauben können.
Wo
aberdit*Grenzlinie zwischen der Schönheit sfonn und der Zweckmäßigkeits- forui zu finden sei, läßt &ichdurch einGesetz überhaupt nichtbestimmen und kann nur vonFall zu Fall mit Be- rücksichtigungallerUmstündedesselbenentschiedenwerden.Zu
r.Was
istneu? Dem
Sprachgebrauche zufolge das bisherUnbekannte.—
Das „Bekannt-»derUnbekannt- sein" ist aberein sehr schwankender, relativer Begriff, derohne nähere Bestimmung für ein Gesetz nichtaus- reicht.DennseineBedeutung hängtzunächst von der Snb- jectivität desjenigen ab, vondem man
annehmen soll, daßer etwas kenneoder nicht kenne. Kenntnis erlangtmau
durch sinnlicheund geistigeWahrn
eh mutig,d. h.durchrichtiges Erfasseneines Gegenstandes mittelst der körperlichen Sinne und mit
dem
Verstände. Ein Ding kannuns alsounbekannt sein,nicht nurweil
wir es noch nie gesehen, gehört, gelesen, empfunden haben, sondernauch tr otzdem. Es kanndem
.1 bekannt,dem
B
unbekannt sein, undunterA
und Ii lassensichnicht nureinzelneMenschen, sondernauchganzeStaaten denken, d. h. politische Individualitäten, die ihre besonderen Or- ganismenund Bedürfnisse und dementsprechendbesondere Gesetze haben.Objective
oder absolute Neuheit isi nur einem Dinge zueigen, das bisherN
iema
nd kannte; auf solche Neuheitkommt
es abergarnichtan, wenn es sichum
dieFragehandelt, ob eineErfindung innerhalbbestimmter
territorialer Grenzen
bekannt sei.Allein selbst innerhalbder Grenzen einer größeren politischen Gemeinschaft, einesLandes oder Staatesläßt sich impraktischen Rechtsleben, für welches ein Gesetz dieRichtschnurseinsoll, derBeweisdafür,daß geradehie r einirgendwo inder Welt, imInland oder im Auslande existirenderGegenstand Niemandem außerseinemErzenger bekannt sei, gar nicht herstellen.
Um
so weniger, alsman
dieKenntnisvon einemDingeaufdenverschiedensten, ganzuncontrolirbarenWegen
erlangen kann.Herstellbar ist nur der Beweis des Gegentheils, der
Nicht
neuheit denn derNachweis einereinzigen Thatsuchegenügt,umdarznthnn. daßeineErfindungw
irklich-
2fi—
bereits einerPerson, dienicht der Erfinder selbst ist,
irgendwo nndirgendwie bekannt geworden sei, daß sie also das Merkmal objectiver Neuheit
—
wenngleich nnr innerhalb der Grenzen eines einzelnen Staatsgebiets—
nicht mehrbesitze.
EsentstehtnundieFrage,welche ArtvonNeuheitfürdie Zweckedes gesetzlichen Erfindungsschutzessachgemäßzufor- dern sei: dieabsolute oder einemehr minder beschränkte relative. Jenachdem derNenheitsbegriff formulirt wird, steigt oder sinktdieGefahrdes Erfinders, inderAusübung des ihm gewährten Rechtes den muthwilligsten Processen ausgesetzt zusein.
Denn
es kann mißgunstigenMenschen vielleicht gelingen, eineThatsache festzustellen, aus der hervorgeht, daßdie betreffendeErfindungwirklichaufdem
Erdenrundnichtmehrganz
unbekannt war;undebenso möglich istes, daß einsolchesrelatives Bekanntsein—
vielleicht irgendwo im fernsten Auslände
—
anf dasIn- land, welches dieselbe Erfindungin Schutz nimmt, nicht die geringsteRückwirkung auszuüben vermag, daß also das öffentliche Interessedes Landes, in welchem die Er- findung geschütztist, durch jene relative Nichtneuheitin Wirklichkeitgarnicht berührt wird. Die Beantwortung dieser Frage hängtsomit von derErwägung
der inter- nationalen, cominerciellen. culturellen Beziehungen der verschiedenen Staaten zueinanderab, und mit der Ver- änderung dieser Verhältnisse ändert sich auch für den einzelnen Staat das Bedürfnis, innerhalb seines Gebietes entweder denErfindergegenüber der Gesammtheit, oder dieGesammtheit gegenüberdem
Erfindermehroderminder kräftigzu beschützen.Indessen wird es selbst bei weitestgehender Be- günstigung desErfinders nichtangehen, den Beweis der Nichtneuheitnur dann als geliefert zu betrachten, wenn bewiesen wird, daßdieErfindung anderen Personen that- sächlich bekannt
war
oder bekannt seinmusste.
Es können Umstände vorliegen, welche auch eine gesetzlicheVermuthung
derNichtneuheit rechtfertigen, eine s. g.praesumtiojuris et dejure, gegen welche einGegenbeweis garnicht zulässigist, weil das. wofüreine solche Ver-
muthung
spricht, ohneweiters alswahr zu gelten
hat.WichtigeUmständedieser Art sind z. B. Druckschriften, Ausstellungenu. dgl., die dazu bestimmtsind, dieKenntnis
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von Erfindungen zu verbreiten. Ist eine solche Druck- schrift veröffentlicht, eineAusstellung eröffnet, so ist es
dem
ganzen Publicummöglich, die betreffende Erfindung kennen zu lernen.Man
wird vielleichtnicht wissen,wer
das ßnch gelesen, die Ausstellung besichtigt habe und mit welchemVerständnisse diesgeschehensei. Aber
man
darfannehmen,daß es gerade diesachverständigen Leute sind, welche vorAnderen die geboteneGelegenheit zur Vermehrung ihres Wissens benützenwerden.Das
Gesetz kannalso füglich den Beweis der Niehtneuheit einerEr- findung auchschon dannals erbracht ansehen,wenn
ge- wisse,genau zubezeichnendeUmständeerwiesensind, aus denenhervorgeht, daßdieErfindung bekanntseinkonnte.
Ausall'
dem
Gesagten erhelltdieNotwendigkeit, im Gesetze selbst zubestimmen, wasunter derNeuheiteiner Erfindung zuverstehen sei.Das
österreichischePrivilegien- Gesetz sagtin § 1: „Als neu wirdirgend eine . . .Er- findung . . . betrachtet
u,wenn
sie bis zur Zeit des angesuchtenPrivilegiums imInlandeweder in der Aus- übung steht, noch durch ein veröffentlichtesDruckwerk bekanntist.uAus
dieser Stelle geht zunächst klar hervor, in welchemZeitpunktedie privilegirbare Erfindungneusein muss: zurZeit.d. i. andem
Tage, zu der Stunde,wo nm
das Privilegium angesucht wurde (Prioritäts-Zeit- punkt),vorausgesetzt,daßdiesesAnsucheneinurdnungs- mäßiges,
denForderungendes Privilegien-Gesetzes ent- sprechendes war.Die AußerachtlassungdieserBemerkung
kannleicht dahin führen, daßeineprivilcgirte Erfindung mitdem
Neuheitsmangel behaftet ist.Denn
sofernnm
ein Privilegium angesucht wird, ohne Beobachtung der hiefürgegebenengesetztlichen Vorschriften, giltdieBesAn- suchenüberhaupt nichtalsvorgebracht.
Es
kann zwarver- bessertoderauchganz neueingebrachtwerden, aberwenn
in einem solchen Falle die ursprüngliche Priorität verloren gegangen und nach Vorlag«desungenügendenersten Ge- suches irgend etwas geschehen sein sollte, wasdem
gesetzlichenErfordernisse der Neuheitwiderspricht, dann istund bleibt dieErfindung, trotz der aufGrund eines verbessertenAnsuchenserfolgtenErtheilung des Privilegiums, ganz oder theilweise—
je nach der Beschaffenheit des Falles—
mitdem
Mangelder Neuheit behaftet, unddas— 28 —
Privilegium istentwederin seinemganzen Umfange oder doch theilweiseungiltig verliehen.
Das
Gesetz wollte ferner*—
wir sinddavonüber- zeugt—
in der vorhin citirtenStelle auch denGrund- satz aussprechen, daß dieNeuheit nichtbloß dann
ver- loren geht,wenn
eine Erfindung im Inlande vor dein Prioritätstage durchein veröffentlichtesDruck werk
be- kannt geworden, sondern auchdann,wenn
sie vordem
Prioritätstage durch eineim Inlande erfolgteAusübung
„bekannt" geworden ist. Diese unsere Behauptungbedarf jedoch einerRechtfertigung, denn der Wortlaut des§ 1 spricht sogar für diegegenteilige Annahme. Nach
dem
Buchstaben des Gesetzeskäme
es bei einer neuheits- schädlichenAusübunggar nichtdarauf an, obdieErfindung durch selbebekannt
gewojden sei,—
und es würde dieThatsachevollkommen genügen, daßdieErfindung vor der Prioritätszeitbereits im Inlandeausgeübt
wurde.Dabeientsteht freilich die Frage, ob auch bloße Ver- suche als Ausübung anzusehenseien, undob
man
nicht etwa nur einerzweifellos fabriks- oder gewerbsmäßigen Ausübungeiner schondurchVersucheerprobtenErfindung denCharakterder Neuheitsschädlichkeit beilegendürfe.Im
Hinblicke auf die Entstehungsgeschichte des 18.">2erGesetzesunterliegt esjedochkeinemZweifel,daß es in§ 1 beim Neuheitsbegriffe sowohl inHinsicht auf Druckwerke, als auchin Betreff der Ausübung lediglich aufdasBekanntwerden
derErfindungankommt*).Aller- dings erblickt § 1 die Neuheit einer Erfindung darin, daßsie biszum
Prioritätstage „imInlande wederinder Ausübung steht, noch durch ein veröffentlichtes Druck- werk bekannt ist". Allein das Wörtchen rstehtkam
ohne Zweifelnur durch einRedactionsversehen noch zu letzterStunde in den Text des Privilegien-Gesetzes v.J. 1852 und war den älteren österreichischen Privilegien- Gesetzen, die denNeuheitsbegriff sonstgenau so definiren wieunser gegenwärtiges Gesetz, durchausfremd**).
Es
*)Becka.a.U.
*•)SowolimPrivilegien-Gesetz v.J. 1820 (§25<0als auchiujenemv.J.1832(§27<t\ heißt es wörtlich überein- stimmend: „Alm neu ist irgend eine. . .Erfindung...zu betrachten, wenn sie im Inlande weder in der
Ausübung,
noch durcheine ineinemöffentlichgedrucktenWerke
enthal- tene Beschreibungbekannt
ist.-entspricht unstreitigauchderratiode«Gesetzesv.J.1H.">2, dievorzeitige Ausübung einer Erfindung nur dann als netiheitsschädigendzu betrachten, wenn damitdasBekannt- werden verbundenwar. Dieser Interpretation hat sichauch das ungarische Handelsministerium rückhaltlos ange- schlossen, undes istdamitzugleich die Frage über die BedeutungderAnsübnngsversueheaus der AVeit geschallt
—
eineFrage, die in früheren Zeiten endlose Schwierig- keiten und Schwankungen in der Rechtsprechung bei Entscheidung vonNullitätsprocessenverursachthatte.Nicht derUmfang, sondern dieArt derAusübungsoll entschei- den: eineAusübung, die nichtdie Möglichkeit bot. das
Wesen
der Erfindung bekannt zu machen, konnte auch nicht nenheitsschädlich sein.Unter „Ausübung"' ist aber hier keineswegs blos die
Erzeugung
desGegenstandes zu verstehen, sondernjeder
Act, wodurchdas ~- wenngleichheimlich herge- stellte—
Object anderen Personenso mitgetheilt wird, daß siedieErfindung-kennenlernenkönnen,
z.B. durch Ausstellung. Aus unsererAuffassung des gesetzlichenNeu- heitsbegriffes folgtfemer. daß durchaus nicht die vor- zeitige Ausübung biszum
Prioritütstage herabreichen muss.um
die Neuheit aufzuheben; dieseWirkung
tritt schon dann ein,wenn
die fragliche Erfindung infolge früherer Ausübungschon
zur Prioritätszeit, odernoch
zur selben Zeiterwiesenermaaßen bekannt war.
Unter „Druckwerken" sind selbstverständlich nicht allein Bücher gemeint, sondern auch Flugschriften, Zei- tungen. Prospecte. Circularien u. s. w., kurz jede mecha- nische Vervielfältigungeines Schriftwerkes; und wennes möglich ist, durch solche Vervielfältigung von bloßen Zeichnungen, auch ohne erläuterndenText, dieErfindung bekannt zu machen, so geht die Neuheit der Erfindung auch schon durch die Veröffentlichung derartiger Zeich- nungen verloren. Unter der „Veröffentlichung" einer Druckschrift ist jedeArt ihrerVerbreitung zu verstehen, sei es durch denBuchhandel, diePostanstalt, Colportage, Vertheilimg n. s. w.
Selbstverständlichgehörenauchdieauthentischen, in Druck gelegten Beschreibungen patentirter Erfindungen zu den Druckschriften. Ist nun eine solchePatentschrift bereits vor
dem
PrioritätstagedesinOesterreich aufdie--
30—
selbe Erfindung ertheilten Privilegiums mittelst irgend einer Art vonVeröffentlichung und Verbreitung im In- lande bekannt gewesen, so kann der Gegenstand des Privilegiumsnichtmehr als neugelten; und§. 1 Priv.- Ges. macht absolut keinen Unterschied zwischen den
Ursachen
derVeröffentlichung.Von wem
dieselbe aus- gegangen und ob sie mit oder ohne oder gegen den Willen desErfinders geschehensei, istganzgleichgiltig.Dieser Umstand tragt fürdieBesitzer ausländischer Patente vielMißlichesin sich, zumal wenn, wiedies im Deutschen Reiche gesetzlich angeordnet ist,die Druck- legung und Veröffentlichung der zu einem Patente ge- hörigenPatentschrift ehethnnlichst nach der Patentver- leihnng
von Amts wegen
erfolgt.Wenn
nun der Besitzer des ausländischen Patentes seine Erfindungin Oesterreich nichtsoschnell zur Privilegirung anmeldet, daß erder Verbreitungseiner ausländischen Patentschrift in Oesterreichzuvorkommt,
so schwebterinsteterGe- fahr, sein österreichisches Privilegium wegen Neuheit- mangelsderErfindungannullirtzu sehen. Dieser Schwierig- keit läßtsich stantelege nur imWege
internationaler Verträge abhelfen, es ist dies aber bishernur
beider Regelung der Handelsbeziehungen zwischen derösterr.- nngarischen Monarchie unddem Deutschen Reiche
ge- schehen. In dein diesbezüglichen Handelsverträgevom
16.December 1878,und zwar imSchlussprotokolle zu Art.20
desVertrages, wurde nämlich festgesetzt:
rDass, wenn einAngehörigerdesDeutschenReiches auf einen daselbstpatentirtenGegenstand auchin Oester- reich-Ungarn ein Privilegiumerwirbt,die in Deutschland gesetzlich mittelst Druck erfolgte Veröffentlichung der betreffenden Patentbeschreibung und Zeichnung keinen gesetzlichen Nichtigkeitsgrund gegen den Rechts- bestand des analogen österreichischen und ungarischen Privilegiums bilden soll, insoferne das den Bedingungen des Gesetzes entsprechendeGesuch
um
dessen Ertheilung bei der competenten Behörde innerhalb desZeitraumes von dreiMonaten,vom Tage
obiger Veröffentlichungab gerechnet, eingereicht worden ist—
welcherTag
in den Druckexemplaren der deutschen Patentschriften an- gegeben werdenwird."Digitizedby
Iii
dem
obenerwähnten Art. 20findet siehzum
ersten Male der Grundsatzausgesprochen, daß hinsicht- lich der Erfindungspatente die Angehörigen des einen vertragschließenden Theiles indem
Gebiete des anderen denselben Schutz wie dieeigenen Angehörigen genießen sollen, vorausgesetzt, dass sie auch gleich den eigenen Angehörigen die vorgeschriebenenBedingungen undFörm- lichkeitenerfüllen.Zu
diesen Bedingungen des Erfindungsschutzes ge- hört nun inOesterreich der Neuheitscharakter der Erfin- dung nach § 1 unseres Gesetzes, während das deutsche Patentgesetzvom
2f>.Mai 1877die amtlicheDrucklegung der zu deutschenPatenten gehörigen Beschreibungen an- ordnete. Darauserklärtsich die Clausel des Schlussproto- kolles zu Art.20
des Handelsvertrages. Obgleich der- selbe nurfür dieDauereiuesJahresabgeschlossenworden war, so erhielt sich doch die gedachte Begünstigung tractatmäßigbis indie Gegenwart; siegilt aberselbst- verständlich nicht für alle deutschen Patente,sondern nur fürjeneder Augehörigendes DeutschenKeivhes.—
Selir wichtig erscheintdie Frage, ob es die Ab- sicht des Gesetzgeberswar, mittelst derErklärung „als neuwird
betrachtet
. . .*' eineDefinition
desNeu- heit sbegriftes zu geben.Wird
die Fragebejaht, dann darf die Neuheit als Vorbedingung einergiltigen Privi- legirongnur
nachder Definition beurtheilt werden. Das heisst:wenn
nicht bewiesenwird, daß eineErfindung im Inlande entweder durchAusübung
oder durch ver- öffentlichteDruckwerke
vor derPrioritätszeitbekannt war, so schadet esdem
Neuheitscharakter der Erfindung durchaus nicht, falls dieselbe vielleicht auf Grundanderer
Umständethatsächlich
nichtneu
ist.Denn
dieseanderenUmstünde sind in diegesetzlicheDefinition nicht aufgenommen.Ganz
anders stellt dieSache, wenn das Gesetzkeine
Definition geben, sondern nurein paar Hauptfälle hervorheben will,andenen,wenn
sieeintreffen, freilich die NeuheiteinerErfindungunter allen Umständen anerkannt werden mnss.Und
wenn das Widerspiel dieser paarHauptfälle vorliegt, dannist einerErfindung natür- lich die Neuheitohneweiteres Nachdenken abzuerkennen, weil das Gesetz selbst mit ausdrücklichen Worten sie alsnicht vorhanden betrachtet;allein eswäredamit noch—
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keineswegs gesagt, daß eineErfindung unter allenan-
deren
Umstanden alsneu
zu gelten habe.Eine ganz analoge Frage ergibt sich ans
dem
deutschen Patentgesetze. Auch dieses stellt (in § 1)den Satz an die Spitze, daß Patente nurfürneue Erfindungen ertheiltwerden, und zählt dann 2) die Umstünde auf, unterwelchen eine Erfindung nicht alsneu „gilt". Die diesbezügliche Bestimmung unterscheidet sich von der österreichischenderForm
nachnur durch die besserge- wühlte negative Fassung gegenüber der positiven in unserem Privilegien-Gesetz. Die Ausdrücke _giltu und„wird betrachtet" sind ohne Zweifelsynonym. DieSach- lage, aufdie es beiBeantwortung der Frage ankommt, ob der Neuheitsbegriff imdeutschen Gesetze eine Defini- tionerhalten habe oder nicht, ist alsogenaudieselbe wie im österreichischen Privilegien-Gesetze. Aber inDeutsch- landhaben sich Theorie undPraxis sofortaufden Stand- punkt gestellt, daß sich durch das Gesetz gar nicht be- stimmen lasse, unter welchenVoraussetzungen eine zur Patentirungangemeldete Erfindungthatsiichlichfürneuzu halten ist. Das seidieAufgabeder deneinzelnen Fall beurtheilenden Behörde, eine reinequaestio facti, diege- löst werden nmss. Die Neuheit gehöre nach§ 1
zum Begriffe
einerpatentfähigen Erfindungundes verstehe sich daherbei dergroßenMannigfaltigkeit derUmstünde, unter denen eine Erfindung ihreNeuheit factisch ein- büßenkönne, von selbst, daßeine Erfindung keineswegs schon darum für neuzu gelten habe, weil § 2 aufsie nichtanwendbar ist.Wenn
sie wirklich auf eineandere als diein § 2 beschriebene Art bekannt geworden ist, so brauchesie nichterst nachdem
Gesetzeals nicht neu zu ..gelten", denn sie ist nicht neu unddaher nach§ 1 nicht patentfähig. Endlich fallt noch in"s Gewicht, daß die
dem
deutschen Patentgesetzentwnrfe beigegebenen Motive der Regierung selbst hervorheben, durch § 2 werde derMangel der Voraussetzungen für dieNeuheit einer patentirbaren Erfindungnicht
erschöpft.Diese Argumentation