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Boesch, M. (1999). Demographische und sozio-ökonomische Transformation im Alpenraum. In Forum für Wissen: Vol. 1999. Nachhaltige Nutzungen im Gebirgsraum (pp. 21-24). Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).

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1 Forum f ür Wissen 1999, 2

Demographische und sozio-ökonomische Transformation im Alpenraum

M art in Boesch Universit ät St . Gallen

D as simple Bild vom A lpenraum zwischen Verstädterung und Verödung (oder gar pauschal als Entvölkerungsgebiet) muss differenziert werden. Vier verschie- dene Regionstypen können identifiziert werden; deren Charakteristiken und Zukunftschancen werden positiv beurteilt. Voraussetzung dazu ist allerdings eine überlegte Fokussierung beim Einsatz der knapper werdenden regionalpolitischen Mittel. D ie Prioritätensetzung sollte dem Leitbild der Nachhaltigkeit folgen, um die gegebenen Chancen zu wahren. Partnerschaften zwischen Verdichtungs- und Peripherieräumen an Stelle von A utonomie-Rhetorik könnten das regionalpoli- tische D ilemma, die D ichotomie von Nutzung und Erhaltung, abschwächen.

sätzliche Investitionen rechtfertigen, oder sind es regionalpolitische G rün- de, die zur Sicherung gefährdeter Stand- orte führen?

3 Demographische Ent- w icklung

D ie demographische E ntwicklung ist sowohl A bbildung wie auch Basis der regionalen D ynamik. Sie ist also Teil eines rekursiven Strukturationsprozes- ses (im Sinne von GIDDENS 1984). D urch die aktuelle Ö konomisierung unseres Wertesystems im Verbund mit der pro- gressiven G lobalisierung der A rbeits- teilung schwindet zwar die Bedeutung von Migrationsentscheiden als Primär- impuls (der Wohnort folgt dem A r- beitsplatz, nicht umgekehrt). G leich- zeitig steigt aber die R eichweite von A rbeitsplatz-Wohnort-R elationen wie auch von Produktions-A bsatzmarkt- R elationen. D amit wird die schlichte G leichsetzung von Bevölkerungsent- wicklung und wirtschaftlicher Stand- ortgunst immer problematischer; das Modell muss also um den Faktor «Pend- lerdistanz» erweitert (gleichsam gelok- kert) werden.

D iese standorttheoretischen D iffe- renzierungen ändern allerdings nichts an der grundsätzlichen R ichtigkeit der wohlbekannten zentralen A ussagen, welche uns demographische A nalysen liefern (vgl. BÄ TZ ING 1999, mit weite- ren Verweisen):

1. D ie Bevölkerungszahl im A lpen- raum (als Ganzes betrachtet) hat seit 1870 kontinuierlich zugenommen, seit 1980 sogar überdurchschnittlich stark. Von einer generellen E ntvöl- kerung kann also keine R ede sein.

2. Bei einer inneren (regionalen) D if- ferenzierung zeigt sich auf allen Massstabs-E benen, dass neben Be- völkerungszunahme auch Bevölke- rungsrückgang zu verzeichnen ist.

D ie Bevölkerungsdynamik hat neben der quantitativen (formalen) D imen- sion allerdings auch vielfältige quali- tative A spekte, die bedeutend weni-

1 Vorbemerkungen

D er Beitrag «Standort A lpen» steht an der Schnittstelle zwischen den voraus- gehenden R eferaten zu historischen und naturwissenschaftlichen Perspek- tiven sowie regionalpolitischen For- derungen einerseits und den nachfol- genden sektoral-ökonomischen R efe- raten andererseits. A ngezeigt ist des- halb an dieser Schnittstelle eine regio- nalwissenschaftliche Kontextanalyse, welche den Z usammenhang herstellt zwischen gesamtwirtschaftlicher und gesamtgesellschaftlicher E ntwicklung, differenziert nach Standorten bzw.

R egionen.

D ie öffentliche Wahrnehmung der E ntwicklung im A lpenraum ist ja ge- prägt von einer Flut sich widerspre- chender Schlagworte geradezu mythi- schen A usmasses:

D avos: die dynam ischste Stadt der Schweiz

A lpen entvölk ern sich

A lpen z wischen V erstädterung und V erödung

A lpen = benachteiligte R andregion E uropas

A lpen – im Z entrum E uropas A lpen: der Idealstandort im virtuellen Z eitalter

A lpen – ein Sanierungsfall (bez üglich staatlicher Unterstütz ung)

O b so vieler Clichés drängen sich eini- ge nüchterne Ü berlegungen als Beitrag für differenzierte D iskussionen gera- dezu auf. D abei wird sich zeigen, dass vor allem die meist nur implizite Nor-

mativität – die inhärente Bewertung von Fakten beziehungsweise die zu- grunde liegenden Z iele – transparent gemacht werden muss.

2 Rahmenbedingungen

A ufbauend auf dem G rundmodell der R egulationstheorie, dem Verbund von Marktprozessen (im Bereich Produk- tion/Konsum/A kkumulation) und ge- sellschaftlich-politischen Koordina- tions- und A usgleichsmechanismen, erkennen wir in den Investitionsent- scheiden und Produktionsprozessen die eigentlichen Motoren der (räumlichen) E ntwicklung. D iese Prozesse sind al- lerdings eingebettet in die gesellschaft- lich-kulturelle E volution, insbesonde- re in bezug auf vorherrschende Wert- haltungen und Z ielsysteme (also die Sinngehalte einer bestimmten Phase) und die dazu bereitgestellten Instru- mente (vor allem R echtsordnung und Technologie). D ie regionale D ynamik ist damit das A bbild der jeweiligen In- wertsetzung von Standorten wie auch der regionalpolitischen Impulse. So- wohl verstehende Interpretationen von G eschehenem (die ex post-Sicht) wie auch G estaltungsvorschläge (die ex ante-Sicht) müssen auf dieser Plattform aufbauen, damit sie plausibel und reali- sierbar sind.

A m Beispiel der Wiederaufbauent- scheide nach dem Lawinenwinter 1999 lässt sich das Zusammenspiel der drei verschiedenen «Steuerungsmechanis- men» Natur/Ökonomie/Politik (BOESCH

1993) eindrücklich illustrieren: Sind es betriebswirtschaftliche G ründe, die zu-

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2 Forum f ür Wissen 1999, 2 ger gut untersucht und dokumentiert

sind. D ies ist erstaunlich, sind doch diese Veränderungen (zum Beispiel be- züglich A ltersstruktur, A usbildungs- niveau, E rwerbsstruktur) mindestens so bedeutsam. Sie können generell als E ntmischung, als vielschichtiger Sepa- rationsprozess umschrieben werden, der auch ausseralpine A ustauschregio- nen umfasst und das demographische Potential (im H inblick auf Modernisie- rungsprozesse) massgebend beeinflusst.

D ie demographische E ntmischung geht einher mit einer markanten Ver- änderung der Siedlungsstruktur: auch der A lpenraum wird von U rbanisa- tionsprozessen geprägt. D arauf ist spä- ter zurückzukommen; zunächst soll hier nur angemerkt werden, dass damit na- türlich nicht nur die «Verstädterung»

(also der formale A spekt) gemeint ist, sondern auch sozio-kulturelle und öko- nomische Transformationsprozesse.

D ieser H inweis zeigt die A mbivalenz auf, mit der das Thema «A lpenstadt»

verknüpft ist (BO E SCH 1993; BÄ TZ ING

und PE R LIK 1999).

U nter dem G esichtspunkt der Nach- haltigkeit soll schliesslich ein H inweis auf den ökologischen Fussabdruck (WA CKE R NA G E L und RE E S 1996) der A lpenpopulation nicht fehlen: U nter Berücksichtigung der urbanen Lebens- weise, der spezifischen touristischen Produktionsbedingungen und der ho- hen Mobilitätsbedürfnisse, welche aus den lockeren (periurbanen) Siedlungs- strukturen entstehen, und unter Be- rücksichtigung der knappen räumlichen R essourcen wird ersichtlich, dass in den A lpenstadt-R egionen ähnlich hohe Belastungswerte (und damit H and- lungsbedarf) resultieren wie in den aus- seralpinen Verdichtungsräumen. E s wird zu prüfen sein, welche regional- politischen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind.

4 Gesamtw irtschaftliche Entw icklung

Wie schon bei der Betrachtung der de- mographischen E ntwicklung ange- merkt, können wir auch in bezug auf die gesamtwirtschaftliche E ntwicklung von einem Transformationsprozess ausgehen, der ähnlich verläuft wie in den ausseralpinen R äumen. D er Ü ber- gang zur D ienstleistungsgesellschaft ist in vollem G ange, wobei hier der Tou- rismus die Funktion der Schlüsselbran-

che übernimmt. Standörtlich bedingt ist zudem der sekundäre Sektor (mit A usnahme der traditionellen Bergbau- regionen in den O stalpen) durch kleine und mittlere U nternehmen (KMU ) geprägt. Der vergleichsweise noch hohe A nteil des primären Sektors mag zwar vordergründig als positiv bewertet wer- den: E r sorgt für hohe Präsenz im E r- scheinungsbild und in der Lokalpolitik.

Gleichzeitig ist er aber dessen A chilles- sehne: Darin kommt nämlich seine stand- örtlich bedingte relativ geringe Produk- tivität zum A usdruck, was der A nsatz- punkt ist für starken A npassungsdruck bei der Liberalisierung des A grarsek- tors. H ier wird in naher Z ukunft mit erheblicher D ynamik zu rechnen sein.

Besonders interessant unter dem Blickwinkel der Modernisierung ist die Situation im Tourismus. D ie Z eit der gewerblichen Produktion geht auch hier rasch zu E nde, sowohl in der H otelle- rie/G astronomie wie auch im Beschäf- tigungsbereich (zum Beispiel Skilif- te). Ä hnlich wie früher in der Indu- strie folgt jetzt auch hier die Phase der hochkapitalisierten, gewinnorientier- ten G rossunternehmen und der ratio- nalisierten Massenproduktion. D ie D iskussion um regionale Verbunde im Sinne des D estinationsmanagements deutet aber auch im Tourismus auf eine nächste Phase hin: die flexible Produktion in wieder kleineren, spe- zialisierten Betrieben. D iese sind aber (aus der Sicht der Kundschaft wahr- nehmbar) zu D ienstleistungsketten verknüpft (MU SSNE R et al. 1999). U n- ge n ü ge n d e W e t t b e we r b sfä h igk e it könnte also durch Kooperation statt durch betriebliches Wachstum über- wunden werden. E in kurzer Blick auf die Bautätigkeit als zuverlässigem In- dikator der wirtschaftlichen Prosperi- tät zeigt übrigens eine hohe Ü berein- stimmung mit den Top-D estinationen des Tourismus. Z umindest für den Schweizer A lpenraum kann daraus der Schluss gezogen werden, dass die Wett- bewerbsfähigkeit dieser R egionen in- takt ist, wenn auch insgesamt stagnie- rende Ü bernachtungszahlen auf gesät- tigte Märkte hinweisen.

R egionalwirtschaftliche Studien zei- gen nun, dass die Multiplikatorwirkung der Leitbranche Tourismus auf alle übrigen Bereiche ausstrahlt; je nach R egion sind 50–80% der regionalen Wertschöpfung auf die touristische Nachfrage zurückzuführen (ZE G G

1993). D ie noch stärkere A usschöp- fung (oder E inbindung) regionaler

R essourcen, beispielsweise die lokale Vermarktung landwirtschaftlicher Pro- dukte, erhöht natürlich diesen A nteil noch. E ine derart starke Fokussierung auf eine einzelne Branche ist eher un- gewöhnlich, und die damit zusammen- hängenden R isiken werden seit länge- rem diskutiert. A lternativen sind frei- lich kaum in Sicht; allenfalls ist eine D iversifikation innerhalb der Touris- musbranche selbst eine valable O ption.

Ö konomische Nachhaltigkeit bedeutet ja E rhaltung der Wertschöpfungskraft an unsicheren Märkten, nicht kurzlebi- ge E rfolge nach dem Prinzip der ver- brannten E rde. D ieser G esichtspunkt sollte in der tourismuspolitischen D is- kussion wohl noch stärker als bisher berücksichtigt werden. U nd zu disku- tieren bleibt die Situation der struktur- schwachen R egionen.

Mit Bezug auf die Nachhaltigkeits- diskussion ist im übrigen anzumerken, dass auch die Tourismuswirtschaft auf der Transformation von Natur und der Kontrolle natürlicher Prozesse (Stich- wort Schneekanonen) basiert. E s ist die regionalpolitische Schwäche des sogenannten «Sanften Tourismus», dass damit unter gegenwärtigen R ah- menbedingungen nur eine minimale Wertschöpfung verbunden ist und folg- lich das D ilemma von Nutzung und Erhaltung nicht aufgelöst werden kann.

R egionalwirtschaftlich am interessan- testen sind hingegen anspruchsvolle Feriengäste in den oberen Beherber- gungskategorien und mit hohem A kti- vitäts- bzw. Konsumbedarf. D ieses of- fensichtliche A useinanderklaffen von ökologischen A nforderungen und öko- nomistischer R ationalität ist auf massi- ve externe E ffekte zurückzuführen.

O hne griffige Internalisierungsansätze sind deshalb kaum Verbesserungen zu erwarten. Z u diskutieren wäre zum Beispiel eine stärkere A bgeltung der

«Landschaftsproduktion», das heisst Transferleistungen vom Tourismus an die Landwirtschaft, direkt in der R e- gion.

5 Regionstypen

D ie bisher vorliegende regionale Typi- sierung (BÄ TZ ING 1999) basiert auf de- mographischen D aten; ergänzende so- zio-ökonomische Parameter werden die R esultate differenzieren (zum Beispiel in Bezug auf die unterschiedliche A us- prägung und Bedeutung des Touris-

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mus), aber kaum massgebend verän- dern. D anach können vier R egions- typen unterschieden werden:

– Zentrumsregionen mit stark verstäd- tertem Kern und periurbanem A g- glomerationsraum. Neben Touris- mus und übrigen D ienstleistungen ist oft auch Industrie und G ewerbe stark entwickelt. Insgesamt hohes Bevölkerungswachstum, vor allem in der A gglomeration. H ohe Wert- schöpfung.

– Periurbane R egionen: Wegpendler- gemeinden im E inzugsgebiet aus- seralpiner Z entren, rasches Bevöl- kerungswachstum, aber ohne eigen- ständige wirtschaftliche D ynamik.

G eringe Wertschöpfung.

– Traditionelle (ländliche) R egionen mit disperser Siedlungsstruktur, Landwirtschaft, G ewerbe und etwas Tourismus. A usgeglichene Bevölke- rungsbilanz. Mittlere Wertschöp- fung.

– E ntleerungsregionen mit starkem Bevölkerungsrückgang, hohem A n- teil der Landwirtschaft. G eringe Wertschöpfung.

D iese vier R egionstypen sind relativ kleinräumig ineinander verzahnt; sie bilden gleichsam ein Mosaik auf der unteren Massstabsebene. G rosse über- greifende homogene E inheiten wie die metropolitanen Verdichtungsgebiete im ausseralpinen R aum fehlen gänz- lich. D ies kann als D efizit, aber auch als regionalpolitische Chance verstanden werden.

Transponieren wir nun die deskrip- tiven R esultate der Typisierung auf die explikative E bene: D iese vier R e- gionstypen entsprechen unterschied- lichen Standorten im klassischen Z en- trum-Peripherie-Modell (FR IE D MA NN

1973) am Ü bergang von der Initial- zur R eife-Phase. D ie Spillover-E ffek- te alpiner wie auch ausseralpiner Z en- tren sind dabei besonders aufschluss- reich. Sie weisen auf räumliche Ver- flechtungen und damit auf die Bedeu- tung von E rreichbarkeit und kritischer Masse als entscheidende Standortpa- rameter hin. D arüber hinaus ist aber auch die Wirkung der sozio-kulturel- len U rbanisierungs- und Modernisie- rungsprozesse zu beachten (BO E SCH

1993). E rst die Kombination der bei- den D imensionen vermag einen E nt- wicklungspfad auszulösen. Wir stos- sen damit erneut auf das regionalpoli- tische D ilemma zwischen E igendyna- mik und E rhaltung.

6 Regionalpolitische Folgerungen

Es ist das Ziel der Regionalpolitik, Un- gleichgewichte der regionalen Entwick- lung auszugleichen, sei es durch Verbes- serung der allgemeinen R ahmenbe- dingungen, sei es durch spezifische E inzelmassnahmen. D iese generelle Zielsetzung hat sich jedoch als nicht operativ herausgestellt, seitdem die frü- her übliche G leichsetzung von Fort- schritt und Wirtschaftswachstum durch das Gebot der Nachhaltigkeit abgelöst wird (THIERSTEIN und EGGER 1994).

Für den Bereich Wettbewerbsfähig- keit ist es zwar nützlich, sich auf das Modell von PO R TE R (1994) abzustüt- zen. E s zeigt auf, wo die standörtlichen D efizite liegen könnten. G erade für den A lpenraum greift dieser marktori- entierte A nsatz aber zweifach zu kurz:

Z um einen können hier Standortnach- teile in der R egel nur durch Massnah- men der öffentlichen H and ausgegli- chen werden, und zum andern führt die Marktdynamik ja gerade wieder zu neu- en D isparitäten. E s erscheint nicht ziel- führend, die R olle des Staates aus- schliesslich auf die Wirtschaftsförde- rung zu reduzieren und ihm die R egu- lation im ökologischen und sozialen Bereich zu verwehren bzw. ihm die dafür nötigen Mittel zu entziehen. E in solches ordnungspolitisches D oppel- spiel wäre zudem politisch wohl kaum realisierbar.

Für die Festsetzung der Z iele sollte nicht nur von der gegenwärtigen Struk- tur und allfälligen D efiziten, sondern auch von Szenarien der zukünftigen E ntwicklung und den verfügbaren R es- sourcen ausgegangen werden. D amit könnten Fehleinschätzungen und in ihrem G efolge R essourcenverschwen- dung und Frustration vermieden wer- den. Bezüglich der Szenarien künftiger E ntwicklungslinien muss die neue Situation einer verstärkten G lobalisie- rung in die Ü berlegungen einbezogen werden. G unststandorte werden von einer Beschleunigung der E ntwicklung betroffen, dort wird gelegentlich die Sättigungsphase im Sinne des Fried- mann-Modells erreicht werden. U m- gekehrt werden sich aber an weniger günstigen Standorten die bisherigen Spillover-E ffekte verlangsamen oder gar stagnieren. Schliesslich kann auch damit gerechnet werden, dass nun un- ter veränderten R ahmenbedingungen einzelne ganz neue G unststandorte auftauchen.

Ein zusätzlicher Einschnitt mit gross- räumiger Wirkung wird durch die schon erwähnte Neuorientierung der A grar- politik generiert. E s ist kaum denkbar, dass weiterhin Transfermittel in aus- reichendem Masse zur Verfügung ste- hen werden. D ies gilt wohl nicht nur für die Landwirtschaft, sondern für den A lpenraum ganz allgemein, selbst wenn man berücksichtigt, dass nun auf der E bene der E U eine Neuorientierung der R egionalpolitik einsetzt (E U 1998;

WA CH TE R 1998).

D iese Neuorientierung bedeutet ja nicht einfach «Mehr Finanzen für die A lpenförderung», sondern sie zielt un- ter anderem gerade darauf hin, stärker regional zu differenzieren und den R es- sourceneinsatz konzentriert vorzuneh- men. D ies kann nur heissen, dass die bisherige flächendeckende Betrach- tungsweise und die damit verbundene A nspruchshaltung (sozusagen das ver- fassungsmässige Recht auf gleiche A us- stattung an jedem beliebigen O rt; vgl.

dazu die aktuelle D iskussion um die A usgestaltung des «service public») überholt ist; dafür werden in Z ukunft schlicht die Mittel fehlen. Weil aber durch die Konzentration der Mittel ihr Wirkungsgrad erhöht werden kann (etwa im Bereich der Mobilitätssyste- me oder der Sicherung vor Naturrisi- ken), wird dies für den A lpenraum als G anzes vorteilhaft sein (BO E SCH 1998;

BO E SCH und SCH MID 1999).

E in zweiter A spekt der Neuorien- tierung wird die Verstärkung des Lei- stungselementes sein: Transfermittel werden immer mehr im R ahmen von Leistungsaufträgen zur Verfügung ge- stellt; nur so können sie noch legiti- miert werden. In der A grarpolitik hat sich dieser A nsatz schon sehr rasch zum Standard entwickelt. Z u diskutieren wäre aber etwa auch das Modell von R egionspartnerschaften (an Stelle der bisherigen A utonomie-R hetorik) zwi- schen einzelnen Verdichtungsräumen und Peripherieräumen mit dem Z iel des A usgleichs von ökonomischen und ökologischen Ressourcen. Damit könn- te das erwähnte regionalpolitische D i- lemma, die scharfe D ichotomie von Nutzung und E rhaltung, abgeschwächt werden.

D ie R egionalpolitik bzw. ihr Mittel- einsatz wird also im Z eichen der Fo- kussierung stehen. D amit erhält auch die R egionsanalyse und -typisierung ihren operativen Sinn: D ie Prioritäten- setzung könnte damit nach rationalen Kriterien erfolgen. D ies ist eine Chan-

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4 Forum f ür Wissen 1999, 2 ce für die R egionalpolitk, aber auch

eine H erausforderung für die R egio- nalwissenschaft: politik-relevante In- formationen bereitzustellen.

7 Literatur

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Referenzen

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