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Archiv "Stammzellspende: Suche nach dem „genetischen Zwilling“" (14.10.2005)

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tatistisch erkrankt alle 45 Minuten in Deutschland ein Mensch an Leuk- ämie. Bei vielen schwerwiegenden Erkrankungen des blutbildenden Sy- stems bedeutet die Übertragung gesun- der Stammzellen die einzige Chance auf Heilung. Seit 1991 sensibilisiert die DKMS Deutsche Knochenmark- spenderdatei gemeinnützige GmbH für diese Problematik und gewinnt Menschen dafür, sich als potenzielle Stammzellspender registrieren zu las- sen. Mehr als 1,25 Millionen Menschen sind inzwischen in der weltweit größten Datei eingetragen. Dadurch

konnte die DKMS bereits rund 8 000 Transplantationen ermöglichen.

Gerade im Bereich der Aufklärung, aber auch bei der Aufnahme von neuen Spen- dern, ist die DKMS auf die Unterstützung der niederge- lassenen Ärzte angewiesen.

Bundesweit kooperiert die Organisation bereits mit mehr als 26 000 Ärzten. Diese legen in ihren Räumlichkeiten In- formationsmaterial aus, stehen ihren Patienten für Fragen rund um die Stammzellspen- de zur Verfügung und führen

zum Teil auch die für die Erst- typisierung notwendige Blutentnahme durch. Diejenigen unter ihnen, die als Betriebsärzte tätig sind, sensibilisieren Unternehmen über die Möglichkeit und Notwendigkeit von Stammzell- spenden – zum Beispiel indem sie den Mitarbeitern eine Typisierung am Arbeitsplatz ermöglichen (Betriebs- typisierungen).

Allerdings erschweren Vorurteile und Unwissen zum Thema Stamm- zellspende die Neugewinnung von Spendern. So glauben noch immer viele Menschen fälschlicherweise, dass

Stammzellen aus dem Rückenmark entnommen werden. Darüber hinaus wissen die wenigsten, dass bei einer peripheren Stammzellentnahme weder eine Vollnarkose noch ein stationärer Klinikaufenthalt nötig sind. Doch diese Form der Entnahme findet inzwischen in mehr als 75 Prozent der Fälle Anwen- dung. Auch hinsichtlich des Procedere herrscht Unklarheit:

Zunächst spritzt sich der Spender fünf Tage lang den hämatopoetischen Wachstumsfaktor G-CSF, um die Pro- duktion von Stammzellen im Knochen-

mark und deren Ausschwemmung ins Blut anzuregen. Über eine Apherese werden anschließend die Zellen aus dem Blut gesammelt. Dieser Eingriff dauert einige Stunden und wird ambu- lant durchgeführt. Nur noch bei knapp einem Viertel aller Spender wird das Knochenmark unter Vollnarkose aus dem hinteren Beckenkamm entnom- men. Ein dreitägiger Krankenhaus- aufenthalt genügt bei diesem Eingriff, dessen Risiko im Wesentlichen auf die Narkose beschränkt ist.

Viele Menschen, die sich mit dem Gedanken tragen, Stammzellspender

zu werden, haben vor einer Typisierung das Bedürfnis, die Meinung ihres Haus- arztes einzuholen. Insofern begrüßt es die DKMS, wenn niedergelassene Ärzte diesen Entscheidungsprozess begleiten und ihren Patienten entsprechendes Informationsmaterial zur Verfügung stellen*.

Darüber hinaus sind die Ärzte des Vertrauens natürlich auch gefragt, wenn die Entscheidung für eine Aufnahme in die Datei gefallen ist, da für die Ersttypi- sierung des potenziellen Spenders eine 5-ml-Blutprobe benötigt wird. Diese ge- ringe Menge reicht, um mit modernen molekularbiologi- schen Methoden einen Teil der HLA-Merkmale (Human Leukocyte Antigens), näm- lich die Loci-HLA-A und -B, des potenziellen Spenders zu bestimmen.

Doch nicht jeder, der sich in einer Stammzellspender- datei registrieren lässt, wird auch tatsächlich zur Spende aufgefordert. Die Wahrschein- lichkeit, innerhalb der fol- genden zehn Jahre zum Stammzellspender zu wer- den, beträgt rund 1,5 Prozent.

Im Fall einer Übereinstim- mung der Merkmale erfolgt zusätzlich eine so genannte HLA-DRB1-Typisie- rung, die einen genaueren Abgleich der HLA-Merkmale von Spender und Patient ermöglicht.

Da jeder Mensch jeweils die Hälfte seiner HLA-Merkmale von einem El- M E D I Z I N R E P O R T

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A2762 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 41⏐⏐14. Oktober 2005

Stammzellspende

Suche nach dem „genetischen Zwilling“

Die DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei kooperiert mit der Ärzteschaft, um potenzielle Stammzellspender zu gewinnen.

Für eine erfolgreiche Therapie vieler Leukämie-Patienten unent- behrlich: Stammzellen aus dem Knochenmark unter dem Mikroskop

Foto:Abteilung V der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg

*Wenn Sie die DKMS unterstützen wollen, tragen Sie sich bitte unter www.dkms.de in die Ärzte-Suchmaschine ein und bestellen Sie Informationsmaterial im Internet.

Potenzielle Spender können sich auf diese Weise für Beratung und Blutabnahme bequem einen Arzt in ihrer Umgebung heraussuchen. Für Betriebsärzte stellt die DKMS auch Broschüren zum Thema Betriebstypisierung zur Verfügung.

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ternteil erhält, besteht unter Geschwi- stern eine 25-prozentige Chance, sich als Stammzellspender helfen zu kön- nen. Doch die Familien werden wegen sinkender Geburtenrate immer klei- ner. Folglich steigt der Bedarf an Fremdspendern, da im Ernstfall immer seltener auf Geschwister zurückgegrif- fen werden kann. Für etwa ein Viertel der Patienten können HLA-identische Geschwister-Spender ermittelt werden.

Andere Verwandte sind nur in weni- ger als einem Prozent der Fälle passend.

Bei der großen Vielfalt der Gewebe- merkmale in der Bevölkerung (es gibt theoretisch mehr Kombinationsmög- lichkeiten als Menschen auf dieser Erde) ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Merkmale bei zwei nicht ver- wandten Personen übereinstimmen, jedoch nicht sehr groß. Sie variiert je nach Merkmalkombination von eins zu einigen Tausend bis eins zu mehreren Millionen.

Übereinstimmung der Merkmale immer perfekter

Bei mehr als 2 000 bekannten HLA- Merkmalen, die in ihrer Häufigkeit stark variieren, hängt die Wahrschein- lichkeit, einen passenden Fremdspen- der für einen Patienten zu finden, in hohem Maße von dessen individueller Merkmalsausprägung ab. Außerdem ist die Häufigkeitsverteilung der HLA- Merkmale mit der ethnischen Her- kunft korreliert. Das führt dazu, dass Patienten aus Ländern ohne große Da- teien potenzieller Stammzellspender oft weniger gute Chancen haben, einen passenden Spender zu finden. Die DKMS geht verschiedene Wege, um die Diversität und Qualität der Datei zu erhöhen:

>Sie registriert gezielt potenzielle Spender aus den Reihen der in Deutschland lebenden ethnischen Min- derheiten.

>Sie kontaktiert bereits typisierte Spender mit ungewöhnlichen HLA- Merkmalen, um auch deren Familien- mitglieder als Spender zu gewinnen.

>Sie unterzieht Spender der Datei, die aufgrund ihres HLA-A- und HLA- B-Vorbefundes mit hoher Wahrschein- lichkeit als Spender infrage kommen,

einer prospektiven HLA-DRB1-Typi- sierung, um im Ernstfall Zeit zu sparen.

Auch das Thema Forschung spielt eine zentrale Rolle: Bedenkt man, dass inzwischen wesentlich mehr HLA- Merkmale bekannt und identifizierbar sind als noch vor einigen Jahren, hat das zwei maßgebliche Konsequenzen:

Zum einen ist es schwieriger, den per- fekt HLA-gematchten Spender – das heißt: mit optimal kompatiblen HLA- Merkmalen – zu finden. Viele Paarun- gen, die man in der Vergangenheit für einen perfekten Match hielt, würde man nach dem heutigen Wissensstand anders beurteilen.

Zum anderen kann man davon aus- gehen, dass heute im Falle einer erfolg- reichen Spendersuche Patient und Spender bezüglich ihres HLA-Befun- des besser übereinstimmen und somit die Erfolgschancen der Transplantati- on besser sind. Aber trotz dieser Fort- schritte ist die Stammzelltransplanta- tion immer noch eine Therapie mit hohen Risiken. Wahrscheinlich gibt es weitere genetische Einflussfaktoren außerhalb des HLA-Systems, die den Transplantationserfolg signifikant be- einträchtigen können.

Um bei der Überprüfung entspre- chender Forschungshypothesen hel- fen zu können, bewahrt die DKMS ein- gefrorene Blutproben von Spendern

und Empfängern auf. Diese können zu einem späteren Zeitpunkt für weiterführende Untersuchungen her- angezogen werden, um Korrelatio- nen solcher Einflussfaktoren mit dem Transplantationsergebnis nachzuwei- sen. Auf diese Weise soll in Zukunft ei- ne noch bessere Spenderauswahl mög- lich werden.

Aufgrund der höheren Erfolgschan- cen (zum Beispiel durch exakteres Matching von Spendern und Patienten) kommt die Stammzelltransplantation als kurative Therapie bei einer wesent- lich größeren Patientengruppe und ei- ner steigenden Zahl von Krankheitsbil- dern zum Einsatz. Der Bedarf an Spen- dern nimmt kontinuierlich zu. 1999 hat die DKMS 637 Stammzellentnahmen ermöglicht, während sich diese Zahl 2004 mit 1 447 Entnahmen schon mehr als verdoppelt hat. Insofern spielt der weitere quantitative und qualitative Ausbau der Datei für Fortschritte im Kampf gegen Leukämie eine zentrale Rolle. Denn immer noch sucht jeder vierte Patient vergeblich nach seinem

„genetischen Zwilling“.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Dr. rer. nat. Alexander Schmidt Medizinischer Direktor der DKMS Deutsche Knochen- markspenderdatei gemeinnützige Gesellschaft mbH Kressbach 1, 72072 Tübingen

E-Mail: schmidt@dkms.de M E D I Z I N R E P O R T

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A2764 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 41⏐⏐14. Oktober 2005

Drogenkonsum

Ecstasy schädigt das Gedächtnis

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och dosierter und anhaltender Konsum der Droge Ecstasy kann zu Gedächtnis- schäden führen. Wissenschaftler des Univer- sitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben bei einer Untersuchung an 120 Patien- ten herausgefunden, dass fast die Hälfte aktu- eller Ecstasykonsumenten und mehr als die Hälfte ehemaliger Ecstasykonsumenten einer untersuchten Stichprobe die Kriterien einer substanzinduzierten kognitiven Störung erfül- len. Noch fünf Monate nach Beendigung des Ecstasykonsums waren diese Beeinträchti- gungen bei einigen Personen nachweisbar (Addiction 2005; 100: 1310–1319). Darüber hinaus fielen Probanden durch häufiges

Vorkommen von depressiven Störungen und Angststörungen auf.

Bereits in vorausgegangenen Studien erga- ben sich wiederholt Verdachtsmomente dafür, dass Ecstasy zu langfristigen Schäden im Be- reich des zentralen Nervensystems, mit Aus- wirkungen besonders im kognitiven Bereich, führen kann. Gestützt wird dieser Verdacht durch die Ergebnisse zu spezifischen Gedächt- nisstörungen (vor allem zu mittelfristiger Merk- fähigkeit und Wortfindung) sowie zur Verän- derung der Zahl funktionsfähiger Nervenendi- gungen in bestimmten Hirnarealen (Nachweis durch nuklearmedizinische Methoden).

Die aktuellen Studienergebnisse der For- schungsgruppe im UKE geben erneut An- lass, besonders vor hoch dosiertem, hoch- frequentem und in kurzen Abständen wieder- holtem Ecstasykonsum zu warnen und auf das Risiko neurotoxischer Wirkungen von

Ecstasy hinzuweisen. EB

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