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Archiv "Wesentliche Charakteristika" (18.07.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 28–29

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18. Juli 2011 491

M E D I Z I N

Barrieren bei der Umsetzung von Leitlinien

Um Ursachen für die hohe Prävalenz kardiovaskulärer Risikofaktoren in der Region Münster trotz bestehen- der Leitlinienempfehlungen in der Sekundärprävention der KHK näher zu untersuchen (1), führten wir in den Jahren 2002 bis 2004 am Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster die COSIMA- Studie durch (2). Im Rahmen dieses Projekts wurden 1 023 niedergelassene Ärzte im Verwaltungsbezirk Münster der Ärztekammer Westfalen-Lippe zu den wichtigsten kardiovaskulären Risikofaktoren und zur Kenntnis und Akzeptanz von Leitlinien bei der Sekun- därprävention der KHK befragt. Unsere Ergebnisse be- stätigen weitgehend die im Artikel beschriebenen Be- funde (3), nämlich die überwiegende Akzeptanz einer leitlinienorientierten Medizin sowie eine bessere Kenntnis und höhere Akzeptanz von Leitlinien bei jün- geren Kollegen, Internisten und Ärzten, die an einem Qualitätszirkel teilnehmen.

Unsere Ergebnisse weisen aber auch auf wichtige Gründe hin, die eine Umsetzung der Leitlinieninhalte erschweren. Die befragten Ärzte bezeichneten als Gründe vorrangig organisatorische Faktoren wie man- gelnde Vergütung (84 % Zustimmung) beziehungswei- se Mangel an Zeit (51 %). Darüber hinaus wurden die schlechte Compliance der Patienten (70 %) und wider- sprüchliche Aussagen in Leitlinien verschiedener Fach- gesellschaften (54 %) genannt. Hauptkritikpunkte an Leitlinien als Instrument einer evidenzbasierten Medi- zin fokussierten wiederum auf Kostenaspekte und eine vermeintliche Inflexibilität der Behandlungsempfeh- lungen.

Für eine erfolgreiche Implementierung von Leitlini- en in die Praxis scheint ein Vorgehen auf verschiedenen Ebenen entscheidend zu sein. Lokale Gegebenheiten, Wertevorstellungen niedergelassener Ärzte und wahr- genommene Barrieren könnten zum Beispiel durch

‚Audits’ im Rahmen lokaler Qualitätszirkel diskutiert werden, um gemeinsame Strategien für eine bessere Leitlinienimplementierung zu entwickeln. Von heraus- ragender Bedeutung ist darüber hinaus die Akzeptanz der Leitlinieninhalte durch die behandelnden Ärzte, die mit Leitlinien von hoher wissenschaftlicher Qualität und Transparenz erreicht werden könnte.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0491a

LITERATUR

1. Kotseva K, Wood D, De Backer G, De Bacquer D, Pyörälä K, Keil U:

EUROASPIRE Study Group. Cardiovascular prevention guidelines in daily practice: a comparison of EUROASPIRE I, II, and III surveys in eight European countries. Lancet 2009; 373: 929–40.

2. Heidrich J, Behrens T, Raspe F, Keil U: Knowledge and perception of guidelines and secondary prevention of coronary heart disease

Wesentliche Charakteristika

Die Vermittlung ärztlichen Leitlinienwissens stellt nur einen Baustein für die praktische therapeutische Anwen- dung von Leitlinienwissen dar. Der Weg zur klinischen Handlungskompetenz führt vom reinen Faktenwissen über die Begründung der Fakten, die Demonstration von Fertigkeiten bis hin zu deren selbstständiger Anwendung (1). Daher ist die Schlussfolgerung der Autoren, ärztli- ches Leitlinienwissen sei keine relevante Bezugsgröße höherer Leitlinienumsetzung, aus didaktischer Sicht eher selbstverständlich als eine Überraschung.

Die Autoren folgern, ärztliche Therapieentscheidun- gen seien weniger von medizinischen Daten als von Or- ganisationsroutinen, finanziellen Rahmenbedingungen und patientenbezogenen Aspekten geprägt. Diese Schlussfolgerung bildet wesentliche Charakteristika hausärztlicher Tätigkeit ab: die Einbeziehung von Patien- tenpräferenzen und mitbehandelnder Fachärzte in eine gemeinsame therapeutische Entscheidungsfindung (2).

Von einer Gleichverteilung dieser Faktoren in den unter- suchten Praxen von Ärzten mit adäquatem oder inadäqua- tem Leitlinienwissen kann nicht notwendigerweise ausge- gangen werden. Bedauerlicherweise wurde weder die Pa- tientenperspektive der vorgestellten Leitlinienumsetzung erhoben, noch wurden Daten zu harten patientenrelevan- ten Endpunkten (Mortalität, Hospitalisierung) ermittelt.

Zur Untersuchung des Gesamtprozesses von verschie- denen Strategien zur Leitlinien-Implementierung bis hin zur Auswirkung auf die Patienten sind cluster-randomi- sierte Studien geeignet, in denen die unterschiedlichen Implementierungsstrategien den Arztpraxen randomi- siert zugewiesen werden und eine standardisierte Be- handlung der Patienten in den Vergleichsgruppen gege- ben ist. Solche Studien existieren für die Behandlung und Sekundärprophylaxe kardiovaskulärer Erkrankun- gen in ausreichender Anzahl und Qualität (3). Vor der Er- probung neuer Implementierungshilfen wäre eine ziel- gruppen- und indikationsbezogene systematische Zu- sammenfassung und Diskussion des bereits vorhandenen Wissens sinnvoll.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0491b Dr. med. Robert Hector

Simmersfeld roberthector@t-online.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

among general practitioners and internists. Results from a physi - cian survey in Germany. Eur J Cardiovasc Prev Rehabil 2005; 12:

521–9.

3. Karbach U, Schubert I, Hagemeister J, Ernstmann N, Pfaff H, Höpp HW: Physicians’ knowledge of and compliance with guidelines: An exploratory study in cardiovascular diseases. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(5): 61–9.

PD Dr. med. Thomas Behrens

Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin, Bremen behrens@bips.uni-bremen.de

Prof. Dr. med. Ulrich Keil

Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin, Münster

Dr. med. Jan Heidrich

Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin, Bremen

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

(2)

492 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 28–29

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18. Juli 2011

M E D I Z I N

Umständlich geschrieben

Ich habe selbst an einigen aktuellen Leitlinien mitge- arbeitet (Nationale Versorgungsleitlinien Diabetischer Fuß, Nationale Versorgungsleitlinie Diabetes-Nephro- pathie, et cetera) und habe mich schon oft gefragt, wa- rum die prinzipiell gut gemeinten Leitlinien ein Pro- blem mit der praktischen Umsetzung haben. Die obige Arbeit empfinde ich als ein gutes Beispiel dafür, dass zwischen den Leitlinienerstellern und den Ärzten, für die sie bestimmt sind, ein Kommunikationsproblem besteht. Könnte die mangelnde ärztliche Leitlinien- umsetzung am schwer verständlichen versorgungs- wissenschaftlichen beziehungsweise gesundheitsöko- nomischen „Soziolekt“ liegen, der im Dunstkreis des Leitlinien-Business verwendet wird? Bei der Lektüre des Artikels fällt mir auf, wie weit der verwendete Jar- gon („Indikatoren-geleitete Auswertung der Patien- tendaten zur Eruierung der Leitliniennähe“) von der ärztlichen Praxis entfernt ist. Ich glaube, dass die Zeit der Leser zu beschränkt ist, um sich mit einem Artikel eingehend zu beschäftigen, der so umständlich ge- schrieben ist. Das gleiche gilt meiner Meinung nach für viele Leitlinien, die aufgrund der praxisfernen Sprache und des Schreibstils einfach keinen Lesespaß aufkommen lassen wollen.

Hier wäre sicher etwas zu verbessern, um Leitlini- en für die Leser interessanter zu machen und „die Leitlinienkenntnis als validen Surrogatparameter für die Zielgröße ,leitliniengerechtes Handeln‘ zu er - höhen“!

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0492a

LITERATUR

1. Karbach U, Schubert I, Hagemeister J, Ernstmann N, Pfaff H, Höpp HW: Physicians’ knowledge of and compliance with guidelines: an exploratory study in cardiovascular diseases. Dtsch Arztebl Int 2011;

108(5): 61–9.

Multimorbidität als Zwickmühle

Ich stimme den Autoren in der Schlussfolgerung vollkommen zu, dass sich Therapieentscheidungen mehr „an anderen praxisrelevanten Faktoren“ orien- tieren; dies jedoch im Verhältnis zu Leitlinien und NICHT zu „medizinischen Daten”.

Die Autoren denken hierbei zuerst an „praxisinter- ne Organisationsroutinen“, dann an „finanzielle Rah- menbedingungen“ und erst dann an „patientenbezo- gene Aspekte“. Konsequenterweise empfehlen sie

„Leitlinienempfehlungen als Steuerungsgrößen in prozessbegleitende standardisierte EDV-Systeme zu implementieren.“

Aus meiner hausärztlichen Sicht sind die praxisre- levanten Faktoren genau umgekehrt gewichtet, die patientenbezogenen Aspekte stehen obenan.

Der wichtigste Aspekt, welcher die leitlinienge- treue Behandlung behindert, ist die Multimorbidität der Patienten. Diese setzt sich aus vielen „medizini- schen Daten“ zusammen.

Der zweite ist das Verharren der Menschen in ih- ren Gewohnheiten und das unwohle Gefühl, welches sich bei der Einnahme von mehr als drei Tabletten täglich bei den meisten Menschen einstellt.

Dies behindert insbesondere die leitliniengerechte Behandlung der Hypertonie, welche der Patient ja bekanntlich selbst nicht wahrnimmt.

Ich bitte, uns mit weiterer Bürokratisierung („pro- zessbegleitend in EDV integrieren“) zu verschonen!

Sinnvoller wären meines Erachtens übergeordnete Leitlinien für den Umgang mit multimorbiden Pa- tienten. Hier geht die Geriatrie mit gutem Beispiel voran. Geriatrisch orientiertes Handeln führt oft zu einem Eindampfen der Handlungsanweisungen ande- rer Leitlinien. Der einzelne Arzt wird in der Mul - timorbiditäts-Zwickmühle hierdurch deutlich ent - lastet.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0492b

LITERATUR

1. Karbach U, Schubert I, Hagemeister J, Ernstmann N, Pfaff H, Höpp HW: Physicians’ knowledge of and compliance with guidelines: an exploratory study in cardiovascular diseases. Dtsch Arztebl Int 2011;

108(5): 61–9.

Dr. med. Julia Beller Weilheim jubelokt@aol.com

Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

LITERATUR

1. Miller GE. The assessment of clinical skills/competence/perfor- mance. Acad Med 1990; 65: 63–7.

2. Van Royen P, Beyer M, Chevallier P, et al.: The research agenda for general practice/family medicine and primary health care in Europe.

Part 3. Results: person centred care, comprehensive and holistic ap- proach. Eur J Gen Pract 2010; 16: 113–9.

3. Peters-Klimm F, Müller-Tasch T, Remppis A, Szecsenyi J, Schellberg D: Improved guideline adherence to pharmacotherapy of chronic sys- tolic heart failure in general practice – results from a cluster-rando- mized controlled trial of implementation of a clinical practice guideli- ne. J Eval Clin Pract 2008; 14: 823–9.

4. Karbach U, Schubert I, Hagemeister J, Ernstmann N, Pfaff H, Höpp HW: Physicians’ knowledge of and compliance with guidelines: an exploratory study in cardiovascular diseases. Dtsch Arztebl Int 2011;

108(5): 61–9.

Dr. rer. nat. Susanne Unverzagt Dr. med. Andreas Klement

Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Halle susanne.unverzagt@medizin.uni-halle.de

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Prof. Dr. med. Gerhard Rümenapf Diakonissen-Stiftungs- Krankenhaus, Speyer

gerhard.ruemenapf@diakonissen.de

Interessenkonflikt

Prof.Rümenapf erhielt Erstattungen von Fortbildungsgeldern von der Firma Jotec und Honorare von der Firma Mölnlycke.

Referenzen

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