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Archiv "Anticitrullinierte Protein/Peptid-Antikörper bei rheumatoider Arthritis" (06.03.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 10⏐⏐6. März 2009 157

M E D I Z I N

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ie rheumatoide Arthritis (RA) ist eine chronische, systemische Autoimmunerkrankung und die häu- figste Form entzündlicher Gelenkerkrankungen. Die Prävalenz liegt zwischen 0,5 und 1 %, Frauen sind circa dreimal häufiger betroffen. In der 4. und 5. Lebensdekade steigt die Prävalenz auf etwa 2 % an. Die RA ist gekenn- zeichnet durch eine symmetrische, erodierende Gelenk- synovitis. Der systemische Charakter der Erkrankung wird durch die Beteiligung anderer Organe, wie zum Bei- spiel Lunge und Herz, offensichtlich. In der Regel sind schon im ersten Jahr der Erkrankung Zeichen der destru- ierenden Arthritis mittels der modernen bildgebenden Verfahren (zum Beispiel Magnetresonanztomografie und Gelenksonografie) erkennbar. Die Krankheit geht nicht nur mit chronischen Schmerzen und enormen Ausfalls- zeiten im Beruf einher, sondern führt mit zunehmender Behinderung durch das Versagen der Gelenkfunktionen zur frühen Erwerbsunfähigkeit. Die verschiedenen Sys- temmanifestationen und das erhöhte kardiovaskuläre Ri- siko mindern die Lebenserwartung (1).

Seit dem Paradigmenwechel in Bezug auf die früher gepflegte abwartende Haltung bei der Therapieeinlei- tung und mit den neuen Therapiemöglichkeiten durch Biologicals kann dieser Prozess heute durch eine frühe und effektive Behandlung verzögert, manchmal sogar gestoppt werden. Zahlreiche Studien, wie zum Beispiel die Behandlungs-Strategie-Studien (BeSt), haben ge- zeigt, dass der frühzeitige Beginn und eine kontinuier- lich der Krankheitsaktivität angepasste Therapie ent- scheidend zum Behandlungserfolg beitragen. Eine höhere klinische Remissionsrate und eine effektivere Verlangsamung oder Verhinderung des Fortschreitens der Gelenkdestruktion kann man durch den initialen Einsatz immunsuppressiver Kombinationstherapien bei vielen Patienten erreichen. Die Kombination MTX + Anti-TNF-α-Antikörper Infliximab war in der BeSt- Studie bezüglich der Remissionsrate (28 versus 40 % nach einem Jahr) und des Erreichens einer therapiefrei- en Remissionsphase einer Kombinationstherapie kon- ventioneller Immunsuppressiva (MTX + Sulfasalazin + Prednison) überlegen (2). Eine weitere, jüngst veröf- fentlichte Studie (COMET-Studie) bestätigte, dass eine im frühen Krankheitsstadium der RA („early RA“, ERA: drei bis 24 Monate Krankheitsdauer) eingeleitete Kombinationstherapie mit MTX + rekombinantem TNF-α-Rezeptor/IgG1-Fusionsprotein Etanercept im Vergleich mit einer MTX-Monotherapie mit einer höhe- ren klinischen Remissionsrate (50 versus 28 % nach ei-

nem Jahr) einhergeht. Gleichzeitig konnte eine fehlende radiologische Progression der Gelenkdestruktion bei Erhalt von Gelenkfunktion und Arbeitsfähigkeit nach- gewiesen werden (3). Daher haben neue diagnostische Marker, die eine möglichst frühe Diagnose der RA er- lauben, besondere Bedeutung. Eine Kombination dieser Marker sollte zukünftig eine bessere Vorhersage im Hinblick auf das zu erwartende Ansprechen oder Versa- gen gegenüber einer konventionellen immunsuppressi- ven Mono- oder Kombinationstherapie ermöglichen und die primäre Notwendigkeit einer Kombinationsthe- rapie mit Biologicals bei Patienten mit aggressiverem Verlauf erkennen lassen. Eine derartige Risikostratifi- zierung anhand prognostischer Marker würde vermut- lich höhere therapeutische Erfolgsraten nach sich ziehen und gleichzeitig eine Übertherapie weniger aggressiver Verläufe vermeiden helfen. Idealerweise würde eine derartige Risikostratefizierung die zu erwartenden Ne- benwirkungen wie zum Beispiel die erhöhte Infektan- fälligkeit unter immunsuppressiver Therapie mit in die Wahl der Therapeutika einschließen. Die Diagnostik und die sich abzeichnend komplexer werdende Risiko- stratifizierung bezüglich der Therapie erfordern einen erheblichen Betreuungsaufwand und können in speziali- sierten Früharthritisambulanzen erfolgen. In dieser Aus- gabe des Deutschen Ärzteblattes wird bezüglich der serologischen Diagnostik ein hervorragender Einblick des Stellenwertes von Anti-citrullinierten Protein/Peptid- Antikörpern (ACPA) bei der RA gegeben (4).

ACPA sind hochsensitive und -spezifische Seromarker der RA. Insbesondere die Spezifität der ACPA (>95 %) übertrifft – in Abhängigkeit von der Methode – bei Wei- tem die des Rheumafaktors. ACPA haben sich in kontrol- lierten Studien als gute Prädiktoren einer rasch progre- dienten Gelenkzerstörung durch die erosive Arthritis er- wiesen. So ist das relative Risiko (OR) bei negativem oder niedrigtitrigem ACPA 2,6 und bei hohem ACPA 9,9 (5). Speziell in der Früharthritis-Sprechstunde helfen sie, erosive und nicht erosive Verlaufsformen einer bis dahin undifferenzierten Arthritis zu unterscheiden und das RA- Frühstadium (ERA) differenzialdiagnostisch von kli- nisch ähnlichen Krankheitsbildern abzutrennen. Etwa 60 % der RA-Patienten sind ACPA-positiv. Krankheits- verlauf und Gelenkdestruktion sind schwerer bei ACPA- positiven als bei ACPA-negativen RA-Patienten (6).

Zwillingsstudien belegen, dass der genetische Beitrag zur RA-Pathogenese bei etwa 60 % liegt. Bestimmte Allele des HLA-DRB1-Locus („shared epitopes“) sind mit ei- EDITORIAL

Anticitrullinierte Protein/Peptid-

Antikörper bei rheumatoider Arthritis

Wolfgang L. Gross, Frank Moosig, Peter Lamprecht

Editorial zum Beitrag:

„Serologische Diagnostik der Rheumatoiden Arthritis – Antikörper gegen citrullinierte Antigene“

von Egerer, Feist und Burmester auf den folgenden Seiten

Universität zu Lübeck, Poliklinik für Rheumatologie,

Vaskulitiszentrum, UKSH & Klinikum Bad Bramstedt, Lübeck:

Prof. Dr. med. Gross, PD Dr. med. Moosig, PD Dr. med. Lamprecht

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158 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 10⏐⏐6. März 2009

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nem aggressiveren Verlauf der RA assoziiert. Andere HLA-DRB1-Allele scheinen demgegenüber eher protek- tiv. Die beschriebene Assoziation zwischen HLA-DRB1-

„shared epitopes“ und RA-Risiko besteht nur für ACPA- positive Patienten, nicht jedoch für ACPA-negative Pati- enten. Die protektiven Allele (DRB1* 03) gehen mit einer ACPA-negativen RA einher (7, 8). Polymorphismen des PTPN22-Gens, das ein mit intrazellulären Lymphozyten- Tyrosin-Kinasen interferierendes Protein kodiert, und ge- netische Varianten des Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor- assozierten Faktors-1 (TRAF-1) und der Komplement- Komponente 5 (C5) sind ebenfalls mit ACPA-positiver RA assoziiert (9). Interessanterweise ist der exogene RA- Risikofaktor Rauchen mit der ACPA-positiven RA-Vari- ante assoziiert. Der erhöhte Anteil von Zellen mit citrulli- nierten Proteinen in der bronchoalveolären Lavage bei Rauchern hat möglicherweise pathogenetische Bedeu- tung. Somit werden Ansätze einer zukünftigen Risiko- stratifizierung für RA-Patienten unter Berücksichtigung des ACPA-Serostatus und genetischer Marker erkennbar.

Die ersten Mitglieder der ACPA-Autoantikörperfami- lie wurden ursprünglich mittels Immunfluoreszenztech- nik nachgewiesen. Sie wurden als Anti-Perinukleärer Faktor (APF) und Anti-Keratin-Antikörper (AKA) be- schrieben und in Verbindung mit einem aggressiveren Verlauf der RA gebracht. Es zeigte sich im weiteren Ver- lauf, dass diese Autoantikörper citrullinierte Epitope des Filaggrins erkennen. Bei der Citrullinierung handelt es sich um eine posttranslationale Modifikation des jeweili- gen Proteins (zum Beispiel Filaggrin), bei der die Um- wandlung der Aminosäure Arginin zu Citrullin durch De- aminierung erfolgt. Dieser Prozess kommt physiologi- scherweise während der Apoptose, der Keratinisierung und bei Entzündungsvorgängen vor. In der Tunica syno- vialis finden sich bei der RA citrullinierte Proteine. Die citrullinierten Epitope stellen die Zielstruktur für die Fi- laggrin-Antikörper beziehungsweise ACPA dar, die man sowohl in zirkulierenden Immunkomplexen als auch in der Synovialflüssigkeit bei der RA finden kann (10). Ur- sprünglich nach dem Indexpatienten Savoie Anti-Sa be- nannte Antikörper sind gegen das citrullinierte Vimentin gerichtet (11). Das Sa-Antigen stellt den Ausgangspunkt für den vor einigen Jahren entwickelten Anti-MCV (An- ti-Mutiertes Citrulliniertes Vimentin) ELISA dar. Der neu entwickelte Anti-MCV-Assay (Anti-Mutiertes Citrulli- niertes Vimentin) hat eine ähnliche diagnostische Bedeu- tung wie die Anti-CCP2 genannten ELISA neuerer Gene- ration. Der Anti-MCV-Assay erweitert das diagnostische Spektrum jedoch. Anti-MCV-positive, Anti-CCP-negati- ve RA-Patienten haben einen aggressiveren RA-Verlauf als Patienten, die Anti-MCV- und Anti-CCP-negativ sind.

Bei der frühen RA besitzen Anti-MCV-Antikörper ge- genüber Anti-CCP-Antikörpern bei gleichbleibender Spezifität eine höhere Sensitivität (71 versus 58 %). An- ti-MCV-Antikörper stellen offenbar einen besseren Pro- gnosemarker im Hinblick auf einen gelenkdestruierenden Verlauf bei der frühen RA dar als Anti-CCP-Antikörper (12). Sind ACPA bei anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie dem sytemischen Lupus erythemato- des oder der Psoriasis-Arthritis nachweisbar, muss auch

dort mit einem erosiven Verlauf der Arthritis gerechnet werden. Falsch-positive Ergebnisse kommen ähnlich wie bei der Rheumafaktoranalyse bei der Tuberkulose oder der chronischen Virushepatitis vor.

Interessenkonflikt

Wolfgang L. Gross gibt Verbindungen mit Roche, Novartis, Actelion, Sanofi- Aventis, Euroimmun AG, Binding Site, Biorad, Phadia, Aescudiagnostik, Genericassay Orgentec, Bristol-Myer Squibb, GlaxoSmithKline und Wyeth an.

Die anderen Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richt- linien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 4. 12. 2008, revidierte Fassung angenommen: 22. 12. 2008

LITERATUR

1. Farragher TM, Goodson NJ, Naseem H et al.: Association of the HLA- DRB1 gene with premature death, particularly from cardiovascular di- sease, in patients with rheumatoid arthritis and inflammatory polyarthri- tis. Arthritis Rheum 2008; 58: 359–69.

2. Goekoop-Ruiterman YP, de Vries-Bouwstra JK, Allart CF et al.: Compari- son of treatment strategies in early rheumatoid arthritis: a randomized trial. Ann Intern Med 2007; 146: 406–15.

3. Emery P, Breedveld FC, Hall S et al.: Comparison of methotrexate mo- notherapy with a combination of methotrexate and etanercept in active, early, moderate to severe rheumatoid arthritis (COMET): a randomized, double-blind parallel treatment trial. Lancet 2008; 372: 375–82.

4. Egerer K, Feist E, Burmester GR: The serological diagnosis of rheu- matoid arthritis—antibodies to citrullinated antigens [Serologische Diagnostik der Rheumatoiden Arthritis – Antikörper gegen citrulli- nierte Antigene]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(10): 159–63.

5. Syversen SW, Gaarder PI, Goll GL et al: High anti-cyclic citrullinated peptide levels and an algorithm of four variables predict radiographic progression in patients with rheumatoid arthritis: results from a 10-year longitudinal study. Ann Rheum Dis 2008; 67: 212–7.

6. Meyer O, Labarre C, Dougados M et al.: Anticitrullinated protein/peptide antibody assays in early rheumatoid arthritis for predicting five year ra- diographic damage. Ann Rheum Dis 2003; 62: 120–6.

7. Wiik AS: The immune response to citrullinated proteins in patients with rheumatoid arthritis: genetic, clinical, technical, and epidemiological as- pects. Clin Rev Allergy Immunol 2007; 32: 13–22.

8. van der Helm-van Mil AH, Huizinga TW: Advances in the genetics of rheumatoid arthritis point to subclassification into distinct disease sub- sets. Arthritis Res Ther 2008; 10: 205.

9. Yamamoto K, Yamada R: Lessons from a genom wide association study of rheumatoid arthritis. New Engl J Med. 2007; 357: 1250–1.

10. Caspi D, Anouk M, Golan I et al.: Synovial fluid levels of anti-cyclic citrul- linated peptide antibodies and IgA rheumatoid factor in rheumatoid ar- thritis, psoriatic arthritis, and osteoarthritis. Arthritis Rheum 2006; 55:

53–6.

11. Bang H, Egerer K, Gauliard A et al.: Mutation and citrullination modifies vimentin to a novel autoantigen for rheumatoid arthritis. Arthritis Rheum 2007; 56: 2503-11.

12. Mathsson L, Mullazehi M, Wick MC et al.: Antibodies against citrullina- ted vimentin in rheumatoid arthritis: higher sensitivity and extended prognostic value concerning future radiographic progression as com- pared with antibodies against cyclic citrullinated peptides. Arthritis Rheum 2008; 58: 36–45.

Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Wolfgang L. Gross

Universität zu Lübeck, Poliklinik für Rheumatologie Vaskulitiszentrum UKSH & Rheumaklinik Bad Bramstedt Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck

E-Mail: Wolfgang.Gross@uk-sh.de A

Annttii--CCiittrruulllliinnaatteedd PPrrootteeiinn--PPeeppttiiddee AAnnttiibbooddiieess iinn RRhheeuummaattooiidd AArrtthhrriittiiss Dtsch Arztebl Int 2009; 106(10): 157–8

DOI: 10.3238/arztebl.2009.0157

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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