Weil die Preise für Generika
„recht hoch“ seien, schlägt die AG vor, die Preisbindung in diesem Bereich vollkommen aufzuheben.
Als letzter Punkt wird angeregt, die derzeitigen Beihilferegelungen für Beamte durch Zuschüsse zu ihren Krankenversicherungen zu ersetzen.
Die Gesundheitsexperten der Uni- onsfraktion erklärten, die Rürup-Kom- mission habe ihren selbst gesteckten ho- hen Erwartungen nicht entsprochen.
„Wir sind gespannt zu sehen, ob und wie die Vorschläge überhaupt von der Bun- desregierung aufgegriffen und inwieweit sie die Zustimmung der Koalitionsfrak- tionen finden werden“, heißt es in einer Presseerklärung. Bundesgesundheitsmi- nisterin Ulla Schmidt (SPD) war das Y- Modell zunächst nur ein kurzes State- ment wert. Man werde die Vorschläge prüfen, erklärte sie. Klaus Kirschner (SPD), der Vorsitzende des Gesund- heitsausschusses des Bundestages, kriti- sierte hingegen Presseberichten zufolge die Kommission: „Das sind primitive Vorschläge, die kein Problem lösen.“
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvor- sitzende Gudrun Schaich-Walch wieder- um erklärte in einem Rundfunk-Inter- view, eine Praxisgebühr wolle man nur für einen direkten Facharztbesuch ohne Überweisung des Hausarztes vorsehen.
Die AG Krankenversicherung will ihr Y-Modell nun bis Mai noch ausarbeiten und muss es dann in der gesamten Rürup-Kommission abstimmen lassen.
Bis dahin werden die Debatten um Re- forminhalte nicht abreißen. Diese Be- schreibung trifft auch mehr denn je auf die SPD zu. Am vergangenen Wochen- ende haben linke Sozialdemokraten erstmals in der Parteigeschichte ein Mit- gliederbegehren gestartet. Sie wollen die Meinung der Basis zum Reformkurs des Bundeskanzlers einholen und stellen sie- ben „Orientierungspunkte“ zur Diskus- sion. Darin heißt es unter anderem: „Ei- ne Privatisierung von Lebensrisiken darf es mit uns nicht geben.“ Stattdessen müssten Großvermögen einen angemes- senen Beitrag leisten, weshalb die Ver- mögenssteuer wieder eingeführt werden solle. Angesichts des anhaltenden Wi- derstands hat der Bundeskanzler einem Sonderparteitag zu den Sozialreformen offenbar zugestimmt. Er soll ebenfalls im Mai stattfinden. Sabine Rieser
P O L I T I K
A
A1032 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1618. April 2003
Netzwerk Gesundheit
DGB auf
Konfrontation
Während die Rürup-Kommission ihr Sparpaket vorlegte,
präsentierten die Gewerkschaften ihr Protestbündnis.
D
er Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat in der vergangenen Wo- che in Berlin zusammen mit 15 In- stitutionen und Verbänden ein „Netzwerk Gesundheit“ gegründet (siehe Textka- sten). Dessen Ziel ist es in erster Linie, für den Erhalt des Solidarprinzips in der Ge- setzlichen Krankenversicherung (GKV) zu kämpfen. Bereits in zwei Wochen will das Netzwerk ein Konzept zur zukünfti- gen Finanzierung der GKV vorlegen.Ursula Engelen-Kefer, stellvertre- tende Vorsitzende des DGB und Mit- glied der Rürup-Kommission, betonte bei der Gründungsveranstaltung, dass sie zu 80 Prozent mit den Reformplä- nen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) übereinstimme.Al-
lerdings lehne sie die einseitige Verlage- rung von Kosten in Höhe von rund 20 Milliarden Euro auf die Versicherten, wie von der Rürup-Kommission vorge- schlagen, als sozial unverantwortlich ab.
Weder die Herausnahme des Kranken- geldes aus der paritätischen GKV-Fi- nanzierung noch eine Praxisgebühr sei- en mit den Gewerkschaften zu machen.
Notwendige Einsparungen seien auch ohne soziale Einschnitte möglich. Allein durch die von der Regierung geplante Strukturreform könnten acht Milliarden Euro gespart werden. In den Folgejah- ren,so behauptete Engelen-Kefer weiter, seien Einsparungen bis zu 25 Milliarden Euro jährlich möglich. Die Steuerfinan- zierung versicherungsfremder Leistun- gen und die Schließung von „Verschiebe- bahnhöfen“ könnten weitere 10 Milliar- den Euro einsparen. Schließlich brächte die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten in das GKV-System wei- tere 7 Milliarden Euro. „Das Netzwerk Gesundheit fordert einen neuen Wett- bewerb für mehr Qualität und Effizi- enz, um die milliardenschwere Ver- schwendung von Beitragsmitteln in der GKV zu beenden“, ergänzte Engelen- Kefer. Deshalb sollten in der fachärztli- chen Versorgung Doppelstrukturen ab- gebaut und die integrierte Versorgung zur Regel gemacht werden.
Der Beauftragte der Bundesregie- rung für die Belange der behinder- ten Menschen, Karl Hermann Haack (SPD), kritisierte die einseitige Sicht der Regierung. Die Diskussion um den Sozialstaat solle nicht den „Fiskalisten“
überlassen werden, so Haack. Dabei attackierte er besonders den Bundes- kanzler, der einzig am Erreichen des Sparziels interessiert sei, nämlich der Begrenzung des Arbeitgeberanteils am GKV-Beitragssatz auf maximal 13 Pro- zent. Dabei bleibe der Reformgedanke auf der Strecke.
Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Kossow, Vorsitzender des Deutschen Hausärzte- verbandes, ermahnte das Netzwerk, die berufspolitischen Zusammenschlüsse der Ärzte nicht pauschal zu verurteilen.Auch der Vorsitzende des Vereins Demokra- tischer Ärztinnen und Ärzte, Winfried Beck, forderte das Netzwerk auf, Koope- rationspartner in der Pharmaindustrie, der Ärzteschaft und bei den Apothekern zu suchen. Dr. med. Daniel Rühmkorf
Im Netz
Dem „Netzwerk Gesundheit“ ge- hören neben dem DGB an: Deut- sche Gesellschaft für Public Health, Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte, Deutscher Hausärzteverband, NAV-Virchow-Bund, Deutsche Kran- kenhausgesellschaft, Deutscher Pfle- gerat, Deutscher Paritätischer Wohl- fahrtsverband, Arbeiterwohlfahrt/
Bundesarbeitsgemeinschaft der Frei- en Wohlfahrtsverbände, Sozialver- band Deutschland,Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche Deutsch- land, Kolpingwerk Deutschland,Ver- band Deutscher Alten- und Behin- dertenhilfe, Karl Hermann Haack, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Men- schen, Verbraucherzentrale Bundes- verband,Arbeitsgemeinschaft der So- zialdemokratInnen im Gesundheits-
wesen. DR