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J Erst auslösen, dann scharfstellen

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P H Y S I K I M A L LTA G

44 Physik Journal 12 (2013) Nr. 11 © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

J

eder Hobbyfotograf kennt das Problem, und auch die Profis sind nicht davor gefeit: Motiv und Lichtverhältnisse sind perfekt, aber die Schärfentiefe erweist sich im resultierenden Bild als nicht optimal. Im Nachhinein lässt sich daran nichts mehr ändern, wenn die Aufnahme mit einer klassischen Digitalkamera entstanden ist, denn Objektivbrennweite, Blendenzahl (das Öffnungsverhältnis), Gegen- standsweite und die gewünschte laterale Auflösung – die Größe der Zerstreuungskreise+) – legen fest, welchen Schärfentiefebereich ein Bild später aufweist. Bei weit geöff- neter Blende hat das Bild nur eine geringe Schärfentiefe, bei kleiner Blende dagegen eine große. Für plenoptische Kameras dagegen gilt dies nicht. Aufnahmen, die man mit ihnen macht, lassen sich auch nachträglich in der Schärfentiefe verändern.

Plenoptische Kameras, auch Lichtfeldkameras genannt, gehen auf Überlegungen des in Luxem- burg geborenen Physikers Gabriel Lippmann zurück, der das Prinzip 1908 in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung vorstellte: Wäh- rend eine gewöhnliche Kamera von einem Gegenstand lediglich ein zweidimensionales Bild aufnimmt, erfasst eine plenoptische Kamera nicht nur die laterale Position eines einfallenden Lichtstrahls, sondern auch die Strahlrichtung, die sich durch zwei Winkel beschreiben lässt. „Kennt“ die Kamera die Ein-

fallsrichtung eines jeden Strahls, lassen sich daraus in Verbindung mit der zweidimensionalen Abbil- dung auf der Sensorfläche räum- liche Bilddaten rekonstruieren.

Die Tiefeninformationen erlaubt es unter anderem, nachträglich per Rechner die Schärfentiefe eines Bildes zu verändern.

Mit Mikrolinsen räumlich sehen Wie eine gewöhnliche Kamera besitzt auch eine Lichtfeldkamera Bildsensor und Objektiv. Nahe vor dem Bildsensor sitzt allerdings zusätzlich ein Mikrolinsen-Array.

Die Brennebene des Objektivs liegt in dieser Anordnung hinter Sensor und Mikrolinsen-Array, und erst die Mikrolinsen fokussieren die einfallenden Lichtstrahlen auf den Bildsensor. Das Öffnungsverhältnis des Objektivs muss dabei so an das Öffnungsverhältnis der Mikrolin- sen angepasst sein, dass einerseits die Mikrobilder auf der Sensorflä- che nicht überlappen, aber anderer- seits auch keine Lücken zwischen benachbarten Mikrobildern entste- hen. Sonst ergibt sich kein zusam- menhängendes Bild.

Aus den räumlichen Tiefen- schärfeinformationen der Lichtfeld- kamera lässt sich dann ein Bild mit größerer Schärfentiefe rekonstru- ieren: Ein Algorithmus sucht dazu im Datenmodell in jeder Ebene senkrecht zur z-Achse die optima- len Pixel aus – also die Pixel mit den kleinsten Zerstreuungskrei- sen – und setzt sie zu einem Bild

zusammen. Begrenzt wird die so erreichbare Schärfentiefe letztlich durch die Brennweite des Objektivs.

Natürlich kann der Fotograf diese Funktion auch so nutzen, dass er den Schärfentiefebereich vom Vor- der- in den Hintergrund des Bildes legt – der kreativen Nachbearbei- tung sind also kaum Grenzen ge- setzt. Von diesem „nachträglichen Scharfstellen“ profitiert der Foto- graf indirekt auch bei Aufnahmen unter schlechten Lichtverhältnis- sen: Da die Schärfentiefe nicht so groß sein muss, kann die Blende weiter offen bleiben und die Kame- ra dadurch bei derselben Belich- tungszeit mehr Licht sammeln.

Freilich gilt auch bei einer plenoptischen Kamera: wo Licht ist, ist auch Schatten. Ein Nachteil, den sich der Nutzer mit der Technologie einhandelt, ist die deutlich gerin- gere Auflösung. Jede Mikrolinse verteilt das Licht eines Bildpunktes, der bei einer gewöhnlichen Kame- ra durch genau ein Pixel auf der Sensorfläche repräsentiert wird, auf mehrere Pixel. Die betroffenen Pixel liegen in einem kreisförmigen Bereich. Trifft ein Lichtstrahl senk- recht auf die Mikrolinse, so landet er in der Bildebene im Mittelpunkt dieses Kreises. Fällt ein Lichtstrahl dagegen schräg auf die Linse, so trifft er näher am Rand des Kreises auf. Hieraus lässt sich die Ein- fallsrichtung rekonstruieren. Die effektive Auflösung eines Sensors sinkt dadurch jedoch. Um wie viel, lässt sich nicht pauschal sagen, denn

n Erst auslösen, dann scharfstellen

Mit plenoptischen Kameras lassen sich Aufnahmen nachträglich fokussieren. Die erzielbare Auflösung beschränkt die Technologie bislang jedoch auf Nischen.

Bei einer klassischen Kamera-Objektiv- Kombination bestimmt die Blende die Schärfentiefe. So lassen sich zum Bei- spiel Vorder- oder Hintergrund betonen.

Während mit einer klassischen Kamera

dafür mindestens zwei Aufnahmen er- forderlich sind, genügt mit einer Licht- feldkamera eine einzige Aufnahme. Die Schärfentiefe lässt sich nachträglich im Bild festlegen.

Die derzeit einzige Consumerkamera für die Lichtfeldfotografie erreicht eine Bildauflösung von 1080 mal 1080 Pixel. Sie hat ei- ne feste Blende von 2 und ein optisches Zoomobjektiv mit der Kleinbild-Äquivalentbrennweite von 43 bis 344 mm. Das Ganze ist nicht billig – das günstigste Modell der Kamera kostet 480 Euro.

ruigsantos / fotolia.com

Lytro

+) Zerstreuungskreise entstehen, wenn ein Punkt vor oder hinter die Filmebene projiziert oder durch Beugung un- scharf als Beugungs- scheibchen abgebildet wird.

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neben der Zahl der Mikrolinsen spielt hierbei auch das Verhältnis zwischen deren Brennweite und Durchmesser eine Rolle. Für einen konkreten Bildsensor müssen die Kameraentwickler zudem immer ei- nen Kompromiss zwischen lateraler Auflösung und Winkelauflösung eingehen: Muss die Winkelauflö- sung des Arrays groß sein, so dass die plenoptische Kamera ein großes Gesichtsfeld erreicht, dann benötigt jeder Bildpunkt mehr Pixel in der Sensorebene – was zu Lasten der lateralen Auflösung geht. Kann die Winkelauflösung des Mikrolinsen- Arrays für eine Anwendung kleiner ausfallen, wird eine größere laterale Auflösung möglich. Derzeit kom- merziell erhältliche Lichtfeldka- meras erreichen aufgrund dieser Limitierungen Auflösungen in der Größenordnung von ein bis sieben Megapixel.

Bewegliche Objekte aufnehmen Angesichts der technisch-physi- kalischen Grenzen ist es unwahr- scheinlich, dass Lichtfeldkameras klassische Digitalkameras rasch verdrängen werden. Zumal heutige plenoptische Consumerkameras auch vergleichsweise teuer sind.

Vielmehr dürften sie zunächst in Anwendungsnischen eine Rolle spielen, etwa in der Forschung oder der industriellen Bildverarbeitung.

So kommen Lichtfeldkameras zum Beispiel bereits bei der mikrosko-

pischen Aufnahme beweglicher Objekte zum Einsatz: Während solcher Videoaufnahmen muss das Mikroskop nicht mehr regelmäßig nachfokussiert werden, wenn die Objekte aus der Bildebene wan- dern – aufgrund der Tiefenschärfe der Lichtfeldkamera lassen sie sich ja nachträglich refokussieren. In der industriellen Bildverarbeitung wiederum kann die Qualitätssiche- rung bei komplexen Bauteilen von Lichtfeldkameras profitieren, weil sich aus der Tiefenschärfeinforma- tion einer einzigen Aufnahme ohne zusätzlichen Justieraufwand auch

D-Bilder rekonstruieren lassen.

Mit einer Form der Lichtfeld- kamera könnte jedoch auch die Masse der Verbraucher schneller in Berührung kommen, als derzeit mancher erwarten mag. Bereits seit einigen Jahren interessieren sich

nämlich die Hersteller von Smart- phones für das plenoptische Prin- zip – und investieren auch in diese Technologie über Risikokapital und Beteiligungen. So gibt es be- reits Konzepte, mit denen sich die Bauhöhe einer integrierten Smart- phone-Kamera dank einer plenop- tischen Kamera weiter verringern ließe. Statt einer Linse mit einer verhältnismäßig großen Apertur kommt dabei ein Linsen-Array mit kleineren Aperturen zum Einsatz.

Da dann bei gleicher Öffnungszahl auch eine geringere Brennweite genügt, schrumpft insgesamt die Bauhöhe – und die Funktion zum nachträglichen Fokussieren der Bilder bekommt man gleich noch automatisch mitgeliefert.

Michael Vogel

Raytrix

virtuelles Bild

virtuelles Bild

virtuelles Bild Objekt weiter entfernt von der Kamera

Objekt näher zur Kamera

Objektiv Mikrolinsen-

Array Bildsensor

(-ebene)

Bei einer plenoptischen Kamera befindet sich zwischen Objektiv und Bildsensor ein Mikrolinsen-Array. Je geringer der Abstand zwischen Objekt und Kamera ausfällt, desto weiter entfernt von der Bild ebene entsteht das virtuelle Bild, das vom Objektiv erzeugt wird, und je mehr Mikrolinsen sehen denselben Punkt. Die tatsächliche Auflösung einer plenop- tischen Kamera ergibt sich dann aus der Zahl der Mikrobilder, auf die ein Objekt- punkt projiziert wird, sowie der Blenden- zahl der Mikrolinsen.

Ein moderner Klassiker!

Wiley-VCH • Postfach 10 11 61 • D-69451 Weinheim

Tel. +49 (0) 62 01-60 64 00 • Fax +49 (0) 62 01-60 61 84 • E-mail: service@wiley-vch.de Irrtum und Preisänderungen vorbehalten. Stand der Daten: November 2012 WERNER BUCKEL und REINHOLD KLEINER

Supraleitung

Grundlagen und Anwendungen • 7., aktualis. u. erw. Aufl .

ISBN: 978-3-527-41139-9 November 2012 512 S. mit 265 Abb. und 17 Tab. Broschur

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