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m 14. April 2003 veröf- fentlichte die gemeinsa- me Health Technology Assessment-Arbeitsgruppe von Bundesärztekammer und KBV einen Bericht zur Mini- malinvasiven Wirbelsäulenka- thetertechnik nach Racz (ab- rufbar unter www.bundesaerz tekammer.de), der den aktuel- len Stand der wissenschaftli- chen Erkenntnisse zu Wirk- samkeit und Nutzen dieser Methode zusammenfasst und bewertet. Die Veröffentli- chung wirbelte gleichzeitig die längst begraben geglaubte Vergütungsfrage wieder hoch, ob die Methode – ein auf der Technik der Periduralanästhe- sie beruhendes Verfahren, bei dem durch Applikation ver- schiedener Substanzen letzt- lich eine adhäsiolytische De- kompression der Nervenwur- zel erzielt werden soll – nicht analog Nr. 2577 (Entfernung eines raumbeengenden intra- oder extraspinalen Prozesses, 4 000 Punkte), das heißt wie eine neurochirurgische Ope- ration, bewertet werden könn- te. Aus Sicht der Bundesärzte-kammer ist dies zu verneinen, die Anwendung der Wirbel- säulenkathetertechnik nach Racz ist auf der Basis der Nrn.
474 und 475 abzurechnen.
Die Bildung einer Analog- bewertung (§ 6 Abs. 2 GOÄ) ist nur zulässig, wenn die Lei- stung nicht bereits im Ge- bührenverzeichnis der GOÄ vorhanden ist (Grundregel Nr.
1). Liegen die Voraussetzun- gen zur Bildung einer Analog- bewertung vor, muss sich die Suche nach einer adäquaten analog abzugreifenden Lei- stung nach dem Leitkriterium der „Gleichwertigkeit“ der Leistung ausrichten (Grund- regel Nr. 2). Dennoch sind Analogbildungen ausschließlich nach Gesichtspunkten techni- scher Vergleichbarkeit, zum Beispiel weil dieselben Gerä- te eingesetzt werden, oder auf- grund einer Vergleichbarkeit des Behandlungsziels oder -er-
gebnisses häufig. Als Beispiel einer nicht GOÄ-konformen Analogbildung, die sich aus- schließlich an der (vermeintli- chen) Vergleichbarkeit der Be- handlungsziele orientiert, sei die Analogbewertung osteopa- thischer Behandlungsmetho- den nach Gebührenpositio- nen für operative Eingriffe bei Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats genannt.
Als Beispiel einer proble- matischen Analogiebildung ausschließlich in Hinsicht auf technische Vergleichbarkeit sei – leider – die extrakorpora- le Stoßwellentherapie (ESWT) zur Behandlung von orthopä- dischen Krankheitsbildern zu erwähnen. Abweichend von der aktuellen Abrechnungs- empfehlung der Bundesärz- tekammer (analog nach Nr.
1800, 1 480 Punkte, vgl. Be- kanntgabe im Deutschen Ärzteblatt vom 15. Februar
2002), wird die Stoßwellen- therapie als individuelle Ge- sundheitsleistung nach wie vor häufig analog nach Nr. 1860 (6 000 Punkte je Sitzung) ab- gerechnet. Als Begründung für das teurere IGeL-Angebot wird das alte Argument ge- handelt, dass hierbei dieselben Geräte wie in der Urologie eingesetzt würden. Abgese- hen davon, dass die Medi- zinprodukte-Industrie inzwi- schen spezielle ESWT-Geräte zum Einsatz bei orthopädi- schen Beschwerden auf den Markt gebracht hat und die Applikation hochenergetischer Stoßwellen (durch Hochlei- stungsgeräte) ausschließlich bei der Behandlung der Pseudar- throse erforderlich ist, handelt es sich bei Nr. 1860 um eine Komplexleistung, unter ande- rem einschließlich Probeor- tung und Röntgenkontrolle, die im Rahmen der Stoßwel- lenbehandlung zum Beispiel einer Epikondylitis doch gar nicht erforderlich sind.
Dr. med. Regina Klakow-Franck V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4217. Oktober 2003 AA2747
Gleichartig oder gleichwertig (II)
GOÄ-Ratgeber
Teil I von „Gleichartig oder gleichwertig“
in Heft 38/2003