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Leben in der eigenen Welt

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98 DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2021 | www.diepta.de

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utisten gelten als sonderbar und fal- len bereits im Schul- alter auf. Sie kapseln sich ab, können keine Gefühle zeigen und es fällt ihnen schwer, sich in andere Menschen hinein- zuversetzen. Ihre Interessen sind meist eingeschränkt und im Ge- gensatz zu Gleichaltrigen sind sie

weniger offen für andere Kinder, sondern interessieren sich für teilweise ungewöhnliche The- men, die sie mit einer großen Akri bie studieren. Die Kinder halten kaum Blickkontakt, achten wenig auf ihre Mitmenschen, spielen nicht mit Gleichaltrigen und reagieren auf Ärger oder Zu- neigung anderer Personen unge-

wöhnlich. In der Regel fällt es Betroffenen schwer, sich zu in- tegrieren – sie werden von Mit- schülern nicht ernst genommen und haben keine Freunde.

Meist zeigen Autisten in All- tagssituationen auffällige Ver- haltensweisen, während ihre Schulleistungen normal bis überdurchschnittlich sind.

Verschiedene Formen Häu- fig schreibt man die genannten Eigenschaften Menschen zu, die von einer Autismus-Spekt- rum-Störung betroffen sind.

Dazu zählen der frühkindliche Autismus, das Asperger-Syn- drom sowie der atypische Autis- mus, wobei die Unterscheidung in der Praxis bei leichteren Aus-

Leben in der eigenen Welt

© vejaa/ iStock / Getty Images Plus

Am 2. April findet jährlich der internationale Welt-Autismus-Tag statt. Er wurde im Jahr 2008 ins Leben gerufen. An diesem Tag sollen die Bedürfnisse von Personen mit Autismus betrachtet werden.

PRAXIS AKTIONSTAGE

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2021 | www.diepta.de

prägungen der einzelnen Stö- rungsbilder schwerfällt. Der frühkindliche Autismus tritt grundsätzlich vor dem dritten Le- bensjahr auf und kennzeichnet sich durch eine beeinträchtigte Kommunikation, eine gestörte soziale Interaktion sowie durch stereotype Interessen. Die Kinder sind eher an Dingen als an Men- schen interessiert. Häufig möch- ten sie nicht berührt werden und fallen zudem durch eine von ihren Altersgenossen abwei- chende Spielweise auf. Die intel- lektuelle Begabung von Personen mit frühkindlichem Autismus ist sehr unterschiedlich ausgeprägt:

Viele Kinder gelten als geistig be- hindert, da ihre Intelligenz- und Sprachentwicklung verzögert sind, während andere eine unter- durchschnittliche, normale oder überdurchschnittliche Intelligenz aufweisen.

Das Asperger-Syndrom ist eben- falls eine Form des Autismus, wobei diese Variante im Ver- gleich zum frühkindlichen Autis- mus mit milderen Beeinträchti- gungen einhergeht. Betroffene verhalten sich in sozialen Situati- onen oft unangemessen, wirken plump und motorisch unge- schickt, verfügen jedoch über durchschnittliche kognitive Fä- higkeiten und weisen nur wenige Auffälligkeiten hinsichtlich der Sprache auf. Die Gedächtnisleis- tung, die Wahrnehmung sowie die Selbstbeobachtung sind hin- gegen überdurchschnittlich gut ausgeprägt. Auf dem Gebiet ihrer Spezialinteressen können Men- schen mit dem Asperger-Syn- drom erstaunliche Fähigkeiten entwickeln.

Der atypische Autismus ähnelt dem frühkindlichen Autismus, allerdings ist die Symptomatik in den drei Kernbereichen nicht vollständig ausgeprägt. Außer- dem tritt diese Art später ein als die frühkindliche oder die Asper- ger-Variante und zwar nach dem dritten Lebensjahr.

Zu den Erkrankungen des autisti- schen Spektrums gehört auch das Rett-Syndrom. Hierbei handelt es sich um eine sehr seltene Form des Autismus, bei der bereits er- worbene Fähigkeiten wieder ver- loren gehen können. Diese neu- rologische Entwicklungsstörung kommt ausschließlich bei Mäd- chen vor. Der Entwicklungsstill- stand sowie der Verlust vorhan- dener Fähigkeiten sind für Eltern und Kinder sehr belastend. Zwar

stabilisiert sich der Zustand meist nach einigen Jahren, jedoch blei- ben Betroffene ihr Leben lang in ihrer sprachlichen und motori- schen Entwicklung stark einge- schränkt und sind auf Hilfe ange- wiesen.

Insgesamt ist zu beachten, dass die Grenzen zwischen der Nor- malität und den Störungen flie- ßend sind und die Ausprägungen individuell variieren. Daher wer- den die Autismus-Typen in der Diagnostik zunehmend unter dem Begriff Autismus-Spekt- rum-Störung zusammengefasst.

Nicht nur für das Kind, sondern auch für die Eltern stellt die Au- tismus-Spektrum-Störung eine Belastung dar. Daher ist die Ar- beit mit den Eltern für den Be- handlungserfolg ebenfalls von Bedeutung. Häufig stellt sich nach der Diagnose bei der Fami- lie zunächst die Sorge ein, was auf sie zukommen wird.

Ganzheitliche Therapie Die Information, dass autistische Stö- rungen nicht auf einem Fehlver- halten oder einer falschen Erzie- hung basieren, entlastet die

Eltern, schließlich plagen sich viele mit dem Gedanken, sie hät- ten in der Erziehung versagt. Es hat sich auch bewährt, die Er- krankung zu akzeptieren und jede Form der Schuldzuweisung zu vermeiden. Autismus ist nach dem heutigen Stand der Wissen- schaft angeboren und nicht heil- bar, es gibt allerdings verschiedene Interventionsmöglichkeiten. Die Behandlung setzt sich aus psycho- therapeutischen, pädagogischen,

pharmakologischen und spezi- altherapeutischen Elementen zu- sammen. Im Rahmen des Verhal- tenstrainings erlernen Autisten, Beziehungen zu anderen Perso- nen aufzubauen und mit ihnen zu kommunizieren. Nach dem Prin- zip der positiven Verstärkung wird dabei sozial erwünschtes Verhalten belohnt. Alltagsnahe Rollenspiele helfen Betroffenen zusätzlich dabei, besser im Leben zurecht zu kommen.

Zu den weiteren Behandlungsfor- men gehören Ergotherapie, Früh- förderung, Logopädie, Spielgrup- pen sowie Physiotherapie. Eine bekannte speziell für Autismus entwickelte Therapie ist das soge- nannte TEACCH- (Treatment and Education of Autistic and Communication Handicapped Children-) Programm, welches eine förderorientierte Diagnostik, Unterstützung im schulischen Unterricht, Kommunikations- training, Training der Bezugsper- sonen, die Förderung der sozia- len Fähigkeiten sowie die Kompetenzvermittlung für eine passende Freizeitgestaltung um- fasst.

Tipps für die Beratung Emp- fehlen Sie Eltern von autistischen Kindern, die Kleinen viel zu loben und feste Strukturen im Alltag zu schaffen. Diese geben ihnen Si- cherheit und nehmen ihnen die Angst vor Veränderungen. Trotz möglicher Frustrationen sollten sich Eltern nicht stressen lassen und geduldig bleiben. Gleichzeitig sollten Kinder mit Autismus weder überfordert noch in ihrer Entwick- lung gehemmt werden. Es ist

wichtig, dass Angehörige ihr eige- nes Wohlbefinden nicht aus den Augen verlieren und sich bei Be- darf Unterstützung holen, bei- spielsweise in Autismus-Therapie- zentren, bei Ergotherapeuten oder bei Frühförderstellen. Eltern soll- ten unbedingt auch für sich selbst sorgen, die eigenen Interessen nicht aufgeben und soziale Kon- takte aufrechterhalten.

Keine kausale Medikation Autismus ist nicht medikamentös zu behandeln, lediglich gegen die Begleitbeschwerden, wie etwa Ängste, Depressionen oder Ag- gressivität kann der Arzt be- stimmte Arzneimittel beispiels- weise aus der Gruppe der Anti - depressiva oder der atypischen Neuroleptika verordnen. Dies ge- schieht nach einer sorgfältigen Un- tersuchung, denn bei einem fal- schen Einsatz der Medikamente verschlechtern sich die Symptome unter Umständen noch.  n

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

Die Grenzen zwischen Normalität und

Störung sind beim Autismus fließend,

sodass sich heute der Begriff Autismus-

Spektrum-Störung etabliert hat.

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