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Hartes Abfeiern

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86 DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2013 | www.pta-aktuell.de

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ieses Frühjahr warn- ten Mediziner der Jugendsuchtstation des Universitätsklini- kums Hamburg-Eppendorf vor der neuen Modedroge der Luxus-Kids:

Ketamin. Sie beziehen die Clubdroge über dunkle Kanäle, das Gramm zu 35 Euro und sniefen es meist wie Kokain. Seltener wird Ketamin als Pille geworfen oder gespritzt. Es wirkt halluzinogen und stimulie- rend; als größten Kick bezeichnen

die Konsumenten aber die Nah- toderfahrungen, die sich damit ein- stellen können.

Konsumenten werden immer jünger „Keta“ oder „Vitamin K“, wie die Jugendlichen das Ketamin nennen, ist ein Narkosemittel, das eigentlich in der Notfall- und Tier- medizin zum Einsatz kommt. Es ist das einzige Narkotikum, das nicht nur schmerzlindernd und sedierend wirkt, sondern zudem den Kreislauf

stabilisiert. Dies macht es zum ide- alen Notfallnarkosemittel, das vom medizinischen Markt nicht mehr wegzudenken ist. Ketamin ist zwar verschreibungspflichtig, fällt aber nicht unter das Betäubungsmittelge- setz. Als Rauschdroge eignet es sich, weil es ein dissoziatives Anästheti- kum ist, das heißt, es führt zu trance- ähnlichen Zuständen, ohne Atmung und Schutzreflexe zu beeinflussen.

Dadurch entstehen unwirkliche, außerkörperliche Erfahrungen. Am

Hartes Abfeiern

© Dmitriy Shironosov / 123rf.com

Kiffen, Kokain und Pillen werfen gehört selbst für Teens längst zum Wochenend- Feierprogramm. Mit Ketamin und Liquid

Ecstasy sind Drogen

dazu gekommen, die Ärzte alarmieren.

PRAXIS Drogen

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schnellsten wirkt die Droge, wenn sie gespritzt wird, die meisten sniefen sie jedoch. Dabei setzt die Wirkung nach etwa fünf Minuten ein, worauf- hin es zu einem etwa halbstündigen

„K-hole“ (Ketamin-Loch) kommen kann, in dem der Konsument die au- ßerkörperlichen Erfahrungen macht.

Die Rauschwirkung kann aber auch mehrere Stunden anhalten. Wäh- rend des gesamten Rausches können Lähmungserscheinungen, Sprach- störungen, Muskelkrämpfe und -zittern auftreten. Viele Konsumen- ten beschreiben den Trip als Auf- lösung der eigenen Existenz. Diese

„Ich-Auflösung“, verbunden mit der eingeschränkten Kontrolle über die Bewegungen, führt häufig zu Un- fällen. Situationen, in denen Men- schen unter Ketamin-Einfluss von einem Balkon gesprungen sind, weil sie glaubten, fliegen zu können, sind nicht selten. Je nach körperlicher und mentaler Verfassung können die extremen Halluzinationen aber auch als Höllentrips wahrgenommen werden, auf denen man auch hängen bleiben kann. Der Langzeitkonsum kann außerdem Gedächtnis- und neurologische Störungen auslösen.

Fakt ist, dass die Wirkung des Nar- kosemittels absolut unberechenbar ist, besonders, wenn weitere Dro- gen im Spiel sind. Gerade durch den im Partyleben doch sehr normalen Mischkonsum mit Alkohol kommt es schnell zu einer verlangsamten Atmung und die Gefahr ist hoch, dann in ein Koma zu fallen. Ärzte sind besonders darüber beunruhigt, dass die Konsumenten oft sehr jung sind, denn Ketaminabusus ist schon bei 14- bis 15jährigen keine Selten- heit. Es sind meist Jugendliche aus gutem Haus, die das nötige Kleingeld für die Luxusdroge haben.

Liquid Ecstasy Dabei handelt es sich um Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB). Sie ist chemisch verwandt mit der Gamma-Aminobuttersäure (GABA), einem körpereigenen, be- ruhigend wirkenden Neurotransmit- ter. Er hemmt die Freisetzung be- stimmter Hormone, sodass Schmer-

zen gelindert und Angst- und Spannungszustände gelöst werden.

Die chemische Verwandtschaft von GHB zu GABA machte man sich in der Medizin zunutze, denn im Gegensatz zu GABA ist GHB in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und wird daher als Nar- kotikum eingesetzt.

Karriere als Partydroge Die Technobewegung der 1990er-Jahre entdeckte GHB als Stimulanz, denn in niedrigen Dosen überwiegt der aufputschende Effekt. Etwa zehn bis dreißig Minuten nach der Einnahme kommt es zu gesteigerter sexueller

Erregung. Die Droge wirkt eupho- risierend; man fühlt sich wach, klar und überlebensgroß. Gleichzeitig bewirkt GHB, dass man sich sozial öffnet – ein wichtiger Effekt für die Technoszene, die ihre Philosophie in

„Love, Peace and Unity“ sieht. GHB ist zudem im Urin nur zwölf und im Blut sogar nur sechs Stunden nach- weisbar – ein wichtiges „Verkaufsar- gument“ für eine illegale Droge, die seit 2002 unter das Betäubungs- mittelgesetz fällt. Liquid Ecstasy ist zwar als Feststoff erhältlich, wird jedoch meist, passend zum Namen, als Flüssigkeit in kleinen Fläschchen verkauft. In geringer Dosierung hält die Wirkung etwa drei bis vier Stun- den an. Mit Ecstasy (MDMA) und

dessen Wirkweise hat Liquid Ecstasy dabei aber nichts zu tun. Man nannte die Droge wohl vor allem so, um von der Beliebtheit von Ecstasy, die im- merhin Partydroge Nummer eins war, zu profitieren.

Risikopotenzial durch Misch- konsum Liquid Ecstasy kann abhän- gig machen, was sich beim Entzug durch Schweißausbrüche, Zittern und depressive Verstimmungen äußern kann. Diese Symptome ver- schwinden jedoch relativ schnell, in der Regel bereits nach einigen Tagen.

Schwerer wiegt der psychische Ent- zug, denn wie bei allen Feierdrogen

ist der soziale Druck innerhalb der Gruppe sehr stark. Dabei besteht die größte Gefahr im Mischkonsum.

Selten wird an einem Clubabend nur eine Droge konsumiert. Die meisten User starten mit Aufputschmitteln wie Speed, Ecstasy oder Kokain, neh- men dann noch Alkohol zu sich, um frühmorgens mit Cannabis wieder runterzukommen. Vor allen Dingen die gleichzeitige Einnahme von Al- kohol, Schmerzmitteln oder Opiaten kann bei Liquid Ecstasy jedoch zu lebensgefährlichen Nebenwirkun- gen führen. Meist sterben die Kon- sumenten an Atemstillstand. ■

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist VergewaltigungSDroge

in hohen Dosen wird liquid ecstasy auch in krimineller absicht als

„K.o.-tropfen“ angewendet. Dabei schütten die täter ahnungslosen Menschen gHB in ein getränk. Die Betroffenen werden bewusstlos und zum opfer von raub oder Vergewaltigung. Meist wachen sie am nächsten Morgen auf und erinnern sich an nichts, da amnesien im liquid-ecstasy-rausch sehr häufig vorkommen. Die opfer können die täter also nicht identifizieren. Dazu kommt, dass es sehr schwierig ist, eine anwendung von K.o.-tropfen nachzuweisen, da der wirkstoff im Körper meist schon wieder abgebaut ist, bevor die Betroffenen vollständig zu sich kommen.

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DIE PTA in Der aPotHeKe | September 2013 | www.pta-aktuell.de

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