Erg¨anzungen zu Physik II Menschliches Auge und Lupe
Menschliches Auge und Lupe
Beugungserscheinungen haben einen grossen Einfluss auf die Leistungsf¨ahigkeit optischer Instrumente (Lupe, Fernrohr, Mikroskop, Gitterspektrograph) sowie auch auf das Aufl¨osungsverm¨ogen des Auges.
Lupen bewirken (ebenso wie Mikroskop und Fernrohr) in erster Linie eine Vergr¨osserung des Sehwinkels, unter dem wir einen Gegenstand sehen. Infolge der Beugung gibt es gewisse untere Grenzen f¨ur die Gr¨osse von Objekten, die wir noch wahrnehmen k¨onnen.
Das menschliche Auge
Bindehaut Linsen Aufhängung
A.-K. Iris Pupille
Linse Hornhaut
Ziliarmuskel Lederhaut
Aderhaut G
Netzhaut Sehnerv Netzhaut-
grube Obwohl das Auge wie eine billige Kamera nur aus zwei Elementen, der Hornhaut und der nicht-sph¨arischen Lin- se, besteht, erzeugt es dank der Bildverarbeitung im Gehirn ausgezeichnete Bilder. Die beiden Augen sehen sph¨arisch (r¨aumlich), kompensieren Fehler, Unsch¨arfen – und das Gehirn korrigiert online verschiedene Ab- bildungsmassst¨abe (Gleitsichtbrille) verbunden mit ei- nem riesigen Empfindlichkeitsbereich, mit dem Inten- sit¨atsunterschiede von rund 1015 wahrgenommen werden k¨onnen.
n'=1.336 N W G K
K' L
F' H H'
A.-K.
W
F n=1
17.06mm 0.25mm
22.80mm
Die abbildende Optik besteht aus der Hornhaut (Kornea), der Linse, deren Brechkraft durch den Ziliarmuskel ver¨andert wer- den kann, und der in der gew¨olbten Bildebene liegenden Netz- haut (Retina). Das Auge wird durch die skizzierten zwei Brenn- weiten mit den dazugeh¨origen Hauptebenen und den 2 Kno- tenpunkten charakterisiert.1
Unter der sogenanntenBrechkraftoderSt¨arkeeiner in einem Medium mit Brechungsindexn1befindli- chen Linse der Brennweitef versteht man das Verh¨altnisn1/f[mit der Einheit 1m−1= 1 Dioptrie]. Beim Auge betr¨agt nun die Brechst¨arke der Hornhaut 40 dpt, diejenige der entspannten Linse nur 20 dpt, d.h.
die haupts¨achlichste Brechung findet an der Hornhaut statt. Man kann das wirkliche Auge durch eine reduzierte Optik ersetzen, die aus einer einzigen brechenden Fl¨ache besteht mit einem reduzierten Horn- hautradius = 5.12 mm und reduziertem Brechungsindex = 1.34. Die reduzierte Hornhaut liegt 2.3 mm hinter der wirklichen. Die vordere Brennweite betr¨agt dann 16.74 mm, die hintere 20.1 mm.
Es gilt dann:2 1 p+n
i =n−1
r (und z.B. r= 5.12 mm, p=∞: →f2= 20.1 mm).
Die Hornhaut und die Linse sind nicht-sph¨arisch, zusammen mit der gew¨olbten Netzhaut werden damit Linsenfehler korrigiert.
Durch eine verst¨arkende enzymatische Wirkung wird der Na- und K-Ionenhaushalt der Sehzellen be- einflusst, was zu Membranpotentialen von einigen 10 mV f¨uhrt.3 Beim 1.5 mm2 grossen gelben Fleck (Macula lutea) handelt es sich um die Stelle des sch¨arfsten Sehens. Die Makula enth¨alt 150000 Z¨apfchen pro mm2, aber keine St¨abchen. Beim blinden Fleck verlassen die Sehnerven den Augapfel.
1Z.B. Ludwig Bergmann und Clemenz Sch¨afer, “Lehrbuch der Experimentalphysik”, Bd.3 Optik.
2Vgl. die (der Abbildungsgleichung f¨ur d¨unne Linsen entsprechende) Formel (35-8) im Halliday, Kap.35-5 (
”Sph¨arisch brechende Fl¨achen“) (ersetzen1= 1,n2=n).
3Scientific American, April 1987.
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Erg¨anzungen zu Physik II Menschliches Auge und Lupe
Kr¨ummungsradius der Hornhaut 7.83 mm vorderer Linsenkr¨ummungsradius 5.5–10 mm hinterer Linsenkr¨ummungsradius 5.5–6 mm n Kammerwasser, n Glask¨orper 1.3365
n Linse 1.358
Pupillendurchmesser 2–8 mm vordere Brennweite f 14–17 mm hintere Brennweite f’ 19–23 mm Abstand der Hauptebenen h 0.25 mm
Nahpunktentfernung 25 cm
Die Netzhaut enth¨alt'7×106farbempfindli- cheZ¨apfchenund 1.3×108hell-dunkel emp- findlichenSt¨abchen. Die Z¨apfchen enthalten die rasch regenerierenden Sehpigmente Jodop- sin und Zyanopsin, die St¨abchen das langsam regenerierende Rhodopsin (’Sehpurpur’). Die Sehpigmente werden durch das Licht zersetzt.
Einige Ausdr¨ucke:
• Myopie = Kurzsichtigkeit, Augapfel ist zu lang, wird durch Zerstreuungslinsen korrigiert.
• Hyperopie = Weitsichtigkeit.
• Akkomodationsverm¨ogen = F¨ahigkeit des Auges zum Anpassen der Brennweite. Mit zunehmendem Alter verliert das Auge sein Akkomodationsverm¨ogen.
• Adaptationsverm¨ogen = F¨ahigkeit des Auges zur Anpassung an die Lichtintensit¨at. Die Hellanpas- sung geht durch die Pupillenverengung sehr schnell vor sich. Die Dunkeladaptation dauert als Folge der langsamen Regeneration des Rhodopsins rund 20 Minuten.
700 600 500 400 /nm
grün blau rot
Empfindlichkeit
Das Farbensehen beruht auf drei Arten von Z¨apfchen mit brei- ten Farbempfindlichkeiten. Die maximale Empfindlichkeit der Z¨apfchen liegt, wie die Untersuchung der h¨aufigen Farbblind- heit ergibt, bei: λmax(rot) = 570 nm,λmax(gr¨un) = 535 nm, λmax(blau) = 455 nm.
Das Aufl¨osungsverm¨ogen des Auges
Mit einem nicht-akkommodierten Auge wird ein sehr weit entfernter Gegenstandspunkt auf die Netzhaut abgebildet. Infolge der Wellennatur des Lichtes ist der Bildpunkt aber kein mathematischer Punkt, son-
von P
von Q
1 1
D
dern das Beugungsbild der Pupille, die den Strahlengang begrenzt.
Das Licht wird an dieser kreisf¨ormigen ¨Offnung (D) gebeugt4 und erzeugt auf der Netzhaut ein ringf¨ormiges Interferenzmuster. Sollen zwei sehr weit entfernte PunkteP und Qnoch getrennt wahrgenom- men werden, so nimmt man an, dass diese Trennung noch gelingt, wenn das Intensit¨ats-Maximum 0. Ordnung des PunktesP auf das 1. Mini- mum der Intensit¨atsverteilung des PunktesQf¨allt. Beide m¨ogen einen Abstanddhaben. F¨ur das 1. Minimum gilt5 sinα1,min ≈1.22Dλ bzw.
f¨ur sehr kleineα:α1min≈1.22Dλ.Dieser Winkel ergibt die notwendige Winkeldistanz, damit zwei Objekte noch getrennt wahrgenommen werden k¨onnen. Den Kehrwert dieser Distanz, also die Gr¨osse
0 5 10
0.0 0.2
_1 I
_1,min
U := 1
α1,min = 0.82D
λ definiert man alsAufl¨osungsverm¨ogen.
Dem Winkel α1,min entspricht auf der Netzhaut eine Distanz von d≈f α1,min, wennf die bildseitige Brennweite ist.
4Vgl. Kap.37-5 (
”Beugung an einer kreisrunden ¨Offnung“) im Halliday.
5Vgl. Formel (37-12) ebenda.
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Erg¨anzungen zu Physik II Menschliches Auge und Lupe
Mit einer mittleren Wellenl¨ange λ = 0.5µm = 5·10−7m und D = 3 mm erh¨alt man α1,min ≈ 42 Bogensekunden und d ≈ 4.7µm. Diese Entfernung entspricht – nach einer optimalen Anpassung im Verlaufe der Evolution – in etwa auch dem Abstand benachbarter Z¨apfchen.
L e O
Durch Akkommodation (d.h. zus¨atzliche Kr¨ummung der Au- genlinse) kann die Brennweitef des Auges verkleinert werden, sodass auch n¨aher am Auge gelegene Gegenst¨ande gesehen wer- den k¨onnen, und zwar bis hinunter zu etwa L = 25 cm, der deutlichen Sehweite.
Ein GegenstandOm¨oge bei diesem Abstand unter einem Winkelθerscheinen. Dieser Beobachtungswinkel wird gr¨osser, wennO n¨aher ans Auge r¨uckt. Das Auge kann aber Gegenst¨ande innerhalb der deutlichen Sehweite nicht mehr scharf wahrnehmen, da dann das Bild hinter die Netzhaut f¨allt.
Bv
O
F p
L
e' Eine Lupe(Sammellinse) muss zur Hilfe genommen werden, deren virtuelles Bild wieder im Abstand L unter dem ver- gr¨osserten Beobachtungswinkel ´θwahrgenommen wird. Es gilt
also: tanθ=O
L, tan ´θ= O
p und wegen der Abbildungsgleichung 1
p− 1 L = 1
f (L= 25cm) und tan ´θ=O
1
f + 1 L
.
F¨ur die durchM := ´θ/θ definierteWinkelvergr¨osserungerh¨alt man bei kleinen Winkeln, d.h.
f¨ur tanθ≈θund tan ´θ≈θ:´ M :=
θ´ θ =L
1
f + 1 L
= 1 +L f .
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