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Anfangsunterricht:

Kinder lernen anders

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T h e m a

Stolperstein eins

Stolperstein zwei

Stolperstein drei

ben funktionieren. Außerhalb der Schule haben diese Kinder oft kein Interesse an Schrift, somit ist es auch nicht notwendig, ihre Vorstellung zu revidieren, für die Schule und die Hausaufgaben reicht ihre Hypothese aus.

Wie erklärt man Steven, dass er ein Jahr lang nicht richtig gelesen und geschrieben hat?

Wie würde es ihm ergehen, wenn er die erste Klasse wiederholen müsste? Würde er dadurch Lust bekommen, sich erneut und eventuell sogar mit dem gleichen Lehrgang auf das Lesen und Schreiben einzulassen?

Paula hat mit dem Lesen und Schreiben Mühe. Am Schulanfang konnte sie noch nicht ihren Namen schreiben, ging aber mit viel Eifer an die Sache heran. Sie gibt sich große Mühe, hinkt aber trotzdem immer hinter den anderen her. Am Ende der ersten Klasse beginnt sie plötzlich, alle Wörter lautierend zu erlesen. Das klingt sehr komisch und mei- stens muss sie dann noch überlegen, was diese merkwürdige Lautfolge bedeutet, zum Beispiel W-OO-L-K-EE, um das Wor t dann richtig aussprechen zu können. Bei der Leh- rerin und den anderen Kindern klingt das immer ganz anders, die sagen gleich

„Wolke“. Paula bekommt den Eindruck, dass ihr mühsam lautierendes Lesen doch nicht richtig ist und liest wieder auswendig bzw.

errät die Wör ter, die sie noch nicht kennt.

Dass die anderen Kinder vorher auch so komisch gelesen haben, nun aber schon geübter sind und deshalb fließender lesen können, hat Paula nicht gemerkt.

Am Schulanfang betragen die Entwicklungs- unterschiede in Bezug auf den Schriftsprach- erwerb zwischen den Kindern einer Klasse drei bis vier Jahre. Bei Kindern, die noch am Anfang dieser Entwicklung stehen, fällt in der Schule manches als Besonderheit auf, was eigentlich ganz normal ist, nur zu einem Zeit- punkt, zu dem die meisten oder alle anderen Kinder in ihrer Entwicklung längst darüber hin-

weg sind. Paula fällt selbst auf, dass die ande- ren anders lesen, leider mit der fatalen Konse- quenz, dass sie nun diese notwendige Strate- gie des lautierenden Erlesens zugunsten ande- rer, leider nicht ausreichender Strategien wie- der verwirft. Ohne eine verständnisvolle Leh- rerin, die Paula in dieser Phase ihres noch unvollkommenen, aber richtigen Erlesens unterstützt, wird Paula es sehr schwer haben, irgendwann richtig lesen zu lernen. Diese Ent- wicklungsunterschiede, die während der Schulzeit nicht nivellier t werden können, fin- den sich nicht nur beim Lesen, sondern spie- len auch beim Or thografieerwerb eine ganz entscheidende Rolle. Oft werden bestimmte Fehler von Kindern sogar als untrügliches Anzeichen einer Legasthenie oder Lese- Rechtschreibschwäche interpretier t, obwohl durch Längsschnittstudien belegt ist, dass diese Fehler jeweils typisch für eine bestimmte Ent- wicklungsphase sind. Allerdings haben sie viele Kinder schon zu Beginn der Schulzeit bzw.

sogar schon im Vorschulalter durchlaufen. Tre- ten diese Fehler bei einem Kind erst in der dritten Klasse auf, scheinen sie ein Symptom für eine besondere Schwäche zu sein.

Auf dem Weg zur Schrift liegen viele Stolper- steine. Die drei beschriebenen haben zwei Gemeinsamkeiten: Erstens sind sie besonders groß und können für einzelne Kinder zu einem unüberwindbaren Hindernis werden. Zwei- tens müssten sie den Kindern gar nicht im Weg liegen, wenn wir uns in der Schule end- lich davon verabschieden würden, dass alle Kinder zur gleichen Zeit das Gleiche lernen sollen. Kinder mit so unterschiedlichen Voraus- setzungen und Interessen brauchen Lehrerin- nen und Lehrer, die ihr Handwerk verstehen und die Lernwege von Kindern erkennen und unterstützen, statt sich von Lehrgängen gän- geln zu lassen.

Erika Brinkmann

Professorin an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch-Gmünd, Referentin des Lehrganges

„Ganzheitliches Lernen im Anfangsunterricht“, veranstaltet vom Pädagogischen Institut

Jahr der Fall. Kinder wie Lukas bringen aber schon eine ganze Menge an Vorwissen über die Schrift mit, sie kennen bereits eine Reihe von Buchstaben – im Durchschnitt kennen die Kinder am Schulanfang schon 7 bis 14 Buch- staben. Und sie haben genaue Vorstellungen davon, wofür man die Schrift gebrauchen kann: zum Briefe schreiben, um sich die Tele- fonnummer von Freunden aufzuschreiben, um Bücher zu lesen, um den Einkaufszettel zu lesen, um in der Fernsehzeitung zu schauen, wann der Lieblingsfilm gesendet wird.

Wird diese Erwartungshaltung enttäuscht, ver- lieren die Kinder rasch die Lust am Lesen- und Schreibenlernen und der Unterricht geht an ihnen vorbei.Verpasst wird hier die Chance, das

Interesse der Kinder an der Schrift zu erhalten und zu fördern. Der Schriftspracherwerb ist ein außerordentlich komplexer Prozess, der nur mit großer Anstrengung geleistet werden kann.

Der beste Motor dafür ist das Interesse der Kinder an der Sache – fehlt es, laufen die Unter- richtsbemühungen oftmals ins Leere.

Steven kommt in den ersten Wochen und Monaten in der Schule gut zurecht. Vor der Schule hatte er sich kaum für die Schrift interessier t und auch jetzt ist sein Interesse nicht sehr groß. Er freut sich aber, wenn er am Nachmittag seiner Mutter aus der Fibel schon etwas vorlesen kann. Die Schreibaufgaben machen ihm keine zu große Mühe, es ist halt eine Geduldsprobe, alle Buchstaben und Wör ter einigermaßen ordentlich ins Heft abzumalen. Am Ende des ersten Schuljahres kommt plötzlich ein Einbruch: Die Kinder sol- len einen kleinen Text ohne vorherige Übung lesen. Das kann Steven nicht und er versteht die Welt nicht mehr.

Durch den erst langsam anwachsenden Buch- stabenbestand und dem daraus resultierenden sehr begrenzten Wortmaterial in einem lehr- gangsmäßigen Anfangsunterricht entsteht zu Beginn für etliche Kinder der Eindruck, dass Lesen bedeutet, einen Text auswendig wieder- zugeben, der beim Schreiben entweder abge- malt wird, oder es werden auswendig gelernte Wör ter zu Papier gebracht. Viele dieser Kin- der bekommen durch die in jedem Lehrgang enthaltenen Durchgliederungsübungen beiläu- fig das alfabetische Prinzip unserer Schrift mit und werden schließlich kompetente Leser und Schreiber.

Andere Kinder wie Steven gewinnen diese Einsicht aber nicht. Da sie von Anfang an mit ihrer Strategie erfolgreich sind – die paar Buchstaben und Wörter, die ständig im Unter- richt wiederholt werden, lassen sich leicht merken – festigt sich bei ihnen eine falsche Vorstellung davon, wie das Lesen und Schrei- Lukas freut sich auf die Schule. Er will Lesen

und Schreiben lernen und endlich zu den Gro- ßen gehören. Seinen Namen kann er schon schreiben, auch den von seiner kleinen Schwes- ter Fia und natürlich MAMA und PAPA. Das letzte Jahr im Kindergarten fand er ziemlich langweilig, besonders dann, wenn alle Kinder malen sollten, das mochte er gar nicht.

Endlich geht die Schule los!

Am ersten Schultag sollen alle Kinder ein Bild von ihrer Schultüte malen. An den folgenden Tagen geht es mit dem Malen weiter: Angefan- gene Muster sollen in Reihen weitergeführt werden, Schäfchen sollen ein lockiges Fell bekommen.

Kinder auf dem Weg zur Schrift

Stolpersteine beim Schriftspracherwerb

Nach ein paar Wochen ist es endlich soweit, die Lehrerin verteilt die Fibeln und die ersten Buchstaben werden gelernt: das F, das U, das R und das A. Bis auf das R kennt Lukas sie schon alle. Die Schule findet er inzwischen ziemlich langweilig.

Kinder kommen mit einer hohen Erwartungs- haltung in die Schule, die oft rasch enttäuscht wird, weil es mit dem Lesen und Schreiben noch lange nicht losgeht. Oft dürfen die Kin- der erst dann selbstständig anfangen zu schrei- ben, wenn in der Schule alle Buchstaben dran waren – und das ist meist erst nach einem

Ein Brief an Mama und Papa

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So macht Mathe Spaß Aufgabe des Erstrechnens ist es, nach Möglichkeiten und Wegen zu suchen, die einen

ganzheitlichen, offenen Einstieg und eine konsequente aktiv-entdeckende Arbeitsweise ermöglichen. Die tragfähige Grundlage dieser Überlegungen ist das Prinzip des entdeckenden Lernens: Das Kind gestaltet seine Lernhandlung selbst und arbeitet dabei aktiv an seinem Wissensfortschritt, während der Lehrende als Organisator der Lernsituation auftritt. Wissen kann nicht als Fertigprodukt vermittelt werden, sondern wird von den Lernenden selbst – ausgehend von ihrem Vorwissen – im sozialen Kontakt mit dem Lehrenden und anderen Lernenden konstruiert. Die Aufgaben des Lehrenden bestehen darin, die Lernangebote gut strukturiert und fachlich begründet zu organisieren, das heißt Lernräume zu schaffen, herausfordernde Anlässe zu finden und anzubieten, ergiebige Arbeitsmittel und produktive Übungsformen bereitzustellen und vor allem eine Kommunikation aufzubauen und zu erhalten, die für alle Lernenden förderlich ist. Herausforderungen können immer dann geschaffen werden, wenn es bei den Aufgaben und ihren Ergebnissen mathematisch etwas zu entdecken gibt. In der Aufgabenreihe 2+3=5, 3+3=6, 4+3=7 usw. können die Kinder entdecken, dass der erste Summand um eins erhöht wird und somit auch das Ergebnis um eins ansteigt. Sie können entdecken, dass die Nachbarn der Verdoppelungsaufgaben je eins unter bzw. über dem Verdoppelungsergebnis liegen.

Die Zahl der Anschauungsmaterialien sowie der zeichnerischen und symbolischen

Darstellungsmittel wird auf die wesentlichen beschränkt. Lernhilfen und Abbildungen sprechen nicht für sich selbst, sondern stellen für die Kinder zusätzlichen Lernstoff dar, mit dem sie sich erst einmal vertraut machen müssen. Die Darstellungsmittel dienen dabei nicht nur der sorgfältigen Begriffsbildung in der Einführungsphase, sondern regen über den gesamten Lernprozess hinweg zur Einsicht in Rechenverfahren und Gesetzmäßigkeiten an und werden als Argumentationshilfe herangezogen. Grundlegend ist im Erstunterricht nicht die Einführung der Zahlnamen und der Zahlreihe – die, wie Vorkenntnisuntersuchungen zeigen, vielen Kindern geläufig ist – sondern die Ausbildung qualitativer Zahlvorstellungen. Qualitative

Zahlvorstellungen sind solche, die in arithmetischen Situationen bestehen und hilfreich sind.

So bietet zum Beispiel das 20er-Feld eine sinnvolle Darstellung des Zahlenraums bis 20, die die Struktur in zwei Zehner und somit vier Fünfer verkörpert. Schon beim ersten Legen von Zahlen kann den Kindern selbstständig deutlich werden, dass eine strukturierte Zahlerfassung dem zählenden Ermitteln von Anzahlen überlegen ist. Später können Additions- und

Subtraktionsaufgaben auf dem Feld gelegt und berechnet werden. Auch hier kann die Struktur, die sich in der Kraft der 5 verkörpert, ausgenutzt werden. Im Gegensatz zu traditionellen Konzepten sind jedoch verschiedene Darstellungen und somit verschiedene Rechenwege möglich und erwünscht. Die Aufgabe 6+7 muss nicht in der Form 6+4+3 im Rahmen der so

genannten Zehnerergänzung gelöst werden, sondern kann auch durch bereits vorhandenes Wissen berechnet werden: Ich weiß, dass das Doppelte von sechs 12 ist und 6+7 ist einer mehr, also 13. Oder: Die Aufgabe wird durch die optisch unterstützte Gliederung der Zahlen in Fünfer berechnet: 6=5+1 und 7=5+2, also ist 6+7=5+5+1+2=13.

Die intensive Übung von Wissenselementen und Fertigkeiten wird mit der Förderung der allgemeinen Lernziele – Mathematisieren, Explorieren, Argumentieren, Formulieren –

verbunden. Üben macht dann Sinn, wenn Muster gesehen und beschrieben und eventuell auch begründet werden können. Hierzu dienen viele Übungsformate, die Zahlen miteinander in Beziehung setzen und somit immer einen Zuwachs der mathematischen Bildung ermöglichen.

Die Automatisierung basaler Fertigkeiten wird erst dann angestrebt, wenn das verstehende Lernen abgeschlossen ist.

Die Lernangebote sind so reichhaltig angelegt, dass sie jedes Kind quer über das gesamte Leistungsspektrum für seine Fortschritte nutzen und selbst organisieren kann. Dadurch wird die individuelle Förderung von Kindern im gemeinsamen Unterricht ermöglicht. Lernziele, die in einer bestimmten Unterrichtseinheit von allen Kindern erreicht werden müssen, gibt es im Konzept von „mathe 2000“ nicht. Hingegen werden die großen Ziele, das heißt das wachsende Verstehen der Grundideen auf verschiedenen Niveaus immer wieder angestrebt. Lücken im Wissensnetz der Kinder müssen demnach nicht sofort geschlossen, sondern können individuell unterstützt und auch akzeptiert werden, da die Thematik zu verschiedenen Zeiten wieder aufgegriffen und dann vertieft wird.

Susanne Steinweg

Professorin für Mathematik an der Universität Dortmund, Referentin des Lehrganges

„Ganzheitliches Lernen im Anfangsunterricht“, veranstaltet vom Pädagogischen Institut

Mathematik

im Anfangsunterricht

Schöne Mathematik für alle Kinder

Weniger ist oft mehr

Produktives Üben

Prinzip der natürlichen Differenzierung

Eine mögliche Darstellung für Zahl 6

und für die Aufgabe 6+7 am 20er-Feld

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Melanie Pazneller, 2. Klasse:

„In die Portfoliomappe gebe ich meine besten Arbeiten und alle können sehen, was ich kann.“

T h e m a

Ein erweiterter Lernbegriff erfordert veränderte Bewertungsformen. In den letzten 10 bis 15 Jahren hat sich eine neue Lernkultur entwickelt.

Schulen öffnen sich dem Erfahrungsraum ihrer Umgebung, Projekttage und Projektwochen werden durchgeführ t, Schülerinnen und Schüler suchen besondere Lernorte auf, lernen entdeckend und selbstständig im Rahmen von Lernwerkstätten, Wochenplänen und Freiarbeit. In Gruppen- und Facharbeiten lernen sie an persönlich bedeutsamen Themen. Für viele Lehrerinnen und Lehrer, die diese Lehr- und Lernfor- men praktizieren, existiert ein Widerspruch zwischen der neuen Lern- kultur einerseits und tradierten Bewertungsformen andererseits. Lehr- personen wollen die Leistung von Schülerinnen und Schülern nicht nur einstufen, sondern mit ihnen darüber reden, anhand von Lerntagebü- chern Entwicklungen verfolgen, Rückmeldungen geben, zur Selbstbe- wertung und Lernreflexion anregen und Arbeiten präsentieren lassen.

Ein offener, schülerzentrierter Unterricht bedarf einer differenzierten und individualisierten Form der Bewertung. Die Lernforschung zeigt, dass Leistungsfeststellungen das Lernen beeinflussen: direkt und indi- rekt, positiv und negativ. Positive Auswirkungen auf das Lernen können erzielt werden, wenn das pädagogisch-didaktische Konzept und die Form der Leistungsbeurteilung aufeinander abgestimmt sind. Das Port- folio ermöglicht eine gerechtere und förderorientierte Beurteilung, die im besonderen Maße auch die individuellen Voraussetzungen, die unterschiedlichen Lernwege und vielfältigen Interessen der Schülerin- nen und Schüler berücksichtigt. Diese setzen sich mit Qualitätskriterien und Leistung auseinander, sie übernehmen Mitverantwortung für das eigene Lernen, reflektieren bewusst über Lernerfahrungen und Lern- fortschritte und gewinnen auf diesem Wege die Fähigkeit zur realisti- schen Einschätzung der eigenen Leistung.

Das Portfolio ist die Dokumentation von erbrachten Leistungen und erworbenen Kompetenzen. Es hält fest, was das Kind gelernt hat, wie es Lernaufgaben angeht, wie es denkt, Fragen stellt, analysiert, etwas pro- duziert und wie es sich mit anderen intellektuell, emotional und sozial auseinander setzt. Es ist eine zweckgerichtete, strukturierte Sammlung von ausgewählten und kommentier ten Arbeiten, die das Kind und seine Bemühungen präsentier t. Die Arbeit mit Por tfolio gibt Anstoß zur Lernreflexion, befähigt das Kind allmählich an der Beurteilung der eigenen Arbeit teilzunehmen und Spuren des individuellen Fortschritts zu verfolgen. Die abgelegten Dokumente machen den Ausprägungs- grad der erworbenen Kompetenzen ersichtlich und sind Grundlage zur Evaluation des individuellen Leistungsbildes des Kindes. Das Portfolio gibt auch Auskunft über die Qualität und Wirksamkeit der didaktischen Maßnahmen.

Wenn die Lehrpersonen alle Lernenden fördern und ihnen gerecht werden wollen, wenn sie Raum geben für ihre Lernwege, Talente und Interessen, ihre kulturellen Hintergründe und für ihr unterschiedliches Entwicklungstempo, dann werden sie nicht umhin kommen, das Lernen zu individualisieren. Individualisierte Lernpläne und Portfolios schaffen Raum für differenzier tes Lernen. Nicht die Notengebung steht im Vordergrund, sondern die Lernentwicklung. Der Blick richtet sich auf das, was das Kind kann, wie es lernt und wo es zusätzlich Hilfe braucht.

Schülerinnen und Schüler, Lehrpersonen und Eltern führen das Portfo- lio gemeinsam. Damit dies gelingen kann, bedarf es regelmäßiger Gespräche, transparenter Lernziele und klarer Bewertungskriterien. In sogenannten Portfoliogesprächen werden Lernziele festgelegt, Arbei- ten besprochen, ausgewählt und kommentiert. Gespräche und Refle- xionen über das eigene Lernen sollen die Kinder allmählich befähigen ihre Leistungen selbst einzuschätzen, sich selber Ziele zu setzen und das weitere Lernen zu planen.

Die Bewertung mittels Portfolio bezieht Eltern verstärkt in die päda- gogische Arbeit mit ein. Eltern bekommen durch Portfolios nicht nur einen größeren Einblick in die Lernfortschritte ihrer Kinder, sondern sie ergänzen gemeinsam mit ihnen die Dokumentation der außerschulisch erworbenen Kompetenzen. Por tfolios sind ganzheitlich ausgerichtet und umfassen die ganze Persönlichkeit. Besondere Interessen, Talente und Fähigkeiten sowie herausragende Leistungen in Vereinen oder Institutionen finden im Portfolio Anerkennung und können dazu beitra- gen, die Schülerinnen und Schüler besser zu verstehen.

Helga Pircher

Projektbegleiterin für den Anfangsunterricht

Das Portfolio

der individuellen Kompetenzen

Dem eigenen Lernen auf der Spur

Portfolios eröffnen eine veränderte Leistungsbewertung

Was ist ein Portfolio?

Lernzielorientierung und individualisierte Lernpläne

Über das eigene Lernen nachdenken und über Leistung sprechen

Die Rolle der Eltern und die Anerkennung außerschulischen Lernens

Eltern und Lehrpersonen beim Informationsabend zum Portfolio

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Eine Arbeitsgruppe des Pädagogischen Insti- tuts hat die Materialien für den Unterricht rechtzeitig vorbereitet. Zu Beginn des Schul- jahres wurde auch eine Arbeitsgruppe einge- setzt, bestehend aus Jolanda Caon, Mitarbeite- rin des Pädagogischen Instituts; Rita Gelmi, Inspektorin für die Zweite Sprache; Valentina Lazzarotto, Lehrerin der Zweiten Sprache und Universitätsdozent Kurt Egger. Diese Gruppe sollte den Verlauf des Unterrichts begleiten.

Sie wählte acht Klassen aus, die über das ganze Land verstreut sind und unterschiedliche Sprachgruppenverhältnisse am Ort darstellen:

Toblach, Sand in Taufers, Gasteig bei Sterzing, Bozen, Sarnthein, Margreid, St. Nikolaus in Ulten, Algund. Diese acht Klassen sollten vier- mal im Jahr besucht werden (Oktober, Dezember, März, Mitte Mai). Bei den Besuchen werden der Unterricht in der Klasse beobach- tet und Interviews mit den Italienischlehrerin- nen geführt. Beim ersten Besuch im Oktober 2003 wurden auch die Deutschlehrerinnen und -lehrer sowie die Direktoren und Direk- torinnen nach ihren Meinungen befragt.

Was lässt sich nun nach zwei Besuchen sagen?

Es geht nicht um ein Urteil über den Unter- richt in allen Schulen. Aber die Mitglieder der Arbeitsgruppe konnten einige Erkenntnisse und Eindrücke sammeln.

„Was mich wundert“, sagt eine andere erfahrene Lehrperson, „ist die Motivation, die die Kinder mitbringen!“ Und diese Motivation wird auch von den Eltern mitgetragen. Sie erzäh- len mit Begeisterung, was sie von den Kindern zu Hause über den Italienischunterricht hören.

„Damit die Stunde gut gelingt, braucht es viel Abwechslung; ich muss das in meiner Planung berücksichtigen“, berichtet wiederum eine andere Lehrerin. „Am Ende einer Unterrichtseinheit bin ich ziemlich müde, ich muss alle meine kreativen Fähigkeiten einsetzen, um die Aufmerksamkeit der Kinder aufrecht zu halten.“

Viele Erfahrungen, viele Meinungen, aber aus allen geht hervor, dass sich die Italienischlehrpersonen dieser neuen Herausforderung mit Kopf, Herz und Hand gestellt haben. Mit Kopf, weil hinter den Spielen immer genaue Lernziele stehen; mit Herz, weil sie mit Begeisterung unterrichten; mit Hand, weil auch viel gebastelt wird. Die Italienischlehrerinnen arbeiten intensiv und haben auch einiges an Mehrarbeit zu leisten: Sie besuchen eifrig die angebotenen Fortbildungsveranstaltungen und eignen sich dadurch neue Methoden des frühen Zweitsprachunterrichts an, die das Einbeziehen aller Sinne vorsehen (Total Physical Response, Erzählender Ansatz). Sie schaffen somit für ihre Schülerinnen und Schüler die Basis für lebenslanges Sprachenlernen.

Rita Gelmi,Inspektorin für die Zweite Sprache

DDie Italienischlehrerinnen sind durchwegs begeistert von der Möglichkeit, in spielerischer Form mit dem Italienischunterricht zu begin- nen. Wir haben uns sagen lassen, dass gerade erfahrene Lehrerinnen auch in den anderen Anfangsklassen eine Art des Unterrichts pfle- gen, der ähnlichen didaktischen Grundsätzen folgt. Ein Direktor hat sich so ausgedrückt: Posi- tiv empfinde er vor allem den lockeren Start.

DFast alle Lehrerinnen berichten, dass Schü- lerinnen und Schüler den Italienischunterricht gern haben. Sie erzählen daheim, welche neuen Wörter sie gelernt haben oder sie wol- len von den Eltern neue Wörter wissen. Viele Lehrerinnen berichten auch, dass von Seiten der Eltern ein Interesse gezeigt wird, das sie früher in diesem Ausmaß nicht erlebt haben.

DDie Befürchtungen der Deutschlehrerinnen und -lehrer, dass die Einführung des Italieni- schen den Unterricht in der Muttersprache beeinträchtige, sind nach den ersten Erfahrun- gen geringer geworden.

D Positiv kann gesagt werden, dass dem Bedürfnis der Kinder nach Abwechslung durch eine gute Strukturierung des Unterrichts in verschiedenen Phasen Rechnung getragen wird.

DBereits jetzt glaubt die Arbeitsgruppe, zwei wesentliche Bedingungen des Erfolgs für den Unterricht erkannt zu haben: Sie betreffen

Klassengröße und Länge der Unterrichtsstun- de. Dreißig, höchstens vierzig Minuten sind die ideale Dauer einer Unterrichtseinheit. Wenn die Klasse aus mehr als 10 Schülerinnen und Schülern besteht, sind auch die erfahrenen Lehrerinnen sehr stark beansprucht.

DIn nächster Zeit wird sich die Arbeitsgrup- pe genauer mit den didaktischen Verfahren beschäftigen. Vor allem muss geklärt werden, was es eigentlich heißt, spielerisch vorzugehen.

Es ist nämlich denkbar, dass in der Klasse nur gespielt wird und den didaktischen Zielen, nämlich der Vermittlung von Sprache, zu wenig Beachtung geschenkt wird.

D Ebenfalls muss die Rolle des Schreibens überdacht werden. In nicht wenigen Klassen haben wir gemerkt, dass die Schülerinnen und Schüler einfach schreiben wollen. Wir haben auch Beispiele gesehen, wie die Italienischleh- rerin und die Deutschlehrerin sich auf Wörter geeinigt haben, wo Deutsch und Italienisch nicht konkurrieren, zum Beispiel das groß geschriebene Wort „Natale“.

D Bei den nächsten Besuchen der Klassen und der Lehrerinnen wird das Augenmerk verstärkt darauf gerichtet werden, was die Schülerinnen und Schüler gelernt haben. Für viele die Frage schlechthin.

Kurt Egger

Dozent an den Universitäten in Brixen,Trient und Innsbruck

dicono i bambini

Zwischenbilanz zum Italienischunterricht in der ersten Klasse

Im September 2003 begann der Italienischunterricht in den ersten Klassen der deutschen Grundschulen. Diese Vorverlegung hat Eltern, Lehrerinnen und Lehrer zu einer intensiven Beschäftigung mit den damit verbundenen Problemen geführt. Inzwischen hat die Landesregierung nach dem Urteil des Staatsrates den vorgezogenen Italienischunterricht ausgesetzt. Er wird auf frei- williger Basis dort fortgeführt, wo die Eltern es wünschen.

Erste Eindrücke

Referenzen

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