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(1)690 Ueber die Wurzelbildung in den Finnisch-Ugrischen Sprachen

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690

Ueber die Wurzelbildung

in den Finnisch-Ugrischen Sprachen.

Von Dr. 0. Donner.

In der Classificirung der Sprachen nach den hauptsächlichsten Merkmalen ihres Baues ist es schou längst als Thatsache angenommen,

dass die Altaischen den s. g. agglutinirenden zugezählt werden

müssen. So sagt Steinthal iu seiuem scharfsinnigen „Charakteristik der hauptsächlichsten Typen des Sprachbaues" (S. 181) diese Sprachen

betreffend : „die Sufti.xe sehliessen sieh an die nicht weiter auf¬

zulösenden Stämme an, die uns als Wurzeln gelten müssen". Ein

anderer auf diesem Gebiete eben so bekannter als genialer Forscher,

Max Müller, äussert sich in folgender Weise über den Bau des

ganzen vou ihm turanisch genannten Sprachstammes, dessen nörd¬

lichen Zweig die Altaischen Sprachen ausmachen: „in noch höherem

Grade (als im Seraitischen) liegen die Bestandtheile in der tura¬

nischen Si)iachenfamilie gleichsam auf der Oberfläche. Es ist einer

der charakteristischen Züge jener Familie, dass die Wurzel, wie

gross auch die Zahl der Präfixe und Suffixe sein mag, immer

scharf ausgeprägt hervortreten muss und uuter ihrer Berührung

mit derivativen Elementen nie leiden darf" (s. Vorlesungen über

die Wisseuschaft der Sprache, Leipzig 1863 S. 229). An einer

anderen Stelle (S. 250): „der einzige t'harakterzug aller turanischer

Sprachen, welcher nie verwischt wird, ist der, dass die Wurzel

nie unkenntlich werden darf". In Uebereinstiraraung hiermit findet

er eine Umwandlung wie z. B. franz. äge aus edage, lat. ata-

ticura in den turanischen Sprachen uumöglich, wie auch Steintbal

offenbar eine Erscheinung, die der Gunirung im Sauskrit entspräche, für eben so unmöglich hält.

Diese Aeusserungen, die wohl so ziemlich die jetzige in der

Wissenschaft herrschende Ansicht repräsentiren dürfen, beruhen

doch auf der bisherigen unzulänglichen Kenntniss dieser Sprachen

und siud auch, wenigstens was die finnisch-ngrischcn Sprachen be¬

trifft, mit dem v.iiklichen Thatbestand in vollständigem Widerspruch.

Nicht nur dass Wortslämme beim Coi-.tact mit Suffixen grösseren

(2)

Donner, ülcr die Wurzelbiidung in den Firtnisrh-Ufir. S2>rachen. 691

oder geringeren Lautverlust durch Abschleifung erleiden , wie z. B.

las-na statt lapse-na vom st. lapse Kind, sondern auch die Wurzel

ist ähnlichen Wandlungsprocessen unterworfen, wie sie uns auf Indo¬

germanischem Boden begegnen. Dies geht aus dera einfachen Vergleich

verwandter Wörter hervor: f. jä Eis tritt in volleren Formen vor

im Mordv. jäj, ung. jeg, ostjak. jenk; f. jüre Wurzel, mordv.

jur, vog. jekur , ung. d'öker; f. kive Stein, raordv. kev, ostj.

keu, ung. kö st. kövä, votj. ko; f. mordv. maksa Leber, syrj. mus

(instr. ra uskän), lapp. m uokse, ung. mäj , ostj. m ügot. Dies liegt

aber noch meistentheils innerhalb der Grenzen der Contraction, aber

auch Schwächung des Wurzelvokals ist auf diesem Gebiete in der

Wörterbildung eiue so überaus häufige Erscheinung, dass sie in

weit grösserem Maasse vorkorarat, als im Indogermanischen. Die

Schwächungsreihen sind a ä e i und a o ö u ü, rait stetiger Be¬

rührung der verschiedenen Schwächungsrichtuugen. So flüssig ist

aber noch die ganze Vokalisation dieser Sprachen, dass mau un¬

sicher wird , ob nicht etwa die Wurzel variirend mit allen Vokal¬

abstufungen als urspr. Gestalt aufgeführt werden muss, lieber als

die variirenden Forraen als blosse Schwächungen anzusehen. Sogar

bei Lehnwörtern kommt zuweilen dieser spielende Vokalwechsel vor:

f. akk una Fenster, aus dem ksl. okno, hat auch die Form ikk una.

Weit entfernt von der starren Festigkeit, die man ihnen zuschreibt, zeigen also die finnisch-ugr. Sprachen hierin einen an die semitischen

Sprachen erinnernden Zug musikalischer Ton Veränderungen, welche

die ganze Vocalscala umfassen.

In einer kleinen Schrift (das Personalpronomen in den Al¬

taischen Si)racheu I, Berlin 186,')) hatte ich schon früher Gelegen¬

heit auf deu Wechsel des Wurzclvokals in der Pronominaldeklination

aller finnisch-ugrisclien Sprachen aufmerksam zu machen; eine Er¬

scheinung, die sich im Ostjakischen sogar auf die Nominal- und

Verbalflexion theilweise erstreckt. Anch in der finnischen und

lappischen Deklination kommeu ähnliche Erscheinungen vor, die

finnische Grammatik hat sie aber als durch die Suffixe veranlasste

Verkürzungen aufgefasst, im Lappischen wird die Vokalsteigerung

nach Caströn ivom Einflüsse des Accents in der Lappländischen

Si>rache St. Petersburg ]84,t in den Memoiren der Akademie VI,

schwedisch in Ztschr. Suomi IK-M) als eine vom Einflüsse des

starken Accents herrührende Erweiterung der Stammsilbe betrachtet,

wodurch 0 u i die diphtongischeu Formen, oa, uo üö, ic erhalten.

Es mnss doch bemerkt werden, dass VcräuderunKen, wie die oben

angeführten , sich nur über ciu ziemlich beschränktes Gebiet der

eigentlichen Flexion erstreckt, wudurch sie, obwohl denselben Ver¬

äuderungen in den iiulo,fcerm. Sprachen analoi.', doch nicht dieselbe

durchgreifende Bedeutung wie dort erhallen haben.

Anders verhält es sich bei der Stainmliildnng. Schon ein ein¬

facher Vergleich identischer Wöi-ter in den verwandten Sprachen

zeigt Vokalverändeningen. welche mit dem oben besprochenen über-

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692 Donner, über (Ue Wurzelbildung in den Finnisch-ügr. Sprachen.

einstimmen. Das Wort kala Fisch, dem im Ungar, hal entspricht,

heisst im Lap. gnolle, guölle, sv. lap. quele; f. kirjun

schreien, kiron fluchen, lap. cierrot, sv. lap. cerot weinen;

f. kota Htitte, liv. kuoda, n. lap. goatte, sv. lap. kote; .f.

sorme Finger, mordv. sur, liv. lapp. suorm; ers. mord. simen

trinken, f. sieme trunk. Da Formen mit einfachem, d. h. kurzem

Vokal und daranf folgendem einfachem Consonanten nicht gegen die

Lautverhältnisse dieser Sprachen Verstössen, muss ein anderer

Grund dieser Erscheinung aufgefunden werden, und dieser ist die

Gunirung des Wurzelvokals, durch den Hauptaccent des

Wortes veranlasst. In einer unter der Presse befindlichen Arbeit,

einem vergleicbenden Wörterbuche der finnisch-ugrischen Sprachen,

habe ich versucht das Wortmaterial auf Wurzeln znrückzuführen. Es

erweist sich, dass diese einsilbig sind, indem die Bildung der Wort-

Stämme aus der Wurzel durch Zufügung eines oder mehrerer Suffixe

in ganz analoger Weise wie in den indogermanischen Sprachen ge¬

schieht. Bei dieser Stammbildung wird auch der Wurzelvokal bald

in der anderen Sprache gesteigert, ohne dass man bis .jetzt, eben¬

sowenig wie in den indogerm. Sprachen , näher angeben könnte,

warum dies nicht immer unter denselben Bedingungen der Fall ist;

ja auch Doppelformen desselben Wortes, z. B. f. sorsa, suorsa

Ente, sind nicht selten. Die Sprachen, welche die Steigerung be¬

sonders lieben , sind die finnische , livische, lappische, sowie auch

die voguHsche und ostjäkische, also Repräsentanten der beiden

Hauptzweige dieser Familie. W^egen der oben besprochenen Flüssig¬

keit in der Vokalisation der Wurzel ist es aber nicht leicht zu be¬

stimraen, welcher einfache Vokal einer gesteigerten Form entspricht.

Die Steigerung no kann z. B. aus a, o und n hervorgehen. Ab¬

gesehen von der Reihe der weichen Vokale ä ö ü, welche in den

fin. ngr. Sprachen einen Gegensatz, aber zugleich auch nur eine

Modifikation zu den barten bilden, kann man daher folgende zwei

Vokalreihen mit ihren entsprechenden Steigerungen anfstellen : die

harten aou und s. g. leichten e i.

Harte aou.

Steigerung ä 5 ü, oder

an ou uo na oe oa.

Leichte e i.

Steigerung e T, oder ei ie.

Es giebt aber noch eine Vokalsteigerung ai, die diphtongische

Vereinigung eines harten und leichten Vokals: sie scheint sowohl

ans a als i hervorgehen zn können. Die diphfongischen Steige¬

rungen der ersten Reihe, sowie ie, können aber nur in der Wurzel¬

silbe vorkommen, der Eigenthümliclikeit der finnischen Sjirachen

gemäss, den Hauptaccent immer auf die erste Silbe des Wortes zu

setzen. .\ber auch diphtongische Wurzeln könuen zuweilen ge¬

steigert werden, so im T.ivischen und Lappischen ai. oi: f. kaivan

(4)

Donner, über die Wurzelbildung in den Finnisch-Ugr Sprachen. 693

graben beisst n. lap. goäivoot, atij. koäivoat, f. koi Morgen¬

röthe = liv. koi aber auch kuoi.

Was die begriffliche Seite der finnisch-ugrischen Wurzeln be¬

trifft, so ist es von hohem Interesse die psychologische Entwickelung

der verschiedenen Vorstellungen aus einander zu verfolgen. Es

geschieht dies hier leichter als auf dem indogermanischen Gebiete

wegen des noch frischen sinnlichen Naturgefühls jener Sprachen, wel¬

ches uoch mächtig ist, so dass man in derselben Wortform die mannig¬

faltigsten Bedeutungen, durch das verknüpfende Band der Wurzel,

herauslauschen kann. Nehmen wir z. B. die weitverbreitete Wurzel

kal, so ist ihre Bedeutung zunächst rasseln, klappern, klopfen,

klingen, weiter: heulen, schreien, rufen. Es giebt aber eine zweite

Wurzel kal, die glatt, glänzend, blass und kalt bedeutet. Nun

vereinigen sich iu mehreren Wortformen die Bedeutungen dieser

beiden Wurzeln, wir würden uns daher sehr irreu, wenn sie nicht

beide als ursprünglich identisch zu setzen wären, indem das ge¬

meinschaftliche iu ihneu die uuruhige Bewegung ist, welche bald

durch das Ohr, bald durch das Auge empfunden wird. Und dies

ist ja auch sprachwissenschaftlich der Begriff einer Wurzel, das All¬

gemeine der Vorstellung, welches verschiedenartig durch die Sinnes¬

organe wahrgenommen wird. Im Finnischen sind ähnliche Ueber¬

gänge sehr häufig, so Verbum kaj an schallen uud leuchten; ja,

beim gewöhnlichen Sprechen in jeder Sprache verwendet man solche

Reflexwörter ohne eiumal darauf Acht zu geben: z. B. scharf, in

Norddeutschland sagt man „schönes Bier",

Man hat aber noch eiue Wurzel kal mit der Bedeutung

fliessen, gehen. Auch diese möchte ich deu obigen als urspr. iden¬

tisch zur Seite stelleu, indem die fliessende Bewegung z. B. des

Wassers einer Quelle (tin. kulja bedeutet eben Quellader) sich

leicht aus der ersteu Würz, kal entwickelt. In dieser Weise nnu

kann man auf dem fin. ngr. Gebiete ganze Wurzelreihen wegen der

fortschreitenden Entwicklung der Bedeutuug mit einander verknüpfen.

Es zeigt sich dabei häufig wenigstens im Finnischen, dass der

Vokalwechsel der Wurzel, Schwächung würde man im Indogerman.

sagen, eiue Nüancirung der Vorstellung mit sich führt, die aber

gewöhnlich so zarter Natur ist, dass nur das feine Sprachgefühl

der Eingebornen sie aufzufassen vermag: f. kar-juu schreien,

kir-jun schreien, aber kir-on fluchen; f. kah-isen, koh-isen,

kuh-isen, Stessen, käh-isen, köhisen brausen, röcheln, keh -

isen, kih-isen zischen, sieden.

Wie schou aus dem oben gegebenen Beispiel der W. kal ersicht¬

lich ist, stimmen die indogermanischen und finnisch-ugrischen Sprachen

häufig mit einander in den Wurzelu überein, sowohl was die Laut¬

gestalt als die Bedeutung anbelangt. Am Anfange meiner Unter¬

suchungen hatte ich dies uur als reinen Zufall betrachtet, je weiter

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694 Donner, üöer die Wurzelbiidung in den Finnisch-Ugr. Sprachen,

aber die Uutersucbungen gingen, um so mehr wurde ich erstaunt,

als die Mehrzahl solche Uebereinstimniung zeigte. Für die oben

gegebene W. hat mau im Indogerm. kal schlagen, brechen, biegen,

kal tonen, rufen, kal = skal schaben (kalva kahl, glatt), gal

quellen, kal-gal Irieren. Im Finnisch-Ugrischen giebt es eineW. kak

gebogen, krumm sein, umgehen, im indogerm. kak cingere, slv. kac

kaüc binden, gürten; weiter tin. ugr. kar rasselu, schallen, schreien

= ig. kar tönen, fugr. kar krumm, herumgehen = ig. kar id.

fin. ugr. kam krumm = ig. kam sich wölben, umringen, f. ugr.

kam schallen, klingen = ig. kam gemere fugr. sal glatt, glänzend,

klar, fliessend, = ig. sal fliesseu, f. ugr. sak mit einem spitzigen

Gegenstande stossen, hauen — ig. sak schneiden u. s. w. Ohue

Zweifel wird es durch Vergleich mit der ßedeutung^entwickelung

der Wurzeln in den fiu. ugr. Sprachen gelingen, auch im indogerm.

manche Wurzeln, die jetzt scheiubar in der Bedeutung von eiuander

abweichen, in der Form aber übereinstimmen, mit einander zu ver¬

mitteln. Wie ist aber diese Uebereinstimmung so vieler Wurzeln

der beiden verschiedenen Sprachstämme zu erkläreu?

Vor der Hand muss hervorgehoben werdeu, dass es eine Menge

Wurzeln giebt, welche in beideu Spracbstämmen keine bisher be¬

kanute Analogie finden. Die übrigen aber? Ehe wir die Frage zu

beantworten suchen, müssen zwei Thatsachen hervorgehoben werdeu.

Nach den Forschungeu Ahlqvist's, Thomsen's u. a. haben die

Ostseefinnen eine grosse Zahl s. g. Kultnrwörter aus dem Gothischen

und Littauischen in ihre Sprache aufgenommen; auch aus dem Sla¬

vischen siud sehr viele Wörter entlehnt. Es liudet sich aber eiue

Menge Wörter, welche bei deu entlegensten Gliedern der fin. ugr.

Sprachenfamilie vorkommen und von verschiedeneu Forschern (Hun¬

falvy, Budenz, Ahlqvistj entweder als der gemeinsam finnisch-ugri¬

schen Ursprache gemeinsam, oder in der gemeinsamen Sprachperiode

entlehnt, aufgefasst werden. Wenn diese ältere Schicht ebenso

entlehnt ist, wie die jüngere in der gothisch-littarischen Periode, liegt hier der vorgeschichtliche Beweis einer innigen, ■hihrhunderte oder

vielmehr Jahrtausende lang dauernden Berühruug der beiden Sprach¬

stämme vor. Geschichtlich kanu mau sowohl in l''iuuland als Estland den Uebertritt schwedisch redender Gegenden zur fiuuisch-estuischen

Sprache nachweisen, znm Theil auch vice versa. Warum soliteu

dann ähnliche Erscheinungeu iu der Vorzeit nicht stattgefunden

haben? Oder vielmehr, mau kann das Wuuder einer absoluten

Abgeschlossenheit der verschiedene Sprachen redenden Völkerschaften

gegen einander gar uicht für möglich halteu. Wenn also Zusammen-

schmelzuugeu beiderseits angenommen werdeu müssen, haben diese

auch ihre Spuren beiderseits , in den Sprachen der eineu wie der

anderen, nothweudig gelassen. Bei dem sinnlichen Naturzustände,

iu welchem die tiun. ugr. Sprachen sich damals uoch mehr als jetzt

befanden, kounte es unn sehr leicht geschehen, dass mau, uach

Analogie der wirklich In^imischen Wörter und iliror Verwamlteu,

(6)

Donner, Uher die Wnrzelhddung in den Finninrh- Ugr. Sprachen. 695

auch mit den entlehnten verfuhr , d. h. die Wurzelbiidung aus

mehreren liehnwörtern gleichsam herausfindend ueue Bildungen aus

der Wurzel schuf. Uat man aber Beweise, dass auch die in¬

dogerm. Sprachen in derselben Weise verfahren sind? Die That¬

sache steht fest, dass es im Fin. ugr. eine sehr zahlreiche Menge

Wörter gieht, welche sich sowohl uach Form als Inhalt wie aus

indogerm. Wurzelu hervorgegangen kund geben, aber zugleich auch

auf iin. ugr. tiehiete zahlreiche Verwandte haben. Mit auderen

Worten, das Factum der Aehnlichkeit einer Menge indogerm. und

fin. ugr. Wörter kann nicht geläugnet werden. Künftige Unter¬

suchungen könneu das eine oder andere Wort als entlehnt erkeunen,

in der allgemeinen Sachlage wird aber dadurch nichts veräudert.

Es giebt doch noch zwei Erklärungen dieser Wurzelidentität

welche als dem Wesen der Sprachbildung nach meinetwegen noch,

mehr psychologisch begründet erscheinen. Die eine liegt in der von

Steinthal aufgeworfenen Frage : giebt es einen nothwendigen Zusammen¬

hang in der Sprache zwischeu dem Wurzellaut und der damit ver¬

knüpften Vorstellung? Eiu uubedenldiches Bejahen führt natürlichda-

liin, dass alle Sprachen in der Wurzelform ähnlich sein müssen. Ob

dies der Fall sei, kann nur die entfernte Zukunft entscheiden, nach¬

dem die Wurzelgestält aller bekanuten Spraehen und ihre ursprüng¬

lichste Bedeutung nachgewiesen worden ist. Die zweite Er¬

klärung, die auch einfacher ist, wäre die Annahme einer urspr.

Einheit der indogerm. Sprachen mit, ich will nicht sagen den Ural-

Altaischen, sondern den fin. ugr. Sprachen. Dass das Material der

Wurzeln und auch das der Suffixe identisch ist, darauf lege ich

kein Gewicht, denn ein anderes Material war nicht zu nehmen.

Dass auch die Form der Suffixe meistentheils mit den sanskritischen

Formen übereinstimmen, kann gauz gut in derselben Weise erklärt

werden. Schwieriger wird es schon, wenn der unläugbaren prono¬

minalen Uebereinstimmung gedacht wird. Man könnte es möglicher¬

weise zugeben, dass dem dentalen ta, dem gutturalen ka, jenem

eine demonstrative, diesem eine interrogative Bereicherung am natür¬

lichsten zukommt, oder dass hierin der Zufall obwaltet; woher kommt

aber die Identität der Demonstrativstämme sa, ma, uud wie ist

es zu erklären, dass die beideu Sprachstämme übereinstimmen, dass

demonstratives ta für die zweite, ma aber für die erste Person ge¬

braucht wird? Doch verirren wir uns uicht iu die dunklen Irrgänge

der frühesten Sprachperiode. Meine Absicht mit dem Gesagten ist

nur geweseu, auf die Wurzelgestalt der fiuuisch-ugrischen Spraehen

aufmerksam zu machen; die Erklärung der Identität so vieler

Wurzeln des Indogermanischen und Finnisch-Ugrischen überlasse

ich getrost der künftigen Wissenschaft.

(7)

696

The Accadian numerals.

By A. H. Sayce.

In a Paper of mine which was published in the 'Journal of

Philology' in 1870, I attempted to sketch the outlines ofa Grammar of the Accadiau language, and to give a list of all the numerals with

which I was then acquainted. M. F. Lenormant, in his excellent

„£tudes Accadiennes" (1873), devotes a chapter to the subject

(pp. 83-86), aud amplifies the list which I had collected. The

chapter, however, in the least satisfactory portion of his work: the

list is in one or two instances not correct aud might be enlarged :

I propose, therefore, to olfer as full an account of the numerals

of the prae-Semitic language of Babylonia as our present materials

allow, and in conclusion to compare them with those of the ügro-

Tataric races.

„One" is ?^^<^y id, which is used ideographically for the femi¬

nine of the Assyrian numeral W. A.J. I. 19. 118. aud at Behistun

1. 12. The word signified „band" in Accadian, as in W. A. J. II.

19. 53, 53., however dilficult to explain its likeness to the Semitic

Tl may be; aud it can hardly be separated from katu, the or¬

dinary Assyrian word for „band". Now katu would seem to be

one of the many words borrowed by the Assyrians from Accad,

since a satisfactory Semitic derivation of it cannot be adduced,

while the lengthened form kaltakh appears iu Accadian texts (\V.

A. I. II. 8. 48 etc.). In this case we are taken back to a period

when the savage denoted the uumber „oue" by holding up his

hand. I have tried to show in my 'Assyrian Grammar' (p. 135)

that the Semitic nnN is a loan word which must be referred to this

'id. The initial vowel was pronounced with a strong gutturalisa-

tion in Accadiau, since we have both khadu „one" and edis

„aloue" (from ny) in Assyrian ; and a similar phaeuomenon meets

us in '5p-n by the side of the Accadiau 'Idikle, and the trans¬

ition of sa, the prefix of the Accadian Precative, into kha and 'a.

The numeral was ordinarily reineseuted by au upright wedge f ,

aud as this had the value of dis, M. Lenormant believes that dis

was another word for unity. But )f was gi besides dis, and mo¬

reover expressed the soos or „sixty", the Babylonian unit of cal- (.

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