232
Arabische Vulgärdialecte.
Von
Heinrich Freiherm Ton Maltzan.
1) Dialect des Maghrib.
Die Ansicht ist bei Europäern vielfach verhreitet, dass der
magbrebinische Dialect durchaus vei'derbt, der schlimmste von allen
Mostagema sei, und kaum noch würdig, überhaupt ein Arabisch
genannt zu werden. Sogar Arabisten theilen diese Ansicht. So
sagte mir ein Professor in Algier, der früher in Aegypten gelebt
und dort den prätentiösen Cairiner Dialect erlernt hatte, von der
Algieriscben Mundart „c'est un affreux cbarabhia". Ich antwortete
ihm „die Araber sind nicht dieser Ansicht". Unter diesen „Ara¬
bern" meinte ich natürlich nicht die des Westens, denn an ihrem
Selbstlob war weder zu zweifeln, noch bewies es etwas. Ich meinte
vielmehr die ächten, die Araber Arabiens. Wie oft habe ich vou
Hegäz-Bewohnern vernommen , dass man in Nordafrika im Westen
besser spreche, als im Osten. Freilich beleidigt das die anspruchs-
vollöta Aegypter, die sich einbilden, das schönste Arabisch der
Welt zu reden. Aber selbst von Aegyptern habe ich zuweilen
Aussprüche gehört, welche das Gesagte bestätigen. Sie glaubten
den maghrebinischen Dialect recht tief zu stellen, wenn sie sagten,
er sei „el kaläm men ez zemän", also etwa eine altmodische
Sprache, noch altmodischer, als die der ägyptischen Fellahin, und
nicht viel besser, als die der Beduinen. Darait hatten sie ihr
freilich das grösste Lob gespendet; doch die Städter kennen heut
zu Tage nicht mehr die Traditionen der Grammatiker von Bagra
und Baghdäd, die bei den Beduinen in die Schule gingen. Ihnen
sind vielmehr die Beduinen Barbaren , folglich mnss ihre Sprache
auch barbarisch sein.
Beduinisch das ist die wahre Bezeichnung für den maghre¬
binischen Dialect , und dies bestätigte mir auch Dr. Wetzstein, der
benihmte Kenner der noi darabischen Beduinen , dem als ich ihm
Vocabeln und Sätze im algierischen Dialect vorsagte, die grosse
1 I
Maltzan , Arabische Vulitärdialecte. 233
Aehnlichkeit zwischen diesen westlichen und der ihm wohlbekannten
östlichen Beduinen-Mundart aulfiel. Natürlich ist „Beduinisch" im
Allgemeinen nicht ein Ausdruck, der einen bestimmten Dialect,
sondern ein solcher, der eine ganze grosse Classe von Dialecten
umfasst. Aber alle berluinischen Dialecte, mögen sie auch sonst
HOch so sehr von einander abweichen, haben dennoch gewisse Merk¬
male gemein. Alle h.aben mehr oder weniger die alten guten
Ausdrücke und Vocabeln bewahrt. Die Wörter haben meist ihre
ursprüngliche Bedentung behalten, und nicht, wie in den städtischen
Mundarten so vielfach, einen ganz andern Sinn angenommen. Es
soll feiner sein, wenn der Städter statt „krank" das Wort für „müde", statt „Garten" das Wort für „bewässerter Raum" gebraucht, wenn er statt „was willst du" sagt „was ist dein Bedarf", wenn er statt die Leute ehrlich mit „du" anzureden, „Ihr" anwendet, oder gar,
wie in Aegypten, das lächerliche „deine Gegenwart" fhadrctek).
Von all' diesen Dingen wissen die Bedninen nichts. Was die
beduiniscben Mundarten so recht charakterisirt, ist ihre Vorliebe
für die Collectiv-Plurale und für die Diminutiv-Formen. Der regel¬
mässige Plural findet bei Masculinen fast gar keine Anwendung,
bei Femininen ist er häufiger. Die Präpositionen haben fast
immer ihre ursprüngliche Form bewahrt. Ein solches Unding wie
das ägyptische (von) kommt in beduinischen Dialecten gar
nicht vor. ~
In allen diesen Punkten berühren sich Magbrib und Arabien.
Es war mir immer, wenn ich von Algier nach Arabien kam, als
ob ich erst durch ein fremdartiges Gebiet gereist sei, Aegypten
nämlich, wo das Arabisch so ganz anders ist, während ich in
Arabien den maghrebinischen Dialect im Wesentlichen wiederfand.
Hielt ich mich eine Zeitlang in Aegypten auf, und hatte ich mich
an die dort üblichen Vocabeln gewöhnt, so musste ich, wenn ich
nach Arabien kam, die meisten dieser wieder fallen lassen, nnd die
altgewohnten algierischen hervorsuchen. Ich will einige Beispiele
anführen. So nennt man die Milch im Magbrib „halib", in Aegyp¬
ten dagegen „lehn", was freilich auch schriftarabisch ist, das aber im Magbrib nicht „frische Milch" bedeutet. Als ich mit Aegyptern
nach (Jedda reiste und Milch verlangen wollte , kam zufällig das
algierische Wort wieder über meine Lippen, und rief die Bemerkung
eines meiner Begleiter hervor, ich kenne .ja schon den Dialect von
Hegäz, wo man auch die frische Milch „halib", und „lehn" nur die
schon gestandene nennt. Aehnlich ging es mir in Yemen mit
einem andern Worte. Um mein Wohlgefallen an einer Sache zu
äussern, rief ich einmal, unwillkürlich in den algierischen Dialect
zurückfallend, aus: ..hada meleh" und erndtete dafür das Compliment,
ich spräche ja schon ganz wie ein Yamani, während mein ägypti¬
scher Begleiter die Stirn runzelte uud meinte, es wäre doch feiner
statt hada ,.de" und statt des ganz barbarischem meleh „qwayes"
zu sagen. Der gelehrte Qädi von Aden, der den bei heutigen
234 Maltzan, Arabische Vulgärdialecte.
Arabern bcltenen Vorzug besitzt, auch den Dialecten einige Aufmerk¬
samkeit zu widmen, versicherte mir wiederholt, ich würde mit dem
algierischen Dialect unter den Beduinen viel besser fortkommen,
als mit dem ägyptischen.
Einst wurde ich im höchsten Grade in Erstaunen gesetzt, als
ich die Begrüssungen zweier Beduinen aus Hadramaut mit anhörte.
Es waren fast genau dieselben Formeln, welche auch in dor Stadt
Algier üblich sind, dasselbe „Wäschenta", hier „Weschenta"^ das¬
selbe „Wasch hälek", für „Wcsch hälek" ausgesprochen, Redens¬
arten, über die der prätentiöse Aegypter als harbarisch spottet,
die aher unter den Beduinen von Ost wie West gleich üblich sind.
Es giebt übrigens auch im Magbrib eine sprachliche Oase, wo
sogenannte städtische Verfeinerung die Reinheit der Mundart ver¬
dorben hat. Dies ist die Stadt Tunis, in welcher wir etwas ganz
Aehnliches beobachten, wie in Aegypten. Auch hier hat prätentiöse
Ausdrucksweise den ursprünglichen Sinn der Wörter entstellt.
Z. B. braucht der Tuniser für „viel" das Wort „yesser" ( ..«.o), das eigentlich „mit Leichtigkeit" heisst, er sagt für „barbieren"
„hagcm", also „Schröpfköpfe ansetzen", weil er eben den Barbier
haggäm d. h. „Ansetzer von Schröpfköpfen", was er immer auch
nebenbei ist, nennt, und von diesem Appellativ dann ein Ver¬
hum bildet, das aber in der Form mit einem andern collidirt,
welches eine ganz andere Bedeutung hat. Wie allen prätentiösen
Dialecten, so fehlt es auch dem Tunisischen nicht an Lächerlichem.
So braucht man dort das Wort „behima" ausschliesslich für den
„Esel" und findet es barbarisch, wenn der Algierer die Vierfüssler
im Allgemeinen mit diesem Ausdruck bezeichnet, der hekanntlich
in dieser Anwendung richtig ist.
In dieser Beziehung steht übrigens Tunis im Maghreb ganz
vereinzelt da. Schon die umwohnenden Landlcute sprechen mehr
oder weniger beduinisch. In Algier findet zwischen dem städti¬
schen und ländlichen Dialect kein wesentlicher Unterschied statt.
Letzterer ist natürlich immer reiner. Die Küstenbewohner haben
ausserdem eine kleine Anzahl von Wörtern aus der lingua franca
aufgenommen, die dem Dialect mitunter ein höchst komisches Ge¬
präge geben. Ich verstehe unter dieser Aufnahme natürlich nicht
das barbarische Kauderwelsch, welches die Küstenalgierer zuweilen
mit Europäern reden und das meist aus verhunzten spanischen
Wörtern besteht. Wörter wie „mughiera" für „Frau", „tschapar"
für „nehmen" kennen zwar alle Küstenbewohncr, aber sie sind
keineswegs in ihren Dialect übergegangen. Dagegen bedient sich
der Dialect unzweifelhaft einiger ursprünglich spanischer Wörter,
in neuester Zeit auch französischer, aher eben meist nur um Dinge
zu bezeichnen , die erst aus Europa eingeführt wurden. So ge¬
braucht man für Strümpfe ein Wort: „skatscher", das ursprünglich
spanisch sein soll, für Wagen sagt man „karosa" u. s. w. Die See¬
leute bedienen sich noch mehr europäischer Wörter, und sie haben
Maltzan, Arabisclie Vulgärdialecte. 235
wohl auch in den algierischen Dialect das Wort „malu" eingeführt, das allgemein für „schlechtes Wetter" gebraucht wird. Bei andern
Wörtern will es nur scheinen, als seien sie europäisch, z. B.
„sahbät" (Schuhe), das ich von savatte ahleiten hörte, das aber in o
Wirklichkeit vom arabischen i.:^,^^ (Ochsenfell) kommt.
Indess solche Barbarismen kommen raeist nur in der Rede
der Ungebildeten vor, die Gelehrten geben sich oft Mühe, sie zu
vermeiden, was ihnen freilich nicht immer gelingt. Dieselben
nehmen übrigens ira Dialect eine durchaus unwesentliche Stelle ein,
viel unwesentlicher, als die Entlehnungen aus dem berberischen
Idiom, welche letztere indess bei den kabylischen Grenzstämmen
vorzugsweise gefunden werden , bei den ächten Arabern aher täst
ganz fehlen.
Es ist schon viel über den algierischen Dialect geschrieben
worden. Ich will mich daher darauf beschränken, nur einige
wenige sprachliche Eigenthümlichkeiten anzuführen , welche mir
besonders aufgefallen sind. Von der Aussprache hahe ich schon
anderswo geredet (in dieser Zeitschrift Bd. XXIII.); hier sei also
vorzugsweise der grammatischen Formenlehre gedacht.
Dass die Maghrebiner den Plural der ersten Person des Aorist
für den Singular gebrauchen und dann durch Anhängung eines ü
gleichsam einen Plural Pluralis schaffen, ist bekannt. Ana nem-
schi heisst „ich gehe", nahnu nemschiü „wir gehen". Dies ist
übrigens nicht diesem Dialect allein eigenthümlich. Ganz dasselbe
fand ich im Arabisch des ägyptischen Sudän, das allgemein für
sehr rein gilt, wenigstens in Bezug auf den Singular. Auch die
Nubier, die mitunter ein reineres Arabisch reden, als die Aegypter
(da arabisch bei ihnen als Fremdsprache weuiger der dialectischen
Corruption unterliegt) hörte ich oft nefhara für „ich verstehe", nä- kul für „ich esse" u. s. w. sagen. Dieses n des Singulars ist ohne
Zweifel aus ana (ich) rait hinübergezogen, und in der That brauchen
auch diejenigen Dialecte, welche die ursprüngliche einfache Forni
heibehalten haben, selten die erste Person Sing. Aorist, ohne das
Fürwort vorzusetzen. Die andern Dialecte sind der Gefahr dieser
Verkehrtheit wohl nur dadurch entgangen, dass sie meist den Aorist
durch das Part, .•ictiv. umschrieben. Im Maghreb dagegen ist diese
Uraschreibung fast ganz ungebräuchlich. Diejenige Forra, welche
man gewöhnlich Partic. Activ. nennt, ist hier nun Adjeetiv verbale,
was sie ja auch ira Schriftarabischen nach Silvestre de Sacy sein soll.
Dass ira Inipciativ die Vorschlagssylbe oft wegfällt, beruht
auf den von rair anderwärts erwähnten Gesetzen der .Aussprache,
indem der Dialect nur in den wenigsten Fällen cin Hamza am
Wortanfang leidet. Man sagt schrob (trinke), schri (kaufe), dagegen
oklub (schreibe), oqtel (tödte), obwohl raan auch ktnb und ktd
hören kann. Diese Unregelmässigkeit gehört also mehr in die Lautlehre.
1 8 *
23G Mulizdit, Arabische Vuli/drtliulcclc.
Eine graminatikaliscliu Abweicbuug bieten dagegen die Verba
juiniae Hamza dar. üie Vurliebe, das Aufangshamza abzustossen,
macht sich hier soweit geltend, dass diese Verba im Perfect zu
ultimae ^ werden. So maclit man aus Sj>\ (nehmen) „chdä",
I j«.i> , und conjugirt dann : clidit (H u. I Sing ), chdäü (HI plural),
£
chditu (II plural), chdina (I plural). F2benso aus ! (essen) kia
(er ass), klit (ich ass), kldü (sie assen), klitö (ihr asset), klina
(wir asseu). Der Aorist ist aber ganz regelrecht: yäcliod, yäkul;
der Imperativ dagegen wirft wieder das Hamza ab: chod (nimm)
kul (iss). '
Die Verba mediae Hamza sind den concaven ganz gleichge¬
stellt, ebenso die ultimae Hamza den schwachauslautenden. Der
Aorist von (fragen) lautet nicht isäl (1--^) sondern isai (J«Io) ,
der von lJu (anfangen) nicht yebdä (tJuj), sondern mit kurzem a,
yebdä. f^^jyj). Dasselbe gilt von den Verba mediae geminatae
(yy). Man sagt holit (ich öffnete) für O'JLb». Doch diese Un¬
regelmässigkeiten lassen sich zum Theil bereits im Schriftarabischen
verfolgen. Hier sind sie die Regel.
Von den abgeleiteten Conjugationen ist der Gebrauch der IV.
fast ganz durch den der II. verdrängt worden, die überhaupt nach
der ersten am Häufigsten vorkommt; z. li. heisst vom Verbum
im Schriftarabischen die IV. Conj. „leihen", im Dialect die
zweite. Dasselbe gilt von Ju^, dessen IV. Conj. sonst „heilen"
heisst, während hier die If diese Bedeutung hat. Die IV. ist
überhaupt selten und kommt mehr bei solchen Verben vor, die
eine auf die Religion bezügliche Redeutung haben, und die desshalb
das Volk öfter aus dem Munde der Gelehrten, die mehr vom
Schriitarabischen bewaluen, vernimmt und dadurch verhindert wird,
dem Hang, auch sie durch die II. Conj. zu ersetzen, nachzugeben.
Ein solches Verbum ist (Moslem werden), das meist noch
in der IV. Conj. gebräuchlich, obgleich ich auch schon den Aorist
isellem hörte.
Sehr oft vertritt auch die II. Conjugation die erste, deren
Bedeutung sie dann annimmt, z. B. für (hineingehen) J^io,
Aorist idachchcl, für (streiten) ^..^.i» Aorist ic.hay^'cin, für
0!-;i> (erdrosseln) \JiJ.£> Aorist ichanneq.
Wo im Schriftarabischen die I. oder die IV. neben dei II.
Conj. nngefähr in gleiclier Bedeutung vorkommt, kennt der Dialect
1 8 *
Malizan , Ärahische VulgiirdiaJectK 237
nur die letztere, z. B. JJii» und Jjii. heisst beides „mischen",
_^jL£.f und ^«ic beides „lehren", der Dialect braucht aber nur
die letzteren Formen.
Von den andern abgeleiteten Conjugationen ist eigentlich nur
die V. in häufigem Gehrauch, und hat meistens dieselbe Bedeutung
wie im Schriftarabischen. Sie dient hier viel seltener als Passivum,
wie in anderen Dialecten. Die X. Conj. erleidet oft eine Ver¬
kürzung, indem man das „t" abwirft z. B. isoqsi (er fragt) für
^^„...Jd^, von jj^Ji (quaesivit).
Da dieser Dialect das participium nicht als praesens gebraucht,
wie so viele andere , so hat er eine anderre Weise , dieses auszu¬
drücken, gewählt. Dies geschieht durch lias Wörtchen räni, j,!^,
eigentlich „Sieh mich", das förmlich wie das Hülfszeitwort „sein"
gehraucht wird. Räni heisst „ich bin", rak „du bist" räh „er ist."
Soweit sind die Suftixe einfach proaominal, das fem. der III.
Singular, rähi, und die III. Plural rähu sind aber ofifenbar dem
Aorist nachgebildet , denn sonst müssten sie räba und rähum
heissen. Letzteres kommt freilich auch neben rähu vor, aber rälia
niemals neben rähi. Die 1. Plural ist räna.
Uas Verbum wird diesem Wörtchen ira Aorist nachgesetzt:
räni näkul, wörtlich „sieh raich, ich esse", d. h. „ich esse so eben".
Dass man aber ganz die ursprüngliche Betüeutung „sieh mich" ver¬
gessen hat, beweisen Sätze wie folgender: „kaddasch rähi es sa'a",
d. h. „wie viel Uhr ist es". Ein ünsinn käme heraus , wollte
raan hier wörtlich übersetzen : „Wieviel, siehe sie , die Uhr" (oder gar) „die Stunde".
Nicht nur bei Verben , sondern auch bei den Noraina ist der
Gebrauch des Dual fast ganz verloren gegangen. Man sagt nicht
kitabeu, wie ira Orient, sondern „züg kutüb" (züg für zwei). Nur
in wenigen Wörtern, in denen die Zahl „zwei" als Werthbestiraraung
gilt, wie in dirhemain (2 dirhem) und bei Bezeichnung der Doppel¬
glieder hat sich der Dual erhalten, und seine Aussprache „ai"
(casus ohliquus) ist rein geblieben und leidet hier nicht den
Mischlaut e.
Die unregelmässigen Plurale von der Forra j«i , wie über¬
haupt alle die letzte Sylhe verlängernden (unter den dreisylbigen)
sind uicht üblich. Statt ihrer braucht ra.an die einfache Form
JJuti , z. B. menilük, plural memälek, nicht inaraülik, sekkin, plural
sekäken, nicht sekäkin. Die Vorliebe für den inneru Plural geht
so weit, dass sie maai^hmal selbst auf die regelmässigen Plurale
ihren Eintluss äussert. So heisst der Plural von meslem (moslim;
nicht moslimin, wie im Orient, sondeni man verändert die Vocale
238 Maltzan, AraJdsclie Vulgärdialecte.
und macht daraus mesdlmin, die penultima betont und die ultima
kurz, so dass es fast wie ein Collectiv klingt.
Unter den Bildungen mit Praepositionen spielt das „di'al" eine
merkwürdige Rolle. Es vertritt mit darauf folgendem Suffix das
Pronomen possessivum: di'äli (mein) di'äJek (dein) di'aluh (.sein)
diaiah (ihr) dialhum (ihr pl.) dialkum (euer) dialna (unser).
Der Ton liegt hier auf dem a , obgleich es kurz , dagegen das i
lang ist.
Es ist offenbar aus für (pron. relat.) und der praep.
^ entstanden. Dies ist dem Maghreb ganz eigen und wird im
Orient ebensowenig verstanden, wie das schon erwähnte räni. Es
<• " ♦
erinnert auffallend an das Syrische -V .« (mein) (dein), das nur
mit einer andern, aber fast gleichbedeutenden Praeposition gebildet
ist, und dies zeigt wieder einmal, vfie oft sich auch andere, nament¬
lich neuere semitische Schriftsprachen mit arahischen Vulgärdialecten berühren.
Es ist übrigens gewiss, dass die jetzt in Maghreb lebenden
Stämme auch örtlich früher Berührungen mit Syrien hatten. Wir
können annehmen, dass der jetzige magbrebinische Dialect erst ver¬
hältnissmässig spät in Afrika eingeführt wurde. Er rührt im
Wesentlichen von der grossen Einwanderung nomadischer Araber
her, welche die Fatemiden aus Rache für den Abfall des Maghreb
dorthin organisirten , und welche einen vollkommenen Umschwung
aller dortigen Bevölkerungsverhältnisse hervorbrachte. >)
Diese Einwanderung fand zur Zeit des Ziriden-Sultans , el
Mo ezz ben Badis, in der Mitte des 11. Jahrhunderts statt; dies
war die einzige Einwanderung, welche ganze arabisehe Stämme
in's Land brachte, und von ihr stammen alle heutigen Araber des
Maghreb (wenige Städtebewohner und die Stämme der Cyrenaika
ausgenommen) ab. Vor dieser Einwanderung wurde Arabisch nur
in den Städten gesprochen. Desshalb finden wir auch ältere Städte,
wie Tunis , noch im Besitz eines eigenen Dialects , der weniger
Beduinisches aufweist , dagegen die neueren , wie das erst viel
später emporgekommene Algier, fast durchaus beduinisch redend.
Diejenigen Berber, die nicht, wie die Tuaregg, in's tiefe Innere
verdrängt wurden, nahmen erst jetzt zum Theil die arabische Sprache
an und lernten natürlich das Beduinische, zum Theil aber blieben
sie bei ihrer eigenartigen Mundart. Aber die Arabisirung des
Maghreb machte von jetzt an reissende Fortschritte, und diese
Fortschritte haben auch heute noch nicht aufgehört, denn noch jetzt
kann man sie bei einzelnen Berherstämmen heobachten.
1) Vgl. Slane, Histoire des Berberes par Ibn Klialdnnn, Tome I, page XXIX (introduction).
Maltzan, Ärahische Vulrjärdialeele. 239
Diese Arabisirung fand also durchaus auf beduinischer Grund¬
lage statt. Die beiden Hauptstämme, welche zu Mo'ezz Zeit in's
Land kamen, waren die Solaim und die Hiläl von der Gruppe der
Qais Ghailan. Ibn Khaldoun sagt nun ausdrücklich, dass die Hiläl
zur Zeit der ersten Religionskriege nach Syrien kamen und dort
blieben, bis sie naeh dem Maghreb einwanderteni). Dies erklärt
wohl so manche Anklänge des maghrebinischen mit dem syrischen
Beduinendialect , die rair Dr. Wetzstein bestätigte. Mit den Hiläl
kamen die Ma'qil,- ein südarabiscber Starara. Eine Ahtheilung der¬
selben, die Beni Ta'laba, bewohnte die Gegend ura Algier, und dies
erklärt wohl die Aehnlichkeit grade des städtisch Algierischen
Dialects rait dem südarabischen. Die Spuren eines Unterstarames
der Hiläl, der Riah, sind noch heute in Tunesien zu bemerken, sie
zeichnen sich durch die Reinheit ihrer Mundart aus, und dies kann
man von allen ächt arabischen Stämmen des Maghreb behaupten.
Es ist sogar oft das einzige Merkmal ihrer Abstammung, denn die
alten Namen sind vielfach neueren gewichen.
So stehen denn die Araber des Maghreb genealogisch dem
Stamraeslande , Arabien , nicht ferner , als viele andere Beduinen,
näher vielleicht als raanche mesopotamische Stämme, die schon vor
Muharamed auswanderten. Dass sie auch sprachlich jenem Centrura
nicht so entfremdet sind, wie raan glaubt, wird jeder Kenner ihres
Dialects hestätigen.
2) Dialect von Aegypten.
Dieser ist einer der bekanntesten; von ihm sei daher nur im
Vergleich rait den andern gesprochen. Er entfernt sich unter den
in raeiner dialectischen Tabelle erwähnten am Meisten vom Be¬
duinischen, hat einestbeils durch sogenannte städtische Verfeinerung
viel von der ursprünglichen Kraft des Arabischen verloren, andern¬
tbeils aber hält er sich oft sklavischer an den Buchstahen der
Sprachregeln, deren Geist ihra jedoch ferner steht. Arabisch ist
hier noch raehr als ira Maghreb eine verpflanzte Sprache, die in
der Hauptmasse des Volks keine Wurzel hat. Aber die Art der
Einführung iu beiden Ländern war eine ganz verschiedene. Im
Maghreb bewohnten die erobernden Stämme, die alle durchweg
Beduinen waren, das flache Land, wo sie die dort ansässigen Berber
theils verdrängten, theils sich assimilirten, so dass bald über die Hälfte
des Landes von beduinisch redenden Stäraraen bewohnt war; ihre
Sprache blieh unverdorhen und drang erst vora Lande nach den
wenigen städtischen Mittelpunkten, die nicht wie Tunis eine ältere
arabische Cultur hatten, hin. In Aegypten dagegen siedelten sich
die Araber vorzugsweise in Städten an; die Landbewohner waren
1) Ilm Khaldoun a. a. O. I S. 29 der französisehen üebersetzung. Die Hiläl wurden übrigens, ehe sie nach dem Maghreb kamen, fiir kurze Zeit in der Thebais angesiedelt
240 Maltzan, AraMsche Vulgärdialecte.
Kopten und wurden nicht verdrängt ; das eigentliche heduinische
Eleraent fand in Aegypten kaura eine Stelle. Die Fätiraiden ver¬
suchten zwar die Qaisitischen Stärame, Solaim und Hiläl, am Nil
anzusiedeln, waren aber froh, sich ihrer wieder zu entledigen, als der
Maghreb Gelegenheit bot, sie dorthin zu schicken. Die Arabisirung
der Kopten geschah von den Städten aus, zwar zu eiuer Zeit, als
diese noch reineres Arabisch redeten, und deshalb ist auch die
Mundart der Fellahin eine weit bessere, als die der heutigen
Städter; da aber die Berührung mit dem beduiniscben Element
fehlte, die allein deu Sprachgeist in lebendiger Frische erhalten
kann, so erstarrte die Sprache raehr oder weniger, und suchte durch
ängstlicheres Festhalten an den Hegeln das zu ersetzen, was ihr an
ächt arabischem Geiste abging. Das Arabisch der Maghrebiner ver¬
hielt sich zu dem der Aegypter,, wie etwa die Sprache eines fran¬
zösischen Bauern zu der eines Deutschen, der sein Französisch von
einer Gouvernante gelernt hat. Letzteres ist richtiger, ersteres
aber dem Sprachgeist verwandter.
In den ägyptischen Städten dagegen blieb zwar die Spraehe
uicht erstarrt, aber sie entwickelte sich iraraer mehr in unbedui-
nischer Weise, sie „verfeinerte" sich, und ein Resultat dieser Ver¬
feinerung ist, dass man jetzl eine Menge Dinge ganz Ialsch benennt,
indem raan andere Ausdrücke als die beduinischen wählt, und
letztere, d. h. die ächten arabischen, als ungebildet und barbarisch
verachtet. Der Cairiner wird die Nase rümpfen , wenn mau das
Brod bei seinem arabischen Namen „chobs" nennt und nicht st^tt
dessen das Wort „'aisch" (Lebensmittel) gebraucht. Statt „Wind"
(rih) muss man in Cairo „Luft" (hauwa), stalt „krank" (raerid) rauss raan „raüde" ('ayyän), statt „Huhu" (degäga) „Hühnchen"
(fercha) sagen. Eiue andere Folge dieser „Verfeinerung" ist, dass
man manche Adjective stets im Diminutiv braucht, z. ß. qogair
statt qegir (kurz), goghair statt ceghir (klein), was ganz sinn¬
verwirrend wirkt. Das ist eben nur in einer Mundart möglicb,
die sich so weit vom arabischen Sprachgeist entfremdet hat, dass
das Diminutiv in seiner wahren Bedeutuug ihm abhandeu gekommen
ist. Wie uuarabisch zeigt sich nicht dieser Dialect, wenn er z. B.
sUtt „Knäblein" (wolaid, in Algier üliid gesprochen) sagt „ein kleiner Knabe" weled Qoghair) oder statt „Mädchen" (bonaita, algierisch benita) „eine kleine Tochter" (hint goghaira); statt „Hündchen"
(kolaib, algierisch kliib) „ein kleiner Hund" (kelb goghairj, und
so mit allen Wörtern.
Dieser Dialect hat mehr als irgeud ein auderer mir bekannter
die regelmässigen Plurale bewahrt, worin man allerdings einen Vor¬
zug erblicken kann. Aber es ist ehen ein Zeichen, dass in ihm
die Sprachentwicklung in's Stocken gerathen ist, denn die Tendenz
aller, ächt arabi.sc.hen Dialecte geht einmal dahin, sich der regel¬
mässigen Plurale so viel wie raöglich zu entledigen und sie durch
die Collectiva zu ersetzen.
Maltzan, Arabische Vulgärdialecte. 241
Im Verbum spielt das Particip. Activ. eine grosse Rolle,
Was Silvestre de Sacy ') von den schriftarabischen Participien sagt,
dass sie nicht diesen Namen verdienten , sondern nur Verbal¬
adjective seien, kann für diesen Dialect nicht gelten. Von dessen
Participien kann man nicht sagen: „qu'ils ne contiennent l'idöe
accessoire d'aucnne circonstance de temps", vielmehr kann von
ihnen fast dasselbe gelten , was Ewald *) vom Aramäischen sagt :
„dass das Participium ganz wie eine dritte Tempus forra als Praesens
eintritt." Man findet es im gewöhnlichen Leben sogar meist nicht
nöthig das Pronomen hinzuzusetzen. So fragt man „woher kommend ?
wohin gehend?" (gai min 'ain, rähi fa'in) und Jedermann versteht,
dass diess „woher kommst Du? wohin gehst Du?" bedeutet.
Canssin de Pereeval hat in seiner „Grammaire de l'Arabe
vulgaire" schon auf eine andere seltsame Constrnction aufmerksam
gemacht, welche beim Volke gleichfalls oft die Rolle des Praesens
vertritt, nämlich den Aorist mit vorgesetztem „bi" oder „be". So sagt man „ich schlage" ana b'edrib, dn schlägst „anta be tedrih"
u. s. w. Ob dieses „be" etwa die Praeposition „in" sein soll oder
ob hier irgend eine arge Verstümmelung eines andern Wortes vor¬
liegt, wage ich nicht zu entscheiden.
In Bezng auf die abgeleiteten Conjugationen gilt für dieseb
Dialect im Wesentlichen das beim Algierischen Gesagte. Auch hier
ist die IV. Conj. wenig ira Gebrauch. Die VII. und VIII. dienen
meist als Passivum, auch die V. wird sehr oft in diesera Sinne
gebraucht. Die X. Conj. kommt hier viel öfter vor, als im algie¬
rischen Dialect, ja seihst häufiger als in den beduiniscben Mnnd¬
arten Arabiens. Statt wie in letzteren sie abzukürzen, das t fallen
zu lassen, wird sie in Aegypten fast immer schriftgemäss gebrancht,
auch wieder ein Vorzug, wenn man will, aber ein solcher, der
wenig Ursprünglichkeit verräth.
Aehnlich wie der algierische Dialect für das Praesens des Hülfs¬
zeitwortes „sein" in seinem „räni" sich einen Ersatz geschaffen hat,
so finden wir im Aegyptischen ein eigenartiges Wortcorapositum, nm
den Wunsch auszudrücken, das mit folgendem Aorist oft für das
Futurum steht. Dies ist das Wörtchen „bidd" (vielleicht für Ojj
„in der Absicht" von j, optavit facere), das mit dem Suffix ver¬
bunden, in „meiner, deiner, seiner Absicht", das heisst „ich, du, er will" hedeutet. So sagt man: biddi „ich will", biddak „du willst", biddnh, „er will" biddina „wir wollen", hiddikum, „ihr wollet".
1) Silvestre de Sacy, Grammaire Arabe Paris 1810. §617 u. folg. S. 229 der ersten Autlage.
2) Ewald Lehrbuch der hebräischen Sprache § 136, S. 355 der achten Auflage.
Bd. XXVII. 16
242 Maltzan, Arabitche Vulgärdialecte.
biddihura, „sie wollen." Biddi akul heisst „ich will essen", steht aber oft für „ich werde essen".
Die Aussprache des ägyptischen Dialects ist weit entfernt
davon schön zu sein. Das ist so hart, wie in keiner andern
Mundart, so dass sogar die Yemener, die doch auch das ^ hart,
aber freilich nicht so hart, wie die Aegypter, ertönen lassen, diese
Aussprache gradezu harbarisch finden, von den He^äzern die weich
(„dj") aussprechen, gar nicht zu reden. Die Fellahin sprechen das
ö wie in Arabien, d. h. wie g (in Gott, gut) aus, dagegen die
Cairiner, wie Hamza, was ihrer Sprache etwas ganz Entstelltes
giebt. Wer erkennt z. B. in Wörtern wie a'i', de 'i', das arabische
aqiq (ULJtr, Achat) und deqiq (vJuäo, Mehl) wieder. Aber das
ist Cairiner „Feinheit" und wehe dem, der das q anders, als wie
Hamza, aussprechen wollte. Er wird für einen Fellah erklärt.
Wie weit der Sprachdünkel der Cairiner geht, hewies mir einer,
den ich in (jedda traf, wo er schon Jahre lang gelebt, aber treu
an seinem Hamza festgehalten hatte. Er zog es vor, ausgelacht
und nicht verstanden zu werden, als das „barbarische" Q auszu¬
sprechen. „Was wird man sagen, wenn ich nach Cairo zurück¬
komme und man entdeckt, dass ich mir diese Aussprache angewöhnt
habe", meinte er.
Der Buchstabe hat hier ganz seinen ursprünglichen, dem
trillernden 1 verwandten Laut verloren und klingt wie *in einfaches
d. In der Aussprache der drei Znngenspitzenlaute c», 6 und Js
scheint gar keine Regel zu herrschen. Bald klingen sie wie die
verwandten Dentalen, hald wie die Sibilans z.
So spricht man itaub (für v-JjJü, er gähnt) tel^ für ^^JLi^
Schnee) taleb (für v_Jlju Fuchs). Dagegen 'Ozmän (für ^.juic)
o -
zäniya (Sjjli , Secunde) lez (e^J , Löwe). Das 6 klingt in mädena
(iüiL«, Minaret) dra (^ly, Ann) debbäna (äJui Fliege) wie d,
dagegen in haza dieser) talmiz (ÄaJij, Schüler) kizb (v_>ja
Lüge) wie z. Aehnlich ist es mit Js ^ man sagt dahr ( ^ ^
Rücken) adm ( ^> <- Knochen) dagegen 'azim (^, ■t^<- erhaben) zarif (v_<u^i fein, elegant), Dass hier keine Regel der Lautlehre
herrscht, beweist, dass man oft ein und dasselbe Wort verschieden
ausspricht. So hörte ich haza neben hada, dahab neben zahab
(für v_^3. Gold). Dass diese Laute assibilirt werden müssen, davon
hat man keine Idee, ja man erklärt sogar die Aussprache von
Maüzan, Ärahische Vulgärdialecte.
He^äz und Yemen für beduinisch-barbarisch. Dennoch lernen die
Leute ganz die richtige Aussprache in den Qoränschulen.
Eine sprachliche Hässlichkeit haben ührigens der ägyptische und
der algierische Dialect und, so viel ich weiss, alle Mundarten ausser¬
halb Arabiens, gemeinsam, das ist das Anhängen der Sylbe schi
oder sehe, oft auch hlos sch oder esch, (für Sache) an fra¬
gende oder verneinende Eedensarten. In Algier, wie in Cairo, sagt
man mä 'audisch {j;^o^ L«) für einfaches „ich habe nicht", nicht
etwa für „ich hahe nichts", wo es richtig wäre. „Es schadet nicht"
heisst in Algier „ma idorrschi" (vulgo freilich mä kän hädscha) in
Tunis „ma isaisch", in Cairo „mä idorresch". , Ueberau dasselbe
hässlicbe in dieser Anwendung ein vollkommner Pleonasmus,
dem wir von nun an Lebewohl sagen können, denn in den jetzt
zn besprechenden Dialecten der Halbinsel Arabien kommt er nicht
vor, mit einer einzigen Ausnahme, welche das vielbeliehte ägyptische
nnd magbrebinische „malisch" hetrifft (mit scharfbetonten i und
kurzem a) das in Hegäz noch zuweilen als „mä fisch" (mit langem
tonvollen ä und tonlosem i) wiedergefunden wird, obgleich die ein¬
fachere nnd richtigere Form „mä fi" daneben nicht selten ist.
3. Dialect von Hegäz.
Unter allen arabischen Mnndarten dürfte diese gewiss, nach
derjenigen des Negd, am höchsten zu stellen sein. Dass sie nicht
unbedingt die erste geblieben ist, rührt wohl von dem fürchter¬
lichen Sprachwirrwarr her, den die Hogg alljährlich nach Mekka
bringt nnd von dem vielleicht wohl etwas hängen geblieben ist.
So bat trotz Allem, was man znm Vorzug des Hegäz-Dialects sagen
muss, doch die Aussprache nicht die gewünschte Keinheit bewahrt,
wenigstens nicht in den Städten (ledda und Mekka. Die Zungen¬
spitzenlaute werden anch hier nur von den Gelebrten ricbtig aspirirt;
das Volk verwechselt sie vielfach mit den verwandten Dentalen,
ö wird wie g gesprochen; ein Gelehrter aus Mekka sagte mir,
man nenne es hier das „Gaf 'arebi", da die Aussprache g in ganz
Arabien allgemein, eine Behauptung, die wenigstens so weit meine
Erfahrung reicht (Mahra ausgenommen) richtig ist. Er behauptete
sogar, man spräche es seihst in vielen Qoränschulen so aus, was
freilich ganz dem gelehrten Brauch von Cairo und Damascus ent¬
gegen wäre. ^ ist weich wie französisches „dj". ^ ist immer
mehr rh, als gh, das, französische r grassaye. Die Diphthonge
ai und au lanten hier, wie in ganz Arabien, meist e nnd ö.
Sonst lässt sich von diesem Dialect grade desswegen am
Wenigsten sagen, weil er der richtigste ist. Alle Abweichungen
von der Schriftsprache welche mir auffielen, liessen sich mehr oder
weniger auf die Aussprache zurückführen. Dass sich das Tanwin
16*
244 Maltzan, Arabische Vulgärdialecte.
erhalten habe, konnte ich nirgends finden, ausser in den Adverbien
= ,s
wie tjul, welches ahad6nn (mit sehr kurzer, aber scharfhetonter
Ultima) nicht ahadän, wie in einigen Orten Aegyptens, gesprocben
wird. Auch die Vocabeln sind meist die der Schriftsprache. Die
Vergleichung in der dialectischen Tafel wird zeigen, wie oft sie
sich dem algieriscben Dialect nähern.
Uebrigens zweifle ich nicht, dass sich in der Mundart der
Beduinen von IJegäz manches Interessante entdecken liesse. Meine
Bekanntschaft mit diesen Beduinen war leider zu kurz, um mir
andere Entdeckungen, als vocabularische zu gestatten, die man in
meiner Tabelle finden wird.
4) Dialecte von Yemen*).
Wir haben es hier nicht mit einer, sondern einer ganzen
Gruppe von Mundarten zu thun. Jede Stadt, jeder Stamm hat so
viel dialeetische Eigenthümlichkeiten bewahrt, dass er auf einen
eignen Dialect, mitunter fast auf eigne Sprache Anspruch machen
kann. Dennoch lassen sich gewisse allgemeine Merkmale kenn¬
zeichnen. Um zuerst von der Aussprache zu reden, so haben alle
Dialecte die schärfste aspirirteste Betonung der Zungenspitzenlaute gemein, die ganz der Regel entspricht, wie sie in den Qoränschulen
gelehrt wird, (jo wird jedoch fast immer mit Jo verwechselt und
sogar in gewöhnlichen Schreiben statt dessen gesetzt. So sah ich
oft statt und yil», schreiben, j wird in einzelnen Namen
zu o, auch in der Schrift. So hörte ich Madhig statt Madhig
o * >.
sprechen nnd sah anch .i^s^jc/o schreiben. Selbst in Hamdani's
t- ,
iw>jiJt ''>-{f>- hat das Manuscript von Aden diese Schreibart, was ganz
unverkennbar ist, da Hamdäni nie den Punkt unter dem dal weglässt,
den noch hente alle Südaraber gebrauchen, ebenso wie den unter ta.
Viele Bedninen Südyemens sprechen übrigens in allen Fällen ö wie j
aus. ö wird wie g (in Gott, gnt), ^ fast ebenso, nur etwas
weicher gesprochen; in Aden hört man zuweilen anch dj. Das ^
wird in der Gegend von Hodeda wie Hamza intonirt, sonst aber
überall mit voller gutturaler Kraft. ^ lautet sehr verschieden, ge¬
wöhnlich und fast bei allen Städtern wie rh, bei den Hanschebi-
Bedninen dagegen wie g-, während bei Weitem die Mehrzahl der
südarabischen Bedninen es ganz fallen lässt oder höchstens wie
1) Ich nehme hier Yemen in einem etwas weiteren Sinne, indem ich auch noch Yilfi'a und alle Länder bis zur Orenze vnn lladliramaut dazu rechne, also ungerähr das Laud der alten Sabäer und das der Himyaren , zu denen die Yäfi'i gehören.
Maltzan , Arabitche Vulgärdialecte. 245 o 3<j£.
Hamza betont. Z. B. lautet der Name ^jutl! (die Hauptstadt der
Audeli) bei den Städten „el Ghoder" oder „el Rheder", bei den
ioi
Beduinen dagegen Loder (für el 'Oder) als wäre er ^^^^t geschrieben.
In der Grammatik hat sich viel Altsüdarabisches erhalten, im
Norden und bei den Städtern, wo das centralarabische Element sich
mehr geltend macht, natürlich weniger, bei den Bedninen des Südens
mehr. In der Stadt Raima hei Zebid, bei den Yäii'i, Hauschebi,
^obehi, ferner bei den Qomeschi und Diebi werden noch die alt-
südarabischen (sabäisch-ätbiopischen) Verbalsuffixe gebraucht. Man
conjugirt das Verbum kän (er war) folgendermassen: knnk (dn
warst) kunkü (sie waren) knnan (wir waren). Ancb das weibliche
Pronominalsnffix „es" statt Ls» findet sicb bei einigen Stämmen. So
,JV,£ ,i,E
hörte ich von Yäfi^i achadkes für i^j^Xi»! oder '4X5»! (ich habe es,
d. h. die Sache, genommen).
Eine seltsame Eigenthümliehkeit hildet der bei den himya¬
rischen Bedninen übliche Artikel „em" oder „m". Etwas Aehn¬
liches findet sich in andern Dialecten nnr in einem Beispiel, näm¬
licb embärah (gestern) für elbärah oder elbäriha. Hier ist es aber
fast bei allen Nomina, namentlich bei den Eigennamen, verwendbar.
Man sagt M'auleqi für el 'Aulaqi, Maudeli für el Audeli. Folgt
ein Relativ mit Artikel einem Namen, so wird das m letzterem
angehängt. So sagt man Halm Sa idi für Ahl es Sa idi (^^j^otwJt
d. h. das saiditische Volk. Ich glaubte Anfangs in diesem an¬
gehängten „m" einen Rest der himyarischen Mimation erblicken
zu können, wie schon Blau und von Kremer (in dieser Zeitschrift
Band XXV S. 527) vermuthet haben. Wäre dies der Fall, so
dürfte der Art. „m" nicht am Anfang eines Satzes vorkommen.
Käme er nur mitten im Satze und nach einem Nomen vor, so
könnte man glauben, dass das „m" der Mimation des vorderen auf
den Anfang des folgenden Wortes hinübergezogen wäre. Dem ist
jedoch nicht so, und „m" ist dialectischer Artikel. Dieser unterliegt
auch nicht den Gesetzen der lunaren und solaren Artikelbehand-
Inng, sondern ist unverdrängbar*).
Was die Wortbildung betrifft, so finden wir oft den Vorsatz
„t" in Wörtern, wo das Schriftarabische diesen nicht hat, z. B.
teras ^jjiji für Haupt; teben für ben, der Rabe (bildlich).
1) Lane in seinem „Arabic-English Lexion" I, 4. S. 144 fülirt einen süd-
atabischen Vers an, worin Amsahm und Amsalima für Essahm fPfeil) und
Essaliraa (Stein) stehen und bemerkt dazu: „This usage of Am" for „AI'' is of the dialect of Teiyi' and Himyar. Heutzutage hört man jedoch fast niemals das Hamza in „Am" aussprechen ; sondern „m" ist meist stumm, selten ver¬
nimmt man „em".
246 Maltzan, Arabische Vulgärdialecte.
Um von Eigennamen die Nisba zu bilden, liebt man es vor
der Endung noch einen Consonanten, n oder 1, einzuschieben. So
heisst ein Mann vom Stamme Gada „Ga'deni", einer vom Stamme
'Abd „Abdeli", einer vom Stamme Aüd „Audeli".
Alle Beduinen zeigen auch hier eine auffallende Vorliehe für
Diminutive und Collectiv-Plurale. Bei Eigennamen von Stämmen
ist die Form S^lys vorherrschend. Diese ist hier so beliebt,
dass man sie anch da anwendet, wo eigentlich die Elemente zu ibr
fehlen. Die Regel ist, dass sie nur von solchen Singulären gebildet
werden soll, welche einen Halbvocal nach dem ersten Radical haben.
Der Dialect kümmert sich darum nicht nnd hildet nicht nnr ans
'Aulaqi „'Anwäliq (v_äJ!^ oder vjij^), sondern anch aus 'Atfi
( ^iU- ) „'Awätif (^^Jibjsi). Hat im Singular die Nisba eine Ver¬
längerung erfahren, so bleibt sie anch im Collectiv. Z. B. : „Audeli"
,E ,
im Collectiv „Auwädel" (v^ol^!) , Abdeli im Collectiv. „ Abädel". Bei
andern Stammesbezeichnnngen ist der Collectiv älter als der in der
Nisba stehende Singular und dieser erst von jenem gebildet, z. B.
„'Aqäreb" (die Skorpione) wovou man die Nisba 'Aqrebi hildet.
In den Vocabeln hat sich ohne Zweifel manches Altsüdarabische erhalten, am meisten bei den Bedninen, jedoch nicht in einer solchen
Ausdehnung, dass wir sagen können, es spräche heut zn Tage noch
irgend ein Stamm in Yemen einen nicht vorwiegend centralarabischen
Dialect. Ein unternehmender englischer Reisender, der mit Mun¬
zinger zusammen im Sommer 1870 einen Ausflug nach den Wähidi-
Staaten macht, glaubte bei den Diebi und Qnmusch (Collectiv von
Qomeschi) noch einen himyarischen Dialect entdeckt zu haben, aber
er selbst berichtigte diese Ansicht, als wir im Frülijahr 1871 zu¬
sammen einen Mann dieses Stammes examinirten. Der Hauptsache
nach war die Sprache dieses Mannes durchaus Arabisch. Was
jedoch den mehr an städtische Dialecte Gewöhnten täuschen konnte,
war der Gebrauch einer Anzahl Vocabeln, welche in diesen nicht
üblich, aber nichts desto weniger Arabisch waren. Wenn z. B.
der südarabische Beduine für „viel" habsch und dnff sagt, so klingt
das ungewohnt, ist aber ganz schriftgemäss. Es sind die nomina
actionis von ,jX*.s> nnd ^Juis, die beide „sammeln" bedeuten und gewiss dem'Adener cherät (von ^txi» eligeudi copia) vorzuziehen.
Aber Einzelnes ist denn doch von den alten Vocabeln haften
geblieben, wenn anch nicht immer leicht zn erkennen , da ja eben
jene alte Sprache anch schon dem Arabischen verwandt war. Dahin
gehören Worte wie birsinn (Linsen), Aethiopisch •fK^fi'J; statt
Maltzan, Araiiiiche Vulgärdialecte. 247
des arabischen uJb; lümi (Limone) das Mahra und Tigre-Wort
J
statt des arabischen ^.l^*-J; leben (weiss) wie im Mahra-Dialect
und im Hebräischen (während es im Arabischen nie die Farbe be¬
zeichnet); 'auwäf (Tag) ein etymologisch mir dunkles Wort. Andere
Wörter sind zwar arabisch, werden aber hier in einer Bedeutung ge¬
braucht, die sie im heutigen Arabisch nicht haben, wohl aher im
Tigre oder im Aethiopisehen. Doch über diese Alterthümlichkeiten,
die wie gesagt nur eine kleine Rolle im Dialect spielen, kann
ich auf mein Voeabular verweisen.
Zum Schluss zwei poetische Dialect-Pröbchen, der Aussprache
nach transcribirt, die ich eben so fragmentarisch mittheile, wie
ich sie aus dem Munde der Sängerin aufschnappen konnte.
'Ali ben Simbel Hamed: ma'ser feragh el mehabba,
K'seläm el woddät, tiqsa bei häl el häl, wa lä tchemet dochül.
Meddet tsällem 'ala Sidina inni chäli el häl.
Qäli trobod menni? wa quit min Laheg.
Min heit el beladden? bellabel aschülek!
Agwäti igauwebek, la yaknl el kaat wa ismurr ma dödjel
el 'ayän.
Bachil tüi cazmän Ali ben Simbel Hamed.
El habb miti el ghiul
üebersetzung.
Ali ben Simbel Hamed, schwer wird das Verlassen der Liebe,
Wie der Gruss des Scheidens; gehe mit Maass, mit Maass
und denke nicht an die Einkehr!
Ich streckte die Hand aus zum Gruss zu unserm Herrn, darauf
hatte ich wohl mein Augenmerk gerichtet,
Er sprach zu mir: von wo kommst du? und icb sagte, von Laheg.
Von wo des Orts? (so sprach er) ich liess dich doch ohne
Kameel (bellabel) zurück?
Meine Stimme antwortet dir: man esse nicht den Kaat, der
verbittert und den Angen web thut.
Geizig (bist du) zu allen Zeiten, 'Ali ben Simbel Hamed,
Die Liebe ist wie die Ghül
Ya labs el bed min föq el chayatäni
Schäfek cl 'Önäni, wa la chatr he 'äni
Wa qäl el 'önäni laqit aliyum schey täni.
El chagr wa eg cedr bustän el fawakih.
El batn wa el onq, bennur wa tö'bani
Wa qäl el 'önäni bä föq el ontani
Wanni scheban mil ragel hebbet min el 'önäni
Tlät teras el gehl wa schkit schuka l'Ilah . . .
1 !
248 MaltzaA, Arabitche Vulaärdialecte.
Uebersetzung.
Du, die du's Hemd Ubers Kleid anziehst,
Dich sah der önäni, aber an mir ging er nicht vorbei (d. h.
mich wählte er).
Und es sprach der önäni, heute fand ich eine seltene Sache
(^L» das zweite)
Eine Taille und eine Brust! ein Garten von Früchten.
Einen Leib und eiuen Hals! Glas und eine Schlange (d. h.
der Hals ist wie Glas und der Leib wie die Schlange)
Und es sprach der önäni : komme auf das Ruhebett !
Doch ich war müde des Mannes, entfloh von dem önäni.
Stieg auf den Gipfel des Berges und erhob meine Klage zu
Gott ....
Labs el bed (das Weisse) min föq el chayatäni ist ein Sprüch¬
wort, welches den Üebermuth geissein söIl, etwa wie man sagt:
„er weiss nicht wie er die Kappe aufsetzen soll" (Süddeutsche
Redensart).
Folgendes kleine Dictum mag auch noch als Dialeetprobe hier
stehen und zugleich zeigen, dass das Historische ira Volke noch
fortlebt.
Du Nowäs retob am yebäss!
Säl teräs hantiäs (bans Zahnstocher hannäs adj. verb.)
Dü Nowäs nass oder trocken?
(Wer kanns sagen?) frage das Haupt mit dem Zahnstocher
(bans).
(Die Bedeutung von nass oder trocken ist hier obscoen. Der
Sinn ist, ob der König, den Du Nowas ermordete, vorher seinen
schändlichen Zweck erreicht hatte oder nicht).
5) Dialect von Hadramaut.
Auch dieses Land ist hier in einem etwas weiteren Sinne ge¬
nommen und darunter die Gegend zwischen 48* Oestl. v. Gr. und
Mahra verstanden, während das engere Hadramant nur den Wädi
Kesr ( nach Hamdäni) und seine Seitenthüler begreift. Wenn
wir die Diebi nicht mehr hinzurechnen, so können wir wohl sagen,
dass wir hier schon ausserhalb des himyarischen Gehietes sind.
Dies zeigt auch die Sprache, die weniger Eigenartiges hat, als die
von Nord- und Süd- Yemen und die der Himyaren-Länder '). Hadra-
1) Ich nenne die Himyaren-Länder neben Süd- Yemen , weil ja nicht alle Qimyaren in dem , was man heute Süd- Yemen neunt, wohnen, z. B. die Y4f i, Humusch , Diebi östlich vom eigentlichen Yemen , aber doch noch nicht in Hadramaut.
1 9
Mallzan, Arabitche Vulgärdialecte. 249
maut hat eben schon sehr frühe das centralarabische Element in sich
aufgenommen, nämlich durch die sehr alte Einwanderung der Qadif
und die relativ jüngere, aber gleichfalls alte, etwa 2 Jahrhunderte
vor der IJigra erfolgte der Kinda. Zu Hamdani's Zeit war das
Land sprachlich so eingetheilt: in Kinda, welche gut, in Qadif,
welche schlecht, und in Hadramaut, welche sehr schlecht Arahisch
sprechen. Letztere mögen wohl noch einen altsüdarabischen Dialect
geredet haben. War die Sprache der Kinda schon vor dem Islam
hier mächtig, so musste sie durch ihn immer mehr zur Herrschaft
gelangen. In der That finden wir auch in diesem Dialect jetzt das
Altsüdarabische viel schwächer vertreten, als in Südyemen. Hier
ist nicht mehr die Rede von Suffixen mit ka und andern altsüd¬
arabischen grammatischen Eigenthümlichkeiten. Die Vocabeln sind
meist durchweg centralarabisch, zwar vielfach andere, als die in
Hegäz üblichen, aber nichts desto weniger durchaus schriftgemäss.
Es ist eben ein sehr alterthümliches Centralarabisch, das hier sich
erhalten hat und wird im Wesentlichen noch die von den Kinda
eingeführte Sprache sein, denn eine namhafte centralarabische Ein-
wandernfig fand nach der ihrigen nicht statt. Fast alle Stämme
Hadramauts rechnen sich jetzt zu den Kinda, die mehr als je hier
das herrschende Volk sind. Alle von Wrede in Hadramaut ge¬
nannten Stämme wurden mir von den Eingeborenen als Unter¬
abtbeilungen der Kinda bezeichnet, sö auch die Ga'da, die nichts
gemein haben mit den öa'da von Südyemen, welche letztere in
ihren alten Wohnsitzen westlich von Yäfi'a geblieben siud und noch
jetzt den CoUectiv-Namen 6a ud (i^jjt=-) führen. Wie wenig sich
in Hadramaut im Laufe der Jahrhunderte verändert hat, beweist
auch der Umstand, dass die bereits von Hamdäni genannte Dynastie
der Ketiri noch jetzt im Besitz der höchsten Gewalt ist.
Nnr in der Aussprache mag sich hier manches anders gestaltet
haben, obgleicb wir auch hierin irren würden. Alles was uns jetzt
fremdartig erscheint, auf südarabische Einflüsse zurückzuführen, da
wir ja den alten Dialect der Kinda nicht kennen.
Was die Aussprache betrifft, so ist vorerst die des ^ merk¬
würdig. Dies klingt hier wie „dy" oder „ghy"; jedoch ist dieser
Vorschlag eines „d" oder „gh" sehr schwach. Nur in einigen
Wörtern wie ghyocha (von ^ ys- Tuch) hörte ich ihn stark ; meist
ist er ein sehr schwacher Dental , wie iu *yebel (Jw-?-) "yemel
1) Ich fand diese Angabe in dem 10. Bande des neuaufgefundenen Iltlil,
dessen Titel: ^ylOL*^! ^^j! ^^y-^JÜ iH-^-Ji ^u-Jl J>-J^^'
:».-T.il . Bis •>ietzt ist nur der 8. und 10. Band wiederentdeckt und befand sich als ich Aden verliess (Sommer 1^71) im Besitz des dort lebenden Capitain Miles. .
250 Maltzan, Arabische Vulgärdialecte.
ö ist auch hier immer g. uS^ ist in einzelnen wenigen
Fällen gleich ^ji. So hörte ich 'alesch für'aiek (^^i^JLc). Ja wird
durchweg mit (jo verwechselt und diese Verwechslung geht auch
in die gewöhnliche Schrift über. 3 wird abwechselnd mit ö und •
verwechselt. So sagt man hadin (Schuhe vor SÄs» induit calceum)
dagegen zabih (Schlächter ■^^^). Die Diphthonge sind auch hier
ö und e. Wie in den meisten Beduinendialecten , so beginnt man
gleichfalls in Hadramaut ungern cin Wort mit Hamza, man sagt hal für
J^t , Hamed für lW>! u. s. w. Die Beduinen werfen sogar solche
Anfangssylben , in denen ein Halbvocal steht ganz weg. So sagen
sie „scheut" für „wäschenta" (wie geht dir's), „schek" für „waschek"
(etwa dasselbe).
Von eigentlichen grammatikalischen Abweichungen konnte ich
hier nichts Wesentliches entdecken. Die Originalität des Dialects
liegt im häufigen Vorkommen von alterthümlichen, zwar durchaus
arabischen, aber in andern Mundarten kaum mehr üblichen Vocabeln,
die man in meinem Wortregister finden wird. Einige poetische
Dialectproben mögen hier Platz finden.
I. Klage über das Kriegsloos der Stadt Scherg im
Wadi Dö'an.
Ale'sch ya Schdrg menn gälbi wa 'aini beki,
Li bädro ha aul di 'ala el hä' tistebi,
In kä'n bücbe'r min, demm el awä'di rühi.
üebersetzung.
Ueber dich o Scherg hricht mein Herz und mein Auge weinet.
?• ,
Die es bewohnten früher, his in ihre Bärte {^j^ ph v.
ü ^
iC^jsU) mussten sie sich schämen.
Als der Erdboden vom Blute der Männer erfloss.
(Bücher, der „Vater des Wohles" d. h. die Erde, die alles
Gute hervorbringt. Awädi steht für Awädim, Collectiv für Beni
Adam).
1) Etwas Aehnliches berichtet Dr. Socin Z. D. M. G. Bd. XXIV S. 470 von den Muntefie in Mesopotamien, nur dass dort das _ wie reines Jod (^) gesprochen wird.
Maltzan, Arabisehe Vulgärdialecte. 251
II. Klage einer Mutter tlber den Tod zweier junger
Krieger.
Kän Qobain, ya sähet el chä'tr, wa bai min genne,
Wähad min el 'äm wähad zabni dessenn6,
Wainschi 'awädhum, min A'llab 'ädri hass henn6.
Wa kama el wa'l laqet önkesr methennö
Lagaib bi eher el 'irgä erkebt tethenne.
Uebersetzung.
Es waren zwei Jünglinge, o Fülle des Wohlgefallens; und sie
zogen vom Bergesgipfel,
Einer vor einem Jahr, der andere ward Krieger in diesem Jahr,
Und wo ist ihre Rückkehr? von Gott blieb mir nur die Barm¬
herzigkeit.
Und wie die Gazelle fand ich mich, die zerbrochen ihre Hörner.
Der Name der unter den besten des Bergwegs war, ist unter¬
gegangen.
Bemerkungen.
p
Z. 1 sähet von i^Lv potu satiatus fuit, hier „Fülle", häl von
^^^j> festinavit. genne cacumen montis.
Z. 2 zabni für aL^jj miles, dessenne iüLwJt „in diesem
Jahr".
Z. 3 ^-5t^ reditus eorum, adni von j'^c reliquit. henne
ia=> misericordia.
Z. 4 läqet „ich fand" steht eigentlich für „ich war", methenne,
sonst Zähne, hier Horner, von ^.^^ zermalmen.
Z. 5 Lagaib für erga, ss^-jl, „der Aufsteig" steht für
„Berggegend", erkebt steht einfach für „es war", tethenne ^^^.s^ii
VIII. Conj. von j^ysvb mit Passivbedeutung: „ward zermalmt" d. h.
„der Name ging verloren" vulgo „ism räh".
in. Lob der Krieger auf das ungezügelte Leben in
Makalla.
Yä eher bender fi'l megdbba, menne dächcl tzüg ü' tneddem,
Seba in rä m di isrholü di clhä'gü' ellil lödlam.
1 9 •
252 Maltzan, Arabische Vulgärdialecte.
Uebersetzung.
0 schöner Hafenort am Hügelabhang! wer ihn betritt, findet
Gefährten und Lustgenossen,
Siebzig Krieger, theils schwärmen sie wie Ghnls umher, theils
bereiten sie Wirrsal des Nachts im Dnnkeln.
Bemerkungeu.
Z. 1 megabba von v^.^ descendit declivo loco in valle. tzüg,
von conjunctus fnit, hier mit Passivbedentung „er wird ver¬
bündet" d. h. „er findet Gefährten". Aehnlich ist der Sinn von
tneddem V. Conj. mit Passiv- oder Reflexivbedentnng eines Ver¬
bums, das mit ^\iXJi (socius) verwandt ist und natürlich nur die
Form mit |,ju, bereuen, gemein hat.
Z. 2 seba in, siebzig, steht hier bildlich für „eine grosse An¬
zahl", räm , j.t^ , Jüngling, Krieger, di — di, zwei pronom. relativa,
stehen etwa für „die einen — die andern", was wir dnrch „theils
— tbeils" geben, isrholü für I^JyiX^^, X. Conj. von jLc, hier
den Sinn von ^3^J nächtlicher Spuk, entlehnend, elhägü steht für
!yf\jsvJ IL Conj. von g.^, confusam reddidit rem.
Der Umstand, dass die Krieger im Bender des Nachts berum¬
schwärmen und gleichsam die „Ghuls" spielen dürfen, ist natürlich
das höchste Lob im Mnnde der zügellosen jnngen Beduinen, welche
oft die Truppen des Negib von Mahalla hilden, denn, wie man mir
sagte, sind die Verschen zu Ehren dieses Benders gedichtet.
IV. Sittensprnch.
Qatt el qitab ya mül el bachisa wa ingeddeb,
Sälet schi ab besut fi'l wädi hamim.
Hosba fi'l denia wa hosha fi'l ochra Rah miltegi and girät el mustegim.
Uebersetzung.
Zerbrich den Kameelsattel, Herr der Schwachheit, nnd gehe weg.
Es floss der Giesshach sich ausbreitend zum weiten Fluss.
Abrechnung in der Zeit, Abrechnung in der Ewigkeit!
Gehe einher auf dem W^ege der Gerechten.
H. Dialect von Mahra.
Zur weiteren Ausführung meiner in Bd. XXV d. Zeitschrift
(S. 198—214) entworfenen Skizze dieses Dialects mögen ausser
1 3 *
Maltzan, Arabitche Vulgärdialecte. 253
dem Voeabular noch einige Bemerkungen dienen. Die beiden von
mir im Voeabular hehandelten Unterarten des Mehri sind übrigens
nicht etwa für die Hauptabtheilungeu der südarabiscben eigenartigen
Sprache zu halten. Diese sind Mehri und Qaräwi, vulgo Grauwi,
auch Hakiii genannt. Aber letzteren Dialect wurde ich leider durch
die Umstände gänzlich verhindert zu erforschen. Es handelt sich
hier also nur um zwei Zweige des Mahra-Dialects, die ich West- und
Ost-Mehri nenne. Ersterer wird vom Wädi Mesile und Sayhut an
bis östlich von Keschin, auch auf der Insel Soqotra gesprochen.
Er ist jedoch weniger rein, noch mehr mit Arabismen gemischt,
als der andere, nebenbei scheint mir auch die Aussprache sehr
verderbt. Das östliche M6hri ist die Sprache von Räs Fartaq und
scheint in der Umgegend von Hagüel, am reinsten ge¬
sprochen zu werden. Oestlich davon beginnt, in Dofar (JJuo für
\jth) das Gebiet des Grauwi, obwohl im Hauptort, Bender Risüt,
der unter dem Ketiri von Hadramaut steht, noch vielfach Central¬
arabisch gesprochen wird. Das unabhängige Grauwi-Land ist die
Gegend von Mirbat.
Uebrigens scheint auch mitten ira Mahra-District keineswegs
absolute Spracheinheit zu bestehen. Meine Informanten, der Nächodä
Mostaif ben Mobarrek und seine Seeleute (aus Hagüel stammend)
erzählten mir, dass man im Innern bald ein arahisch, bald ein
den Dialect redendes Dorf fände. Durch dieses Ineinanderreichen
der verschiedenen Sprachgebiete, droht das schwächere, d. h. das
Mehri, immer mehr zu verschwinden. Die Mehri künnen fast alle
arabisch, nicht aber die hier wohnenden Araber Mehri. So erklärt
sich wohl, warum der eine Dialect, der von Keschin, schon mehr
arabisirt ist, als der von Hagüel, das weniger von arabischen
Dörfern umgeben ist. Ich habe allen Grund, letzteren Dialect für
den besten zn halten, obgleich auch er an eigenartigen Vocabeln
weit hinter dem Granwi zurückbleibt.
I. Zur Lautlehre, im Vergleich mit dem .Arabischen.
Die knrzen Vocale sind ira Mehri fast noch flüchtiger, als im
Arabischen und baben iraraer eine starke Tendenz zn verstummen.
Selbst die Gezmirnng der ersten Sylbe ist ziemlich hänfig, z. B.
kgöb (Morgen) ktön (Wanze) pl. ktöten. Das kurze i geht meist
in e über, z. B. läkenn arab. läkinn (aber).
Die langen Vocale sind : ä, e, i, ö, ü.
Langes ä ist verhältnissmässig selten nnd findet sich fast nnr
in rein arabischen Wörtern, wie hogän Pferd, den Pluralen
anf ät, ol, und manchmal an Stelle eines weggefallenen ^, z. B.
derrät, Aermelhemd, von cS.J Arm, dofdäd, Frösche pl. v. xcitoiJo.
254 Maltzan, Arabisehe Vulgärdialecte.
Langes e vertritt die Stelle des arabischen langen ä in Nominibus
und CoUectiv-Pluralen von der Form jlnil und Jl*s, z. B. 'auweg
krumm (Arab. direr pl. v. derrät; ausserdem steht es in
der Plural-Endung en (statt in") z. B. senen Jahr, Arab. ^yfJ^.
Auch findet es sich anstatt des arabischen kurzen a, wie in
schebek Fenster, arabisch 'eJUX:,. Selten ist es aus dem Diphthong
ai entstanden, und wenn, nur in arahischen Wörtern, wie bet,
Haus für Endlich in der Femininendung et, statt des häu¬
figeren it, z. B. gitet, die gute, beriet, Brunnen, hedawet, Köcher
des Yatagan.
Langes i ist am häufigsten im regelmässigen Plural in, z. B.
gadd, gaddin ; und in der Endung it heim nomen unitatis, wie deferit, Nagel ; chobzit, ein Stück Brod ; bezerit, Dattel. In den Adjectiven J..x*i
und den Relativen, wie im Arabischen, z. B. feqir, arm; 'arid weit;
und Mehri, Grauwi, 'Arhi etc. etc.
Langes ö steht vielfach an Stelle des arabischen ä: harröt,
Bauer (für OLs»); mergön, Coralle (für ^.^Lsyi); schewöt, Feuer
(für o!^>; namentlich in den CoUectiven JJuä; mezömer, die
Flöten; mesömer, die Nägel; makones, die Besen. Im Feminin.
Sing, der Adj. Verb. pass, heddemöt, zerstört, und im Fem. Plural
einiger Adj. chayebOten, die Hässlicben, barköten, die heissen.
Langes ü erscbeint am häufigsten im regelmässigen PInral des
Feminin der Adjectiva nnd Appellativa , der Endung üten : selgit,
selgüten, die grobe; rayyit, rayyüten, die Hirtin; in Adjeetiv verb,
der Form jyti. hanüb, alt; qanün klein; in CoUectiven ^y*i\
(für arab. jUslj: hatofül (v. tifl Kind) hakelüt (von kelet Knopf).
Der Diphthong ai ist sehr häufig und zwar hauptsächlich in
eigenartigen Mehri-Wörtern , z. B. rhaig. Mann; klaini, Abend;
terain, Bein; qaiter, Leopard; haidin, neu; aibos, Frühstück. Zu¬
weilen ersetzt er ein weggefallenes wie in
merain. Gras (von arab. ^^'j pabulo abundavit);
schafaik, geheüt (vom arab. «ää);
rai, Hirt (arab. ^!j).
Er nimmt seltner die Stelle anderer langen Vocale, z. B. die
von ü in
haiglit, Feld (arabisch J^^^).
Maltzan, Aralische Vulgärdialecte. 255
Der Diphthong au dient meist hei Bildung weihlicher Plurale
in der Endung anten, wie föteret, föterauten, die Fastenbrecherin ;
zalhait, zalhauten, die Fette; waida, wadauten., Muschel. In
CoUectiv-Pluralen, JJLxs und JJLxi, wie mergön, meraugen, Coralle ;
köbel, kobauwel, Balken; minge'e, menauge', Affe.
Ausserdem kommen alle langen Vocale und Diphtonge, vor¬
züglich aber ö und au in Aoristen der II. Conj. vor, in denen das
teschdid des Perfects wegfällt und die betonte Sylbe lang wird,
z. B. haffer, ihaufer, grahen; gemmed, igaumed, gefrieren; kuffet,
iköfet, hinabsteigen; kennös, ikönes, kehren. Langes ü in der End¬
sylbe im Aorist der Verba mediae geminatae und in den ent¬
sprechenden 4 Buchstabigen, z. B. fereri, iferür, fliegen; qirre,
häqerür, ich nehme; hegoll, ihegelül, kochen; nechorr, incherür,
schnarchen.
Endlich kommt, wiewohl selten, noch der Diphthong oi vor,
z. B. qui, plural qaiwoi stark; man hört es oft statt ai, wie in
ois Messer für ais, boir Esel für hair etc. etc.
Die Hauchlaute sind dieselben wie im Arabischen, Hamza,
b c'
Hamza tritt zuweilen mit ausserordentlicher Kraft auf; so dass
es nicht, wie im arah. ^_^(^, Jj^ den vorhergehenden Vocal
verlängert, sondern ganz selbständig einen eignen continuirlichen
Laut darstellt; z. B. ankel, ein Bein stellen, von Jjü, compes,
war wohl ursprünglich IV. Conj., jetzt ist aber Hamza hier Radical
und JJof tritt als quadriliteral auf, was der Aorist zeigt, der nicht
„yankel" (der IV. Conj. entsprechend), sondern i 'ankel lautet;
ebenso: ömer (reden), Aorist i ömer. Aehnlich in Pluralen mediae
hamza, z. B. re 'es (von ^jJJ) ske 'a (Plural von skot. Dorn) fü'et
(Plural von futet, Lendentuch). Am Anfang der Wörter geht das
Hamza des Arabischen im Mehri meist in ha über. Z. B. häm,
Mutter, |If; haiden, Ohr, bäeher, alt, von ^.i-l portremus.
Oft verliert das so vorn verlängerte Wort seinen hinteren Radical,
wie in hanwar, Erde, von (joJ; hajebba, Finger, von j^^ot. In
den CoUectiv-Pluralen geht der arabische Vorsatz Hamza auch stets
in ha über: habuebet (pl. von bäb, Thor) häqnebet (von qob
Schakal). Die Nomiua, in denen Hamza am Anfang bleibt, sind
, y:
selten. Beispiele amer, voll (arab. .a] multus fuit) alleg, anzünden
(arab. vJül splendnit). Mehr Widerstandskraft zeigt Hamza in der
I. Pers. Sing, des Aorist.
256 Mallzan, AraMsche Vulgärdialecte.
^ erleidet im Mehri dreierlei Behandlungen : es verschwindet
ganz , es verwandelt sich in ha , oder es hat seinen gewöhnlichen
semitischen Lautwerth. Wir können deutlich im Mehri die Tendenz
entdecken, das ^ ganz aus seinem Alphabet verschwinden zü lassen,
ähnlich wie es de facto aus dem Amhärischen verschwunden ist
wenn es auch noch geschriehen wird. Nur der Umstand, dass
das Mehri so viel Arabisches aufgenommen hat, und nocb täglich
aufnimmt, verhindert das gänzliche Verschwinden dieses Lautwerths.
Eiu arabisches Worl, mit ^ beginnend, welches in's Mehri auf¬
genommen wird, behält dieses ^, z. B. 'arös. Braut, '6g,
Elfenbein, ^Lc; 'arid, breit, (jajjc; 'aisch, Durra, ^Ji^. Dagegen
zeigen alle Namenstämme, die der eigenartigen Sprache angehören
die ehen erwähnte Tendenz und haben das in andern semitischen
Idiomen in denselben Wurzeln gefundene ^ ausgestossen , wenn es
in der Mitte oder am Ende des Worts vorkam, durch ha ersetzt,
wenn es am Anfang stand. Beispiele des letzteren sind:
hair oder boir, Esel (arah.
hätem, Nachtwache (arah. iUix:);
hauscher, sich gesellen (arab. ;
hameg, krumm (arab. ' ;
hauwir, einäugig (arab.
hageb, gefallen (arab. >_*:Six:) .
Diese Stämme sind zwar zugleich auch arabisch, was nicht zu
wundern, da ja das Mehri gleichfalls in seinem eigenartigen Theile
mit Arahisch verwandt ist, indem beide südsemitische Spracben sind ;
aber dennoch halte ich sie für eigenartig, weil erstens ihre Be¬
deutung eine im Arabischen weniger übliche Schattirung desselben
Begriffs zeigt und weil zweitens ihre Biegung in Tempus , Genus
und Modus unarabisch ist, während die oben genannten, das ^
behaltenden Wörter fast ganz so gebraucht und flectirt werden, wie
im Arabischen.
In der Mitte oder am Ende der eigenartigen Wörter geht aber
^ ganz verloren nnd sein ehemaliges Vorhandensein verräth sich
nur durch einen längeren Vocal. Beispiele:
- o i dofede, pl. dofdäd, Frosch, (arah. iLcL>iii>ii) häl, fem. hallt, Herr, (semitisch bal) säfa, part. pass, safaik, heilen, (arab. ^Jui,) ferrü, part. act. ferröne, hinaufsteigen (arab. g^^s)
foza, Aorist iföza, fürchten (arah. ^ .
Maltzan, Ardbische Vulgärdialecte. 25t
Man hört neben bäi allerdings auch manchmal ba'l, aber im
Fem. bälit und Plural böliya verschwindet ^ ganz.
In einigen Fällen verhärtet sich das ^ der andern südsemitischen
Sprachen im Mehri in ^.
Beispiele :
tferhit, pl. tiferh, Kameelfladen (Wurzel jäö)
rhorub oder rhoruf, wissen (arab.
ghonzet, Haarschopf (vielleicht Wurzel ^sJ^ torquere)
gbualiän, Kinder (wobl von jLc aluit familiam suam).
Wir haben schon ans Obigem gesehen, welche wichtige Rolle
im Mehri der Hauchlaut „h" spielt. Er tritt aber nicht nur am
Anfang der Wörter statt Hamza und ^ auf, sondern er bildet auch
in sehr vielen Fällen eine ganz neue Vorschlagssylbe meist mit dem
Vocal a oder ä; mit a, wenn im Worte lange Vocale vorkommen,
mit ä, wenn dies nicht der Fall ist. Diese Sylbe ist, ob knrz
oder lang, meist betont, mitunter sehr scharf. Zuweilen kommen
andere Vocale vor wie 6, ü, i, auch kurzes e, das aber nicht betont wird.
Beispiele :
häsomm, Gift (arabisch ^)
hadid, Oheim (äth. ^^)
o - habet, Ortschaft (arab. oyj) bamait, todt (arab. ^^JU)
bäberk, das Kameel zura Liegen bringen (arab. u5^,j)
haben, Daumen (vielleicht v. distinete patens)
ha'ib, Vater (ot) ; das' Hamza bleibt bier in der Mitte.
Beispiele, dass das „h" rait anderen Vocalen verhunden den
Vorschlag bildet, sind seltener :
hehr, Sohn (arara. her, "na) w >
hörizz. Reis (arabisch j^) ü ,
heyöra, Sonne, (arahisch Tag)
hibechäch, Charaäleon (eigenartig); dass das hi hier Vorsatz
ist, bezeigt der Plural bachechüten, in welchera es verschwindet.
Auch bei einigen solcher durch eine ganze Vorschlagssylbe
verlängerter Wörter geht der III. Radical verloren.
Beispiele :
here, Haupt (für ^jJij). Haraza bleibt, wie das lange e an¬
deutet, ^J« fällt weg.
Bd. XXVII. 17
258 Maltzan, Arabische Vulgärdialecie.
heber, frieren (arab. o^j)
hale, Nacht (arab. J>jJ), kommt nehen dem üblicheren halil
vor. Immer jedoch, wenn vor halil eine Präposition steht, geht
der III. Radical verloren, z. B. b'haliü bei Nacht.
Vom Verlust des II. Radicals kenne ich nur wenige Beispiele:
o ham, Name ((.-w!).
Mit Verlust des II. und III. Radicals in: haibit, Kameelin
( „ou) . Dass dies wirklich von dieser Wurzel, beweist der Plural
habhär, in dem der III. Radical wieder erscheint und nur das
^ fehlt.
h am Anfang der Wörter nimmt nicht selten die Stelle auch
anderer Consonanten ein, die es dann ganz verdrängt, indem es
sich als I. Radical substituirt.
Z. B. heriq, Dieb (v. ar. sjy«) danehen heliq
hemü, hören (arab. j^)
badauer, grün (v. arab. jäs») haid, Hand (arab. Ju).
In Zeitwörtern hat es eine Tendenz, im Anfang der Wörter
aufzutreten, sowie dieser vocalisch wird. So in der ersten Person
Sing. Aorist, z. B. haqerür für aqerür, ich nehme ; oder auch heim
Imperativ, blos um dem Wort mehr Körper zu geben, z. B. hitk
nimm, Imperativ von tok.
Dieses Vorschlags-h scheint ursprünglich der schwächere
Laut B gewesen zu sein. Jetzt ist die Aussprache verschieden.
In Ost-Mahra, wo man am besten spricht, hört man mehr ^, als
in West-Mahra häufiger ». Alles hängt hier übrigens vom Wohl¬
laut ab, und die Stärke oder Schwäche des h richtet sich meist nach
der Qualität der nächstfolgenden Lautwerthe.
Das arabische _ hat im Mehri eine Tendenz, in ^ überzugeben.
O Beispiele :
chöfl, Bauch (Wurzel J.i5>) chaider, Hütte (Wurzel yxis-)
^ neigt oft zum Uebergang in u^.
G
Beispiele :
karmaim, Berg (arah. |,,5» cacumen montis)
kefif, leicht (arab. ^^SL*Äi>)
* -.0,0
sakber, fragen, hört man neben sachber (von ^^o^u*.!).
Dass ^ oder ^ verloren geht, ist sehr selten. Es geschieht
mit ^ in woret Mond (ätb. (Dt^f^ ;)