Otto Pretzl
20. April 1893 — 28. Oktober 1941
Ein Nachruf von Anton Spitaler, München
Am 28. Oktober 1941 fand der Ordinarius für Semitistik
und Islamwissenschaft an der Universität München, Prof.
Dr. Otto Pbetzl, Hauptmann d. R. z. V., erst 48V2 Jahre
alt, in militärischer Pflichterfüllung bei einem Flugzeug¬
absturz den Tod.
Die Orientalistik, insbesondere die Islamwissenschaft hat
damit einen Gelehrten verloren, der sich in seiner Eigenart
kaum mehr ersetzen lassen wird. Pretzl kam von der Theo¬
logie, genauer von der alttestamentlichen Wissenschaft her.
Sowohl seine Dissertation (1926), übrigens aus einer Preis¬
aufgabe der Theologischen Fakultät München entstanden, als
auch seine Habilitationsschrift (1928) behandelt Probleme
des alttestamentlichen Bibeltextes, die in der Übersetzung
der Septuaginta hervortreten. Schon hier zeigt sich seine
große Neigung und Eignung zur Handschriftenforschung und
kritischen Textherstellung. Mit der Aussprache des Hebräi¬
schen nach griechischen Umschriften beschäftigte er sich
in einem besonderen Aufsatz. Wie wohl die meisten Mün¬
chener Theologiestudierenden in früheren Jahren war auch
Pretzl ein Schüler Hommel's und befaßte sich nicht nur mit
den biblischen Sprachen, sondern mit den meisten semitischen
Dialekten vom Akkadischen bis zum Äthiopischen. Bei
Spiegelberg trieb er außerdem Altägyptisch und Koptisch.
Bei StJssHEiM erlernte er Persisch und Türkisch. Am meisten
aber hatte ihn von jeher die Sprache des Propheten ange¬
zogen, und aus reinem Privatvergügen, ohne daran zu denken,
daß er jemals wissenschaftlich etwas daraus machen könnte,
widmete er sich dem Studium des Arabischen mit besonderem
Zeitachrift d. DMQ Bd. 9S (Nene Folge Bd. 21) 11
162 A. Spitaler, Otto Pretzl
Eifer. Erst durch Bergstbasser, der seit 1926 in München
dozierte, erhielt dieses Steckenpferd, wie er selbst es nannte,
einen wirkhchen Sinn und eine bestimmte Richtung. 1928
befindet er sich bereits in Istanbul, wo er, von Bergsträsser
dazu angeregt, seine erste arabische Textedition vorbereitet,
den Taislr des Däni. Ihm folgte der Muqni' desselben
Verfassers. Mit diesen beiden Textausgaben begann er die
Reihe der Veröffentlichungen arabischer Quellentexte, wie
sie Bergsträsser in seinem Plan zu dem von ihm ins Leben
gerufenen und von der Bayer. Ak. d. Wiss. unterstützten
Koranunternehmen in Aussicht genommen hatte. Die Rich¬
tung, die Pretzl damit einschlug, wurde fast für seine ganze
spätere Tätigkeit bestimmend. Er wurde der erklärte Schüler
und Mitarbeiter Bergstrasser's in Coranicis. Um völlig freie
Hand für diese Studien zu bekommen, habilitierte er sich im
Sommer 1933 aus der theologischen in die philosophische
Fakultät München um. Nach dem allzu frühen tragischen Tod
Bergstrasser's im gleichen Jahr wurde er von der Akademie
mit der Weiterführung des Koranunternehmens, außerdem
von der Universität mit der Vertretung des vakanten Lehr¬
stuhls beauftragt. 1934 erfolgte seine Ernennung zum A. 0.,
im Herbst 1935 wurde er endgültiger Nachfolger Berg¬
strasser's als Ordinarius. 1937 wurde er Mitglied der Bayer.
Ak. d. Wiss.
Durch seine Herausgabe des Taisw* hatte sich Pretzl zum
Spezialisten in der Koranlesarten-Wissenschaft, dieser isla¬
mischsten aller Koranwissenschaften ausgebildet. Zeugnis
davon gibt sein Aufsatz „Die Wissenschaft der Koranlesung"
in Islamica VI, in dem an Hand des Taisir die Grundpro¬
bleme dieser Wissenschaft erörtert werden. Derselbe Aufsatz
zeugt auch von seinen eingehenden Handschriftenstudien,
die er in Istanbul zu der arabischen Originalfachliteratur
machte, denn er enthält eine 46 Seiten lange, äußerst wert¬
volle Bestandsaufnahme der wichtigsten Istanbuler Biblio¬
theken nach dieser Seite hin, bei der großenteils unbekannte
oder nur dem Namen nach bekannte Werke ans Licht ge¬
zogen und ausführlich beschrieben werden.
A. Spitaler, Otto Pretzl 163
Die Erfassung weiterer Handschriftenschätze war das
Ziel mehrerer ausgedehnter Studienreisen, die Pretzl vom
Jahre 1934 an unternahm. So besuchte er im Frühjahr 1934
Paris, Madrid (Escorial) und die wichtigsten Bibliotheken
Nordafrikas, und im Herbst und Winter des gleichen Jahres
noch einmal Istanbul und im Anschluß daran Damaskus und
Kairo. Auf diesen Reisen führte Pretzl im großen Stil ein
Verfahren durch, das bis dahin wenigstens in der Orienta¬
listik nur wenig üblich gewesen war, das aber gerade er schon
früher in Istanbul angewandt hatte, nämlich die photogra¬
phische Aufnahme von Handschriften mit der Leica. Das
Hauptergebnis dieser Reisen, das noch durch zwei spätere
Reisen nach Kairo 1936 und 1937 ergänzt wurde, ist die
Legung des Grundstocks zum Münchener Koranarchiv, dessen
Idee in seiner Akademieschrift ,,Zur Fortführung des Appa¬
ratus Criticus" erläutert ist. — Die Sichtung dieses Materials
steckt noch ganz in den Anfängen, und Pretzl war es nur in
geringem Ausmaß vergönnt, an die Ausbeutung heranzugehen.
Drei koranwissenschafthche Werke hatte Bergsträsser
unvollendet hinterlassen : Die Sawädd des Ibn Hälawaih,
die Tabaqät des Ibn al-Gazari und die Geschichte des Koran¬
textes. Während die endgültige Herausgabe des ersteren
Jeffery besorgte, übernahm Pretzl die Vollendung der
beiden anderen. Der zweite Band der Tabaqät, dessen Druck
unter Bergsträsser nur etwa bis zur Mitte gediehen war,
erschien 1935, der Indexband, ein etwas zwiespältiges Pro¬
dukt, mit dem er viel Ärger hatte, 1937. Die Schlußlieferung
der Geschichte des Korantextes war die letzte Veröffent¬
lichung Pretzl's auf koranwissenschaftlichem Gebiet. Nicht
mit reiner Begeisterung und voller Überzeugung machte sich
Pretzl dabei an die Arbeit. Was in der gedruckten Fassung
kaum oder gar nicht zum Ausdruck kommt, deutete er in
mündlichen Unterhaltungen gelegentlich vage an, nämhch
die Zweifel, die ihm mit der Zeit durch den Zuwachs und die
fortschreitende Kenntnis des Materials immer häufiger und
stärker kamen, ob die Koranhandschriften wirklich, wie
Bergsträsser auf Grund der spärlichen ihm zur Verfügung
11*
164 A. Spitaleb, Otto Pretzl
stehenden Unterlagen geglaubt hatte, entscheidend dazu
beitragen könnten, eine authentische älteste Gestalt des
Korantextes herzustellen. Die Folge dieser Zweifel hätte aber
u. U. eine völlige Umarbeitung der bereits erschienenen Teile
der Geschichte des Korantextes bedeutet, was nur nach der
Auswertung des neu beigebrachten Materials möglich und
daher in absehbarer Zeit überhaupt nicht durchzuführen
gewesen wäre.
Die Leistung, die Pretzl für das Koranunternehmen
vollbracht hat, war eine äußerst entsagungsvolle und undank¬
bare Arbeit, die ihn auf Jahre hinaus ganz von der Verfolgung
anderer Interessen, von der Ausführung anderer Pläne ab¬
hielt, und die doch nur den Anfang eines Unternehmens
darstellte, in dessen Verlapf sie erst Früchte tragen konnte.
Gerade deshalb aber ist diese Leistung um so dankenswerter,
denn sowohl durch die Vollendung der Geschichte des Koran¬
textes, die auf alle Fälle unentbehrliches Handbuch bleiben
wird, als auch durch die Beschaffung des grundlegenden
Materials für das Koranarchiv ist ein Abschnitt des Unter¬
nehmens erreicht worden, von dem aus einmal von neuem mit
Sinn an die Arbeit gegangen werden kann.
Pretzl beklagte sich manchmal darüber, daß ihm die
Koranstudien so wenig Zeit ließen, sich mit anderen Dingen zu
beschäftigen. Durch seine theologische Vorbildung mit gründ¬
lichen Kenntnissen der antiken und mittelalterlichen Philo¬
sophie ausgestattet, hatte er immer schon großes Interesse
für die Fragen der islamischen Theologie gehabt und ging mit
besonderer Vorliebe der Erforschung der Anfänge und der
Entwicklung der Theologie und des Sektenwesens im Islam
nach. Seine erste Veröffentlichung auf diesem Gebiet war sein
Aufsatz über die „frühislamische Atomenlehre", zu der ihn
das Studium der damals gerade erschienenen Maqälät al-
Islämlyln von al-Aä'arl angeregt hatte, und in dem er an einem
Einzelfall den Nachweis führte, daß der Einfluß der griechi¬
schen Philosophie auf die frühislamische Theologie bisher
überschätzt oder ganz zu Unrecht angenommen worden ist.
Diese Erkenntnis wurde ihm allmählich immer mehr der
A. Spitalbb, Otto Pretzl 165
Gesichtspunkt, unter dem er die Probleme betrachtete, und
schließlich trug er sich mit dem Gedanken, die Geschichte der
ganzen spekulativen Theologie vor al-As'ari einer grund¬
legenden Revision zu unterziehen. Soweit aus beiläufigen
Äußerungen in Unterhaltungen Schlüsse gezogen werden
dürfen, wäre er da zu ziemlich radikalen Ergebnissen gelangt,
nach denen Kaläm und Mutakallimün der ersten drei Jahr¬
hunderte wohl sehr schlecht weggekommen wären. Tatsäch¬
lich hat er in einer Untersuchung über die „frühislamische
Attributenlehre", seiner letzten wissenschaftlichen Arbeit
überhaupt, deren Erscheinen schon in den Krieg fällt, bereits
eine Kritik an den theologischen Erörterungen der frühen
spekulativen Theologie des Islam geübt, die nicht gut anders
als vernichtend genannt werden kann. Gerade im Hinblick
auf diese von ihm wohl erstmalig eingenommene Haltung
ist es besonders zu beklagen, daß es ihm nicht vergönnt war,
hier weiter zu arbeiten und auf breiterer Basis erneut das
Problem zu prüfen und seinen Standpunkt endgültig zu for¬
mulieren.
Auch mit der islamischen Mystik hat sich Prbtzl gern
befaßt, mit der ihn übrigens eine natürliche, vielleicht durch
persönliche Erlebnisse gesteigerte Sympathie zu verbinden
schien. Hervorgetreten ist er hier aber nur in der Einleitung
zur Textausgabe und Ubersetzung einer ,, Streitschrift des
6azäli gegen die Ibähija", die außerdem auch dadurch ver¬
dienstlich ist, daß sie das einzige bekannte Werk des Gazäli
in persischer Sprache neben dem Klmlyff as-Sääda zugäng¬
lich gemacht hat. In einer Vorlesung behandelte er einmal
die persisch geschriebene Biographie des Mystikers Ibn Hafif,
doch hat er hierüber nichts veröffentlicht.
Endlich arbeitete Pretzl seit 1935 an einer Geschichte
der islamischen Völker, die ursprünglich in Herders ,, Ge¬
schichte der führenden Völker" erscheinen sollte. In diesem
Rahmen hoffte er die Ergebnisse seiner Einzelforschungen auf
verschiedenen Gebieten des Islam zu vereinigen, angefangen
von der Persönlichkeit und Lehre Muhammeds bis zu den
Kulturbeziehungen zwischen Abendland und Morgenland im
166 A. Spitaleb, Otto Pretzl
Mittelalter. Besonders letztere lagen ihm sehr am Herzen,
kündigte er doch auch mehrfach Vorlesungen über kultur¬
geschichtliche Themen im islamischen Bereich an. Das Thema
seiner Probevorlesung bei der Umhabilitierung war „Kaiser
Friedrich II. und seine Beziehungen zum geistigen Leben des
Islam" gewesen. Als aber das Manuskript schon großenteils
vollendet war, zerschlug sich das Herdersche Unternehmen,
die Arbeit wurde durch die Umstände unterbrochen, der
Krieg machte eine weitere Fortführung unmöglich. Im Som¬
mer 1941 konnte Pretzl nur noch ein Angebot von Prof.
V. Kienle annehmen, im Rahmen der von ihm geplanten
kulturgeschichtlichen Reihe die Kulturgeschichte des Islam
zu schreiben, bei der er die bereits vorhandenen Teile seines
Manuskripts, soweit sie dafür geeignet waren, hineinver¬
arbeiten wollte. Es sollte nicht sein.
So war es Prbtzl bestimmt, in weitgehendem Maße eigene
Pläne unvollendet zu lassen und zu verlassen, um fremde
fortzuführen, manchmal vielleicht erst nach schmerzlichem
Verzicht. Freilich waren sie ihm nicht im eigentlichen Sinne
fremd, hatte er doch großenteils ihr Entstehen und Wachsen
mitverfolgt, aber er war doch nur ihr Erbe, nicht ihr Vater.
Trotzdem war es ihm eine heilige Verpflichtung, dieses Erbe zu
wahren und zu pflegen, und es ist bewunderungswürdig, wie
sehr er sich mit der einmal übernommenen Aufgabe identifi¬
zierte. So sehr er z. B. gerade bezüglich der Qirä'ätWissenschaft
der Überzeugung war, der er dann und wann auch Ausdruck
verlieh, daß sie im großen Zusammenhang gesehen nur von
sekundärer Bedeutung sei, so lebte er sich doch vollkommen
in den spröden Gegenstand ein, ja er begeisterte sich schon
in der ersten Zeit in dem Maß für die Materie, daß er in Istan¬
bul bei einem türkischen Muqri' Koranleseunterricht nahm.
Er wußte in erstaunlichem Maße Bescheid in den unmög¬
lichsten Quisquilien der Qirä'ät-Praxis, und Verf. war selbst
einmal Zeuge der Verwunderung, aber auch Bewunderung,
die er in Damaskus anläßlich einer Einladung bei einem alten
blinden Muqri' durch seine Spezialkenntnisse hervorrief.
Diese Beschlagenheit auf einem Gebiet, das so recht die
A. Spitalbb, Otto Pretzl 167
ureigentliche Domäne des Muhammedaners ist, war zweifellos
auch einer der Gründe, warum Pretzl in muslimisch-orien-
tahschen Kreisen so beliebt war. Denn das wird wohl jeder
bestätigen, der Pretzl einige Zeit im Orient selbst beob¬
achten konnte, daß es ihm im Handumdrehen gelang, sich
die Herzen aller zu gewinnen, vom mürrisch-mißtrauischen
Hafiz einer Moscheebibliothek bis zum unzugänglichsten
Museumsdirektor. Verf. erlebte, wie Prbtzl in Istanbul von
würdigen Scheichs und Professoren mit lautem Jubel begrüßt
und in lebhaftester Wiedersehensfreude umarmt und geküßt
wurde. Trotzdem legte er es nicht eigentlich ausdrücklich
darauf an zu gewinnen, sondern er gewann einfach, ganz
unbewußt, nur durch sein Dasein, durch eine merkwürdige
ungewollte Wirkung seiner Persönlichkeit, die nichts mit der
konventionellen Verbindlichkeit und der äußerlichen Liebens¬
würdigkeit des konzilianten Mannes von Welt zu tun hatte,
und der sich nur wenige entziehen konnten. Zweifellos aber
beruhte das auf Gegenseitigkeit, denn auch er reagierte sehr
stark auf seine jeweihge Umgebung, und das Milieu, wie er
es in Istanbul oder Kairo unter seinen muslimischen Freunden
vorfand, scheint seiner inneren Neigung besonders konform
gewesen zu sein. Jedesmal, wenn er aus dem Orient zurück¬
gekehrt war, konnte ein guter Beobachter feststellen, daß
sein Herz noch abwesend war und daß es eine ganze Weile
dauerte, bis sich sein Wesen von dem Einfluß, um nicbt zu
sagen Zauber jener ganz anderen Welt freimachen konnte.
Mit dieser überfeinerten Empfindsamkeit, ja Empfind¬
lichkeit verband Pretzl ebensoviel gesunden Wirklichkeits¬
sinn, bedeutendes Organisationstalent und große Entschlu߬
kraft. Gerade diese Eigenschaften waren es, die ihm in den
beiden letzten Jahren seines Lebens von hohem Nutzen sein
sollten. Als er Ende 1939 zum Heer einberufen wurde, war
er, der Frontoffizier des Weltkriegs, der mit dem E. K. I aus¬
gezeichnet worden war, mit Leib und Seele Soldat. Obwohl er
infolge eines schweren Lungenschusses völlig kriegsuntauglich
war und noch im Winter 1937/38 monatelang an den Folgen
eines Herzkollapses darniederlag, erfüllte er während des
168 A. Spitaler, Otto Pretzl
Vormarsches in Frankreich mit jugendlichem Schwung und
in wahrhaft vorbildlicher Weise die aufreibenden und nichts
weniger als ungefährlichen Aufgaben eines Gefangenenver¬
nehmungsoffiziers, mit besonderem Erfolg im Einsatz bei
den nordafrikanischen Gefangenen. Die Ergebnisse, die er
dabei erzielte, und der Eindruck, den wieder seine Persönlich¬
keit auf diese Eingeborenen machte, war lange nachher noch
Gesprächsstoff und Gegenstand der Bewunderung bei seinem
Stab, bei dem er sich der größten Beliebtheit erfreute. Ob er
im Dienst militärisch Bericht erstattete oder im Kasino einen
Vortrag über Muhammed hielt, immer war er der angesehene
Mann und Kenner, für den der „Professor", wie er allgemein
genannt wurde, ein selbstverständlicher und ungesuchter
Ehrentitel war. Seine persönlichen Qualitäten nicht weniger als
seine fachlichen waren auch der Grund für seine Berufung in
das OKW, die im Januar 1941 erfolgte. Auch hier entfaltete
er eine Tätigkeit höchster Intensivität, ohne Rücksicht auf
seine Person, einzig und allein der Sache verpflichtet. Alle,
die ihn in dieser Zeit beobachten konnten, begannen für seine
Gesundheit zu fürchten. Das Schicksal überholte diese
Furcht und entriß ihn in jähem Zugriff seiner Familie —
wenige Tage zuvor hatte er noch den zweiten Geburtstag
seines Söhnchens feiern können — entriß ihn seinen Freun¬
den, der Wissenschaft und dem Vaterland.
Verzeichnis der Schriften Otto Pretzl's 1926
Septuagintaprobleme im Buch der Richter. Biblica 7
(1926), 233—269, 353—383. (Diss., Teildruck der 1920 von
der Münchener Theol. Fak. gestellten Preisarbeit „Das Buch
der Richter in der Septuaginta".) 1928
Die griechischen Handschriftengruppen im Buche Josue
untersucht nach ihrer Eigenart und ihrem Verhältnis zu¬
einander. Biblica 9 (1928), 377—427. (Habilitationsschrift.)
A. Spitaleb, Otto Pretzl 169 1929
H.A.Sanders u. C.Schmidt: The Minor Prophets in the Freer
Collection and the Berlin Fragment of Genesis, New York 1927.
OLZ 32 (1929), 33.
1930
Kitäb at-Taisir ji l-Qira' ät as-Sab' (das Lehrbuch der
Sieben Koranlesungen) von Abü 'Amr 'Utmän ibn Sa'id ad-
Däni, Bibliotheca Islamica 2.
Der hexaplarische und tetraplarische Septuagintatext des
Origenes in den Büchern Josue und Richter. Byzantin. Zeit¬
schrift 1935, 262—268.
1931
Die frühislamische Atomenlehre, ein Beitrag zur Frage
über die Beziehungen der frühislamischen Theologie zur
griechischen Philosophie. Islam 19 (1931), 117—130.
1932
Kitäb al-Mugni' ji Rasm Masähij al-Amsär ma' Kitäb
an-Naqt (Orthographie und Punktierung des Koran), zwei
Schriften von Abü 'Amr 'Utmän ibn Sa'id ad-Däni. BibUo-
theca Islamica 3.
Die Aussprache des Hebräischen nach der zweiten Ko¬
lumne der Hexapla des Origenes. Biblische Zeitschrift XX
(1932), 4—22.
Die Leica im Dienste der Handschriftenforschung, Zen¬
tralblatt für Bibliothekswesen (1932), 182—188.
1933
Die Wissenschaft der Koranlesung ('Um al-qira'a). Ihre
literarischen Quellen und ihre Aussprachegrundlagen (usül).
Islamica VI, 1—47, 230—246 (1933), 290—331 (1934).
Die Streitschrift des Gazäli gegen die Ibähija im persi¬
schen Text herausgegeben und übersetzt. Sitz.berr. d. Bayer.
Ak. d. Wiss., phil.-hist. Abt. 1933, Heft 7.
J. Schacht: Der I.slam mit Ausschluß des Qor'äns, Tübingen 1931.
OLZ 36 (1933), 1G9— 171.
170 A. Spitaler, Otto Pretzl
1934
Die Fortführung des Apparatus Criticus zum Koran,
Sitz.berr. d. Bayer. Ak. d. Wiss., phil.-hist. Abt. 1934,
Heft 5.
Erziehung und Unterricht im Kulturbereich des Islam,
in Handbuch der Erziehungswissenschaften V 1, 215—241.
Artikel „Koran" in Buchbergers Lexikon für Theologie
und Kirche, 2. Aufl. 6. Bd. 1934.
1935
Kitäb öäyat an-Nihäya fi Tabaqät al-Qurra' (das biogra¬
phische Lexikon der Koranlehrer) von Sams ad-DIn Muham¬
mad Ibn al-öazarl, Teil II. Bibliotheca Islamica 8b.
1936
Geschichte des Qoräns von Th. Nöldeke, 2. Aufl., 3. Teil :
Die Geschichte des Qoräntexts, Lieferung 3, 1936.
Der Islam, eine Weltmacht der Zukunft? Artikel in
„Welt am Sonntag" 14. Jahrg. Nr. 52 vom 27. Dez. 1936.
1937
Kitäb öäyat an-Nihäya fi Tabaqät al-Qurra' (das biogra¬
phische Lexikon der Koranlehrer) von Sams ad-DIn Muham¬
mad Ibn al-öazari. Indices. Bibliotheca Islamica 8 c.
Sebefbdmn, M. : Sicilya Cevaplari, Istanbul 1934. OLZ 40 (1937), 534.
Halil Beg Müssatabsül: Das Land der letzten Ritter, München
1936. OLZ 40 (1937), 636.
1938
Bericht der Korankommission, in Jahrbuch der Bayer.
Ak. d. Wiss. 1937/38, 77—82.
1940
Die frühislamische Attributenlehre, ihre weltanschau¬
lichen Grundlagen und Wirkungen. Sitz.berr. d. Bayer. Ak.
d. Wiss., phil.-hist. Abt. 1940, Heft 4.
Muhammed als geschichtliche Persönlichkeit. Historische
Zeitschrift Bd. 161 (1940), 457—476.
Han ^Alam
und die diplomatischen Beziehungen zwischen öahängir
und Schah <Abl»s Von Ernst Kühnel
Die Beziehungen zwischen Iran und dem Moghulreich
waren nach dem Regierungsantritt Gahän^r's nicht die
besten. Im Jahre 1015 H. (1606/07) sah der Kaiser sich
genötigt, starke Heereskontingente in das Qandahärgebiet
zu schicken, wo persische Truppen eingedrungen waren,
und rüstete selbst zum Aufbruch in den Kampf. Schah
'Abbäs beeilte sich, die ganze Aktion als eigenmächtiges
Vorgehen seines Gouverneurs von Farah hinzustellen, das
er mißbillige. In seinem Auftrage zog einer seiner Ver¬
trauten, Husain Beg, nachdem er einige Nachforschungen
vorgenommen, dem Moghulkaiser entgegen, der ihn in Lahor
empfing, und klärte den Sachverhalt auf. Durch eine noch¬
malige, unwillige Äußerung des iranischen Herrschers über
die Ruhestörer, mit dem Befehl, die Qandahärzone sogleich
zu räumen, konnte der Zwischenfall als endgültig beigelegt
gelten '). Bald darauf entsandte Schah 'Abbäs als Sonderbot¬
schafter den Kamäl ad-din Yädgär 'Ali, der — etwas sehr
post festum — das Beileid zum Tode Äkbar's und Glück¬
wünsche zur Thronbesteigung zu überbringen hatte. Er
wurde am 24. Moharrem 1018 H. (1609) von Gahängir emp¬
fangen, brachte kostbare Geschenke mit und überreichte ein
Schreiben seines Herrn, dessen Wortlaut der Kaiser in seinen
Memoiren kopiert, mit Entschuldigungen wegen der ver¬
späteten Botschaft und in überschwenglichen Ausdrücken
1) Tüzuk i ßrahängm, translated by A. Rookbs and H. Bevebidgb,
London 1909—14, I. 85, 86, 90, 112. (Ich zitiere immer im folgenden nach dieser englischen Ausgabe.)
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