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Das Akademische ist weitgehend verschwunden

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Academic year: 2022

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RÜCKBLICK 2020/AUSBLICK 2021

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ARS MEDICI 3+4 | 2021

Wie hat die Coronapandemie Ihre Arbeit im vergangenen Jahr beeinflusst?

Die Pandemie hat meine Arbeit am Unispital sehr verändert.

Sitzungen und Vorlesungen mussten virtuell ablaufen. Wie alle Kolleginnen und Kollegen musste ich den ganzen Tag eine Maske tragen. Und das «akademische Leben», das essenziell ist für ein Unispital, war stark eingeschränkt. Ich konnte zum Beispiel wesentlich weniger zu Kongressen und Meetings fahren und habe auch weniger Vorträge gehalten und Fort- und Weiterbildungen durchgeführt. Für jeman- den, dem das akademische Umfeld wichtig ist und der kli- nische Forschung und Grundlagenforschung betreibt, be- deutet das, dass Neuigkeiten und Innovationen viel schwieriger zu erfahren sind. Ich habe auf Kongressen im- mer mit Begeisterung Neues erfahren und dazugelernt und diese Neuigkeiten dann über Vorträge mit anderen geteilt.

Das ist in dieser Form aktuell nicht mehr möglich.

Ich habe mich für eine Arbeit am Universitätsspital entschie- den, weil für mich das akademische Umfeld genau richtig ist.

Aber dieses «Akademische» ist im besten Sinne des Wortes weitgehend verschwunden. Ich interagiere nicht mehr mit Studierenden, da alle Vorlesungen virtuell sind, und kaum mehr mit Forscherkollegen und -kolleginnen. Das ist viel- leicht auch etwas, das die Medien begreifen sollten: Ein Uni-

versitätsspital hat spezielle Aufgaben, die anders sind als die Aufgaben eines Regionalspitals oder eines Kantonsspitals: Es soll zum Wohle aller die Medizin voranbringen, die Medizin weiterentwickeln und die nächsten Generationen von Ärz- tinnen und Ärzten aus- und weiterbilden. Diese ewigen Vergleiche mit dem Regionalspital XY in den leicht populis- tischen Medien ignorieren den Sinn und Zweck eines Uni- spitals. Das und die damit verbundenen Pauschalurteile ha- ben mich in den letzten Wochen sehr geärgert.

In St. Gallen, Winterthur, Luzern und Zug mussten wir unsere klinischen Round Tables ausfallen lassen, an denen wir sonst Patientenfälle besprochen und dadurch sicherlich auch zur besseren Versorgung und Therapie dieser Patien- ten beigetragen haben. Ich mache nun auch mehr Verwal- tungsarbeit als je zu vor. Die Pandemie hat ja keineswegs zu einer Reduktion der Administration geführt. Im Homeof- fice wird man von der Administration mit immer neuen

«dringlichen» Forderungen drangsaliert.

Hatten Sie Kontakt mit SARS-CoV-2-positiven Patienten, und wie sind Sie damit umgegangen?

Ja, während Endoskopien und auf Station, ich habe mich entsprechend geschützt. Im Unispital haben sich bisher – soweit nachweisbar – nur sehr wenige direkt im Spital an- gesteckt.

Die meisten Ansteckungen geschahen im privaten Bereich.

Daher habe ich nach 2 Wochen, in denen ich durchaus auch Angst hatte, auf die wirkungsvollen Schutzmassnahmen vertraut.

Mussten Sie Untersuchungen und Behandlungen wegen der Coronapandemie verschieben? Falls ja: Welche Folgen könnte dies für die Patienten haben?

Im Frühjahr haben wir unseren ganzen Ambulanzbetrieb heruntergefahren. Auch stationär hatten wir nur noch einen Drittel der normalen Patientenzahlen. Das war teilweise Gastroenterologie

Prof. Gerhard Rogler

Klinikdirektor Gastroenterologie und Hepatologie Universitätsspital Zürich

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sehr problematisch. Wir konnten durch den Lockdown der Ambulanz nicht bemerken, dass Patienten nach Lebertrans- plantation aus Angst ihre Immunsuppression abgesetzt hat- ten oder Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkran- kungen in schwere Schübe kamen, weil sie sich nicht ins Spital trauten. Es gab eine Reihe von Patienten, die durch das unnötige Herunterfahren unserer Leistungen unnötig Scha- den genommen haben. Und in Zürich wurden die verordne- ten Ausfälle im Gegensatz zu vielen anderen Kantonen von der Gesundheitsdirektion bisher nicht kompensiert. Das ist frustrierend. Wertschätzend ist das auf keinen Fall.

Abgesehen von der Coronapandemie: Welche neuen Erkenntnisse und Erfahrungen des letzten Jahres fanden Sie für Ihr Fachgebiet besonders spannend?

Möglicherweise könnte es bei rezidivierenden Clostri- dium-difficile-Infekten nach Standardantibiose bald eine bequemere Lösung geben. Zur Rückfallprävention wird schon seit Längerem die Stuhltransplantation durchgeführt, die jedoch sehr aufwendig ist. Am letzten Jahreskongress der United European Gastroenterology wurde nun erstmals eine doppelblind randomisierte, multizentrische und plaze- bokontrollierte Phase-III-Studie mit einer oralen Stuhlkap-

sel vorgestellt. Diese besteht aus lyophilisiertem Mikrobiom zur Wiederherstellung und Ergänzung des durch die Anti- biose geschwächten Mikrobioms und wird einmalig ein- genommen.

In der PRIMS-3-Studie erhielten 198 Patienten mit Clostri- dium-difficile-Rezidiven oder -Neuinfektion zusätzlich zur Antibiose einmalig entweder eine orale Stuhl- oder eine Plazebokapseltherapie, bestehend aus jeweils 10 Kapseln zum Schlucken. Als primärer Endpunkt waren die anhal- tende klinische Heilung nach 8 Wochen und Nebenwirkun- gen nach 24 Wochen definiert. Es zeigte sich, dass in der Mikrobiomkapselgruppe nach 8 Wochen signifikant mehr Patienten (74,5%) eine anhaltende Heilung erreicht hatten als unter Plazebo (61,5%), was eine Risikoreduktion von 21 Prozent bedeutet (p = 0,0488). Die Number Needed to Treat betrug 7,6. Zudem zeigte sich unter der Stuhlkapsel eine Vergösserung der Mikrobiomdiversität. Die Stuhlkap- sel wurde gut vertragen, es traten keine schweren Neben- wirkungen auf. Die häufigsten milden bis moderaten Ne- benwirkungen waren meist gastrointestinaler Natur und in beiden Gruppen ähnlich.

Diese Entwicklung ist interessant und könnte bei dem schon lange währenden Problem der Clostridium-difficile-Rezi- dive eine einfache Lösung bringen.

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