Fingerle, Karlheinz
Umwelterziehung: Empfehlungen und Unterrichtsmodelle. Zu einem
KMK-Beschluß und neueren Veröffentlichungen
Zeitschrift für Pädagogik 27 (1981) 1, S. 145-158
Empfohlene Zitierung/ Suggested Citation:
Fingerle, Karlheinz: Umwelterziehung: Empfehlungen und Unterrichtsmodelle. Zu einem KMK-Beschluß und neueren Veröffentlichungen - In: Zeitschrift für Pädagogik 27 (1981) 1, S. 145-158 - URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-141418
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Zeitschrift für
Pädagogik
Jahrgang
27
-Heft
1
—Februar 1981
I.
Thema:
Rekonstruktion hermeneutischer
Pädagogik
HansScheuerl
ReinhardUhle
OttoFriedrich Bollnow
RenateGirmes-Stein
Ursula Grytzka
MichaelLöffelholz
FriedheimNicolin
Über die
„geisteswissenschaftliche"
Tradition in derPädagogik
undihre Rekonstruktion 1Grundlinien einerRekonstruktion hermeneutisch
prak¬
tischerPädagogik
7Der
Begriff
despädagogischen
Bezugs bei HermanNohl 31
Grundlagen
einerhandlungsorientierenden
Wissenschaftvon der
Erziehung.
ZurThematisierung
des Theorie/ Praxis-Verhältnisses bei ErichWeniger
39Die
gegenwärtige Rezeption
MartinBubersinderPäd¬agogik.
EineSammelbesprechung
neuerer ArbeitenzuBubersDenken 53
Das bedeutsame Vermächtnis Eduard
Sprangers.
An¬merkungen
zurEdition seiner„GesammeltenSchriften"65
Zum Wissenschaftsverständnis der
geisteswissenschaft¬
lichen
Pädagogik.
EineAuseinandersetzung
mit demBuchvonR. B. Huschke-Rhein 75
II.
Literaturberichte
Heinz-Elmar Tenorth
ThomasLehmann/
JürgenOelkers
Über die
disziplinare
Identität derErziehungswissen¬
schaft. Eine
Sammelbesprechung
neuerer Veröffent¬lichungen
85III.
Diskussion:
Lernen für
die Zukunft
-Umwelterziehung
Der„Lernbericht"desClub ofRome 127 PeterKern/
Hans-GeorgWittig
Alfred K. Treml
KarlheinzFingerle
Lernenoder
Untergehen?
KritischeAnmerkungen
zum„Lernbericht" desClub ofRome 139
Umwelterziehung: Empfehlungen
und Unterrichtsmo¬ deUe.Zueinem KMK-Beschluß undneuerenVeröffent¬lichungen
145IV.
Besprechungen
Hans ScheuerlHans Füchtner
Harm Paschen:
Logik
derErziehungswissenschaft
159Fritz Redl:
Erziehungsprobleme
—Erziehungsberatung
163
Hinweisezur
Manuskriptgestaltung
165Pädagogische Neuerscheinungen
167Anschriften
der Mitarbeiter diesesHeftes:
Prof.Dr.Otto FriedrichBollnow,Waldeckstraße27,7400
Tübingen;
Prof. Dr.KarlheinzFingerle,
Lilienweg
30,3500 Kassel;Dr. HansFüchtner,Hessenstraße14,
6231 Schwal¬bach; Dr. Renate Girmes-Stein, Von-der-Tinnen-Straße 4, 4400 Münster; Dr. Ursula
Grytzka,
Reichsstraße56,5300Bonn-Röttgen;
Prof.Dr. PeterKern,Forststraße7,7860Schopfheim;
Dipl.
Päd. Thomas Lehmann, AmKlostergarten
8, 2120Lüneburg;
Dr.Michael Löffelholz,
Billeweg
14, 2057 Wcntorf; Prof. Dr. Friedhelm Nicolin, Forst¬straße 11, 5300
Bonn-Röttgen;
Prof. Dr. Jürgen Oelkers, HochschuleLüneburg,
Wil-schenbrucherWeg
84, 2120Lüneburg;
Prof. Dr. Hans Scheuerl, Bockhorst 46, 2000Hamburg
55; Prof. Dr. Heinz-Elmar Tenorth, Bönfeldstraße 16, 6472 Altenstadt 1; Dr. Alfred K. Treml, Altheimer Straße 2, 7410Reutlingen
24; Dr. Reinhard Uhle,Chrysanderstraße
143, 2050Hamburg
80; Prof. Dr.Hans-Georg Wittig, Haagener
Straße 84, 7850 Lörrach.
Zeitschrift für
Pädagogik
Beltz
Verlag
Weinheim und Basel
Anschriften
der Redaktion: Dr. ReinhardFatke,Brahmsweg
19,7400Tübingen
1;Prof.Dr.AndreasFlitner,Im Rotbad43,7400
Tübingen
1;Prof.Dr.WalterHornstein,Pippin-straße27,8035
Gauting.
Manuskripte
indoppelter
Ausfertigung
an dieSchriftleitung
erbeten. Hinweise zuräußeren Form der
Manuskripte
finden sich am Schlußvon Heft 1/1981,S. 1651, undkönnenbei der
Schriftleitung
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werden.Besprechungsexemplare
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Pädagogik"
erscheint zweimonat¬lich
(zusätzlich jährlich
1Beiheft)
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sind.ISSN 0044-3247
KarlheinzFlngerle
Umwelterziehung:
Empfehlungen
und Unterrichtsmodelle
Zu einem
KMK-Beschluß
undneuerenVeröffentlichungen
„Umwelterziehungsollte ab Katalysatoroder alsgemein¬
samer Nenner bei der Erneuerung des Bildungswesens dienen."(UNESCO-Kommissionen1979,S.58)
DieKultusministerkonferenz hatam17.Oktober 1980aufihrer 200.
Plenarsitzung
einen Beschluß zurUmwelterziehung gefaßt,
derauf eineAnregung
der Umweltministerkon¬ ferenzvom24. Februar 1978zurückgeht.
Die Kultusministerkonferenz betont in ihremBeschluß„Umweltund Unterricht"
angesichts
derexistenzbedrohendenBelastungen
der Umwelt die besondereAufgabe
derSchule,„bei jungen
Menschen Bewußtsein für Um¬weltfragen
zuerzeugen, die Bereitschaft für den verantworthchenUmgang
mit der Umweltzufördern undzueinem umweltbewußten Verhaltenzu
erziehen,
das überdie Schulzeit hinaus wirksam bleibt"(Kultusministerkonferenz
1980,
S.1).
Seit der
Veröffentlichung
von Carsons SilentSpring
(dt.
DerstummeFrühling
[1962/
1976])
wurde das ProblemderGefährdung
des Lebensaufder Erdein zahlreichen natio¬ nalen und internationalenProgrammen
zurUmweltpolitik
aufgegriffen.
Schon bald wurdeauch die
Frage
erörtert,wie ZieleundInhaltedesUmweltschutzes und darüber hinaus¬gehend
Anschauung
undErfahrung
einer noch unzerstörten Umweltinden Institutionen desBüdungswesens
undim außerschulischen BereichKindern, JugendUchen
undErwach¬senen vermittelt werden könnten. Trotz des
fächerübergreifenden
Anspruchs
einersoverstandenen
Umwelterziehung
und-aufklärung
fanden dieAufforderungen
zurUmwelt¬erziehung
und-aufklärung
in derBundesrepublik
DeutschlandundBerlin(West)
vorallemResonanzin Entwürfen und
Programmen
mitfachdidaktischemAnspruch.
Nurvereinzeltwurdeüber die
Erprobung
vonAnsätzen mit sehr viel weiterreichendenfächerübergrei¬
fenden Zielen berichtet(z.
B. Bundeszentralefür PolitischeBildung1974).
DerBeschluß der Kultusministerkonferenz verzichtet im
Gegensatz
zu einem früherenEntwurf
(Beschlußempfehlung
des KMK-Schulausschussesvom13./14. Dezember1979)
auf eine
Beschreibung
derAufgaben
derUmwelterziehung
in denverschiedenen Schul¬ stufen und auf dieBeispiele
vonSchulfächern,in denen die ZielederUmwelterziehung
eneicht werden können. Die Kultusminister stellen nurfest,daß die Ziele der Umwelt¬
erziehung
„anverschiedenen Inhalten in mehreren Fächern oder infächerübergreifenden
Unterrichtsveranstaltungen
verwirklicht werden" können.Umwelterziehung
wird aus¬drücklich als ein
„fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip"
bezeichnet, dasgleicher¬
maßen dennaturwissenschaftlichen und dengesellschaftswissenschaftlichen
Unterrichts¬ bereichbetreffe.Die sehr
allgemeinen Aussagen
derKultusministerkonferenz lassen eine Vielfalt unter¬schiedlicher
Auslegungen
undKonkretisierungen
in Curricula,Handreichungen
und Schulbüchernzu. Fürdie konstruktiveUmsetzung
des Beschlussesder Kultusminister¬ konferenz in den Länderngewinnen
einige
inletzterZeit erschieneneVeröffentlichungen
146
KarlheinzFingerle
Bedeutung,
die(1)
Diskussionen undErgebnisse
der Arbeit internationalerOrganisa¬
tionenzurUmwelterziehung
in deutscherSprache
vorlegen
oder dieEmpfehlungen
inter¬nationaler
Organisationen
für die Situation im deutschenSprachraum
konkretisieren(UNESCO-Kommissionen
1979;Eulefeld/Kapune1979); (2)
eineBestandsaufnahmebisheriger
Ansätze des Umweltunterrichts in derBundesrepublik
Deutschland und Berlin(West)
Uefem(Eulefeld/Bolscho/Puls/Seybold 1980); (3)
Arbeiten undErgebnisse
ausModellen
fächerübergreifender Umwelterziehung publizieren (Eulefeld/Bolscho/
Bürger/Horn 1979;Engelhardt/Herrmann/Hölzel
1979); (4)
Kriterien einer fächer¬übergreifenden
Didaktik derUmwelterziehung
zurDiskussion stellen(Bolscho/Eule-feld/Seybold
1980).
Nicht die
Hinzufügung
einesneuen Unterrichtsfachs oder bloß die Aufnahmeeiniger
zusätzücher Ziele und Inhalte ist in diesen
Veröffentlichungen
Aufgabe
derUmwelterzie¬hung. Umwelterziehung
wird in diesen Textenüberwiegend
alsProgramm
einer Schul¬ reformverstanden,
die überlieferte und auch in den Jahren derBildungsreform
und-expansion
nichtaufgehobene
Strukturen radikal inFrage
stellt.Nach einem Bericht der UNESCO für die
„Zwischenstaatliche
Konferenz überUmwelt¬erziehung"
in Tiflis 1977 hat dasBUdungswesen
derverschiedenen Länder bisherzuwenig
auf das Erkennen und
Bewältigen
derUmweltprobleme
vorbereitet:„Die
traditionellenBildungssysteme,
die einzuabstraktes undfragmentarisches
Wissenvermittelten,habenversagt,die Menschen auf die
Veränderung
undzunehmendeKomplexität
derWirklich¬ keitvorzubereiten"(UNESCO-Kommissionen
1979,S.158). Umwelterziehung
wird als Mittel undAufgabe
bildungspoütischer
Innovationenangesehen:
„Die
Umwelterziehung
[könnte]
einenWeg
zudervonsovielen ersehntenEntwicklung
undErneuerung
desBü¬dungswesens
eröffnen und dazubeitragen,
daß dieErziehung
enger auf die tatsächlichenBedürfnisse,
Probleme,Erfahrangen
und Wünsche der verschiedenen Gesellschaften undEinzelpersonen
in der modernen Weltbezogen
wird"(ebd.,
S.162).
Auch der Club of Rome, der mit seinem Bericht
„Die
Grenzen des Wachstums"(Meadows/Meadows/Zahn/Milling 1973)
dieFrage
gestellt
hatte,wie durch eine tief¬greifende
Änderung
vonVerhaltensmustem,sozialenStrakturen und überlieferten Denk¬formen der Teufelskreisvon
Bevölkerungsvermehrung, Verschmutzung
undAusplün¬
derung
der Erdeaufgebrochen
werden kann(S.
1741 undpassim),
sieht in einerAblösung
tradierterFormendesLernensdurchinnovative,gesellschaftliche
Lernprozesse
eine
notwendige
Voraussetzungfür dieÜberwindung
des„menschlichen
Dilemmas",dasgegenwärtig
eineLösung
der vom Club of Rome beschriebenen Probleme verhindert(Botkin/Elmandjra/Malitza
1979;vgl.
auch dieBeiträge
vonKern/Wittig undTremlin diesem
Heft).
Als„menschliches
Dilemma" bezeichnet der ClubofRomedenZwie¬spalt
zwischen einer durch den tatsächlichen oder vermeintlichen Fortschritt—insgesamt
durch Menschen—verursachten,wachsenden
Komplexität
und den nichtimgleichen
Maß wachsendenFähigkeiten
der MenschenzurBewältigung
derKomplexität (ebd.,
S.11,25).
Dadie Menschen „sich der
Veränderungen,
die siean ihrerUmweltundihreneigenen
Lebensbedingungen
vornehmen,nicht bewußtsind,wird derZwiespalt
zwischenMensch und realerWelt immergrößer"
(ebd.,
S.11).
Diese radikale Kritikandenüberlieferten Formen desLernenssoll offenbar nichtnurdas
Umwelterziehung: Empfehlungen
und UnterrichtsmodeUeGesamtheit der Wissenschaften als Strukturen für
geseUschaftüche
Lernprozesse
treffen. Als zentraleTopoi
finden wir dieForderangen,
diespeziaüsierten
undzerspütterten
Hochschulcurricula durchdbzipUnenübergreifende
Themenabzubauen,um so zurLösung
geselbchaftlich
relevanter,
lokaler Problemebeitragen
zu können. Daßandie Stelle derbegrenzten
Perspektive
einerWissenschaftsdisziplin
dieZufälhgkeit
undBegrenztheit
eineslokalen Horizontstretenkönnte,
wird nicht befürchtet. Vielmehr wird in der Kon¬ zentration auf lokale Probleme einevergrößerte
Chancegesehen, globale
Problemezuidentifizieren und einzuschätzen
(ebd.,
S.156).
Konzentration auf lokale Probleme und Relevanz durch
Interdiszipünarität
alsTopoi
wer¬den auch auf der Ebene der schulischen Curricula ünmer wieder verwendet. Die UNESCO
spricht
vonder„Notwendigkeit,
im Unterricht die aktuellen Probleme der örtüchen Um¬ weltzuberücksichtigen"
(UNESCO-Kommissionen
1979,
S.117).
NachBolscho/Eule-feld/Seybold
gilt
es,„die eigene
Lebenssituation der Schüler alsAusgangspunkt
und zentralenBezugspunkt
fürUmwelterziehung
zubetrachten"(1980,
S.17).
Zusammen mit derForderung,
daß der Lehrer„dieMöglichkeiten
indernäheren und weiteren Um¬gebung
des Schulortes" auffinden soll, „dieSchülem eineAuseinandersetzung
mit der Umwelt erlauben"(ebd.,
S.31),
werden auchvon diesen Autoren lokale Probleme alsLern- und
Handlungsanlässe
besondershervorgehoben.
Mit derForderang
nach aktiverAuseinandersetzung
der Schüler mit dereigenen
Lebensumwelt wird ein dritter zentralerTopos
derUmwelterziehung
herausgestellt:
die„Handlungsorientierung"
derLernpro¬
zesse
(ebd.,
S. 29u.passim).
DieBearbeitung
konkreter Problemederlokalen Umwelt schließtzugleich
einefachspezifische Bearbeitung
der Themen oder einevorausgeplante
streng
systematisch
begründete Arbeitsteilung
der Schulfächer aus. Vielmehr ist einefächerübergreifende
Zusammenarbeit im Blick auf dieLösung
eines konkreten Problems erforderlich.„Darausergibt
sich dieNotwendigkeit
derVerfügbarkeit interdbzipünärer
didaktischer
Materialien,
dievonden Schülern und dem LehrerzurProblembearbeitung
herangezogen
werden können"(ebd.,
S.24).
Die hierangesprochenen
Topoi:
lokale Kon¬zentration,
Interdiszipünarität
undHandlungsorientierung,
stecken den Rahmenab,
indem ein kritischer
Vergleich
und eineEinschätzung
derneuerenEntwicklungen
und Ver¬öffentlichungen
zurUmwelterziehung möglich
wird.Lokale,
regionale
undglobale
ProblemeinderUmwelterziehung
In derDiskussionumdie Inhalte und Methodender
Umwelterziehung
ist auf internatio¬ naler Ebene die KritikamBUdungswesen aufgegriffen
worden, die ausder Suche nach„AlternativenzurSchule" undausder
Forderang
nach„Entschulung
derSchule" bekannt ist(z.
B.Illich1972;Hentig1971,1973
b).
In einemArbeitsdokument fürdieKonferenzvonTiflis wirdvonder UNESCO
gefordert,
daßUmwelterziehung
aufdieErfüllung
der-sozialen Bedürfnisse
gerichtet
seinmüsse.DieseNotwendigkeit
erfordert eine„Öffnung
zur örthchen
Umgebung" (UNESCO-Kommissionen
1979, S.160).
Mit der weitver¬breiteten
Isolierung
derBildungseinrichtungen
vonihrem Umfeld werdenLernmögüch-keiten
abgeschnitten:
„Die
Schwierigkeiten,
diebei dem Versuchauftreten,
die Umwelt¬erziehung
auf dieörtlichen Problemezubeziehen,
rührendaher,daß dasBUdungswesen
ein insich
geschlossenes System
darstellt,das fernvonderWirklichkeitunddengeseU¬
schafthchen Prozessenineinersich selbstgenügenden
Welt miteigenen
Zielen,Curricula,
148
KarlheinzFingerle
Methoden und
unabhängigen
Finanzierungsquellen
existiert. AlsFolge
davon sind dieBildungseinrichtungen
oftvonihrer direkten Umweltisoliert undneigen
dazu,Methodenanzuwenden, die entferntvonden
praktischen Lebensbedingungen
zu theoretische Er¬kenntnisse vermitteln. Ihre
Weigerung,
die schuUsche und außerschulischeBildung
als Teil dersozialen Umweltzuverstehen,hindertsie,ausden in derörtlichen Gemeinschaftexistenten Kenntnissen vollen Nutzenzuziehen"
(ebd.,
S.117).
Bildungseinrichtungen,
die in ihrem Unterricht lokale Problemeaufgreifen,
könntenauch,
sowirdimmer wiederbetont,diemit der unmittelbaren Betroffenheit
gegebene
Motiva¬ tion und die in der aktivenAuseinandersetzung
mitörtlichenUmweltproblemen liegenden
Möglichkeiten
zurÄnderung
vonHandlungsmustern
nutzen(vgl.
ebd.,
S.60,1591; Eule-feld/Kapune1979,S.268).
So erleichtert dieAnbindung
anlokale Probleme die Hand¬lungsorientierung
des Unterrichts.Unter der
Voraussetzung,
daß Arbeiten im außerschuhschen Feld ein unverzichtbarer Teil derUmwelterziehung
sind,
beschreibt derEuroparat
einSystem
vonkonzentrisch-geord¬
neten
Lernumgebungen
umSchule undWohn-(bzw. Unterrichts-)Ort.
DermethodischeWeg
vomBekanntenzum Unbekannten,vonderlokalenzurentfernteren Umwelt wirdhauptsächlich
unterdenGesichtspunkten
derknappen
zeitlichen und sachlichen Ressour¬cen
begründet:
Es seiwenig zweckmäßig,
dieErforschung
der Umwelt entfernt vomSchulumfeldzu
beginnen;
denn die Schüler müßtenerst einmal in ihrer unmittelbarenUmgebung
die Techniken derFelderkundung
undFelderforschung
erlernen(Council
ofEurope
1976,
S.12).
Auf diese Weise könnte auch vermieden werden,daß besondereEinrichtungen
zurUmwelterziehung
undgeschützte
Regionen
durchzu viele Besucherbelastet würden.
Wer den
Forderungen
nach einervonangigen Berücksichtigung
von Problemen derlokalen Umwelt in der
Umwelterziehung
ausnahmslosfolgt,
läuftGefahr,zweiwichtige
Aspekte
dergegenwärtigen Umweltproblematik
zuübersehen: Erstens stellt sich Umwelt¬gefährdung,
-Schädigung
und-Zerstörung
gegenwärtig
nicht nur als Summe lokal undregional
begrenzbarer
Probleme dar:Knappheit
anfossilenEnergieträgern
und anderenRohstoffen,
Bevölkerungsvermehrung, Zusammenhang
von Armut undUmweltzerstö-rang in
Entwicklungsländern
undVernichtung tropischer
Öko-Systeme
—um nureinige
Beispiele möglicher
InhaltevonUmweltuntenichtzu nennen-sind in in ihrenVoraus¬setzungen und
Folgen
angemessennuringlobalen
Dimensionenzuthematisieren. Zwei¬tenssind aber auch die Annahmen über dieUmwelt der Schüler und ihre Interessen und ihre Motivierbarkeit zu modifizieren: So hat die Internationale
Erziehungskonferenz
schon im Jahre 1968
festgestellt,
daß durch dieVerschiedenheit,
Reichhaltigkeit
undGeschwindigkeit
der verschiedenen Kommunikationsmedien Umwelt nichtlänger
aufpersönliche Erfahrung
undAlltagsleben
beschränkt sei(International
ConferenceonEducation 1979, S.
357).
Auch dieLeichtigkeit
undHäufigkeit
von Reisen weite dieUmweltder Schülerüberdie unmittelbaren
Umgebungen
aus, wecke ihr Interesse undlasse sie auf Sichtweisen aufmerksam werden, die früheren Generationen unbekannt
gewesenseien
(ebd.,
S.355).
DieseArgumente
sprechen
füreinePosition, die sich dieArbeitstagung
überAufgaben
derUmwelterziehung
in München im Jahre 1978zueigen
machte:
„Umwelterziehung
in der Schule schließtlokale,
regionale, überregionale
undglobale
Umweltdimensionen ein. Die lokalen habenaufgrund
ihrer unmittelbaren Erfah¬Umwelterziehung: Empfehlungen
und UnterrichtsmodeUebesonderem Maße ein Einüben in
eigenes
Erleben und Handeln. Auch die überlokalenAspekte
soUtenjedoch
in das aktiveErfahrungs-
undHandlungsgefüge
der Schülereinge¬
baut werden"(Eulefeld/Kapune
1979,
S.273).
Die
gleichgewichtige Behandlung
lokaler und überlokaler(regionaler,
nationaler undglobaler)
Umweltthemen soll nach denEmpfehlungen
dieserArbeitstagung
auch durch Art undUmfang
derAussagen
in denLehrplänen gesichert
werden. Sie sollten„sicher¬
stellen,
daß der Unterrichtsanteilzuallgemeinen
Themen nichtdenjenigen
der lokalen Arbeiten übertrifft"(ebd.,
S.275).
DieseRückbindung
aneine unmittelbare Umwelt der Schülerist,
wieLehrplananalysen gezeigt
haben,
selbst in einem Unterrichtsfachzubeob¬achten,das nach
Auffassung
vonFachvertretern„schwerpunktmäßig
demglobalen Aspekt
Rechnung"
zutragenhat(Krauter
1978,S.71):
Nach denLehrplänen
für den Erdkunde¬ unterricht in dergymnasialen
Oberstufezeichnen sich Umweltthemen dadurchaus,„daß
sie durch Ziele auf die
jeweilige
Region
rückgebunden
werden und damit die Sekundar¬ stufe-II-SchülerzurdetailliertenUntersuchung
ihrereigenen
Umwelt anhandeinzelner,
selbst auszuwählender Probleme und konkreter Fälle auffordern(Eulefeld/Bolscho/
Puls/Seybold1980,S.60).
Inder Geschichte der
Pädagogik
inDeutschland ist die Konzentration des Unterrichts auf lokale Probleme mit denBegriffen
der Heimatkunde und derHeimaterziehung
verbunden. Leiderzeigen
dieVeröffentlichungen
zurUmwelterziehung
der letzten Jahre keine be¬friedigende Anknüpfung
an die Didaktik derHeimaterziehung
im ersten Quartal deszwanzigsten
Jahrhunderts undandieAuseinandersetzung
mit ihr. Gerade für die Didaktik derUmwelterziehung
wird eine Wiederaufnahme der Diskussionumdie Heimatkundeun¬erläßlichsein;dennwenn manbereitist,über fürunsheute nicht mehr
erträgliche pathe¬
tische
Formulierungen hinwegzusehen
und die didaktischenBegründungen
mitzuvoll-ziehen, die neben heute nicht mehr nachvollziehbaren
metaphysischen Legitimationen
stehen,wirdman
erkennen,
daßHeimaterziehung
und Heimatkunde keinesfallsnuraufvolkstümliche
Bildung
zielte. IhrAnspruch
war,fächer- undschulformübergreifend,
eine didaktische Konzentration verschiedener Fächer untereiner orts- undzeitgebundenen
Perspektive (Spranger
1923; 1924, S.51).
EineAuseinandersetzung
mitderHeimat¬ kundeunterderPerspektive
derGrundschuldidaktik istzueng. Daher kannderBeitrag
Silberers
(1980)
nuralsein erster, nicht sehr weit führender Anstoßangesehen
werden,den
Zusammenhang
vonHeimatkunde,
SachunterrichtundUmwelterziehung
zuerörtern. Auch der in der DiskussionumdieHeimatkunde immer wieder zitierteBeitrag
Sprangers muß imZusammenhang
desgesamtenim Jahre 1924vonSchoenichenherausgegebenen
„Handbuchsder
Heimaterziehung" (Schoenichen
1924a)
gelesen
werden. Das Hand¬ buchzeigt
nichtnur den interessanten Versuch Sprangers im Anschluß an UexküllsUmweltbegriff
undUmwelttheorie,Heimatkundezulegitimieren (Spranger
1923; 1924,S. 8ff.;
vgl.
Uexküll 1909;1913),
sondern auch zahlreicheBeispiele
ausVolksschule,'
Gymnasium
usw.fürdieBerücksichtigung fächerübergreifender
Inhalte undPerspektiven
in einem heimatkundlichen Unterricht. Manche SteUen dieses Handbuchskönnten,wenn
sie in die
Sprache
pädagogischer
Handreichungen
derGegenwart
übersetzt würden,durchaus auch heute noch der
Anleitung
von Lehrern dienen: z. B. dieAusführungen
Schoenichens über denZusammenhang
vonland- undforstwirtschaftlicherNutzung
und Natur und Landschaft imBiologieunterricht
(„Unterricht
überNaturgeschichte";
1924b,150
KarlheinzFingerle
Schulfächer
undUmwelterziehung
Die
„Zwischenstaatliche
Konferenz überUmwelterziehung"
in Tiflis 1977 hat alsallge¬
meines Ziel derUmwelterziehung
formuhert: „DaszentraleAnliegen
derUmwelterzie¬hung
ist es, durchinterdisziphnäre
Zusammenarbeit bzw. zumindest durchfrühzeitige
Koordination der einzelnen Unterrichtsfächer eine
praxisorientierte,
auf dieLösung
vonUmweltproblemen gerichtete Erziehung
zuerreichen oderzumindest den Schüler durchdie
Unterweisung
inMitbestimmungsprozessen
besser für die TeilnahmeanderLösung
vonUmweltproblemen
vorzubereiten"(UNESCO-Kommissionen
1979,
S.59).
Wegen
dieser
Zielsetzung,
die sich nicht in einem einzelnenUnterrichtsfach einlösenläßt,wirdüberwiegend
ein zusätzüches Unterrichtsfach„Umwelterziehung" abgelehnt
(ebd.,
S.58).
DieRealisierung
eines besonderenUnterrichtsfachs fürUmwelterziehung
wirdallerdings
-abweichendvondermeistvertretenenPosition-in der
„Weltstrategie
für dieErhaltung
der Natur"als eineMögüchkeit
befürwortet:„Umwelterziehung
sollte auch auf den Lehr¬plänen
für Schulenstehen,
sowohl alswesentlicher Bestandteil anderer Fächer(so
daßdieEinstellung
zurNaturerhaltung
alle Bereiche beeinflussenkann)
wie auch als Einzelfach(so
daßÖkologie
formeUunterrichtet werden kann und ihreGrundprinzipien
leichtererfaßt
werden)" (Bundesministerium
fürErnährung, LandwirtschaftundForsten 1980,S.133).
In derSicht der UNESCO muß die
„traditionelle
Fächerstruktur" als einwichtiger
Grund dafür benannt werden, daß ein„schiefes
undunvollständiges
BUd derkomplexen
undwechselseitigen
Einflüsse[vermittelt
wird],
die dieUmweltprobleme
bestimmen"(UNESCO-Kommissionen
1979,S.176).
Die UNESCOschlägt
vor,„die
Strakturen dertraditionellen
Bildung
flexiblerzugestalten
und auf die Erfordernisse derUmwelterzie¬hung
auszurichten"(ebd.).
ZurErreichung
dieses Ziels hat die Zwischenstaathche Kon¬ ferenz in Tiflis 1977 verschiedeneStrategien
erörtert. DieHinzufügung
eines neuenUnterrichtsfachszumbestehenden Fächerkanon wurde als die am
wenigsten geeignete
Strategie
bezeichnet(ebd.,
S.1991).
Dagegen
werdendiefolgenden
Stufen derIntegra¬
tion derUmwelterziehung
in dieLehrpläne,
Curricula,
Medienusw.empfohlen:
(a)
Ein¬führung
eines zentralenUmweltbezugs
injedes
Unterrichtsfachunterinterdisziphnärer
Erarbeitung
der Curricula undAnknüpfung
an konkreteUmweltprobleme
im Erfah¬rungsbereich
der Lehrer und Schüler(ebd.,
S. 58,200); (b)
aufeinerfortgescrfritteneh
StufedieIntegration
verschiedenerFächer,
diekonzeptionell
und methodisch verwandtsind,
mit derEntwicklung integrierter
Curriculumeinheiten undHandreichungen
(ebd.,
S.200); (c)
problembezogene
Gruppierung
der Curricula der verschiedenen Fächerumein Umweltthemaunter
Aufhebung
derFächerteilung
in der Stundentafel(ebd.,
S.201).
-Die zuletztgenannteStufe der
Integrationsstrategie
wirdvonder UNESCO als die„kom¬plexeste,
aber auch zufriedenstellendste Methode derUmwelterziehung" eingeschätzt
(ebd.). AUerdings
wird alswichtige Aufgabe
erkannt,
daß nichtnurdie„horizontaleInte¬gration
von Lehr- undLernprozessen",
sondern auch die„vertikale
Verknüpfung
derUnterrichtsinhalte"zusichern
ist,
„umeinen kontinuierlichenLernfortschritt beim Durch¬laufen des
Schulsystems"
zuerreichen(ebd.).
Bei der
Adaptation
derUNESCO-Empfehlungen
von Tiflis für dieBundesrepublik
Deutschland wurde im Jahre 1978 in München ein
Vorgehen empfohlen,
dasMomenteUmwelterziehung: Empfehlungen
und UnterrichtsmodeUe151
Lehrplänen
und Richtlinien aller Unterrichtsfächer alsUnterrichtsprinzip ausgewiesen
werden
(Eulefeld/Kapune
1979,
S.2741). Umwelterziehung
alsPrinzip
könnte im konkretenUnterrichtsalltag
seine Verbindlichkeit verlieren. Um einer solchen Entwick¬lung
vorzubeugen
und auchum die Zusammenarbeit verschiedener Fächerzuermögli¬
chen,wird weiter
gefordert:
(2)
InZentrierungsfächern
solldurchAbstimmung
derFach¬lehrpläne
aufeinanderfächerübergreifende Umwelterziehung
ermöglicht
werden. Andere Fächer haben für diesefächerübergreifende Bearbeitung
von UmweltthemenZuträger¬
funktionenzuerfüllen:Komplementärfächer (ebd.).
Die MünchenerEmpfehlungen
zurUmwelterziehung
nennenalsZentrierungsfächer
Sachunterricht für die Primarstufe* undBiologie/Geographie
für die Sekundarstufe(ebd.).
Eulefeld/Bolscho/Puls/Seybold nehmen für die Sekundarstufe als weiteres FachSozialkundehinzu(1980,
S.18),
dem auch in den MünchenerEmpfehlungen
fürdie berufsbildenden Schulen eine„koordinie¬
rende Funktion" im Bereich der
Umwelterziehung zugeschrieben
wird(Eulefeld/
Kapune1979,S.271).
AlsKomplementärfächer
werdengenannt:„Geschichte,
Gestal¬tung,
Mathematik,
Chemie,Physik,
Literatur"(ebd.,
S.275).
Abweichendhiervon identi¬ fizieren Bolscho/Eulefeld/Seybold„Chemie,
Physik,
Technik,
Arbeitslehre, Haus¬wirtschaft,
Kunsterziehung, Religion"
alsKomplementärfächer (1980,
S.70).
Siefügen
hinzu: „BeiweiterAuslegung
könnteman auch demSprach-
undSprachenunterricht
sowie der Geschichte eine
,Zuträgerfunktion'
im Hinbhck auf dieAnliegen
der Umwelt¬erziehung
zuschreiben"(ebd.;
vgl.
auch Eulefeld/Bolscho/Puls/Seybold1980,S.18).
Durch diesenAnsatz,
Zentrierungs-
undKomplementärfächer
fürUmwelterziehung
in derLehrplan-
und Curriculumarbeit zuinstitutionalisieren,
soll der Gefahrvorgebeugt
werden, daß
Umweltfragen
nurfragmentarisch
und unkoordiniert im Unterricht ange¬sprochen
werden. DurchdieSchwerpunktsetzung
indenZentrierungsfächern
solleiner¬ seits einefachlich-systematische
Fundierung
derBehandlung
von Umweltthemen und andererseits einkontinuierlicher Lernfortschrittgesichert
werden(Bolscho/Eulefeld/
Seybold1980,S.52).
Dievorgeschlagenen
Fächerlassenerkennen,daß eineinterdiszi¬plinäre
Integration
natur- und sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse undDenkweisen,
ergänzt
umInhalte undMethoden,beabsichtigt
ist,diesich in der DichotomievonNatur-und Sozialwissenschaften nicht nahtlos verortenlassen
(Gestaltung,
Literatur, Mathe¬matik,
Religion,
Geschichte,
Technik).
Trotz einzelner Vorarbeiten und modellhafter Ansätze wirddie für dieZentrierungsfächer geforderte
interdisziplinäre
Zusammenarbeit für dasBUdungswesen
derBundesrepublik
Deutschlandinsgesamt
noch alsungelöst
an¬gesehen: „Somit
erweist sich dieReahsierung
desinterdisziplinären
Anspruchs
derUmwelterziehung
als eine im wesentlichen nochungelöste Aufgabe.
Denn wenn unterInterdiszipünarität
verstandenwird,daßUmweltprobleme
im Unterrichtgleichzeitig
ausderSicht verschiedener Untenichtsfächer bearbeitetwerden,sosetzt dies eine
Planung
voraus,die
vermeidet,
daßunabhängig gearbeitet
wird-sowohl auf derLehrplanebene,
^wodie Kommissionen sich in dem
entsprechenden
Bereichabsprechen
müßten, als auch innerhalb derSchulen,
wodie betroffenenKollegen
der verschiedenenFächerdas Vor¬gehen
in den einzelnen Klasseninhaltlich,
methodischundprozessual
gemeinsam
aufein¬ ander abzustimmen hätten. Eine solcheOrganisation
ist inunserem Schulwesen nichteinfach"
(Eulefeld/Bolscho/Puls/Seybold
1980, S.891).
Interdisziplinäre
Zusammenarbeit auf der Ebene der Schulfächer und auf der EbenederErkennt-152
KarlheinzFingerle
nissen,
Denkweisen und Verfahren verschiedener Fächer undDisziplinen
sollten auch bei weiterenPlanungen
fürMateriaUen zurUmwelterziehung
nichtzurÜberschätzung
derIntegrationsleistungen
derKategorie
„Umwelt"
führen. „Umwelt"als zentrale fachlicheKategorie
einer Umweltdidaktik für Schule und Hochschule ist nicht derSchlüssel,
der das TorzurverlorenenEinheit der Wissenschaft öffnet. Auch dieproblembezogene
Inte¬gration
vonSchulfächem hebt derenunterschiedhche fachüche und fachdidaktische Fun¬dierung
nicht auf. Auch mußvorErwartungen
gewarnt werden,daßInterdiszipünarität
dieGanzheit und Relevanz vorwissenschaftlicher
Alltagserfahrung
derUmweltvonKindern undJugendlichen
bruchloseinhole. Im Blick auf dieUmwelterziehung
in Grund- undHauptschule
hatSchweizer(1978)
davorgewarnt,„Umwelt"
alsSlogan
für solche irre¬ führendenReformerwartungen
anzusehen: Vor allemim Primarbereich werdeangesichts
derZersplitterung
desLehrplans
nach einerIntegration
der Fächerund einem die lebens¬geschichtliche Bedeutung
der Sachen einholendenpädagogischen
Kommunikations¬system
gesucht.
„Es scheint,daß diesuggestive Wirkung
derKategorie
,Umwelt'in einem didaktischen Kontext resultiere aus derHoffnung,
eine solcheIntegration
leisten zukönnen"
(ebd.,
S.21).
DieseHoffnung
täuscht:DerTopos
.Umwelt'„suggeriert
aufdidak¬ tischer Ebene eineKlammer,diedie widerstrebenden undbeziehungslos
nebeneinander¬ stehenden Unterrichtsfächerzuintegrieren
undzuharmonisierenverspricht,
ohneeswirk¬ lich leistenzukönnen: Restauration desGesamtunterrichts als didaktische Manifestation einer—wedergreifbaren
nochzuleistenden—,integralen
Anthropologie'" (ebd.,
S.42).
—Trotzdieser gegen falsche
Erwartungen
gerichteten
Kritikplädiert
Schweizerdafür, andem
Begriff
„Umwelt"
festzuhalten,dennerkonstituiere eine„Sinnebene,
mittels dererDefizite,
Praktiken,Vorgänge
einer konkreten und zumeist als selbstverständlich emp¬ fundenen Wirküchkeitüberhaupt
erstsichtbar,
dadurch aber aucheinklagbar gemacht
werden können"(ebd.,
S.25).
Diese Intention kann „Umwelt"abernureinlösen,
wennProblemerfahrungen
undProblemlösungen
auf einer „Ebene lebensbedeutsamer Pro¬ bleme,dievonKontextzuKontextverschieden sein können"(ebd.,
S.45), gesucht
wer¬den.
Die Kritik Schweizers kann den oben skizzierten Ansatz
interdisziphnärer
Arbeit inZentrierungsfächern
nichttreffen;denn dieser Ansatz betont durchaus dieNotwendigkeit
fachlicherFundierung
undzielt nicht auf einegrundsätzliche
Aufhebung
der Fächer.Die Ebene lebensbedeutsamer Probleme wird mit derForderung
nachHandlungsorientierung
derUmwelterziehung
angesprochen.
Handlungsorientierung
derUmwelterziehung
Die Münchener
Arbeitstagung
überUmwelterziehung
forderteinihrenEmpfehlungen
den
Vonang
derMethoden,„die
Schüleraktivitäten imLernenselbstunterstützen",mit demZiel, „ErlebenvonundUmgang
mit Umwelt"zufördern(Eulefeld/Kapune
1979,
S.
273).
DieBevorzugung
lokaler Umweltthemen wurde mit derMöglichkeit
zuunmittel¬barer
Erfahrung
undzum Handeln im lokalen Bereichbegründet.
Auch fürregionale,
überregionale
undglobale
Aspekte
wurdegefordert,
sie im Unterricht„in
das aktiveErfahrungs-
undHandlungsgefüge
der Schüler" einzubauen(ebd.).
DieHerausgeber
der Texte mehrererVortragsfolgen
zur Didaktik derUmwelterziehung
anPädagogischen
Umwelterziehung: Empfehlungen
und UnterrichtsmodeUe153
Hochschulen
Baden-Württembergs
sehen durch dieEinbeziehung
der„Handlungskom¬
petenzder Betroffenen" den Umweltunterricht
„auf
die EbenevonUnterricht mit han¬delnden
Subjekten
gehoben"
(Janssen/Meffert
1978b,
S.8). „Kognition
-Affekte-Motorik" werden nach ihrer
Auffassung
durch einen amHandeln orientierten Umwelt¬unterricht
„gleichberechtigt"
in dasUnterrichtsgeschehen einbezogen (ebd.).
Den Unterricht nichtnur auf
Wissensaneignung,
„sonderngleichermaßen
aufkonkreteErgebnisse
des Handelnsvon Schülern und Lehrem"auszurichten,
erfordertallerdings
nach Bolscho/Eulefeld/Seybold eine Kritikam lemzielorientierten Unterricht: einevorrangige Orientierung
ankonkreten Produkten understin zweiter Linie Lernzielkon¬ trolle(1980,
S.451):
„Dasbedeutet,
daßhandlungsorientiertes
Lernen in der Umwelt¬erziehung
sich in konkreten Produktenniederschlagen
soll,die den Schülem in der augen¬ blicklichen Situation eineBefriedigung
über ihr Handelngeben.
So kannmanverhindern,
daß-wie beim Wissenserwerb-die
Umsetzung
vonHandlungen
indieFemezukünftiger
Lebensbewältigung verlagert
wird"(ebd.).
Im Anschluß an MeyersCharakterisierung
deshandlungsorientierten
Unterrichts nehmen Bolscho/Eulefeld/Seyboldan,daß einehandlungsorientierte Umwelterziehung (a)
in der Umwelt konkrete Produkte erzeugt, die Gebrauchswert für die Schüler haben,(b)
eine wachsendeSelbstbestimmung
der Schüler bei derFestlegung
derHandlungsziele ermöglicht,
(c)
eineÖffnung
derSchule mit einenEingreifen
ingesellschaftliche
Entwicklungen
ermöglicht (1980,
S.26ff.;
vgl.
auchMeyer1980,S.
1071).
Eine
Auffassung,
daßeinUnterricht,
der„mit
vonden Bedürfnissen der Schüler bestimmt"ist
(Bolscho/Eulefeld/Seybold
1980,S.28),
den Schülern injedem
Fall eine„Befrie¬digung
über ihr Handeln"(ebd.,
S.451)
geben
könnte, wäreallerdings kurzschlüssig.
Projekte
könnenscheitern,
undvonden Schülerngewünschte,
konkrete Produkte könnenmißlingen.
So sehrBefriedigung
überkonkrete ProdukteundErfolge
in einerhandlungs¬
orientiertenUmwelterziehung
alsregulative
Zielvorstellung
derpädagogischen
Auf¬fassung entspricht,
dieGegenwart
der Kinder undJugendlichen
nicht alleinunterZweckenzukünftiger
Lebensbewältigung
zuverplanen,
sowenig
sollten Lehrer und Schüler dieMöglichkeit
ausschließen,
daßMißerfolge
eintreten(die allerdings
Anlässe undThemen weitererLernprozesse
seinkönnen).
Müßte nicht ein Ziel derUmwelterziehung
sein,auchunter
Bedingungen
nurpartieller Befriedigung eigener
Bedürfnisse,
partiellen Erfolgs
und/odernur
langfristig möglicher Zielerreichung fähig
und bereitzumumweltbewußtenHandelnzusein?DadieSchule die
Aufgabe
hat,Umweltbewußtsein nicht alsSyndrom
autoritärer
Einstellungen
zuvermitteln, wird auf dieAmbiguitätstoleranz (Krappmann
1972,
S. 1731;Frustrationstoleranz im SinnevonHabermas1973,
S.128)
in derErzie¬hung
zumumweltbewußten Handeln in Zukunft mehr Aufmerksamkeitgerichtet
werden müssen.Handlungsorientierter
Unterricht überUmweltthemen steht nicht in einemGegensatz
zum ErwerbvonWissen und
Fertigkeiten.
Mit denForderungen
nachHandlungsorien¬
tierung
ist die Kritik aneinerbloßenVermittlung
von Umweltwissen und-fertigkeiten
verbunden. Hentig hatzur
Klärang
desVerhältnissesvonWissen und Handelngefordert,
den
„Überhang
desWissensüberdasHandeln" aufzuheben(1973
a,S.70):
„WennSchulenicht mehr
Handlungsmöglichkeiten
schaffenkann, dann...sollte sie auchweniger
lehren154
KarlheinzFingerle
gewarnt: „Der
größte
Feind derErfahrang
ist nicht dieBelehrung,
sondern die schon dominierendeErfatirung:
Sie dominiertaufgrund
vonangehäuften
Ängsten
und Wün¬schen und
WertvorsteUungen,
die dervoraufgehenden
Erfahrang
entstammen.Wir haben-umbei dem
Beispiel
derUmweltzerstörung
zubleiben—imGrunde dreiMöglichkeiten:
Wir
gehen
anüirzugrunde.
Wirbewältigen
sierechtzeitig.
Wirgewöhnen
uns ansie,
weilsieunseresich selbst
bestätigende Erfahrung
ist. Ich habe dieSorge,
daß die dritteMög¬
üchkeit die
größte
Chancehat,
sichzuerfüUen"(ebd.,
S.72).
NachHentighat die„Schule
als
Erfahrangsraum"
nicht dieAufgabe,
der dominierendenErfahrung
denStempel
der Wirklichkeitaufzudrücken,
sondern ein Raum für dieErfahrung
von Alternativen zuwerden
(ebd.,
S. 71ff.).
Einschätzung
der VorarbeitenzurCurriculumreform
Zur
Realisierung
der Ziele derUmwelterziehung
laut Beschluß derKultusministerkon¬ ferenz über„UmweltundUnterricht" können die in den Jahren 1978 bis 1980 erschie¬nenen
VeröffentUchungen
in unterschiedlicher Weisebeitragen.
Der Bericht über dieTiflis-Konferenz zur
Umwelterziehung
muß schon wegen seinesAnspruchs,
für alleUNESCO-Mitgliedsstaaten Vorgaben
zuformulieren,
sehr abstrakt bleiben(UNESCO-Kommissionen
1979).
Zwarenthältdiedeutschsprachige
Ausgabe
mit dem Abdruck des Konferenzdokuments„Erziehung
und dieHerausforderungen
derUmweltprobleme"
(ebd.,
S. 131-230)
auch einen Bericht über nationale und internationale MaßnahmenzurUmwelterziehung,
der abernurallgemeine
Tendenzen undEinschätzungen
herausarbei¬ten kann. Die
Tiflis-Empfehlungen
kommen invielen Teilen überpräambelhafte
Aus¬ sagen nicht hinaus. Leserkönnen von der„Abstraktheit
und teilweise formalistischenRedundanz"
abgestoßen
werden(Geisendörfer
1979,S.31).
DieseTextmerkmale,die wohl vielen internationalen Dokumenten einerseits wegen ihresglobalen Anspruchs
und andererseits wegen ihresKompromißcharakters eigen
sind,
dürfenjedoch
nicht den Blick dafürverstellen,daßdieses Konferenzdokument zahlreichepräskriptive
Aussagen
enthält, andenen sich die nationalenAdaptationen
messenlassen.—Vor demlegitima-torischen
Hintergrund
derTiflis-Empfehlungen
wurde in denEmpfehlungen
derMün¬chener
Arbeitstagung
überUmwelterziehung
eineKonkretisierung
fürdieBundesrepu¬
blik Deutschland erarbeitet
(Eulefeld/Kapune 1979).
DieMünchenerEmpfehlungen
sindabernichtnureineKonkretisierung,
sondernzeigen
auchdurch bewußteAussparun¬
genAbweichungen
zudenTiflis-Empfehlungen:
so zumBeispiel
im Bereich der„Erzie¬
hung
überArbeitsumwelt"(Fingerle 1981).
Die in München erarbeitetenEmpfehlungen
überUmwelterziehung
im RahmenschulischerErziehung
(ebd.,
S.271-275)
enthaltenAussagenüber
Umwelterziehung
in denLehrplänen.
Die Kultusministerkonferenz hat viele der indenMünchenerEmpfehlungen
enthaltenen konkretenVorschläge
(z.
B.zuden
Zentrierungsfächern)
nichtübernommen,hat aber auch keine alternativen Hinweisegegeben,
die ein MindestmaßanEinheithchkeit derRahmenbedingungen
in den Ländernhättesichern können. Dieser Verzicht
gibt
andererseits dieMöglichkeit,
über die didak¬ tischeDiskussion,
übererfolgreiche
Modelle derUmwelterziehung,
überMaterialien und andereMedien konstraktiv auf die weitereCurriculumentwicklung
einzuwirken. Um dieseMöglichkeit
wahrzunehmen,mußdie bereits inVeröffentlichungen
dokumentierte Dis¬ kussion undZusammenarbeitfortgesetzt
werden.Umwelterziehung: Empfehlungen
und UnterrichtsmodeUe155
Füralle
Lehrplanarbeiten
in denZentrierungsfächern
Sachunterricht,
Biologie,
Erdkunde und Sozialkunde üefert die auf ein Gutachten für den RatvonSachverständigen
für Um¬weltfragen (vgl.
BundesministertumdesInnern1978,
S.455-460)
zurückgehende
und aktuaUsierte Bestandsaufnahme derUmweltprobleme
inLehrplänen
undSchulbüchern in„Umweltunterricht
in derBundesrepubhk
Deutschland 1980"(Eulefeld/Bolscho/
Puls/Seybold,1980)
eine differenzierte und informativeBedingungsanalyse
(S. 20-88).
Derin dieser
Veröffentüchung
enthaltene Abschnitt über„Umwelterziehung
inBerafs-schuUehrplänen"
(S. 86-88) zeigt,
daß eingroßes
Desiderat bei der Bestandsaufnahme im Bereich der berufsbildenden Schulen besteht. DieselbeVeröffentüchung
stelltdar,
wie durch die ZusammenarbeitvonFachdidaktikem der FächerBiologie
undGeographie
eine didaktische Straktur für eine Koordination derLehrpläne
für dieUmwelterziehung
ent¬wickelt
(ebd.,
S.89-99)
und eine ausführliche DokumentationvonLehrplanaussagen
(ebd.,
S.100-257)
aller Bundesländer erarbeitet werden konnte. ZurFortsetzung
dieser ArbeitenzurEntwicklung
einer fächer- undlehrplanübergreifenden
didaktischen Struk¬turfür die Sekundarstufe I müßten Vertreter der Didaktik der Sozialkunde und anderer Fächer
hinzugezogen
werden.- Die vom Institut für diePädagogik
der Naturwissen¬ schaftenanderUniversität Kiel veröffentlichte Unterrichtseinheit„Problemeder Wasser¬verschmutzung" (Eulefeld/Bolscho/Bürger/Horn 1979)
für eineKooperation
der FächerBiologie/Geographie/Sozialkunde
liefert Lehrem und Schülem etilBeispiel
für Materialien für einenhandlungsorientierten,
fächerübergreifenden
und auflokale Um¬weltprobleme
bezogenen
Unterricht.Alle diese Vorarbeiten hat das Autorenteam Bolscho/Eulefeld/Seybold
(1980)
in einerVeröffentlichung
überUmwelterziehung
verwertet, die ihrerseits Bestandsauf¬ nahme und didaktische Konstruktionindieallgemein-didaktische
Diskussionumhand¬lungsorientierten
Unterrichteinbringt
und die andererseits mit zahlreichen konkretenBeispielen
dem LeserBelege
für die Einlösbarkeit der didaktischenForderungen
zurUmwelterziehung
liefert. Durch diegelungene
Verbindung
vontheoretischer Diskussionund
Belegen
ausder PraxisvonCurriculumentwicklung
undUnterricht ist diese Pubtika-tion sowohl für die nichtspezieU
anfachdidaktischen Problemen interessiertenErziehungs¬
wissenschaftler als auch für
Mitglieder
vonCurriculumkommissionen und Lehrerteams aneinzelnen Schulen lesbar und informativ.Als einen zentralen
Aspekt
derUmwelterziehung
sehen dieseAutorendieZielvorstellung
an,beim Lernenden eine
„Fähigkeit
undBereitschaftzumHandeln unterökologischen
Gesetzmäßigkeiten" („ökologische Handlungskompetenz")
zu fördern(ebd.,
S.141).
Die
Erläuterangen
zudieserZielvorstellung zeigen
dieBereitschaft,einen weitenBegriff
von
Ökologie
zuverwenden,derauch sozialwissenschaftlicheFragesteUungen
einbezieht.Dadurch,
daßjedoch
in derBestimmung
dieserZielvorsteUung
der ZustandvonOrganis¬
menals letzterBezugspunkt
herausgestellt
wird(im
AnschlußanEulefeld/Weidemann1977,S.
554),
kann dieserVersuch,
dieZielrichtung
derUmwelterziehung
zubeschrei-'
ben, seine starke
Bindung
an naturwissenschaftliches Denken nichtverleugnen.
SoweitUmwelterziehung
dieErhaltung
undGefährdung
des Lebens auf der Erde alsLeitfrage
hat,
kann mit diesem Ansatz ohne die Gefahr eines AbschneidensvonrelevantenAspek¬
ten
gearbeitet
werden. Wojedoch
dieLeitfrage
zugespitzt
wird auf dieErhaltung
und QualitätmenschhchenLebens,mußm.E.geprüft
werden,ob demBezugspunkt
„Organis¬
mus" nicht als zweiter
gleichwertiger Bezugspunkt
„Persönlichkeit"
beigegeben
werden muß(vgl.
Fingerle1981).
156
KarlheinzFingerle
Die ArbeitvonBolscho/Eulefeld/Seybold läßt
erkennen,
daß einefächerübergreifende
Kooperation
auf der Ebene derEinzelschule bereits realisiert werdenkann,ohne daßeine weitereVeränderung
undAbstimmung
derLehrpläne
im Blick auf eine verstärkte Berück¬sichtigung
derUmwelterziehung
auf Landesebeneabgewartet
werden muß(1980,
S.741).
Wo
allerdings
eineAbsicherung
einzelschulischer Innovationen durch zentrale Rahmen¬bedingungen (Lehrplanaussagen,
Stundentafeln,
Abschlußregelungen)
auflängere
Zeitfehlt,
ist zu befürchten, daß Ansätzefächerübergreifender
Zusammenarbeit wiederzurückgenommen
werden. Eine solcheresignative Rückentwicklung zeigten
die vomBundesminister für
Bildung
und Wissenschaftgeförderten
Modellversuche „Umwelt¬schutz -
Ökologie"
(1971-1975)
und„Umweltschutz
alsErziehungsaufgabe" (1976
bis1979)
ander Theodor-Heuss-Schule in Baunatal bei Kassel.AndieserGesamtschule wurdevoneinemfächerübergreifenden
AnsatzderIntegration
vonNaturwissenschaften und Gesellschaftslehre imWahlpflichtangebot
für dieSchüler der Klassen 7-10 in den Jahren 1971 bis 1975übergegangen
zurEntwicklung
vonUnterrichtseinheiten für ein¬zelne Fächer für dieselben Klassenstufen in den Jahren 1976 bis 1979
(Herrmann/
Reichenbach/Rupprecht 1974; Engelhardt/Hermann/Hölzel 1979; Buschardt/ Kupke
1980).
DieneuenUnterrichtseinheiten,
vondenen bishernur„Scotland
-environ¬ mentandIrving
conditions" für denEngüschuntericht
einergrößeren
Öffentlichkeitzu¬gänghch
ist(Buschardt/Kupke 1980),
holen denfächerübergreifenden
Kontext derUmwelterziehung
nurin formelhaftemAppell
ein(ebd.,
S.5).
Dievonden Lehrem ausdemModellversuchvorgetragene
Auffassung,
daß derneueModellversuch keinegrund¬
sätzliche Position
preisgegeben habe,
vermag daher nichtzuüberzeugen
(Engelhardt/
Hermann/Hölzel1979, S.
99). Umweltbezogene
Themen und Ziele infachbezogenen
Unterrichtseinheiten könnten unterVerlust ihrerursprünglichen
Intentionalität für die verschiedenen Fächer mediatisiert werden, wenn sie nicht infächerübergreifendem
Zusammenhang
abgestimmt,
in eineFolge
vonumweltbezogenen
Unterrichtseinheiteneingebunden
und für dieBeurteilung
des Lehr- undLernerfolgs
ebenso verbindlichwie fachliche Themen undZiele werden. —Fürspätere
Auflagen
des BuchsvonBolscho/Eulefeld/Seybold
(1980)
istgerade
auch im Blick auf seine Leser inKultusverwaltungen
und Curriculumkommissionen zu wünschen, daß es auch solche Ansätze wie an der Theodor-Heuss-Schule Baunatal darstellt und kritisch einordnet.Literatur
Bolscho,D./Eulefeld, G./Seybold,H.:Umwelterziehung. NeueAufgabenfürdieSchule.Mün¬ chen/Wien/Baltimore 1980.
Botkin,J.W./Elmandjra, M./Malitza,M.: Dasmenschliche Dilemma. Zukunftund Lernen.Wien/ München/Zürich/Innsbruck31979.
BundesministeriumfürErnährung,LandwirtschaftundForsten (Hrsg.): Weltstrategiefür die Erhaltungder Natur.AusgearbeitetvonderInternationalen UnionzurErhaltungder Natur und dernatürlichenLebensräume(IUCN)mit derBeratung,Zusammenarbeitundfinanziellen Unter¬ stützungseitensdesUmweltprogrammsder VereintenNationen(UNEP)und des World Wildlife Fund(WWF) undinZusammenarbeit mit derLandwirtschafts-undErnährungsorganisationder VereintenNationen(FAO)und derOrganisationderVereinten Nationen fürErziehung,Wissen¬ schaft undKultur(UNESCO).Bonn 1980.
BundesministeriumdesInnern(Hrsg.): Umweltgutachten1978des RatesvonSachverständigenfür
Umweltfragen. Bonn1978. (Auchals: DeutscherBundestag [Hrsg.]: Unterrichtungdurch die Bundesregierung. Umweltgutachten1978.Drucksache 8/1938vom19.9.1978.)