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Die Loslichkeit der wichtigsten Steinbildner im Harn.

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(1)

XII.

Aus der medicinischen Klinik in Gattingen.

Die Loslichkeit der wichtigsten Steinbildner im Harn.

Von

L. Lichtwitz.

(Pit 1 Abbildung im Text.)

1.

Die Liislichkeit d e r Harnsanre nnd des sauren harnsanren Natrinms.

H i s und P a u l ' ) und G u d z e n t z ) haben bekanntlich die Loslichkeit der Harnsaure und ihrer Salze im Wasser ermittelt. G u d z e n t 3 ) hat sodann d a i Verhalten der Harnsaure und ihrer Salze im Blut und Serum untersucht und an einem kiinstlichen Serum, in Uebereinstimmung mit der Berechnung von H e n d e r s o n und S p i r o und den Experimenten von B e c h h o l d und Z i e g l e r , den Nachweis gefuhrt, dass die Harnsaure im Blut nur als saures Natfiumurat existiren kann, dessen Loslichkeit gegenuber der im Wasser durch die Anwesenheit anderer Salze, die Natriumion abspalten, stark vermindert wird. Beim Schutteln von Mono- natriumurat mit undialysirtem Pferdeserum fand er etwa die gleiche geringe Losliehkei t wie im ,kiinstlichen Serumu. Die in diesen Versuchen erreichte Concentration des Mononatriumurats im Blute ist in vielen Fallen kleiner als die Harnsaurewerthe, die im Blut des Gichtkranken gefunden werden, und G u d z e n t zieht daraus den Schluss, dass das Gichtikerblut zu gewissen Zeiten eine ubersattigte Uratlosung darstellt. Diesem Schluss, der das Auftreten der Urate bei der Gicht dem Verstlndniss nahezubringen scheint, ist gern beigestimmt worden, obwohl Bechhol'd und Ziegler4) mit grosser Entschiedenheit darauf hingewiesen haben, dass inactivirtes Rinderserum sehr grosse Mengen Harnsaure (52 mg pro 100 ccm) zu losen und in Losung zu halten vermag. Schon vorher hatten W. P a u l i und S a m e c 5 ) gezeigt, dass schwerlijsliche Salze und auch Harnsaure in elektrolytfreien Serumalbuminlosungen weit besser loslich sind als in Wasser.

Diese Feststellungen - die Herabminderung der Loslichkeit des Mononatriumurats durch anwesende Natriumsalze und die Erhohung der Loslichkeit durch die Eiweisskijrper - mussen in gleioher Weise be- rucksichtigt werden, wenn man die Frage entscheideu will, ob eine

1) Zeitschr. f. phys. Chemie. 1900. Bd. 31. S. 1 und 65.

2) Ebenda. 1909. Bd. 60. S. 25.

3) Ehenda. 1909. Bd. 63. S. 455.

4) Biochem. Zeitschr. 1909. Bd. '20. S. 189. - 1910. Bd. 24. S. 146.

5) Ebenda. 1909. Bd. 17. S. 235. (Ihre Werthe fiir die Loslichkeit der Harn- sauce im Wasser sind auffallend hoch.)

(2)

272 L. Lichtwitz,

Korperfliissigkeit in Bezug auf Harnsaure oder saures Natriumurat ge- sattigt ist. Ein Vergleich der Concentration mit der in reinem Wasser wird in keinem Falle ein brauchbares Ergebniss liefern.

Fur die Gicht wie fur alte Ablagerungen von Salzen und anderen Korpern im Organismus sind diese doppelten Beziehungen von grosser Bedeutung. Den besten Einblick gewahrt das Studium der Loslichkeit und Niederschlagsbildung im Harn.

Die Concentration der Harnsiiure und ihrer Salze (des Urations) im Harn ist bereits im Vergleich zu der Loslichkeit im reinen Wasser eine ausserordentlich hohe. Diese Thatsache ist so bekannt, dass es iiber- flussig ist die Zahlen hier anzufiihren. Durch die saure Reaction des H a r m miisste, wenn es sich um reine wasserige Losungen handelte, die Loslichkeit der Harnsaure, durch die betrachtliche Concentration an Natriumionen die Loslichkeit des hlononatriumurats kleiner sein als im Wasser. Der Grund dieser abnormen Loslichkeit liegt, wie ich fruher ausgefuhrt habe, in der colloidalenl) Structur des Harns. Es wurde festgestellt, dass die Loslichkeit der Harnsaure und des Mononatriumurats abhangig ist vom Losungszustand der Harncolloide.

Das Ausfallen eines Sediments erfolgt durch eine Verschlechterung der Vertheilung (Ausflockung) der Colloide, die reversibler oder irreversibler Art sein kann.

E s ist aber zweifellos, dass die Aciditat auf diesen Vorgang einen begiinstigenden Einfluss haben kann. 0 t t o N e u bauer2) hat ihr sogar die grosste Rolle zugesprochen. E r findet in Harnen mit Sedimenten von Harnslure regelmassig so hohe Wasserstoffionen-Concentrationen, wie sie beim Normalen - gleiche Kost vorausgesetzt

-

nicht vorkommen.

Dieselbe Meinung mit der Einschrankung, dass die Ionenaciditat e i n e r der Factoren ist, die das Ausfallen der Harnsaure bedingen, vertritt E r i c h Meyer3). Er bemerkt aber, dass, wenn man die Menge der ausfallenden Harnsaure in Beziehung zur Grosse der Aciditat in den einzelnen Fallen betrachtet, man zu dem Schlusse gelangt, dass fur das Ausfallen noch andere Factoren in Betracht kommen miissen. Die tagliche Erfahrung, dass beim starken Ansauern von Harn nur ganz ausnahmsweise ein Niederschlag von Harnsaure entsteht, ist mit dieser hohen Bewerthung der Harnaciditat schwer i n Einklang zu bringen, und es erhebt sich die Frage, ob die in der Niere entstehende saure Reaction eine andere biologische Bedeutung hat als die Aciditat, die in dem entleerten Harn durch Hinzufugen von Saure erzeugt wird. Die Moglichkeit einer solchen Differenz besteht. Der Process der Harnbereitung, und besonders die Schaffung der hoheren molecularen Concentration" geht einher rnit uud durch Zustandsanderungen im Zellinhelt4). Specicll fur die Harnsaure 1) Zeitsohr. f. phys. Chemie. 1910. Bd. 64. S. 144. Vgl. auch G. Klemperer, Verhandl. d. Congr. f. innere Med. Wiesbaden 1902. S. 219.

2) Verhandl. d. Congr. f. innere Med. Wiesbaden 1911. S. 160.

3) Ebenda. S. 16'2.

4) L. Lichtwitz, Die Concontrationsarbeit der Niere. Verhandl. d. Congr. f.

innere l e d . Wiesbaden 1910. S. 758. - Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 1911. Bd. 65.

S. 128.

(3)

Dio LSslichkeit der wiohtigstcn Steinbildner im Ham. 273 ist durch die an YSgeln und S/iugethieren durchgefiihrten Unfersuchungen von Meissnerl), E b s t e i n und N i k o l a i e r 2) und M i n k o w s k i a) sieher- gestellt~ dass sic als Sph~rolith in der Tubuluszelle ausf/illt, also mit einem Colloidgeriist in den festen Zustand iibergeht~ und in diesem in das Can/ilchen abgegeben wird. Dieser Sph/irolith ist unter normalen Verh/fitnissen im Harnwasser 15slieh. Dem Gesetz der w/~sserigen LSslich- keit folgt ein solches Harns/iuretheilchen nicht; seine L5slichkeit wird bestimmt durch die LSslichkeit der Co]loide, die mit ihm zusammen in den Niederschlag eingetreten sind. Bekannte Beispiele fiir einen solchen Vorgang sind die LSslichkeit des ganz wasserunl5s]ichen Cholesterins in Wasser, wenn man es zusammen mit Lecithin aus einer BenzollSsung zur Troekne gebracht hat (Overton), und die LSslichkeit eolloidalen Silbers bei Gegenwart eines Schutzcolloids (Collargol).

Diese Anreicherung der Harnsi~ure in der Zelle geschieht unter Con- centrirung yon Wasserstoffionen, da aus dem Mononatriumrat des Blutes Harnsi~ure, und aus dem Dinatriumphosphat des Blutes das sauer reagirende Mononatriumphosphat gebildet wird. Die Concentration der Wasserstoffionen ist aber, wie wir wissen, yon grossem Einfiuss auf den LSsungszustand yon Colloiden, und es ist sehr wohl mSglich, dass bei bestimmten Aciditiits- und Colloidverh~ltnissen in der bTierenzelle, fiber die wir etwas Gewisses nicht aussagen kSnnen, ein Harns~iuretheil (Sphiirolith) gebildet wird, der naeh seiner Ausstossung in den Tubulus- canal yon dem Harnwasser nieht gelSst wird, well sein Colloidgeriist in Folge der besonderen, dutch die Reaction in der Zelle verschuldeten Verh~ltnisse irr~versibe] gefiillt ist.

Ein solcher Vorgang, der physicalisch-chemisch mSglieh, aber einer experimentellen Beweisfiihrung nicht zugiinglich ist, wird es verstiindlich maehen, dass eine saute Reaction, die am Orte der Harnsiiureausseheidung entsteht, auf die LSslichkeit yon anderem Einflusse ist als die Siiure, die aus anderen Theilen der Niere kommt oder nachtriiglich zugesetzt wird.

Die Angabe yon O. N e u b a u e r , dass eine Wasserstoffionenaeiditiit yon 1--2 X 1 0 - 5 im normalen, d. h. yon Harnsiiuresediment freien Ham nieht vorkommt, kann in dieser Allgemeinheit nicht bestittigt werden.

In einem Falle yon Coma diabeticum hahe ich bei einem Werthe yon 1 X 10 - ~ einen vSlligen Bestand der HarnsiiurelSslichkeit dutch mehrere Tagc beobachtet, und E r i c h Meyer hat zweimal bei dem gleichen Werth Harns~iure nut in unbestimmbaren Spuren im Sediment gefunden.

Die Bedeutung der Ionenacidit~t fiir die Harnsi~urelSsliehkeit ist also eine sehr begrenzte, u n d e s ist sehr wohl mSglieh, dass doff, wo sie fiberhaupt vorhanden ist, ihre Wirkung durch den Einfluss auf die schiitzenden Colloide vermittelt wird.

Die Bedeutung dieser Colloide braucht nieht mehr unter Beweis ge- stellt zu werden. Ein immer wiederkehrender Versuch der Erkliirung der abnormen LSslichkeiten in den KSrperfliissigkeiten beruht auf dem

1) Zeitschr. f. ration. Med. 1868. Bd. 31. S. 162.

2) Virchow's Arch. 1896. Bd. 143. S. 337.

3) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 1898. Bd. 41. S. 375.

(4)

274 L. Lichtwitz,

bequemen Princip der Uebers/ittigung. Es ist bekanntlieh m5glieh, L5sungen herzustellen yon hSherer Concentration als dem S/ittigungs- punkt entspricht~ und es ist sicher~ dass auch die Harns~ture und ihre Salzs zu solchen Uebersiittigungen neigen. So hohs Uebers~ttigungsn, wie sie im Harn vorkommen, sind bei kiinstlieher Darstellung nicht zu erreiehen. Man kann LSsungen machen, die 3- bis 4mal so stark sind als ges~tttigte; aber der Harn iibertrifft die Concentration einer gss~ittigten w/i.sserigen HarnsSurelSsung oft um das 20- und Mehrfaehe.

Aus der Phasenregel von G i b b s ergisbt sieh mit mathematischer b~othwendigkeit, dass sine iibers£ttigts LSsung nicht bsst/indig ist bei Gegenwart der gelSsten Stoffe in fester Form. Dureh Hinzufiigsn derselben, durch die sogenannte Impfung, kann man ein oft plStzliehes Aus- krystallisiren hervorrufen. Im Allgemsinen wird die Schnelligkeit der Krystallisation abh~ngig sein yon der Zahl der anwesenden Krystalle, die als Krystallisationspunkte wirken. Der Process ffihrt zu einem Gleich- gewicht, das dann erreicht ist, wenn die LSsung den Concentrationspunkt der S~ttigung erlangt hat.

Wenn also der Ham eine einfache iibersiittigte LSsung ist, so muss bei Gegenwart eines Sediments naeh ausrsiehender Zeit (24--48 Stunden) eine ges/ittigts w/isserige LSsung iibrig bleiben.

Dies geschieht, wie folgende Beobachtungen lehren, nicht.

Eine Patientinl) mit myeloischer Leuk~imie hatte in einem stark sauren Ham stets ein reichlichos Sediment yon Harns~ure inWetzsteinform. Es wurde die Gesammt- harnsiiure und die Harnsii, uro des Filtrats (gelSste Harns~uro) bestimant. (Methode yon Krfigor und Sehmid.)

Datum Harnmenge U-g in 24 Std. U mg in 100 ccm

13. lO. 09 1160 0,6354 14,5

14. I0. 09 1329 0,6279 22~4

15. 10. 09 1440 0,7357 28,3

16. 10. 09 1380 1,0201 19,0

17. 10.09 1095 0,7917 22,2

In 100 ccm Wasser sind bei 180 2,54 mg Harns/iure 15slich. Bei der sauren Reaction, die nieht gemsssen ist, wiirde der S'/tttigungspunkt noch unter diessm Wsrthe lisgen.

Das gleiehe Resultat, aber ohne Beriieksichtigung der Zeit, die bis zum Beginn der Analyse verstrichen ist, geben die Untsrsuchungen von E r i c h M e y e r : der gleiehzeitig die Ionenacidit/it gemessen hat.

Bei (H÷)-Werthen yon 1 × 10 - 5 his 3 × 10- 7, aber unabhiingig yon ihnen, betr~igt die Concentration der in LSsung verbliebenen Harns~iure 8:2--51 mg in 100 ccm. Nur in 2 Analysen ist der theoretische Werth der wttssrigen Liislichkeit erreicht (1,92 bis 2,3rag in 100ccm bei (H4-) ~---4--5 X 10- 6): bei einem extrem diinnen Harn yon 1001,7 bezw. 1001,3 spe¢ifischem Gewicht.

Ebenso liegen die Verh/iltnisse in den Harnen, in denen ein Sedi- mentum lateritium ausgefallen ist.

1) Lichtwitz~ 1. o.

(5)

Die LSslichkeit der wichtigsten Steinbildner im Harn. 275 Datum mg gelSstes saures Natrium-

urat in 100 ccm

17. 11.09 72,0

18. 11.09 71,5

19. 11.09 92,0

20. l ] . 09 36,4

Datum mg golSstes saures Natrium- urat in 100 ccm

21. 11.09 90,2

22. 11.09 101,9

23. 11.09 83,4

Der Kochsalzgehalt dieser Harne, der in der hier wiedergegebenen Periode nicht, aber bei derselben Kost unmittelbar vorher 1/ingere Zeit bestimmt wurde, lag zwischen 0,885 und 1,695 pCt. Er betrug im Durchschnitt 1,083 pCt.

Bei 18 o und einem NaCi-Gehalt yon 0,814pC~. betr/igt naeh G u d z e n t die LSslichkeit des sauren Natriumurats in 100 ccm Wasser 18,4 mg (Lactamform) bezw. 8,3 mg (Lactimform).

Dasselbe Resultat hatten folgende Untersuchungen:

Titrations-

mg gelSstes Mononatriumurat (H+) pCt. NaC1

in 100 ¢cm acidit~t

72,3 8 X 10 --6 54,5 1,55

60,2 3 X 10 -s 63,2 1:64

In allen diesen F~llen bleibt die LSsung weir concentrirter als den Verhltltnissen der w/isserigen LSslichkeit entspricht. Sic strebt zum Mindesten dem normalen G]eichgewicht mit so grosser Langsamkeit zu, dass die Annahme einer einfachen Uebers/ittigung nicht statthaft ist.

Dass die Harns/ture im Urin in echter LSsung und nicht in colloidaler enthal~:en ist, habe ieh friiher durch die sogenannte Compensationsdialyse festgestellt.

2. Die L@sliehkeit des oxalsauren Kalks.

Nach K o h l r a u s e h ist bei 18 o in 100 ccm Wasser 0,56 mg oxal- saurer Kalk 15slich. In 1500 ccm Harnwasser (Tagesmenge) kSnnten also 8,4 mg gelSst bleiben. Die durehsehnittliche t/igliehe Oxals//ure- ausscheidung von 90 m g = 32 rag Calciumoxalat ergiebt also etwa das Vierfache des Werthes der wiisserigen LSslichkeit. Diese LSslichkeits- iiberschreitung kann noch weir fibertroffen werden. So berichtet U m b e r 1) fiber einen Fall yon Oxals/iurevergiftung, der an einem Tago in 530 ccm sauren Harns 126,1 mg Oxalsiture in gelSstem Zustande aussehied. Erst naeh einigem Stehen traten Oxalatkrystalle auf. Diese 126,1 rag Oxal- s~ure entsprachen 202 rag Calciumoxalat. Der Ham enthielt also 38 rag oxalsauren Kalk bei ca. 37 o in 100 ccm gelOst, d. i. 68 mal so viel als in der gleiehen Menge Wasser bei 18 o raSglich ist.

Wiirde es sich ira Ham urn eine reine w/isserige LSsung handeln, so miisste die LSslichkeit in Folge der Anwesenheit yon Calciumionen im Ueberschuss kleiner sein als im Wasser.

Die Reaction ist auf LSsung und Ausfallen des oxalsauren Kalks sicher ohne Einfluss. In starken Minerals/iuren ist Calciumoxalat 16slich, aber Reactionen yon dieser St/irke kommen im Harn nieht vor. Es ist eine alltggliche Beobachtung, dass die typischen Krystalle ira sauren, neutralen und alkalisehen Harn zu finden sin(t, und es ist yon be- sonderera Interesse, dass sich nicht selten Sedimente yon Harns/ture und 1) Lohrbuch dot Erniihrung und dot Stoffweehselkrankhoiten. Borlin-Wien 1909.

(6)

276 L. Liehtwitz,

oxalsaurem Kalk, yon Mononatriumurat und oxalsaurem Kalk, yon Calcium- phosphat und CalciumoxaIat finden. Nur bet der letzten Combination kann die Ursache in einem Moment chemischer Natur, in einer hohen Concentration yon Calciumionen liegen; zwischen der LSslichkeit der Harnsiiure (und ihrer Salze) und des Calciumoxalats besteht gar keine chemisehe Beziehung. Wenn diese KSrper zusammen ausfallen, so kann der Grund nur in einer Aenderung der Constitution des LSsungsmittels liegen, d. h. in einem Mangcl an Schutzeolloiden.

Nicht selten finden wir bet einem Individuum die b~eigung zu Harn- sedimenten als constante Erscheinung, wechselnd aber die Art des Sedimentes, die dann gew5hnlich dureh extreme Aenderungen in der Harnreaction bedingt ist. Aueh hier ist die St5rung im colloidalen Milieu die gemeinschaftliehe Ursache der Niedersehlagsbildung.

Bet dem Ausfallen des oxalsauren Kalks im Harn geht hiiufig, wie bet dem Urat, die Concentration der zurfickbleibenden LSsung nicht auf den Werth zuriick wie in der wiisserigen LSsung.

bTach K l e m p e r e r und T r i t s c h l e r 1) findet sich 1,61--2,5 mg in 100 acre Harn gclSst bet einem reichlichen Oxalatsediment.

Diese Autoren haben sich mit der LSslichkeit des oxalsauren Kalks beschiiftigt und sind zu dem Resultat gekommen, dass die LSslichkeit abh/ingt yon der Concentration der Oxals'~ure, dem Magnesiumgehalt des Harnes, und besonders yon dem Quotienten CaO:MgO.

Dass Neutralsalze die LSslichkeit schwerlSslicher Stoffe positiv oder negativ beeinflussen kSnnen, ist sicher. Dass abet so geringe Differenzen in der Concentration, wie sie ffr das Magnesiumion im Ham mSglich sind, einen Einfluss haben, ist in der chemischen Analyse ohne Beispiel.

Die Analysen yon K l e m p e r e r und T r i t s c h l e r berechtigen nicht dazu, yon einer Wirkung der Magnesiumsalze zu sprechen. Zu einer Be- urtheilung tier Frage kSnnen yon den zahlreiehen Untersuchungen nur die wenigen angewandt werden, in denen bet Anwesenheit eines Sediments die gelSste Oxalsaure bestimmt worden ist, da es nicht darauf ankommt, ob Oxalat ausgefallen, sondern wie viel gelSst geblieben ist. Nur die Tabelle auf S. 360 giebt dariiber Aufschluss. Ich habe aus tier Gesammt- oxals/iure und der Oxals/~ure des Sediments die Concentration des gelSsten Oxalats bereehnet, und gebe die Tabelle in dieser Form wieder:

Datum mg gel~iste Oxal- Sediment von pCt. CaO pCt. MgO CaO

siiure in 100 ccm Caloiumoxalat MgO

26./'27. 0,84 -~- 0,0360 0,0201 1 : 0,56

27./28. 1,92 --]- 0,0280 0,0207 1 : 0,74

28./29. 2,34 - - 0,0325 0,0252 1 : 0,77

29./30. 1,76 + 0,0367 0,0229 1 : 0,62

30./31. < 1,44 -~- 0,0297 0.0187 1 : 0,63

31./1. 2,6 - - 0,0282 0,0269 1 : 0,95

2./3.

2,38 -~ 0,0297 0,0168 1 : 0,57

3./4. < 1,76 ~- 0,0217 0,0155 1:0,71

4./5. 1,44 - - O,0170 0,0t38 1 : 0181

1) Zeitschr. f. klin. Med. 1902. Bd. 44. S. 387.

(7)

Die LSsliehkeit der wichtigston Steinbildner im Harn. 277 In dieser Reihe sind die Quotienten CaO:MgO relativ klein, aber untereinander doeh hinreichend verschieden, u.m deutlich zu machen, dass zwischen ihnen und der Concentration der gelSsten Oxals/iure gar keine Beziehung besteht.

Die Analysen derHarne, in denen keine Oxals/iure ausgefallen ist, kSnnen ffir einen Einfiuss der Magnesiumionen nichts beweisen, da man nicht weiss, ob die Harne in Bezug auf ihren Gehalt an Calciumoxalat gesiittigt sind.

Aus den Tabellen yon K l e m p e r e r und T r i t s e h l e r auf Seite 362 und 363 geht abet horror, dass etwa eine normale Oxalsitureconeentration bestiindig ist bet sehr variirendem CaO :MgO und sehr verschiedener Harnreaction. So z. B.:

Harnreaetion mg Oxals~ure CaO Sediment in 100 cem MgO

S. 362 3. Tag schwach sauer 1,12 1 : 1,2 0 S. 363 1. Tag alkaliseh 1~1 I : 0 , 5 4 Phosphate

S. 363 4. Tag sauer 1,4 1 : 0,65 0

K l e m p e r e r und T r i t s c h l e r haben diesen die LSsliehkeit be- fSrdernden Einfiuss der Magnesiumsalze auch an reinen wiisserigen LSsungen untersucht und gefunden. Aus den mitgetheilten Versuchen geht aber nicht horror, dass die Magnesiumsalze an sich diese Wirkung haben, sondern nur bet Gegenwart yon saurem Calciumphosphat (d. h.

bet saurer Reaction), das abet in der angewandten Concentration~ wic die Autoren selbst finden, schon an sich die LSsliehkeit des oxalsauren Kalks erhSht. Diese Versuche yon K l e m p e r e r und T r i t s c h l e r geben aber zu Bedenken gegen die Methodik Anlass. Es wurde das Oxalat gewichtsanalytisch bestimmt~ abet anscheinend der F/illungsmodus nach- geahmt, der im Harn Vor sich geht, d. h. bet Zimmertemperatur gearbeitet.

Es ist aber jedem Analytiker bekannt, dass der oxalsaure Kalk bet niedriger Temperatur geffillt, fast immer in so feinem Kern ausf/illt, dass er yon keinem Filter zuriickgehalten wird. Bet den relativ kleinen Mengen (4--10 rag), die zur W/igung kamen, wiirden auf diese Weise entstandene kleine Verluste bereits einen sehr grossen Fehler ergeben.

Ich habe daher, zusammen mit Herrn cand. reed. H. B u c h h o l z , der dariiber ausfiihrlicher in einer Dissertation berichten wird, die Frage noch einma| untersucht.

Wir haben zuerst mit NormallSsungen yon Calciumchlorid, Magnesium- sulfat und Natriumoxalat gearbeitet und das Oxalat im Ueberschuss an- gewandt. Die LSsungen wurden in den in der Tabelle verzeichndten Mengen zusammengegossen, dann gewartet, bis der Niederschlag bet Zimmertemperatur absetzte, die dariiberstehende Fliissigkeit vorsiehtig dekantirt, und in einem gemessenen Theile des klaren Filtrats mit Permanganat die iiberschiissige Oxalsiture zuriicktitrirt.

Natrium- Magnesium- Calcium- Wasser Calcium-

oxalat sulfat chlm'id permanganat

29 ecru 0 ccm 10 ecru lO ccm 9,78 ecru

29 ,, 0 ,, 10 ,, 10 , 9~78 ,,

29 . 10 . t0 . 0 ,, 9,80 .

29 ,, 10 ,, 10 . 0 ,, 9~79 ,,

Zeits~hrift f. exp. Pathologie u. Therapie. 13. Bd. |

(8)

2 7 8 L. L i c h t w i t z ,

Mit und ohne Gegenwart von Magnesiumsulfat war also genau dic gleiehe Menge Oxals/ture gelSst geblieben.

Derselbe Versuch wurde bei Anwesenheit einer n T-Losung von Mono- ..

natriumphospat (und zwar 10 ecru derselben in einem Gesammtvolumen yon 59 ccm) vorgenommen mit dem Resultat, dass die verbrauchte Menge Per- manganat 1--2 Tropfen mehr betrug, also eine Zunahme der LSsliehkeit yon etwa 1/, pCt. ergab, die fiir unsere Frage praktisch nieht in Betracht kommt.

Sodann haben wir mit einem Ueberschuss yon Kalk gearbeitet.

0,9 g :Natriumoxalat (roll gewogen) und 30 g CaCI 2 wurden in je 100 cem Wasser gelSst. Von Magnesiumehlorid wurde eine ges/ittigte LSsung dar- gestellt. Je 20 ccm tier LSsungen wurden zusammengegeben 7 bei Zimmer- temperatur 24 Stunden stehen gelassen, filtrirt, gewasehen, verascht, ge- gliiht und als CaO gewogen. Bei diesem Verfahren waren, wie voraus- zusehen~ Verluste nieht zu vermeiden, da der Niederschlag durch die Filter ging. Die Resultate sind dementspreehend schlecht. Aber bei Gegenwart yon Magnesium waren (wohl zufiillig) die CaO-Gewichte ein wenig hSher. In einem Versueh wurde in einem Theile des decantirten klaren Filtrats die Oxals/iure mit Permanganat titrirt. Diese Titration ergab vSllig iibereinstimmende Resultate. Die Anwesenheit yon Magnesium hatte nichts ausgemacht. Obwohl es peinlich ist, die schlechten Ge- wichtsanalysen mitzutheilen~ sei dieser Versuch hier wiedergegeben:

Oxalsaures

Natrium CaCl2 MgCI2 H20 CaO KMn04

20 ccm 20 ¢cm 0 ccm 20 ecru 72,0 mg 0,35

20 ,, 20 ,, 20 ,, 0 ,, 77,0 ,, 0,35

20 7, 20 ,, 20 ,, 0 ,, 75,2 ,, 0,35

Behandelt man die Niederschl/ige nach den Regeln der Analyse, d. h. mit mehrstiindigem Erw/i.rmen auf dem kochenden Wasserbade, so kommt man, unabh~ngig vom Magnesiumgehalt, zu ganz iibereinstimmen- den Werthen.

LSsungen wio oben:

ohne Zusatz yon Magnosiumchlorid . . . 77,4 rag CaO

mit ,, ,, ,, . . . 77,4 , ,,

,, ,, ,, 5 ¢cm MgCl2-LSsung--~ 15 ccm H20 77,5 ,, ,

In diesen Yersuehen waren die Concentrationen der Stoffe in den- selben Verh~tltnissen, aber etwa 30 real so hoch wie im Harn 7 gew/ihlt.

Will man die L5slichkeit des oxalsauren Kalks in den natfirliehen Harnconcentrationen untersuehen, so kann man sieh mit qualitativen Reactionen begniigen. Wir haben die Ionen des Harns zu 15slichen Salzen gruppirt i' un.d von dicsen 3 mal so starke LSsungen hergestellt, als sie im Harn vorkommen. Wir haben dann gleiche Volumina der LSsungen yon Na£dumoxalat, Caleiumchlorid und eines dritten Harnsalzes zusammengebraeht, ,~nd das Auftreten des Niederschlags beobachtet.

Weder Magnesiumsalze, noeh irgend ein anderes Salz hatten einen gesetz- miissigen Einfluss auf LSsuilg und Niedersehlagsbildung, ebenso wenig wie Harnstoff und einzelne Combinationen mehrerer LSsungen.

Einen Verzug der •iederschlagsbildung konnten wir gelegentlich bei

(9)

Die L6sliehkeit der wichtigsten Steinbildner im Ham. 279 Anwesenheit yon Magnesium|on beobachten, aber auch bci Gegenwart yon Kochsalzl6sung. Hier handelt es sieh nicht um eine speeifische Salzwirkung, sondern um Uebers~ittigungserscheinungen, die yon zu- f~.lligen, nicht n~her controlirbaren Umst~nden abh~ngen.

Aus allen diesen Versuchen geht mit Sicherheit hervor~ dass die Magnesiumsalze in den untersuchten Con('entrationen auf die Liislichkeit des oxalsauren Kalks ohne Einfluss sind.

Fiir das Verst/~ndniss tier abnormen L6slichkeit des oxalsauren Kalks im Harn |st bisher das wichtigste Moment die Existenz der gemischten Sedimente, die auf eine Aenderung im colloidalen Milieu hinweisen.

Darauf wird am Scbluss dieser Mitre|lung noch zuriickgekommen werden.

3. Die L~slichkeit des phosphorsauren Kalks.

Von den Calciumphosphaten kommen f/iv die Harasedimente das secundiire Salz (CaHP04, Dicaleiumphosphat) ur~d das normale oder ge- siittigte Saiz [Caa(POD2, Tricalciumphospbat] in Betracht. Das prim/ire Calciumpbosphat [Ca(H2PQ)2, Monocatciumphosphat] krystallisirt erst aus LSsungen yon einer so starken AciditSt, wie sic im Ham nicht mSg- lich |st.

Das tertiiire Salz entsteht, wenn man die LSsung eines normalen Calciumsalzes mit einer alkalischen NatriumphosphatlSsung vermengt, als ein anfangs amorpher Niederschlag, der sich beim Stehen allm/ihlich in gliinzende Krystalie von Dicalciumphosphat umlagert. Das tertiiire Salz

|st in Wasscr fast unlSslich. Das Dicalciumphosphat 15st sich in Wasser, aber nicht ohne Vcriinderungen. Die LSsung wird triibe und nimmt dabei an Acid|tilt zu. Dcr Niederschlag |st amorph und niihert sich in seiner Zusammcnsetzung dem normalen Salze. Die be|den Salze gehen also be| Beriihrung mit Wasser ineinander fiber. Es handelt sich um ein mit Tcmperatur Und Concentration vcrsehiebbares Gleicbgewicht, das durch folgende Formel wicderzugeben |st1):

3 Ca++ -~- 2 H P04" ~- Ca3(PO4)~o ~ 2 H+.

Wir finden im Harn sowohl das amorphe terti'/ire Salz wie das sehSn krystallinische Dicalciumphosphat und Gemische be|tier Formen. Da be|de Salze in verdiinnten Siiuren 15slich sind, so wird die LSslichkeit im Harn, die die w/isserige weir iibertrifft, auf die saure Reaction des Hams bezogen.

Und doch werden Sedimente yon Caleiumphosphat (sogenannte Phosphaturie) im sauren Harn nicht selten beobaehtct. Leo -~) hat diese Erscheinung so zu deuten versucht, dass es sieh um Harne handelt, die hintereinander mit verschiedener Reaction secernirt worden sind. Ein schneller von Stnnde zu Stunde sich vollziehender Wechsel der Harn- reaction (der ]onenaciditat) |st, wie ich aus eigenen Beobaehtungen weiss, nicht selten. Abet wenn der Mischharn eine normale saure Reaction und ein Sediment yon phosphorsaurem Kalk hat, so miisste daraus geschlossen I) Vgl. W. Ostwald, Grundlinien der anorganischen Chemie. Leipzig 190-t.

S. 541/42.

2) Arch. f. ldin. Med. Bd. 73. S. 604. 1902.

1 9 '

(10)

280 L. Lichtwitz,

werden, dass diese saute Reaction wohl im Stande ist, das Salz in LSsung zu halten, abet einen Niederschlag nicht zu 15sen vermag.

Ich habe in einigen solchen Harnen die Ionenacidit/it (nach dem Verfahren yon H e n d e r s o n ) bestimmt.

Pat. K. hatte naeh dem Abklingen einer Albuminurie yon ortho- statischem Typus im sauren Mischharn ein reichliches Sediment yon krystallinischem Dicalciumphosphat. An einigen Tagen wurden die stiind- lichen Harnmengen gesondert aufgefangen. Es zeigte sich, dass bet einer Wasserstoffionen-Concentration von 5 × 10 -7 (gegen Laekmus amphoter bis ganz schwach sauer) Sedimente h/iufig waren, aber auch bet viol stKrkerer Acidit~it vorkamen. So wurden sogar in einer Harnportion, deren Reaction bet 2 - - 5 X 10 -6 lag (gegen Laekmus stark sauer), sehr schSne Rosetten yon phosphorsaurem Kalk gefunden.

Bet einer Acidit/it yon 1 X 10 -6 wurden bet diesem und anderen Kranken 5fter Phosphatsedimente beobachtet.

Das Verhalten des Harns eines Pat. R. veranschaulicht tolgende Tabelle:

Reaktion gegen Titrations-

Datum Sediment Hiiutehen Ionenaeiditat

Laekmus aeidit~t 12. XII. 12

13. XII. 12 14. XII. 12 15. XII. 12

amorph + alkaliseh sehwach sauer

s a L l e F

-p 3,00 + 23,oo + 23,25 + 35,2

5.10 -7

1 . 1 0 - 6

5.10-(;

Fiir das husfallen des phosphorsauren Kalks spielen die Concen- trationen der beteiligten Ionen nur eine untergeordnete Rolle. Das Sediment kann bet normalem Gehalt entstehen und bet h6herem aus- bleiben. Auch das Verh/iltniss CaO :PzOs, das vielfach untersucht wurde, ist ohne jede Bedeutung und muss es sein, da in diesem Quotienten die Reaction 7 die die L5slichkeit bedingen sell, nieht ent- halten ist. Die Reaction kann mit einiger Ann'/iherung an die Vorh/ilt- nisse des Harns in dem Quotienten:

Mononatriumphosphat -1- Dinatriumphosphat : CaO Dinatriumphosphat

eingefiihrt werden.

Es ist also zu untersuchen, wie sich Gemische yon w/isserigen Mono- und Dinatriumphosphatl6sungen bet gleiehem, der Harnconeentration ent- sprechendem Phosphorgehalt in Bezug auf ihre Reaction und beim Zusatz yon gleichen, der Harnconcentration entsprechenden L5sungen yon Calcium- ehlorid in Bezug auf die Niederschlagsbildung verhalten.

Versuch.

Es werden 6,7 g NaH2PO 4 21- 1 H20 in 750 cem destillirtem Wasser gel6st und in ether gleichen Menge 17,22 g Na2HPO 4 -3 t- 12H,aO. Jede L5sung enth52t also 1,5 g P (durchs(:hnittliche Tagesmenge im Ham). ])ann werden 3 L5sungen yon CaCl 2 in je 750 cem Wasser bereitet.

(11)

Die LSsliohkeit der wichtigsten Steinbildner im Ham. 281 LSsung I enthMt 1~60 g CaCl 2 : 0,81 g CaO (obere Grenze der Harn-

concentration).

,, II ,, 0~90 g ,, = 0,454 g , (m~ssige Concentration).

, III ,, 0,65 g , : 0,328 g , (untere Grenze tier Ham.

concentration).

Die Mengen der vermischten LSsungen und das Resultat sind aus der Tabelle zu erseben.

NaH~PO~- LSsung

e e m

4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5

Na~HPO4- LSsung

e e m

0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5

Reaction gegen Lackmus

s a u e r

amphoter alkaliseh

(H+)

5.10 - s 2 . 1 0 - 6

1 . 5 . 1 0 - 6 3.10 -7 4.10 -7

5 ecru CaCl2-LSsung No. I No. II No. III

l

Naeh einigea Stunden Krystalle Nach 6 Min. Naeh 20 Min. Opalescenz,

Krystalle Krystalle bald Nieder- sehlag Naeh einigen Minut. gering.

Bodensatz

sofort ~ knfangs Opa-

Niederschag t lescenz. Naeh

i

einig. Minuten feinfiockiger Niederschlag Nach 20 Min.

Krystalle

~. sofort Nieder- j schlag

Bei saurer Reaction sind die Niederschl~ige ganz krystallinisch, bei st$rkor alka- lischer amorph~ bei amphoterer gemischt.

Diese Versuche zeigen, dass bei den Concentrationen yon Phosphat und Calcium, wie sie im Ham vorkommen, und bei normal sauren Harn- reactionen zum mindesten eine vSllige LSslichkeit des phosphorsauren Kalks nicht besteht.

In den Harnen mit saurer Reaction und Phosphatsediment bestand also eine normale UnlSslichkeit wie in Wasser. Fiir alle anderen Harne reicht die Reaction als einzige Erkl/irung der LSslichkeit des phosphor- sauren Kalks nicht aus.

Untersuchungen yon Harnen bei sogenannter Phosphaturie 1) haben ergeben, dass der alkalisch secernirte Harn ein /itherlSsliches Colloid enth/ilt, das wie viele andere hydrophile Colloide oberflitchenactiv ist, sich an der Grenzfliiche Harn-Luft ansammelt, dort gerinnt und zu dam bekannten sehillernden Hiiutchen fiihrt. Nicht selten trifft man nun flame, die klar mit alkaliseher Reaction entleert werden und sich erst nach einiger Zeit unter H/tutchen- und Niederschlagsbildung ver£ndern.

Wenn man einen solchen H a m mit Aether ausschfittelt, so entsteht die Phosphattriibung sofort, w/ihrend die unbehandelte Controle erst nach einiger Zeit (oft nach Stunden) triibe wird.

Die folgende Abbildung veranschaulicht den Vorgang. Durch die Ausschiittelung mit Aether ist dam Harn ein colloidaler Stoff entzogen~

der, wie die Niederschlagsbildung zeigt, die abnorme LSslichkeit aufrecht erhalten hat. Den gleichen Verlust erleidet der Harn dutch die Ge- rinnung der Colloide an der Oberfiiieh% die der Sedimentbildung syn-

1) L. L i e h t w i t z , Vorhandl. dos Congr. f. innere Med. Wiesbaden 1912.

(12)

2 8 2 L. L i c h t w i t z :

chron ist oder zeitlich vorangeht. In diesem Falle ist die Zustands- iinderung der Schutzcolloide, dis bet den Uratsedimenten durch die Bestimmung der Goldzahl messbar war, eine bet blosser Betrachtung sinnf~llige Erscheinung.

Dis Abh/i.ngigkeit der LSslichkeit der Urate oder Phosphate vom colloidalen Zustand des Harns ist erwiescn, w/ihrend dis Beweisf(ihrung fiir das Calciumoxalat bisher nur eine indirecte ist.

Man kann nun for die 3 Steinbildner den gemeinsehaftlichen Nach- wets der Bedcutung der Colloide fiir ihre LSslichkeit im Harn fiihren dadurch, dass man durch Dialyse die Krystalloide yon den Colloidcn trennt.

Zur Dialyse haben wit Collodiums/icke verwandt, die ich sp/iter nach einem Rath, den ich Herrn W i l h e l m Biltz verdanke, durch einen in der Membran erzeugten Nicderschlag yon Fcrroeyankupfcr gedichtet

Unbehandelter Harn. Mit Aether geschiittelter Harn.

habe. Es wurde eine gemessene Menge Harn gegen ein geringeres, einige Male gewechseltes Quantum Wasser dialysirt. Die vereinigten Aussenw/i_sser wurden auf dem Wasserhad auf das angewandte Harn- volumen eingedampft, und die in der eingeengten Fliissigkeit vorhandenen Sedimente mikroskopisch und chemisch untersucht.

5Tur ein Theil der Versuche ergab ein positives Resultat. Oft waren dis Membranen ohne den Niederschlag yon Ferrocyankupfer, auch wenn sis kein Loeh hatten, fiir Col[oide durchg/ingig, sodass das Aussenwasser colloidale GoldiSsung schiitzte; in anderen F~llen sedimentirte der zur Controle aufbewahrte Harn, sodass das Resultat werthlos wurde, und nicht selten wuchsen Hefepilze im Wasser, sodass eine eindeutige Beur- theilung nicht mehr mSglich war.

(13)

Die LSslichkeit der wichtigsten Steinbildner im Harm 283 Doch ist die Zahl der einwandsfreien VersuGhe gross genug. In diesen fiillt in dem eingedampften Wasser ein Sediment aus, das in cinigen F~llen aus den drei Steinbildnern Harns~.ure, Calciumoxa]at und Calciumphosphat bestand. Am regelm/issigsten war das Ausfallen yon oxalsaurem Kalk, das ja auch v o n d e r Reaction am nnabMngigsten ist.

Mit diesen Versuchen ist die Bedeutung der Colloido auch fiir die LSslichkeit des Calciumoxalats dargethan.

Es entsteht aber die Frage, warum nieht auoh im Harn yon mittlerer Ionenacidit/g Niedorschl~ge ausfallea, die diese droi KSrper zugleich ent- halten, da ja bei dicser Reaction, wean der Colloidschutz fehlt, Harn- siiure und phosphorsaurer Kalk unlSslich sind. Ein Sediment, das Urate und Calciumphosphate zugleich entMlt, ist aber wohl noch nie beob- achtet worden.

Mehr als eine hypothetische Erkl~rung ist fiir dieses Verhalten vor- lt~ut]g nicht zu geben. Es wurde schon kurz darauf hingewiesen, dass die Concentrirung in der Nierenzelle als ein Vorgang zu deuten ist, der sigh durch Zustands//nderungen des colloidalen Zellinhalts vollziehk Dafiir spricht u. A. die Wirkung der Diuretica, die alle (die salzartigen, die Purine, das Calomel) den LSsungszustand der Colloide energisch beeinflussen.

Yon dem Zellinhalt gelangt bei der Secretion (z. B. in den Sph/iro- lithen) ein Theil in den Ham. Da, wie wir wissen, in einer sonst gesunden Niere die Concentrirung eines einzigen Stories gesch/idigt sein kann, so ergiebt sigh die Vorstellung, dass in einer Zelle sehr ver- schieden% der Concentrirung dienende Colloido enthalten sind, yon denen jeder zu secernirende Stoff ein bestimmtes beansprucht. In dem Auf- treten eines im sauren Ham night aufzufindenden, /itherlSslichen Colloids im alkalisch secernirten Harn ist vielleicht einc Stiitze dieser Auffassung zu sehen. Die Ausscheidung der Harnsiiure und des sauren Natrium- phosphats sind nun yon der Excretion der moisten anderen Stoffe principielI dadurch verschieden, dass sie der Nierenzelle nicht als solche, und dass die Ionen, aus denen sie zusammentreten, night in /iquivalenten Mengen angeboten werden, sondern dass durch einen Vorgang, der in einigen Oberfiitchenrcactionen ein Analogon hat, das entsprechende Anion mit dem im Blut in sehr geringer Menge vorhandenen Wasserstoffion vereinigt wird. Es ist denkbar, dass so complicirte Processe auch ge- sonderte Mechanismen haben, und daffir spricht, dass bei der Gicht die Niere in ihrer Harns/iureausscheidung gesch/idigt ist, w/ihrend sie das Phosphat in normaler Weiso coneentrirt. Es ergiebt sich also die Vor- stellung, dass diese Stoffe ihre Concentration mit Hiilfe von Colloiden verschiedener Art vollzieben, yon denen dann Theile in dan Ham g Q- langea, und die in ihrem LSsungszustand, yon dem die Schutzwirkung abh/ingt, ihren eigenen Gcsetzen gehorchen.

G S t t i n g e n ~ 5. Januar 1913.

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