Lineare ¨ Ubertragungs–Systeme Inhaltsverzeichnis
1 Allgemeine Zusammenh ¨ange 1
1.1 Linearit ¨at . . . 1
1.2 Zeitinvarianz . . . 2
1.2.1 Zeitinvarianz in der Praxis . . . 2
1.2.2 Zeitvariante ¨Ubertragungs–Kan ¨ale . . . 2
1.2.3 Gesteuerte Zeitvarianz . . . 3
1.3 Stabilit¨at . . . 3
1.3.1 Oszillatoren . . . 3
1.4 Kausalit ¨at . . . 3
1.4.1 Nicht kausale Modell–Systeme . . . 4
2 Impulsantwort und Sprungantwort 4 2.1 Impulsantwort . . . 4
2.2 Sprungantwort . . . 4
2.2.1 Sprungantwort kausaler Systeme . . . 5
2.2.2 Bezeichnungsweisen . . . 6
3 Ubertragungsfunktion in Betrag und Phase¨ 6 3.1 Symmetrien der ¨Ubertragungsfunktion . . . 6
3.1.1 Beispiel: RC–TP . . . 7
3.1.2 Ubertragungsfunktion im I und Q Zweig . . . .¨ 8
3.1.3 Phase und Laufzeit . . . 8
3.1.4 Phasenverzerrung bei Basisband–Systemen . . . 9
3.1.5 Phasenverzerrungen bei Bandpaß–Systemen . . . 10
3.1.6 Phasen–Messung . . . 12
3.1.7 Phasenschwankungen unterschiedlicher Periodendauer . . . 13
3.1.8 Messung der Gruppenlaufzeit . . . 13
3.2 Impulsantwort aus Betrag und Phase der ¨Ubertragungsfunktion . . . 14
3.2.1 Die Impulsantwort eines linearphasigen Systems . . . 15
3.2.2 Linearphasige Filter in der Digitalen Signalverarbeitung . . . 16
3.3 Sprungantwort aus Betrag und Phase der ¨Ubertragungsfunktion . . . 16
3.3.1 Die Sprungantwort eines linearphasigen Systems . . . 17
3.4 Das verzerrungsfreie System . . . 18
4 Kausalit ¨atsbedingungen 18 4.1 Fensterung und Sperrbedingung . . . 19
4.1.1 Lineare Phase vorgegeben, Amplitudengang gesucht . . . 19
4.1.2 Amplitudengang vorgegeben, Phase gesucht . . . 20
4.2 Minimalphasen–System . . . 20
4.2.1 Allpaß–Systeme und Laufzeit–Entzerrer . . . 20
4.3 Hilbert–Transformation . . . 21
5 Fast lineare ¨Ubertragungs–Systeme 23 5.1 Klirrfaktor . . . 23
5.1.1 Mathematische Modelle der Nichtlinearit ¨aten . . . 23
5.1.2 Die Auswirkung einer Nichtlinearit ¨at auf das Spektrum der Ausgangsspannung . . . 23
5.1.3 Cosinusf¨ormiges Eingangssignal : Klirrfaktoren . . . 23
5.1.4 Leistung im Zeit– und Frequenzbereich . . . 24
5.1.5 Definition des Klirrfaktors . . . 24
5.1.6 Summe von zwei cosinusf ¨ormigen Eingangsignalen : Differenzton, Verzerrungsfaktor . . 26
5.2 Interception–Punkt . . . 26
5.2.1 Interception–Punkt f ¨ur die Klirrfaktoren und Klirr–D ¨ampfung . . . 26
5.2.2 Interception–Punkt f ¨ur Zweiton–Aussteuerung: Intermodulation . . . 28
5.2.3 Verzerrungs–Messung . . . 29
5.3 Rechteckf ¨ormige Spektralbelegung des Eingangssignals . . . 29
5.3.1 Rauschklirr–Messung . . . 30
5.4 Nichtlineare Verzerrungen bei Tiefpaß–, Bandpaß–, Hochpaß–Systemen . . . 30
6 Systeme mit starker Nichtlinearit ¨at 31
Abbildungsverzeichnis
1.1 Darstellungsweisen f ¨ur die Wirkung der Eingansfunktion eines ¨Ubertragungssystems auf die
Ausgangsfunktion . . . 1
1.2 Kennlinieua(t) =f[ue(t)]eines Systems mit linearem Arbeitsbereich . . . 2
1.3 1 dB Kompressions–Punkt eines Verst ¨arkers als praktische Grenze f ¨ur den linearen Aussteue- rungsbereich . . . 2
1.4 Beispiel eines Zeit–invarianten Systems . . . 2
1.5 Abtaster als Beispiel eines Zeit–varianten linearen Systems . . . 3
1.6 Beispiele f ¨ur kausale (τ ≥0) und nicht kausale (τ <0) Impuls–Antworten . . . 3
2.1 Zusammenhang von Impuls–Funktionδ(t)und Sprung–Funktionσ(t) . . . 4
2.2 Beispiel f ¨ur den Zusammenhang von Impuls–Antwort h(t) und Sprung–Antwort a(t) eines (kausalen) Systems . . . 5
3.1 Beispiel f ¨ur den AmplitudengangA(ω)und den PhasengangΘ(ω) =−φ(ω)eines TP–Systems . 6 3.2 RC–Tiefpaß . . . 7
3.3 RC–Tiefpaß: Impulsantwort, ¨Ubertragungsfunktion real & imagin ¨ar, Betrag & Phase, Orts- kurve) . . . 7
3.4 Prinzip der Digital ¨ubertragung mit komplexer Signalverarbeitung im Basisband . . . 8
3.5 Symmetrien von Zeitfunktion und Spektraldichte . . . 8
3.6 Ein verzerrungsfreies System hat einen linearen PhasengangΘ(ω) =b(ω) =ωt0 . . . 9
3.7 Definition von Phasen– und Gruppenlaufzeiten bei Systemen mit nichtlinearem Phasengang Θ(ω) . . . 9
3.8 Auswirkung einer Phasenverschiebung eines Allpasses auf die Kurvenform der Zeitfunktion. Die Amplituden der Komponenten sind unver ¨andert. . . 10
3.9 Auswirkung von Phasen– und Gruppenlaufzeit im Zeitbereich, wobeitgrkonstant ist. Bei kon- stanter Gruppenlaufzeittgr =const bleibt die Form der H ¨ullkurve eines modulierten Signals unverzerrt. Jedoch ist der Verlauf der Zeitfunktion unterschiedlich, weiltph =tgrist. . . 11
3.10 Nicht lineare Phase und nicht konstante Gruppenlaufzeit (Gruppenlaufzeitverzerrung) . . . 11
3.11 Verzerrung der H ¨ullkurve eines modulierten Daten–Symbols infolge von Gruppenlaufzeitver- zerrung . . . 11
3.12 Ein Bandpaß–System ist frei von Phasenverzerrungen, wenn die extrapolierten Phasenverl ¨aufe dieΘ–Achse bein2π(n= 0,1,2,· · ·) schneiden.BΩist die Bandbreite des Systems. . . 12
3.13 Prinzipien der Phasen–Messung . . . 12
3.14 Bei gleicher Amplitude wirken sich Phasenschwankungen st ¨arker als Schwankungen der Gru- penlaufzeit aus, wenn die Phasen–Rippel enger sind. . . 13
3.15 Messung der Gruppenlaufzeit nach Nyquist (Schleifen–Messung) . . . 13
3.16 Messung der Gruppenlaufzeit nach Nyquist (Strecken–Messung) . . . 14
3.17 Messung der Gruppenlaufzeit und der D ¨ampfung nach Nyquist . . . 14
3.18 Tiefpaß mit linearer Phase: Impulsantwort (gerade bez ¨uglich t = t0); Sprungantwort (unge- rade bez ¨uglich t = t0, a(∞)/2). tr = mittlere Breite der Impulsantwort = Anstiegszeit der Sprungantwort. . . 16
3.19 Blockschaltbild eines FIR–Filters: lineare Phase m¨oglich . . . 16
3.20 Blockschaltbild eines IIR–Filters: i.a. keine lineare Phase m¨oglich . . . 16
3.21 Bei einem verzerrungsfreien System ist die Ausgangsspannung ¨ahnlich zur Eingangsspannung. 18 3.22 Ein verzerrungsfreies System hat einen linearen Phasengang Θ(ω) = b(ω) = ωt0 und einen konstanten AmplitudengangA(ω) =K. . . 18
4.1 Beispiel f ¨ur die Fensterung mit einem Rechteckfensterpt0(t−t0) . . . 19
4.2 Kausales System mit rechteckf¨ormiger Durchlaßkurve . . . 20
4.3 Beispiel einer ¨Ubertragungsfunktion eines Allpasses . . . 21
4.4 Aufspalten einer kausalen Impulsantwort in ihren geraden und ungeraden Teil . . . 21
4.5 Beispiel f ¨ur die Hilbert–Transformation im Frequenzbereich mit den zugeh ¨origen Impulsant- worten . . . 22
5.1 Spektralanteile durch nichtlineare Verzerrung einer Cosinus–Spannung . . . 24
5.2 Die Leistung eines periodischen Signals in Zeit– und Frequenzbeich . . . 25
5.3 Messung des Klirrfaktors (breitbandig) . . . 25
5.4 Messung des Klirrfaktors (selektiv) . . . 26
5.5 Spektralanteile durch nichtlineare Verzerrung 2. Ordnung der Summe von 2 Cosinus–Spannungen 26
5.6 Intercept–Punkte IP2 undIP3 (Intermodulation), sowie IPk2 und IPk3 (Klirrfaktor) im Dia- gramm Ausgangs–PegelPaals Funktion des Eingangs–PegelsPeeines ¨Ubertragungs–Systems.
27
5.7 Zeitfunktion bei der Zweiton–Aussteuerung: Die Kennlinie wird durchgewobbelt . . . 28
5.8 Betrags–Spektrum bei Zweitonaussteuerung (bis 3. Ordnung) und die dabei entstehenden Klirr– und Intermodulations–Abst ¨ande . . . 28
5.9 Prinzip der Messung der Steilheitsverzerrungen mit dem Intermodulations–Verfahren . . . 29
5.10 St¨orspektrum bei gleichf ¨ormiger Belegung des Spektrums durch das Eingangssignal auf Grund einer quadratischen Nichtlinearit ¨at . . . 30
5.11 Prinzip des Rauschklirrmeßverfahrens . . . 30
5.12 Tiefpaß, Bandpaß, Hochpaß . . . 31
6.1 Schwingkreis mit S ¨attigungs–Erscheinungen der Induktivit ¨at: Ferro–Resonanz . . . 32
Lineare ¨ Ubertragungs–Systeme 1 Allgemeine Zusammenh ¨ ange
F ¨ur ein ¨Ubertragungssystem gilt allgemein der Zusammenhang zwischen Ein– und Ausgangsspannung:
ua(t) =W {ue(t)} (1.1)
• ua(t)ist die WirkungWvonue(t).
Mathematisch ist W ein Operator oder eine Transformation. F ¨ur lineare zeitinvariante Systeme ist W im Zeitbereich die Faltungsoperation und im Frequenzbereich die Multiplikation mit der ¨Ubertragungs–
FunktionH(ω)bzw. der System–FunktionH(s), Bild 1.1.
u (t)
eu (t)
au (t)
eu (t)
au (t)
eu (t)
aW { } h(t) H( ) ω
System-Funktion Impuls-Antwort
Operator
Bild 1.1: Darstellungsweisen f ¨ur die Wirkung der Eingansfunktion eines ¨Ubertragungssystems auf die Aus- gangsfunktion
1.1 Linearit ¨ at
F ¨ur ein lineares System gilt der ¨Uberlagerungssatz:
• Gesamtwirkung = Summe aller Teilwirkungen
Stellt man eine Eingangsspannung als Summe von Teilspannungen (z.B. Fourier–Zerlegung) dar, also ue(t) =u1(t) +u2(t) +u3(t) +· · ·+uN(t) =N
i=0
ui(t) , (1.2)
so ist die Ausgangsspannung die Summe der Teilwirkungen.
ua(t) =W N
i=0ui(t)
=N
i=0W{ui(t)} (1.3)
Aus Gleichung (1.3) folgt auch der Spezialfall f ¨ur die Erh ¨ohung der Amplitude um einen Faktork.
k·ua(t) =W {k·ue(t)}=k· W {ue(t)} (1.4)
• Die Amplitude der Ausgangs–Spannung ist exakt proportional zur Amplitude der Eingangs–Span- nung.
Linearit ¨at ist f ¨ur ¨Ubertragungssysteme von großer Wichtigkeit. In der Praxis hat dabei die Auswirkung im Spektrum die gr ¨oßere Bedeutung gegen ¨uber dem linearen Zusammenhang der Amplituden von Ein – und Ausgangsspannung. Dies r ¨uhrt daher, daß durch nichtlineare Verzerrungen neue, meist st ¨orende Spektralanteile entstehen.
Reale Systeme erf ¨ullen die LTI–Bedingungen i.a. nur n ¨aherungsweise, d.h. Linearit ¨at ist nur innerhalb gewisser Aussteuerungsgrenzen erreichbar. Kleine Abweichungen von der Linearit ¨at werden durch Klirr- faktoren oder Verzerrungsfaktoren beschrieben, siehe Kapitel 5, Seite 23. Jenseits seiner Aussteuergren- zen ist das System ¨ubersteuert und damit nichtlinear, Bild 1.2 und Bild 1.3.
u (t)
eu (t)
aAussteuerungs- Grenze
Linearer Bereich
“weiche”
Grenze
Bild 1.2: Kennlinie ua(t) = f[ue(t)] eines
Systems mit linearem Arbeitsbereich Bild 1.3: 1 dB Kompressions–Punkt eines Verst ¨arkers als praktische Grenze f ¨ur den linearen Aussteuerungsbereich
1.2 Zeitinvarianz
Zeitinvarianz bedeutet, daß sich die Eigenschaften eines ¨Ubertragungssystems nicht zeitlich ver ¨andern.
Wenn also gilt
ua(t) =W {ue(t)} , (1.5)
so ist f ¨ur beliebige Zeitverschiebungt0, Bild 1.4:
ua(t−t0) =W {ue(t−t0)} (1.6)
Bild 1.4: Beispiel eines Zeit–invarianten Systems
1.2.1 Zeitinvarianz in der Praxis
Zeitinvarianz ist die Frage nach der Konstanz der System–Parameter. Diese unterliegen normalerweise ei- nem Alterungsprozeß und daher einer l ¨angerfristigen Varianz. Zeitvarianz vom Typ Wackelkontakt oder Altersschw ¨ache ist bei ¨Ubertragungssystemen nicht erw ¨unscht.
1.2.2 Zeitvariante ¨Ubertragungs–Kan ¨ale
Eine andere Art der Zeitvarianz liegt z.B. beim Funk–Kanal vor. Hier hat man im Regelfall infoge von Refle- xionen mehrere parallele ¨Ubertragungswege, die sich zeitlich ¨andern, wenn sich Sender und/oder Empf ¨anger und/oder Reflektoren bewegen (Mobilfunk) oder wenn (nur) die reflektierenenden Medien sich bewegen oder
¨andern (ionosph ¨arische ¨Ubertragung ¨uber Kurzwellen). Man erh ¨alt dadurch eine Zeit–variante Impulsant- wort.
h(t)→h(t, τ) (1.7)
Die Variabletbeschreibt den Zeitpunkt der Messung undτAuswirkung der (unterschiedlichen) Echo–Zeiten und der zeitlichen Ver ¨anderung der Echos.
1.2.3 Gesteuerte Zeitvarianz
Daneben gibt es (lineare) Systeme, deren Parameter gesteuert werden (die also zeitvariant sind), wie z.B.
Schalter, Abtaster, Modulatoren usw. Diese sehr wichtige Gruppe stellt gesteuerte lineare Systeme dar, Bild 1.5. Diese gesteuerte Zeitvarianz, wie z.B. ein Schalter oder ein Umpoler wird technisch angewendet, bei- spielsweise zum Modulieren (Modulatoren im Schaltbetrieb), z.B. bei den Amplituden–Modulationen bzw.
Digitalen Modulationen.
u (t) e u (t) a
periodische Schalt-Spannung
u (t) s
Bild 1.5: Abtaster als Beispiel eines Zeit–varianten linearen Systems
1.3 Stabilit ¨ at
F ¨ur ein ¨Ubertragungssystem ist Stabilit¨at eine unabdingbare Voraussetzung. Hier reicht als Voraussetzung, daß f ¨ur endliches Eingangssignal auch ein endliches Ausgangssignal folgt. Die so definierte Stabilit ¨at wird BIBO–Stabilit¨at (bounded input bounded output) genannt.
F ¨ur |ue(t)|< M <∞ folgt |ua(t)|< M·V <∞ (1.8)
• M ist z.B. die maximal zul ¨assige Amplitude f ¨ur die Eingangsgr ¨oße (ohne daß der lineare Aussteue- rungsbereich ¨uberschritten wird).
• V ist eine Systemkonstante, z.B. die Verst ¨arkung.
1.3.1 Oszillatoren
Systeme, die trotz fehlender Eingangsspannung eine Ausgangsspannung liefern, sind z.B. Oszillatoren. Die- se haben in der ¨Ubertragungstechnik eine wichtige Funktion, beispielsweise in der Bereitstellung eines Hochfrequenz–Tr ¨agers.
1.4 Kausalit ¨ at
Kausalit ¨at bedeutet, daß die WirkungWnicht vor der Ursache (τ <0) eintreten kann, Bild 1.6. Dies ist eine Selbstverst ¨andlichkeit f ¨ur alle realisierbaren Systeme.
F ¨ur ue(t)≡0 f ¨ur t < t0 folgt ua(t)≡0 f ¨ur t < t0 (1.9)
u (t)= (t)
eδ u (t)=h(t)
at t
nicht kausal
τ
1<0 τ ≥
20
Bild 1.6: Beispiele f ¨ur kausale (τ≥0) und nicht kausale (τ <0) Impuls–Antworten
1.4.1 Nicht kausale Modell–Systeme
Wird ein System in der systemtheoretischen Betrachtungsweise dadurch definiert, daß man zu einer gege- benen Eingangsgr¨oßeue(t)bzw.Ue(ω)eine gew ¨unschte Ausgangsgr¨oßeua(t)bzw.Ua(ω)vorschreibt, kann es leicht vorkommen, daß die Kausalit ¨atsbedingungen verletzt werden. Ein so definiertes System ist dann nicht kausal. Ein Beispiel hierzu ist der ideale Tiefpaß, welcher eine rechteckf ¨ormige Durchlaßkurveωc(ω) hat und dessen Impulsantwort einen sin(x)x f¨ormigen Verlauf aufweist und damit nicht kausal ist.
In der Praxis benutzt man trotzdem derartig definierte Systeme, weil diese einerseits sehr einfach zu be- rechnen sind und andererseits mit oft ausreichender Genauigkeit ein reales — und damit kausales — System beschreiben. Dadurch ergeben sich in der Praxis sehr einfache Formeln zur n ¨aherungsweisen Berechnung von Systemeigenschaften, wie z.B. Bandbreite, Anstiegszeit usw.
2 Impulsantwort und Sprungantwort
2.1 Impulsantwort
Im Frequenzbereich gilt der Zusammenhang:
Ua(ω) =H(ω)·Ue(ω) (2.1)
Damit ergibt sich im Zeitbereich die Faltung:
ua(t) =h(t)∗ue(t) (2.2)
W ¨ahlt man f ¨ur die Eingangsgr ¨oße einenδ–Impuls (als Idealisierung eines Nadelimpulses)1,
ue(t) = ( ˆU·T)·δ(t) (2.3) folgt f ¨ur die Ausgangsgr ¨oße
ua(t) =h(t)∗( ˆU·T)·δ(t) = ( ˆU ·T)·h(t) h(t): Impulsantwort (2.4) Die Impulsantworth(t)hat die Einheit [1/sec] und damit die Dimension [1/Zeit], weil die Fouriertransfor- mierteH(ω)dimensionslos ist, wie man aus Gl. (2.1) und (2.4) erkennt.
2.2 Sprungantwort
Integriert man dieδ–Funktionδ(t)von−∞mit laufender oberer Grenzet, erh ¨alt man die Sprungfunkti- onσ(t) =ε(t).
σ(t) = t
−∞
δ(τ)dτ oder entsprechend d σ(t)
dt =δ(t) (2.5)
δ (t) σ (t)
t t
∫ ...d τ
d/dt
- t
Bild 2.1: Zusammenhang von Impuls–Funktionδ(t)und Sprung–Funktionσ(t)
1Die Dimension einesδ–Impulses ist [1/Zeit], siehe das Kapitel
”Die Fourier–Transfomation und ihre Anwendungen“, Teil 2,
”Einheit desδ–Impulses“. Die Impulsantworth(t)hat ebenfalls die Dimension [1/Zeit].
Die gleichen Zusammenh ¨ange wie sie zwischen Impuls und Sprung bestehen, gelten auch f ¨ur ihre Ant- worten,h(t)bzw.a(t), Bild 2.2.
a(t) = t
−∞
h(τ)dτ oder entsprechend d a(t)
dt =h(t) (2.6)
Die Sprung–Antwort ergibt sich aus dem Integral ¨uber die Impuls–Antwort
h(t)
T t
a(t) = (t)*h(t) = σ
T t t
0t
0Bild 2.2: Beispiel f ¨ur den Zusammenhang von Impuls–Antworth(t)und Sprung–Antworta(t)eines (kausa- len) Systems
Mit Hilfe der Faltung, Gleichung (2.2), ergibt sich f ¨ur ein Eingangssignal
ue(t) = ˆU σ(t) (2.7)
damit eine Ausgangsspannung von :
ua(t) =h(t)∗U σˆ (t) = ∞
−∞
U σˆ (t−τ)dτ = ˆU t
−∞
h(τ)dτ (2.8)
Hierbei wurde diegespiegelteSprungfunktion σ(t−τ) =
1 f ¨ur −∞ ≤τ ≤t
0 f ¨ur τ > t (2.9)
in den Integralgrenzen ber ¨ucksichtigt.
2.2.1 Sprungantwort kausaler Systeme Mit der Gleichung (1.9) gilt
h(t)≡0 f ¨ur t <0 . (2.10)
Damit ergibt sich f ¨ur die Sprungantwort:
a(t) = t 0
h(τ)dτ (2.11)
Die Integralgrenzen beginnen f ¨ur kausale Systeme beit= 0.
Rampen–Funktion
Integriert man die Sprungfunktion in entsprechender Art, kommt man zur Rampenfunktion. Die zugeh ¨o- rende Antwort ist die Rampenantwort und kann wieder ¨uber eine Integration aus einer Sprungantwort gewonnen werden. Rampenfunktion und Rampenantwort werden in der Regelungstechnik verwendet.
2.2.2 Bezeichnungsweisen
In der ¨ubertragungstechnischen Literatur sind die Buchstaben
• h(t) : Impulsantwort = Stoßantwort
• a(t) : Sprungantwort
¨
ublich, wohingegen in der regelungstechnischen Literatur die Buchstaben und z.T. auch die Bezeich- nungen anders gew ¨ahlt sind:
• g(t) : Gewichtsfunktion = Impulsantwort
• h(t) : ¨Ubergangsfunktion = Sprungantwort
Die Verwendung von h(t) in zweierlei Bedeutung kann zu Verwechslungen f ¨uhren! Hier zeigt es sich wieder, daß es vorteilhafter ist, mit Begriffen anstatt mit Formelzeichen zu arbeiten.
3 Ubertragungsfunktion in Betrag und Phase ¨
Meßtechnisch gewinnt man die ¨Ubertragungsfunktion nach Betrag und Phase (und nicht nach Real– und Imagin ¨arteil).
3.1 Symmetrien der ¨ Ubertragungsfunktion
Die Impulsantworth(t)ist eine reelle Zeitfunktion. Sie kann in einen geraden (even) und einen ungeraden (odd) Teil zerlegt werden.
h(t) = he(t)
reell, gerade
+ ho(t)
reell, ungerade
(3.1)
Mit den Symmetrie – Eigenschaften der Fouriertransformation folgt f ¨ur die ¨UbertragungsfunktionH(ω):
H(ω) = He(ω)
reell, gerade
+ j·Ho(ω)
imagin ¨ar, ungerade
(3.2)
Daraus folgt f ¨ur den AmplitudengangA(ω)eine Spiegel–Symmetrie und f ¨ur den PhasengangΘ(ω)eine Punkt–Symmetrie, Bild 3.1:
Betrag und Phase TP−System A(ω)
φ(ω) Θ(ω) = −φ(ω) A(ω) :
Spiegel−
Symmetrie
Θ(ω) = −φ(ω) : Punkt−
Symmetrie
ω → Betrag A(ω)
Phase φ(ω)
Bild 3.1: Beispiel f ¨ur den AmplitudengangA(ω)und den PhasengangΘ(ω) =−φ(ω)eines TP–Systems
A(ω) =
He2(ω) +Ho2(ω) :gerade inω (3.3) Θ(ω) =−Φ(ω) =−arctan
Ho(ω) He(ω)
:ungerade inω (3.4)
In der praktischen Meßtechnik wird der Amplitudengang in dB angegeben und dann als D ¨amp- fungsgang mita(ω)bezeichnet.
a(ω) = 20 log10A(ω) D ¨ampfungsgang (3.5) Entsprechend wird die Phase mitb(ω)bezeichnet.
Θ(ω) =b(ω) Phasengang, Phasen–Maß (3.6) 3.1.1 Beispiel: RC–TP
u (t)e u (t)a
Bild 3.2: RC–Tiefpaß
F ¨ur das Beispiel eines RC–Tiefpasses, Bild 3.2, zeigt Bild 3.3 die Impulsantworth(t), die ¨Ubertragungs- funktion nach Real– und Imagin ¨arteil Re{H(ω)} Im{H(ω)} und nach BetragA(ω) und Phase Φ(ω) =
−Θ(ω)sowie die Ortskurve, die f ¨ur dieses Beispiel ein exakter Kreis ist, wenn sie vonω=−∞bisω =∞ durchlaufen wird.
−10 0 1 2 3 4 5
0.2 0.4 0.6 0.8 1
Zeit/T
Amplitude
Impulsantwort eines RC−Tiefpasses
−4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4
−0.4
−0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
Kreis−Frequenz
Real− und Imaginärteil
RC−TP: ÜTF real & imaginär
Re{H(ω)}
Im{H[ω)}
−4 −2 −1 0 1 2 4
−1
−0.5 0 0.5 0.707 1
RC−TP: ÜTF Betrag & Phase
Kreis−Frequenz
Betrag Phase/(π/2)
A(ω)
Φ(ω) = − Θ(ω) ωC
= 1/T
0 0.25 0.5 0.75 1
−0.5
−0.25 0 0.25 0.5
Realteil
Imaginärteil
RC−TP: Ortskurve
A(ωC) Θ(ωC)
ωC ω > 0 ω < 0
Bild 3.3: RC–Tiefpaß: Impulsantwort, ¨Ubertragungsfunktion real & imagin ¨ar, Betrag & Phase, Ortskurve)
Die ¨Ubertragungsfunktion weist Symmetrien auf, obwohl die Impulsantwort keine Symmetrien hat. Soll die Impulsantwort Symmetrien aufweisen, ist hierf ¨ur eine lineare Phase der ¨Ubertragungsfunktion er- forderlich, siehe Abschnitt 3.2.1
3.1.2 Ubertragungsfunktion im I und Q Zweig¨
Bei der (digitalen) Signalverarbeitung von Bandpaß–Signalen als I & Q Signale im Basisband hat man (formal) komplexe Zeitsignale, Bild 3.4. Dies ist immer dann zu beachten, wenn eine Operation ausgef ¨uhrt werden soll, wo die beiden Signal–Str ¨ome sich mischen, wie z.B bei einer (komplexen) Multiplikation, bei einer (komplexen) Faltung oder einer (komplexen) Korrelation.
Transmitter’s Side Receiver’s Side
I I
Q Q
TX CH RX
SE SD
2 Transmission Paths: I & Q
Analog Signal
Data Data Analog
Signal
Source Encoder
Source Decoder Splitter Modulator
Transmitter Channel
Combiner Receiver
Demodulator
Bild 3.4: Prinzip der Digital ¨ubertragung mit komplexer Signalverarbeitung im Basisband
Tritt keine Vermischung der I & Q Datenstr ¨ome ein, gelten f ¨ur den Q Datenstrom die gleichen Symme- triebedingungen wie beim I Datenstrom. Dies erkennt man auch aus den Symmetrien von Zeitfunktionen (bzw. Impulsantworten) und Spektralverteilungen (bzw. ¨Ubertragungsfunktionen), Bild 3.5.
s f (x)
Real
Imaginary Real even
Imag even
Real odd
Img odd
Imag odd
Real odd
Zeitfunktionen Spektralverteilung
reell & gerade
imaginär & gerade
s F(s)
Real
Imaginary Real even
Imag even reell & gerade
imaginär & gerade
reell & ungerade
imaginär & ungerade
imaginär & ungerade
reell & ungerade
Bild 3.5: Symmetrien von Zeitfunktion und Spektraldichte
Die Symmetrien von I & Q sind in diesem Fall — bis auf die900Phasendrehung — identisch.
3.1.3 Phase und Laufzeit
Mit dem Zeitverschiebungs–Satz der Fourier–Transformation folgt:
u(t) ◦−−−• U(ω) ; u(t−t0) ◦−−−• U(ω)·e−jωt0 (3.7)
Hierbei istt0die Zeitverschiebung oder Laufzeit und
ωt0= Θ(ω) =b(ω) =−Φ(ω) linearer Phasengang (3.8) die Phasendrehung oder Phase. Wie man aus Gleichung (3.8) erkennt, ist die Phase hier linear inω, also proportional zur Frequenz, Bild 3.6.Θ(ω) = b(ω) = −Φ(ω)wird verwendet, weil zu einer negativen Phase eine positive (Signal–) Laufzeit geh ¨ort.
h(t)
ω t A( )ω
φ ω( ) = -ωt0
δ(t-t )0 t0 Θ ω( ) =ωt0
Bild 3.6: Ein verzerrungsfreies System hat einen linearen PhasengangΘ(ω) =b(ω) =ωt0
Ubertragungssysteme haben i.a. keine lineare (jedoch punktsymmetrische) Phase¨ Θ(ω) = b(ω), siehe Bilder 3.1, 3.3 und 3.7.
Bild 3.7: Definition von Phasen– und Gruppenlaufzeiten bei Systemen mit nichtlinearem PhasengangΘ(ω)
Man definiert bei Systemen mit nichtlinearer Phase die Signal–Laufzeiten in Anlehnung an Gleichung (3.8).
tph(ω) = Θ(ω)
ω =b(ω)
ω Phasenlaufzeit (3.9)
tgr(ω) = lim
∆ω→0
∆Θ(ω)
∆ω = dΘ(ω)
dω =db(ω)
dω Gruppenlaufzeit (3.10)
• Die Phasenlaufzeittph(ω)ist die Zeit, die eine einzelne cosinus–f ¨ormige Schwingung beim Durchgang durch ein ¨Ubertragungssystem ben ¨otigt.
Wegen der Periodizit ¨at einer Cos–Schwingung kanntphnur als Phasenverschiebung∆ϕzwischen Ein–
und Ausgangssignal gemessen werden. Damit l ¨aßt sich tph nur modulo der Periodendauer T der cos–
Schwingung bestimmen.
• Die Gruppenlaufzeit tgr(ω) ist die Zeit, die eine
”Gruppe“ von cos–f ¨ormigen Schwingungen beim Durchgang durch ein ¨Ubertragungssystem ben ¨otigt. Eine solche
”Gruppe“ sind z.B. die Spektralkom- ponenten eines Datenimpulses oder die eines modulierten Signals.
3.1.4 Phasenverzerrung bei Basisband–Systemen
Basisband–Signale, z.B. digitale Signale, haben ein Leistungs–Dichte–Spektrum, das i.a. von sehr tiefen Frequenzen (im Grenzfall vonω = 0) bis zu einer (systemtypischen) Grenzfrequenz reicht. Sollen die zu
¨
ubertragenden Digitalen Symbole in solchen Systemen keine (Phasen–) Verzerrung erleiden, muß die Phase des Systems linear sein. Daraus folgt die Bedingung:
tph=tgr=t0=const (3.11)
Wie stark sich eine Phasenverzerrung auf die Form des Ausgangs–Signals auswirkt, zeigt ein Beispiel bei dem ein Signal aus einer Grundschwingung (Frequenzω0, Amplitude 1), einer Schwingung der dreifachen Frequenz (3ω0, Amplitude 1/3) und der f ¨unffachen Frequenz (5ω0, Amplitude 1/5) besteht. Dieses Signal wird ¨uber einen Allpaß (LC–Kreuzglied) ¨ubertragen, wobei nur die Phasen der Schwingungen verdreht, die Amplituden dagegen nicht ver ¨andert werden, Bild 3.8. (Siehe auch Abschnitt 4.2 Minimalphasen–System.)
Bild 3.8: Auswirkung einer Phasenverschiebung eines Allpasses auf die Kurvenform der Zeitfunktion. Die Amplituden der Komponenten sind unver ¨andert.
Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie wichtig eine lineare Phase f ¨ur eine unverzerrte Signalform am Ausgang eines ¨Ubertragungs–Systems ist. Die Verzerrung einer Impulsform wird auch mit Dispersion bezeichnet.
Da bei einer Phasenverzerrung keine neuen Spektralanteile entstehen, wird diese als lineare Verzer- rung bezeichnet. Lineare Verzerrungen lassen sich (im Prinzip) immer ausgleichen.
Bei der ¨Ubertragung von Signalen wirken sich Laufzeitverzerrungen st ¨arker aus (und damit verzerren- der bez ¨uglich des Zeitverlaufes) als D ¨ampfungsverzerrungen. Das ist der Grund daf ¨ur, weshalb man bestrebt ist, den Phasengang eines ¨Ubertragungs–Systems oder Filters m ¨oglichst linear zu machen.
Dies ist besonders wichtig bei der Digitalen ¨Ubertragung. Hierbei muß der Empf ¨anger mit Hilfe von Korrelation (oder eines
”Matched Filters“) feststellen, wie groß die ¨Ahnlichkeit eines empfangenen Sym- bols (im Zeitbereich) zu den dem Empf ¨anger bekannten Symbolen ist und daraus eine Entscheidung treffen.
Linear verzerrte Empfangs–Symbole verlieren jedoch (in Abh ¨angigkeit von dem Maß der Verzerrung) zu- nehmend an ¨Ahnlichkeit. Dadurch kommt es im Empf ¨anger zu Fehlentscheidungen und damit zu Symbol–
und Bit–Fehlern.
3.1.5 Phasenverzerrungen bei Bandpaß–Systemen
Modulationen bestehen spektral aus Frequenz-Gruppen. Eine verzerrungsfreie ¨Ubertragung eines mo- dulierten Signals erfordert daher mindestens eine konstante Gruppenlaufzeit. Die Gruppenlaufzeit wirkt sich dabei auf die Form der H ¨ullkurve der modulierten Schwingung aus.
Amplituden modulierte Signale
Ein Beispiel zur Auswirkung von Phasen– und Gruppenlaufzeit auf den Zeitverlauf zeigt Bild 3.9. In diesem Beispiel ist die Gruppenlaufzeit konstant (innerhalb der Bandbreite der Modulation), aber unterschiedlich zur Phasenlaufzeit,tph =tgr. Die Tr ¨agerschwingung f ¨ullt daher die H ¨ullkurve des zeitverschobenen Signals anders aus als im urspr ¨unglichen Signal. Da die Gruppenlaufzeittgr konstant ist, hat sich die Form der H ¨ullkurve nicht ver ¨andert. F ¨ur Systeme die Amplituden–modulierte Signale ¨ubertragen (bei denen die
Information nur in der H ¨ullkurve steckt), gen ¨ugt es daher, wenn die Gruppenlaufzeit im ¨Ubertragungsband konstant ist (tgr=const).
Bild 3.9: Auswirkung von Phasen– und Gruppenlaufzeit im Zeitbereich, wobeitgrkonstant ist. Bei konstan- ter Gruppenlaufzeittgr =const bleibt die Form der H ¨ullkurve eines modulierten Signals unverzerrt. Jedoch ist der Verlauf der Zeitfunktion unterschiedlich, weiltph=tgrist.
Ist hingegen die Phase nicht linear und demzufolge die Gruppen–Laufzeit nicht konstant, wie im Bei- spiel Bild 3.10, ergeben sich Verzerrungen der H ¨ullkurve, Bild 3.11. In einem solchen Fall kann selbst eine (asynchrone) H ¨ullkurven–Demodulation nicht f ¨ur eine Daten ¨ubertragung genutzt werden.
Bild 3.10: Nicht lineare Phase und nicht kon- stante Gruppenlaufzeit (Gruppenlaufzeitverzer- rung)
Bild 3.11: Verzerrung der H ¨ullkurve eines modulierten Daten–Symbols infolge von Gruppenlaufzeitverzerrung
Frequenz modulierte Signale und Digitale Modulationen
Ist zwar die Gruppenlaufzeit konstant, jedoch im Wert verschieden von der Phasenlaufzeit eines ¨Ubertra- gungs–Systems (tgr=tph), bleibt zwar die Form der H ¨ullkurve unver ¨andert, jedoch ist der tats ¨achliche Zeit- verlauf des (modulierten) Signals am Ausgang des Systems ver ¨andert gegen ¨uber der Form des Eingangs–
Signals, Bild 3.9.
Liegt die ¨ubertragene Information nicht in der H ¨ullkurve, sondern im tats ¨achlichen Zeitverlauf, wie z.B.
bei Digitalen Modulationen oder bei Frequenzmodulation (FM), ergeben sich in diesem Fall lineare Verzerrungen, die sich (nach der Decodierung bzw. Demodulation) als Bitfehler bzw. als nichtlineare Ver- zerrungen bemerkbar machen.
Damit diese Verzerrungen vermieden werden, muß das ¨Ubertragungs–System (zus ¨atzlich) frei von Pha- senverzerrungen sein. Es muß also gelten:
tph=tgr=const (3.12)
Die hierzu notwendige Bedingung l ¨aßt sich sofort graphisch angeben, Bild 3.12 .
Die Phasen–Laufzeit tph kann immer nur modulo 2π bestimmt werden. Hat also das ¨Ubertragungs–
System (Bandpaß–System) in seinem Durchlaß–Bereich eine konstante Gruppenlaufzeit tgr, so muß die Verl ¨angerung der Phasenkurve entweder durch den Koordinaten–Ursprung gehen, oder aber dieΘ–Achse bei ganzen Vielfachen von2πschneiden.
Fordert man, daß sich die Spektralkomponenten des Datensymbols am Ausgang des Systems in der gleichen Art und Weise wie am Eingang zusammensetzen, damit es keine Verzerrungen (in Form von Dis- persion oder Echos) erleidet, ben ¨otigt das ¨Ubertragungs–System eine konstante Gruppenlaufzeittgr(ω) =
ΩC ω
−ΩC
Θ ω( ) = b( )ω
2π 4π
-4π -2π
tgrΩC Θ Ω( C)
BΩ BΩ
Bild 3.12: Ein Bandpaß–System ist frei von Phasenverzerrungen, wenn die extrapolierten Phasenverl ¨aufe dieΘ–Achse bein2π(n= 0,1,2,· · ·) schneiden.BΩist die Bandbreite des Systems.
const und eine konstante Phasenlaufzeittph, die modulo2πden gleichen Wert hat wie die Gruppenlaufzeit tgr.
3.1.6 Phasen–Messung
Eine Phase kann immer nur in Bezug auf eine Referenz–Phase angegeben (und gemessen) werden. Die Referenz ist entweder ein Achsenkreuz (theoretisch) oder eine Vergleichs–Funktion. Meßtechnisch gibt es verschiedene Prinzipien, die in Bild 3.13 zusammengefaßt sind.
Bild 3.13: Prinzipien der Phasen–Messung
3.1.7 Phasenschwankungen unterschiedlicher Periodendauer
Da die Gruppenlaufzeit aus der Ableitung der Phase nach der Frequenz erfolgt, Gleichung (3.10), resultiert daraus, daß Phasenschwankungen (mit gleicher Amplitude) sich st ¨arker auf Schwankungen der Gruppen- laufzeit auswirken, wenn die Phasen–Rippel enger sind, Bild 3.14.
Bild 3.14: Bei gleicher Amplitude wirken sich Phasenschwankungen st ¨arker als Schwankungen der Grupen- laufzeit aus, wenn die Phasen–Rippel enger sind.
3.1.8 Messung der Gruppenlaufzeit
Moderne Meßger ¨ate k¨onnen aus zwei Phasenmessungen bei benachbarten Frequenzen (N ¨aherungswerte f ¨ur) die Gruppenlaufzeit (direkt) berechnen.
Das Grundprinzip f ¨ur eine Messung der Gruppenlaufzeit geht auf Nyquist zur ¨uck und mißt die (zeitli- che) Verschiebung der H ¨ullkurve eines amplitudenmodulierten Signals, entsprechend zu Bild 3.9. Die Meß- genauigkeit ist dabei abh ¨angig von der Frequenz des modulierenden Signals, die in diesem Zusammenhang Spalt–Frequenzωsgenannt wird, Bild 3.15.
Bild 3.15: Messung der Gruppenlaufzeit nach Nyquist (Schleifen–Messung)
Bei einer Schleifen–Messung steht das Eingangs– und das Ausgangs–Signal zur Verf ¨ugung, die man zur Messung einer Phasenverschiebung ben ¨otigt.
Bei einer Strecken–Messung ist jedoch der Signalgenerator am Ort A und die Messung wird am Ort B durchgef ¨uhrt, weil die Eigenschaft der ¨Ubertragungsstrecke zwischen A und B ermittelt werden soll. In diesem Fall muß das Meß–Signal so beschaffen sein, daß daraus die zur Messung (einer Phase) notwendige Referenz gewonnen werden kann. Diese gewinnt man dadurch, daß periodisch zwischen zwei Werten f ¨ur die Tr ¨agerfrequenz hin und her geschaltet wird (Meß–Frequenz und Vergleichs–Frequenz), Bild 3.16.
Bild 3.16: Messung der Gruppenlaufzeit nach Nyquist (Strecken–Messung)
Ist die Phase nicht linear, ergibt sich bei unterschiedlichen Tr ¨agerfrequenzen eine unterschiedliche Stei- gung und damit eine Unstetigkeits–Stelle in der H ¨ullkurve, was einem Phasen–Sprung entspricht.
Die Gr ¨oße der Verst ¨arkung (bzw. D ¨ampfung) kann bei dem Nyquist–Verfahren ebenfalls gemessen wer- den, Bild 3.17.
Bild 3.17: Messung der Gruppenlaufzeit und der D ¨ampfung nach Nyquist
3.2 Impulsantwort aus Betrag und Phase der ¨ Ubertragungsfunktion
Die Impulsantworth(t)ist die Fourier–Transformierte der ¨UbertragungsfunktionH(ω).
h(t) ◦−−−• H(ω) =A(ω)·e−jΘ(ω) (3.13) Gleichung (3.13) wird als Fourier–Transformation geschrieben und derej···– Faktor gem ¨aß Euler aufgespal- ten. Damit wird:
h(t) = 1 2π
∞
−∞
A(ω)·ej(ωt−Θ(ω))dω= 1 2π
∞
−∞
A(ω)
gerade
·
cos {ωt−Θ(ω)}
gerade
+jsin{ωt−Θ(ω)}
ungerade
dω (3.14) Da die Integration eines ungeraden Integranden ¨uber symmetrische Integralgrenzen Null ergibt, reduziert sich das Integral in Gleichung (3.14):
h(t) = 1 2π
∞
−∞
A(ω)·cos{ωt−Θ(ω)}dω (3.15)
3.2.1 Die Impulsantwort eines linearphasigen Systems
Aus den Symmetrie–Eigenschaften der ¨Ubertragungs–Funktion Gleichungen (3.1) und (3.1) folgt f ¨ur eine reell gerade (spiegel–symmetrische) Impulsantwort:
h(t)
rell, gerade
◦−−−• H(ω)
rell, gerade
(3.16)
Hierbei ist die Phasendrehung und damit die Laufzeit zun ¨achst außer Acht gelassen (bzw. zu Null gesetzt).
Eine lineare Phase ergibt dann nur noch eine Zeitverschiebung der Impulsantwort. F ¨ur ein linearphasi- ges System gilt gem ¨aß Gleichung (3.8):
Θ(ω) =ω·t0 : Phase ist linear inω (3.17) Setzt man die Bedingung Gleichung (3.17) in Gleichung (3.15) ein, so wird:
h(t) = 1 2π
∞
−∞
A(ω)·cos{ω(t−t0)}dω (3.18)
Das Maximum vonh(t)ergibt sich f ¨urt=t0:
hmax=h(t0) = 1 2π
∞
−∞
A(ω)dω (3.19)
hmaxist somit gleich der Fl ¨ache unter der DurchlaßkurveA(ω)des ¨Ubertragungssystems.1
Weil der Cosinus eine gerade Funktion ist, gilt f ¨ur eine Abweichung um∆t rechts bzw. links von Maxi- mum:
h(t0−∆t) = 1 2π
∞
−∞
A(ω) cos(−∆t)dω=h(t0+ ∆t) (3.20)
• Die Impulsantwort eines linearphasigen Systems ist demnach eine gerade Funktion bez ¨ug- lich der Laufzeitt0.
h(t0−t) =h(t0+t) (3.21)
Das Maximum vonh(t)beit=t0ist ein absolutes Maximum, denn es gilt:
h(t0+ ∆t) = 1 2π
∞
−∞
A(ω) cos(ω∆t)dω≤ 1 2π
∞
−∞
A(ω)|cos(ω∆t)|dω
h(t0+ ∆t) ≤ 1 2π
∞
−∞
A(ω)dω=h(t0) (3.22)
Bild 3.18 zeigt die Impuls– und Sprungantwort eines linearphasigen Systems.
• Die Impulsantwort hat eine Spiegelsymmetrie bez ¨uglicht=t0.
• Die Sprungantwort hat eine Punktsymmetrie bez ¨uglich des Punktes
t0;a(∞) 2
.
Zus ¨atzlich sind in dieser Abbildung eingetragen: mittlere Grenzfrequenz ωm des Tiefpasses, mittlere Breitetrder Impulsantwort und (minimale) Anstiegszeittrder Sprungantwort(tr=π/ωm).2
1Dies kann als eine Verallgemeinerung des Satzes ¨uber die Zentralordinate aufgefaßt werden.
2Der Zusammenhang(tr=π/ωm)wird im Kapitel
”Tiefpaß–Systeme“ hergeleitet.
A(0)
Symmetrie
Punkt- Symmetrie
Bild 3.18: Tiefpaß mit linearer Phase: Impulsantwort (gerade bez ¨uglicht = t0); Sprungantwort (ungerade bez ¨uglicht=t0, a(∞)/2). tr=mittlere Breite der Impulsantwort = Anstiegszeit der Sprungantwort.
3.2.2 Linearphasige Filter in der Digitalen Signalverarbeitung
Bei der Digitalen Sinalverarbeitung werden im Falle der FIR–Filter (FIR: Finite Impulse Response) St ¨utz- werte in Form der Impulsantworth(t)einprogrammiert, wodurch hier die Form der ¨Ubertragungsfunktion festgelegt wird, Bild 3.19.
• Eine gerade Impulsantworth(t)bez ¨uglich ihres Maximumsh(t0)ist zur Erzeugung eines linear- phasigen Filters notwendig und hinreichend.
FIR–Filter sind rechenaufwendig und ben ¨otigen bei gegebener Flankensteilheit mehr Koeffizienten als IIR–Filter (IIR: Infinite Impulse Response). IIR–Filter sind r ¨uckgekoppelte Strukturen, die nur in Spezi- alf ¨allen linearphasige Filter ergeben, Bild 3.20. Diese sind nur dann gegeben, wenn eine IIR–Struktur (aus- nahmsweise) eine symmetrische (und damit endliche) Impulsantwort hat.
Bild 3.19: Blockschaltbild eines FIR–Fil- ters: lineare Phase m¨oglich
Bild 3.20: Blockschaltbild eines IIR–Fil- ters: i.a. keine lineare Phase m ¨oglich
3.3 Sprungantwort aus Betrag und Phase der ¨ Ubertragungsfunktion
Mit dem Zeit–Integrations–Satz der F–Transformation gilt f ¨ur die Sprungantworta(t):
a(t) = t
−∞
h(τ)dτ ◦−−−• 1
jωH(ω) +πδ(ω)H(0) (3.23) Die Eingangsspannung ist hierbei die Sprungfunktion (eingeschaltete Gleichspannung), welche zur Verein- fachung der Schreibweise auf 1V normiert wird:
ue(t)/Uˆ =σ(t) ◦−−−• π·δ(ω) + 1
jω =Ue(ω)/Uˆ (3.24)
Mit Gleichung (3.23) folgt direkt:
Ua(ω)/Uˆ =A(ω)·e−jΘ(ω){πδ(ω) + 1/jω}=πA(0)·δ(ω) +A(ω)
jω ·e−jΘ(ω) (3.25) Gleichung (3.25) wird r ¨ucktransformiert und liefert die Sprungantwort:
ua(t)/Uˆ =a(t) = 1 2π
∞
−∞
πA(0)δ(ω) +A(ω)
jω ·e−jΘ(ω)
·ejωtdω (3.26)
Mit der Ausblendeigenschaft derδ–Funktion wird:
a(t) = A(0) 2 + 1
2π ∞
−∞
A(ω) jω
ungerade
cos {ωt−Θ(ω)}
gerade
+jsin{ωt−Θ(ω)}
ungerade
dω (3.27)
Unter Ber ¨ucksichtigung der Symmetrien des Integranten (odd·odd=even), bleibt schließlich f ¨ur die Sprun- gantwort ¨ubrig:3
a(t) = A(0) 2 + 1
2π ∞
−∞
A(ω)
ω ·sin{ωt−Θ(ω)}dω (3.28)
3.3.1 Die Sprungantwort eines linearphasigen Systems
Setzt man in Gleichung (3.28) eine lineare PhaseΘ(ω) =ωt0ein, so wird die Sprungantwort:
a(t) = A(0) 2 + 1
2π ∞
−∞
A(ω) sin{ω(t−t0)}
ω dω (3.29)
Hieraus folgt sofort
a(t0) =A(0)/2 =a(∞)/2 Symmetriepunkt (3.30) da mit Gleichung (2.6) (Seite 5)
a(∞) = ∞
−∞
h(τ)dτ =H(0) =A(0) (3.31)
gilt, und die Phase Θ(ω)ungerade ist, also Θ(0) = 0 . Die Sprungantwort eines linearphasigen Tiefpaß–
Systems hat also zum Zeitpunktt=t0den Werta(t0) =a(∞)/2erreicht.
Die Beziehung
a(∞) =H(0) =A(0) Endwert–Theorem (3.32)
ist das Endwert–Theorem der Fourier–Transformation.
W ¨ahrend die Impulsantwort eines linearphasigen Systems spiegelsymmetrisch (gerade) bez ¨uglich des Punktest0ist, hat die Sprungantwort eines linearphasigen Systems eine Punktsymmetrie bez ¨uglich des Punktes{t0;a(∞)/2}, weil die Integration ¨uber eine spiegelsymmetrische Funktion auf eine Punktsym- metrie f ¨uhrt, vergleiche hierzu Bild 3.18 (Seite 16).
a(t) = t
−∞
h(τ)
gerade
·dτ
ungerade
Symmetrien des linearphasigen TP–Systems bez ¨uglicht=t0 (3.33)
3Wendet man Gleichung (2.6) direkt an, erh ¨alt man nur das Integral in Gleichung (3.28), jedoch nicht den TermA(0)/2. Hier zeigt es sich, daß Berechnungen, in denen dieδ-Funktion
”versteckt“ auftritt, leicht falsch werden k¨onnen !
3.4 Das verzerrungsfreie System
Man fordert f ¨ur ein verzerrungsfreies System, daß die Ausgangsspannung ua(t) ein genaues Abbild der Eingangsspannungue(t)sein soll, Bild 3.21.
ua(t) =K·ue(t−t0) K: Verst ¨arkung,t0: Laufzeit (3.34)
ω A( ) = Kω
Θ ω( ) =ωt0
Bild 3.21: Bei einem verzerrungsfreien System ist die Ausgangsspannung ¨ahnlich zur Eingangsspannung.
Da Gleichung (3.34) f ¨ur beliebige Eingangsspannungen gilt, also auch f ¨urδ-Impulse, erh ¨alt man f ¨ur die Impulsantworth(t):
h(t) =K·δ(t−t0) (3.35)
Somit wird die ¨Ubertragungsfunktion des verzerrungsfreien Systems:
H(ω) =K·e−jωt0 =A(ω)·e−jΘ(ω) (3.36) Das verzerrungsfreie System kann als Spezialfall eines linearphasigen Systems angesehen werden. Es hat nicht nur eine lineare Phase, sondern zus ¨atzlich einen konstanten Amplitudengang, Bild 3.22.
h(t)
t ω
A( ) = Kω
φ ω( ) = -ωt0 K (t-t )δ 0
t0
Θ ω( ) =ωt0
Bild 3.22: Ein verzerrungsfreies System hat einen linearen PhasengangΘ(ω) =b(ω) =ωt0 und einen kon- stanten AmplitudengangA(ω) =K
Also gilt f ¨ur ein verzerrungsfreies System, Bild 3.22:
• A(ω) =K=constant
• Θ(ω) =ωt0: linear inω
F ¨ur ein ¨Ubertragungs–System mit endlicher Bandbreite ist ein linearer Phasengang und damit eine kon- stante Laufzeit die entscheidende Forderung in Bezug auf eine m ¨oglichst weitestgehende Verzerrungsfreiheit der ¨Ubertragung. Dies spielt insbesondere bei der Daten ¨ubertragung eine Rolle.
4 Kausalit ¨ atsbedingungen
Gibt man die Eigenschaften eines Systems, z.B. Betrag und Phase seiner ¨Ubertragungsfunktion, un- abh ¨angig von einander vor, so erh ¨alt man i.a. nicht kausale Systeme. Realisierbare Systeme m ¨ussen aber kausal sein.
Ein kausales System ist nicht in jedem Fall realisierbar, weil hierf ¨ur noch die physikalischen Eigenschaf- ten der Bauelemente (analog: R, L, C bzw. digitales System) ber ¨ucksichtigt werden m ¨ussen. Kausalit ¨at ist eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung f ¨ur die Realisierbarkeit eines Systems.
In diesem Abschnitt sollen die Bedingungen untersucht werden, die ein kausales ¨Ubertragungs–System erf ¨ullen muß.
Eine ¨UbertragungsfunktionH(ω)kann auf verschiedene Art angegeben werden:
H(ω) = A(ω)·e−jΘ(ω) Betrag und Phase: polare Darstellung (4.1) H(ω) = e−a(ω)·e−jΘ(ω) D ¨ampfung und Phase (4.2) H(ω) = R(ω) +jX(ω) Real– und Imagin ¨aranteil: kartesische Darstellung (4.3) Wenn eine dieser Gr ¨oßen vorgegeben wird, muß die jeweilige andere so bestimmt werden, daß das System kausal wird. Die Untersuchung dieser Bedingungen f ¨uhrt auf wichtige technische Anwendungen.
4.1 Fensterung und Sperrbedingung
4.1.1 Lineare Phase vorgegeben, Amplitudengang gesucht
Diese Bedingung l ¨aßt sich immer erf ¨ullen. Hat man zun ¨achst ein nicht kausales SystemH(ω), z.B. einen idealen Tiefpaß, Bild 4.1, so kann man die nicht kausale Impulsantwort f ¨urt <0dadurch zu0machen, daß man die Impulsantworth(t)mit einer Fensterfunktionw(t)multipliziert. Die Fensterbreite muß dabei so gew ¨ahlt werden, daß die gefensterte Impulsantwort die f ¨ur den linearen Phasenverlauf der ¨UTF notwendige Symmetrie erh ¨alt. Die vorgegebene ¨Ubertragungsfunktion ( ¨UTF) H(ω) ist dann mit der Transformierten W(ω)zu falten. In der Digitalen Signalverarbeitung wird bei FIR–Systemen von der Fensterung ausf ¨uhrlich Gebrauch gemacht.
Hkausal(ω) =H(ω)∗W(ω) (4.4)
w(t)
1 Θ ω( )
Θ ω( )
Bild 4.1: Beispiel f ¨ur die Fensterung mit einem Rechteckfensterpt0(t−t0)
Wie man aus Bild 4.1 sieht, f ¨uhrt die Fensterung mit einem Rechteckfenster zu keinem g ¨unstigen Verlauf des Amplitudengangs. In der Praxis verwendet man daher verrundete Fenster, z.B.cos2–Fenster,1damit der AmplitudengangAkausal(ω)glatter wird und speziell im Sperrbereich nicht so viel durchgelassen wird, d.h.
die Sperrd ¨ampfung ausreichend groß wird.
1Dascos2–Fenster wird auch mit
”von Hann“ oder Hanning bezeichnet. In der Digitalen Signalverarbeitung sind noch eine Reihe an- derer Fensterfunktionen ¨ublich, wie z.B. Hamming–Fenster, Blackman–Fenster, Kaiser–Fenster, Chebwin–Fenster. Siehe auch Kapitel 5 der
”Fourier–Transformation und ihre Anwendungen“.
4.1.2 Amplitudengang vorgegeben, Phase gesucht
Die Vorgabe des AmplitudengangsA(ω)f ¨uhrt nur dann zu einem kausalen System, wennA(ω)der Paley–
Wiener–Bedingung gen ¨ugt.
∞
−∞
|lnA(ω)|
1 +ω2 dω < ∞ Paley–Wiener–Bedingung (4.5) Aus Gleichung (4.5) folgt, daß
A(ω)= 0 f ¨ur ω > ωc (4.6)
sein muß. Die Konsequenz daraus ist aber, daß es kein realisierbares System geben kann, das im Sperrbe- reich∞gut sperrt!
In der Praxis sind Sperrd ¨ampfungen von80bis100dB gut realisierbar, wenn man z.B. eine durchgehende Massefl ¨ache benutzt und die Versorgungsspannungen gut verblockt. Bei geforderten Sperrd ¨ampfungen von 120dB und mehr ist eine aufwendige Schirmung unerl ¨aßlich. Beispiele dazu finden sich in der Hochfre- quenz–Technik.
Die f ¨ur einen idealen Tiefpaß notwendigen Modifikationen zeigt Bild 4.2. Der Phasengang ist nicht mehr linear und weist bei der Grenzfrequenzωceine Polstelle (Θ(ω)→ ∞) auf, wodurch hier die Gruppenlaufzeit tgr(ω)→ ∞geht.
Bild 4.2: Kausales System mit rechteckf¨ormiger Durchlaßkurve
4.2 Minimalphasen–System
Gibt man den D ¨ampfungsverlaufa(ω) = 20 logA(ω)oder den AmplitudengangA(ω)vor, so gibt es dazu kei- nen eindeutigen Zusammenhang mit dem PhasenverlaufΘ(ω). Der Grund daf ¨ur liegt darin, daß es Allpaß–
Systeme gibt, die zwar keine ¨Anderung des Amplitudengangs bewirken, jedoch eine zus ¨atzliche Phasendre- hung erbringen. Um einen eindeutigen Phasenverlauf zu erhalten, muß man noch wissen, welche Art von Allp ¨assen ggf. in dem System stecken.
Liegt der D ¨ampfungsverlaufa(ω)meßtechnisch vor, hat man daraus noch keine Information ¨uber eventu- elle Allpaß–Anteile eines Systems. Diese kommen in der Praxis aber recht h ¨aufig vor, wie z.B. bei akustischen Wandlern (z.B. bei Lautsprechern). Hierdurch ergibt sich ein v ¨ollig unterschiedilcher Klang, obwohl sich die Amplitudeng ¨ange nicht wesentlich unterscheiden.
Enth ¨alt ein System Allpaß–Anteile, so ¨andert sich dadurch seine Impulsantwort, verglichen mit einem Allpaß–freien (minimalphasigen) System mit gleichem Amplitudengang. Da f ¨ur die Ausgangsgr ¨oßexa(t) = xe(t)∗h(t)gilt, ist demzufolge auch die Ausgangsgr ¨oße unterschiedlich.
4.2.1 Allpaß–Systeme und Laufzeit–Entzerrer
Ein verzerrungsfreies System kann als eine spezielle Form eines Allpasses angesehen werden, welcher da- durch definiert ist, daß er einen konstanten Amplitudengang A(ω) = const. hat bei beliebigem — jedoch ungeradem — PhasengangΘ(ω), Bild 4.3.
Allp ¨asse werden in der Technik verwendet, um Phasenverl ¨aufe von (analogen) Filtern zu linearisieren, und damit die Laufzeiten der Filter zu ebnen. Allp ¨asse ver ¨andern nicht die Durchlaßkurve dieser Filter, da sie einen konstanten Amplitudengang haben. Technisch spricht man von Laufzeit–Entzerrern oder Equa- lizern. In analoger Technik werden Allp ¨asse z.B. mit kreuzgekoppelten LC–Netzwerken (Bild 3.8 (Seite 10))
Bild 4.3: Beispiel einer ¨Ubertragungsfunktion eines Allpasses
oder ¨uberbr ¨uckten T–Gliedern realisiert . Da in analoger Technik keine exakt symmetrische Impulsantwort realisierbar ist, lassen sich daher auch keine exakt linearen Phasen (und damit konstante Gruppenlaufzei- ten) erzielen.
Ein wichtiges Einsatzgebiet ist heutzutage die (softwarem ¨aßige) Entzerrung der empfangenen Daten- symbole bei einer Digitalen ¨Ubertragung.
4.3 Hilbert–Transformation
Die ¨Ubertragungsfunktion nach Real– oder Imagin ¨arteil vorzugeben geht in jedem Fall, weil sich der gesuchte Teil jeweils ¨uber die Hilbert–Transformation berechnen l ¨aßt.2
Da die Impulsantworth(t)eine relle Zeitfunktion ist, kann man sie gem ¨aß Bild 4.4 in ihren geraden und ungeraden Teil aufspalten.
Bild 4.4: Aufspalten einer kausalen Impulsantwort in ihren geraden und ungeraden Teil
Der gerade Teil he(t)und der ungerade Teil ho(t) der Impulsantwort h(t) k ¨onnen durch die Signum–
Funktion sgntin einander ¨uberf ¨uhrt werden:
ho(t) = he(t)·sgnt (4.7)
he(t) = ho(t)·sgnt (4.8)
Mit den Symmetrie–Eigenschaften der Fourier–Transformation
ho(t) ◦−−−• jHo(ω) =jX(ω) (4.9) he(t) ◦−−−• He(ω) =R(ω) (4.10) folgen nun mit Gleichung (4.7, 4.8) die Hilbert–Transformationen,3
2Meßtechnisch sind allerdings nur Betrag und Phase oder D ¨ampfung und Laufzeit erfaßbar.
3Der TermR(∞)in Gleichung (4.13) tritt nur dann auf, wenn die Impulsantworth(t)f ¨urt= 0einenδ–Impuls enth ¨alt.
jX(ω) = R(ω)∗ 2
jω (4.11)
X(ω) = −1 π
∞
−∞
R(ν)
ω−νdν (4.12)
R(ω) = R(∞) + 1 π
∞
−∞
X(ω)
ω−νdν (4.13)
Die (technische) Bedeutung der Hilbert–Transformation ergibt sich aus
• der Verarbeitung von Bandpaß–Signale im Basisband bei der Digitalen Signalverarbeitung4
• deren Anwendung f ¨ur900–Netzwerke, die z.B. bei der Erzeugung von Einseitenbandmodulation (SSB) nach der Phasenmethode Verwendung finden, siehe Bild 4.5 5. Die hier dargestellten Impulsantworten m ¨ussen noch gefenstert und Zeit–verschoben werden, damit die Kausalit ¨atsbedingungen erf ¨ullt sind.
Das Problem der Realisierung eines Hilbert–Transformators liegt nicht bei der 900–Drehung einer ein- zelnen Cos–Schwingung, denn das ist ohne Problem mit Hilfe einfacher Netzwerke m ¨oglich. F ¨ur die Anwen- dung z.B. in einem SSB–Modulator ben ¨otigt man die900–Drehung eines ganzen Nachrichten–Bandes, also z.B. von300Hz bis 3.4 KHz f ¨ur Telefonie. Die Realisierung dazu geschieht mit Hilfe digitaler FIR–Filter, indem in ein solches Filter die entsprechende ImpulsantworthH(t)einprogrammiert wird, die aufgrund der Symmetriebedingungen der Fouriertransformation ungerade sein muß.
−2 −1.5 −1 −0.5 0 0.5 1 1.5 2
−0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2
(Kreis−) Frequenz
Spektraldichte
Spektraldichte sin(x)/x
ωc
−ωc ω/ωc
1
Πω
c
(ω)
•−−−◦
−6 −4 −2 0 2 4 6
−0.5 0 0.5 1 1.5 2
Zeit
Amplitude
Zeitfunktion sin(x)/x
t/TN ωc/π
=2ωc/2π
−π/ωc T N=π/ωc
2π/ωc ωc/π sin(ωct)/(ωct)
−2 −1 0 1 2
−1
−0.5 0 0.5 1 1.5
(Kreis−) Frequenz
Spektraldichte
Spektraldichte F(ω): imaginär, ungerade
F(ω): im, o +j
−j ωc
−ωc
ω/ωc •−−−◦
−6 −4 −2 0 2 4 6
−2
−1.5
−1
−0.5 0 0.5 1 1.5 2 2.5
Zeit
Amplitude
Zeitfunktion f(t): reell, ungerade
2t/TN TN=2π/ωc Hüllkurve: si(x) 2ωc/2π f(t): re, o
Bild 4.5: Beispiel f ¨ur die Hilbert–Transformation im Frequenzbereich mit den zugeh ¨origen Impulsantworten
Die Impuls–Antwort des Hilbert–Filters, Bild 4.5 rechts unten, ist ungerade und damit punktsymme- trisch (bez ¨uglich der Laufzeitt0). Dies ist die Bedingung daf ¨ur, daß die900Phasendrehung exakt eingehal- ten wird. Wie auch im Falle des linearphasigen Filters kann nur die digitale Realisierung diese Bedingung erf ¨ullen.
4Siehe
”Die Fourier–Transformation und ihre Anwendungen“, Abschnitt
”Bandpaß–Signale und ¨aquivalente Tiefpaß–Signale“
5Siehe auch
”Einseitenband– und Restseitenband–Modulation“ Abschnitt 2.3
”Phasen–Methode“