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4 Kausalit ¨ atsbedingungen

Im Dokument LTI I Lineare Zeitinvariante Systeme (Seite 22-27)

Gibt man die Eigenschaften eines Systems, z.B. Betrag und Phase seiner ¨Ubertragungsfunktion, un-abh ¨angig von einander vor, so erh ¨alt man i.a. nicht kausale Systeme. Realisierbare Systeme m ¨ussen aber kausal sein.

Ein kausales System ist nicht in jedem Fall realisierbar, weil hierf ¨ur noch die physikalischen Eigenschaf-ten der Bauelemente (analog: R, L, C bzw. digitales System) ber ¨ucksichtigt werden m ¨ussen. Kausalit ¨at ist eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung f ¨ur die Realisierbarkeit eines Systems.

In diesem Abschnitt sollen die Bedingungen untersucht werden, die ein kausales ¨Ubertragungs–System erf ¨ullen muß.

Eine ¨UbertragungsfunktionH(ω)kann auf verschiedene Art angegeben werden:

H(ω) = A(ω)·e−jΘ(ω) Betrag und Phase: polare Darstellung (4.1) H(ω) = e−a(ω)·e−jΘ(ω) D ¨ampfung und Phase (4.2) H(ω) = R(ω) +jX(ω) Real– und Imagin ¨aranteil: kartesische Darstellung (4.3) Wenn eine dieser Gr ¨oßen vorgegeben wird, muß die jeweilige andere so bestimmt werden, daß das System kausal wird. Die Untersuchung dieser Bedingungen f ¨uhrt auf wichtige technische Anwendungen.

4.1 Fensterung und Sperrbedingung

4.1.1 Lineare Phase vorgegeben, Amplitudengang gesucht

Diese Bedingung l ¨aßt sich immer erf ¨ullen. Hat man zun ¨achst ein nicht kausales SystemH(ω), z.B. einen idealen Tiefpaß, Bild 4.1, so kann man die nicht kausale Impulsantwort f ¨urt <0dadurch zu0machen, daß man die Impulsantworth(t)mit einer Fensterfunktionw(t)multipliziert. Die Fensterbreite muß dabei so gew ¨ahlt werden, daß die gefensterte Impulsantwort die f ¨ur den linearen Phasenverlauf der ¨UTF notwendige Symmetrie erh ¨alt. Die vorgegebene ¨Ubertragungsfunktion ( ¨UTF) H(ω) ist dann mit der Transformierten W(ω)zu falten. In der Digitalen Signalverarbeitung wird bei FIR–Systemen von der Fensterung ausf ¨uhrlich Gebrauch gemacht.

Hkausal(ω) =H(ω)∗W(ω) (4.4)

w(t)

1 Θ ω( )

Θ ω( )

Bild 4.1: Beispiel f ¨ur die Fensterung mit einem Rechteckfensterpt0(t−t0)

Wie man aus Bild 4.1 sieht, f ¨uhrt die Fensterung mit einem Rechteckfenster zu keinem g ¨unstigen Verlauf des Amplitudengangs. In der Praxis verwendet man daher verrundete Fenster, z.B.cos2–Fenster,1damit der AmplitudengangAkausal(ω)glatter wird und speziell im Sperrbereich nicht so viel durchgelassen wird, d.h.

die Sperrd ¨ampfung ausreichend groß wird.

1Dascos2–Fenster wird auch mit

von Hann“ oder Hanning bezeichnet. In der Digitalen Signalverarbeitung sind noch eine Reihe an-derer Fensterfunktionen ¨ublich, wie z.B. Hamming–Fenster, Blackman–Fenster, Kaiser–Fenster, Chebwin–Fenster. Siehe auch Kapitel 5 der

Fourier–Transformation und ihre Anwendungen“.

4.1.2 Amplitudengang vorgegeben, Phase gesucht

Die Vorgabe des AmplitudengangsA(ω)f ¨uhrt nur dann zu einem kausalen System, wennA(ω)der Paley–

Wiener–Bedingung gen ¨ugt.

−∞

|lnA(ω)|

1 +ω2 < Paley–Wiener–Bedingung (4.5) Aus Gleichung (4.5) folgt, daß

A(ω)= 0 f ¨ur ω > ωc (4.6)

sein muß. Die Konsequenz daraus ist aber, daß es kein realisierbares System geben kann, das im Sperrbe-reichgut sperrt!

In der Praxis sind Sperrd ¨ampfungen von80bis100dB gut realisierbar, wenn man z.B. eine durchgehende Massefl ¨ache benutzt und die Versorgungsspannungen gut verblockt. Bei geforderten Sperrd ¨ampfungen von 120dB und mehr ist eine aufwendige Schirmung unerl ¨aßlich. Beispiele dazu finden sich in der Hochfre-quenz–Technik.

Die f ¨ur einen idealen Tiefpaß notwendigen Modifikationen zeigt Bild 4.2. Der Phasengang ist nicht mehr linear und weist bei der Grenzfrequenzωceine Polstelle (Θ(ω)→ ∞) auf, wodurch hier die Gruppenlaufzeit tgr(ω)→ ∞geht.

Bild 4.2: Kausales System mit rechteckf¨ormiger Durchlaßkurve

4.2 Minimalphasen–System

Gibt man den D ¨ampfungsverlaufa(ω) = 20 logA(ω)oder den AmplitudengangA(ω)vor, so gibt es dazu kei-nen eindeutigen Zusammenhang mit dem PhasenverlaufΘ(ω). Der Grund daf ¨ur liegt darin, daß es Allpaß–

Systeme gibt, die zwar keine ¨Anderung des Amplitudengangs bewirken, jedoch eine zus ¨atzliche Phasendre-hung erbringen. Um einen eindeutigen Phasenverlauf zu erhalten, muß man noch wissen, welche Art von Allp ¨assen ggf. in dem System stecken.

Liegt der D ¨ampfungsverlaufa(ω)meßtechnisch vor, hat man daraus noch keine Information ¨uber eventu-elle Allpaß–Anteile eines Systems. Diese kommen in der Praxis aber recht h ¨aufig vor, wie z.B. bei akustischen Wandlern (z.B. bei Lautsprechern). Hierdurch ergibt sich ein v ¨ollig unterschiedilcher Klang, obwohl sich die Amplitudeng ¨ange nicht wesentlich unterscheiden.

Enth ¨alt ein System Allpaß–Anteile, so ¨andert sich dadurch seine Impulsantwort, verglichen mit einem Allpaß–freien (minimalphasigen) System mit gleichem Amplitudengang. Da f ¨ur die Ausgangsgr ¨oßexa(t) = xe(t)∗h(t)gilt, ist demzufolge auch die Ausgangsgr ¨oße unterschiedlich.

4.2.1 Allpaß–Systeme und Laufzeit–Entzerrer

Ein verzerrungsfreies System kann als eine spezielle Form eines Allpasses angesehen werden, welcher da-durch definiert ist, daß er einen konstanten Amplitudengang A(ω) = const. hat bei beliebigem — jedoch ungeradem — PhasengangΘ(ω), Bild 4.3.

Allp ¨asse werden in der Technik verwendet, um Phasenverl ¨aufe von (analogen) Filtern zu linearisieren, und damit die Laufzeiten der Filter zu ebnen. Allp ¨asse ver ¨andern nicht die Durchlaßkurve dieser Filter, da sie einen konstanten Amplitudengang haben. Technisch spricht man von Laufzeit–Entzerrern oder Equa-lizern. In analoger Technik werden Allp ¨asse z.B. mit kreuzgekoppelten LC–Netzwerken (Bild 3.8 (Seite 10))

Bild 4.3: Beispiel einer ¨Ubertragungsfunktion eines Allpasses

oder ¨uberbr ¨uckten T–Gliedern realisiert . Da in analoger Technik keine exakt symmetrische Impulsantwort realisierbar ist, lassen sich daher auch keine exakt linearen Phasen (und damit konstante Gruppenlaufzei-ten) erzielen.

Ein wichtiges Einsatzgebiet ist heutzutage die (softwarem ¨aßige) Entzerrung der empfangenen Daten-symbole bei einer Digitalen ¨Ubertragung.

4.3 Hilbert–Transformation

Die ¨Ubertragungsfunktion nach Real– oder Imagin ¨arteil vorzugeben geht in jedem Fall, weil sich der gesuchte Teil jeweils ¨uber die Hilbert–Transformation berechnen l ¨aßt.2

Da die Impulsantworth(t)eine relle Zeitfunktion ist, kann man sie gem ¨aß Bild 4.4 in ihren geraden und ungeraden Teil aufspalten.

Bild 4.4: Aufspalten einer kausalen Impulsantwort in ihren geraden und ungeraden Teil

Der gerade Teil he(t)und der ungerade Teil ho(t) der Impulsantwort h(t) k ¨onnen durch die Signum–

Funktion sgntin einander ¨uberf ¨uhrt werden:

ho(t) = he(t)·sgnt (4.7)

he(t) = ho(t)·sgnt (4.8)

Mit den Symmetrie–Eigenschaften der Fourier–Transformation

ho(t) ◦−−−• jHo(ω) =jX(ω) (4.9) he(t) ◦−−−• He(ω) =R(ω) (4.10) folgen nun mit Gleichung (4.7, 4.8) die Hilbert–Transformationen,3

2Meßtechnisch sind allerdings nur Betrag und Phase oder D ¨ampfung und Laufzeit erfaßbar.

3Der TermR(∞)in Gleichung (4.13) tritt nur dann auf, wenn die Impulsantworth(t)f ¨urt= 0einenδ–Impuls enth ¨alt.

jX(ω) = R(ω) 2

Die (technische) Bedeutung der Hilbert–Transformation ergibt sich aus

der Verarbeitung von Bandpaß–Signale im Basisband bei der Digitalen Signalverarbeitung4

deren Anwendung f ¨ur900–Netzwerke, die z.B. bei der Erzeugung von Einseitenbandmodulation (SSB) nach der Phasenmethode Verwendung finden, siehe Bild 4.5 5. Die hier dargestellten Impulsantworten m ¨ussen noch gefenstert und Zeit–verschoben werden, damit die Kausalit ¨atsbedingungen erf ¨ullt sind.

Das Problem der Realisierung eines Hilbert–Transformators liegt nicht bei der 900–Drehung einer ein-zelnen Cos–Schwingung, denn das ist ohne Problem mit Hilfe einfacher Netzwerke m ¨oglich. F ¨ur die Anwen-dung z.B. in einem SSB–Modulator ben ¨otigt man die900–Drehung eines ganzen Nachrichten–Bandes, also z.B. von300Hz bis 3.4 KHz f ¨ur Telefonie. Die Realisierung dazu geschieht mit Hilfe digitaler FIR–Filter, indem in ein solches Filter die entsprechende ImpulsantworthH(t)einprogrammiert wird, die aufgrund der Symmetriebedingungen der Fouriertransformation ungerade sein muß.

−2 −1.5 −1 −0.5 0 0.5 1 1.5 2

Spektraldichte F(ω): imaginär, ungerade

F(ω): im, o

Bild 4.5: Beispiel f ¨ur die Hilbert–Transformation im Frequenzbereich mit den zugeh ¨origen Impulsantworten

Die Impuls–Antwort des Hilbert–Filters, Bild 4.5 rechts unten, ist ungerade und damit punktsymme-trisch (bez ¨uglich der Laufzeitt0). Dies ist die Bedingung daf ¨ur, daß die900Phasendrehung exakt eingehal-ten wird. Wie auch im Falle des linearphasigen Filters kann nur die digitale Realisierung diese Bedingung erf ¨ullen.

4Siehe

Die Fourier–Transformation und ihre Anwendungen“, Abschnitt

Bandpaß–Signale und ¨aquivalente Tiefpaß–Signale“

5Siehe auch

Einseitenband– und Restseitenband–Modulation“ Abschnitt 2.3

Phasen–Methode“

Im Dokument LTI I Lineare Zeitinvariante Systeme (Seite 22-27)