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Archiv "Charité: Offene ethische Diskussion gefragt" (26.10.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 43⏐⏐26. Oktober 2007 A2939

B R I E F E

die Idee, Sterne-Restaurants zu schließen, weil McDonald’s einfach mehr Kunden bedient und deshalb mehr Erfahrung hat. Wenn man die Qualität verbessern will, dann muss man dies auf anderem Wege tun. Wä- re es z. B. nicht sinnvoll, zu prüfen, ob jemand wirklich echokardiografieren oder ob er nur entsprechende Unter- suchungszahlen vorweisen kann?

Wer nicht weiß, auf was er achten muss, kann schließlich eine Untersu- chung 1 000-mal machen und erkennt immer noch nichts. Ich halte Qua- litätsmanagement für außerordentlich wichtig, und davon sollte man alle Kollegen überzeugen, aber bitte nicht auf diese Art. Wer unter Qualität eine Urkunde (oder ein Siegel) im Ein- gang versteht, der zeigt seine Un- kenntnis. Qualitätsmanagement ist ein Weg zur Verbesserung von Ergeb- nissen, Programme wie QEP oder KTQ können auf diesem Weg helfen.

Das Ziel jedoch ist eine gute Versor-

gung des Patienten und dessen Zu- friedenheit. Mit Ausgrenzungsversu- chen werden wir die Qualität jeden- falls nicht verbessern können.

Dr. med. Frank P. Schmidt,Walldürner Straße 5, 74736 Hardheim

CHARITÉ

Konsequenzen nach der Mordserie auf der kardiologischen In- tensivstation (DÄ 31–

32/2007: „Größere Intensivstationen, um Ärzte und Pfle- gende zu entlasten“ von Sabine Rieser).

Offene ethische Diskussion gefragt

. . . Unzweifelhaft ist zuzustimmen, dass das Vertrauen unserer Gesell- schaft in das Leben schützende Han- deln von uns Ärzten und Pflegenden

ein unverzichtbar hohes moralisches Gut ist. Unzweifelhaft ist zuzustim- men, dass unzumutbare äußere Ar- beitsbedingungen das Risiko von emotionaler Verhärtung und von un- menschlichem Handeln erheblich er- höhen können und dass schädliche Rahmenbedingungen durch organi- satorische Maßnahmen vermieden werden müssen. Wir erleben stereo- type Proklamationen organisatori- schen Handelns offiziell Verantwort- licher (die Klinikumsleitung, Präsi- denten medizinischer Fachgesell- schaften, Spitzenvertreter der Ärzte- schaft), worin gezeigt wird, wie man sich in der Öffentlichkeit zu recht- fertigen hat. In der repressiven Kommerzialisierung der Medizin werden wir gelehrt, die menschliche Zuwendung und die menschliche Nachdenklichkeit der Ökonomie nachzuordnen und die Proklamatio- nen der Qualitätssicherung zu erfül- len. Wir werden gelehrt, die persönli-

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A2940 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 43⏐⏐26. Oktober 2007

B R I E F E

che menschliche Zuwendung vor der ökonomischen Kontrolle zu verber- gen und werden zu menschlichem Handeln allenfalls mit moralischem Druck erpresst. Im Ethikunterricht, in Qualitätszirkeln und in anonymen Fehlermeldesystemen wird diese Spannung noch erhöht. Um diesen Konflikt nicht aushalten zu müssen, um fehlerhaftes Handeln Einzelner von uns weisen zu können, verurtei- len wir sie moralisch und forensisch.

Was lernen wir in der ausschließ- lichen Proklamation des richtigen Handelns und Denkens, in der offizi- ellen Nichtzulassung zweifelnden Nachdenkens über die Grenzfragen?

Zwischen dem eigenen zweifelnden Denken und den proklamierten Grundsätzen, zwischen dem Leiden individueller Menschen unter dem medizinischen lebensverlängernden Handeln und der Starre der offiziell proklamierten Vorschriften und Maßnahmen richtigen ethischen Handelns gibt es einen nicht zur Diskussion zugelassenen Wider- spruch. Undiskutierte und individu- ell nicht auflösbare Widersprüche werden – wie eh und je – mit Tabui- sierung, Abspaltung und Verdrän- gung behandelt. In den offiziellen Verlautbarungen der verfassten Ärz- teschaft vermisse ich eine nicht nur proklamierende, sondern nachdenk- liche, wechselseitig respektvolle und vorbehaltlos offene ethische Diskus- sion dieser unserer gesellschaftlichen Mitschuld. Eine solche Diskussion wäre hilfreich, Fehlhandlungen zu vermindern.

Priv.-Doz. Dr. Johann F. Spittler,Alsenstraße 14, 45711 Datteln

Eher unwahrscheinlich

Nachdem eine Krankenschwester des Mordes an fünf Patienten auf ei- ner kardiologischen Intensivstation der Charité überführt worden ist, stellt Sabine Rieser im DÄ die Frage, ob sich zukünftig ein solcher Vorfall durch eine geänderte Organisation der Verantwortung verhindern ließe.

Als Lösung hat die von der Charité eingesetzte Kommission vorgeschla- gen, die Intensivstationen fachüber- greifend zu größeren Einheiten zu- sammenzulegen. Es gäbe in Deutschland noch sehr viele fachbe-

zogene Intensivstationen, dies habe organisatorische und medizinische Nachteile. Das ist zunächst schwer verständlich. Was ist Intensivmedi- zin? Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Not- fallmedizin (DIVI) hat in dem Band

„Stellungnahmen/Empfehlungen zum Problem der Intensiv- und Not- fallmedizin“, 2. Auflage, Herausge- ber A. Karimi und W. Dick, Novem- ber 1993, Seite 97, erklärt: „Alle in der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Not- fallmedizin zusammengeschlossenen Fachgebiete sind der Meinung, dass die Intensivmedizin weder ein selbst- ständiges Fachgebiet noch ein Teil- gebiet sein kann, sondern integraler Bestandteil der Mutterfächer bleiben muss“. Intensivpatienten sind damit also infolge spezifischer Erkrankun- gen oder Verletzungen Schwerkran- ke und gefährdete Patienten, die ei- ner spezifischen Behandlung bedür- fen. Sie haben ein Anrecht auf die Behandlung durch den bestqualifi- zierten verfügbaren Arzt für ihr Krankheitsbild. Eine fachübergrei- fende Leitung der Intensivstation be- deutet, die Leitung einem Arzt, der weniger für die spezifischen schwers- ten Krankheitsfälle ausgebildet ist, zu übertragen. Fachspezifische In- tensivstationen stellen daher eher ei- nen medizinischen Vorteil für die Pa- tienten dar. Sind fachübergreifende Intensivstationen wirtschaftlicher als fachspezifische? Es entspricht nicht den wirtschaftlichen Berechnungen im eigenen Klinikum, dass die Über- tragung der Verantwortung für spezi- fische Intensivstationen an die Kolle- gen zum Beispiel der Anästhesie, ei- ne Kostenersparnis erbrächte. Das Gegenteil ist der Fall: Die Mehrar- beit bei einer solchen Übertragung von Verantwortung wäre durch die Kollegen der Anästhesie nur durch einen Stellenaufwuchs zu schultern, während gleichzeitig die fachspezi- fisch ausgebildeten Intensivmedizi- ner ständig bereitgehalten werden müssten, da die fachärztliche Beur- teilung jederzeit verfügbar sein muss . . . Es ist daher in der Summe weniger personalaufwendig, wenn nur die sowieso erforderlichen Fachärzte die fachspezifische Inten- sivmedizin betreiben. Zum gleichen

Ergebnis kommen die Publikationen von Cremer et al. „Interdisziplinäre oder fachgebundene Intensiveinheit?

Was ist die richtige Organisations- form?“ f & w, 6/2006, 23. Jahrgang, Seite 648–651 . . . Es ist zudem gänzlich unwahrscheinlich, dass in einer größeren organisatorischen Einheit, in der die einzelnen Mitar- beiter eine gewisse Anonymität ha- ben, Straftaten schneller aufgedeckt werden als in einer kleineren und da- her überschaubaren organisatori- schen Einheit . . .

Prof. Dr. med. R. Firsching,

Direktor der Universitätsklinik für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Magdeburg,

Leipziger Straße 44, 39120 Magdeburg

KLINIKKÄUFE

Bei jeder untersag- ten Fusion habe es andere Kaufinteres- senten gegeben, sagt das Kartellamt (DÄ 30/2007: „Wett- bewerb im Gesund- heitswesen: Das Bundeskartellamt will sich noch häufiger einmischen“ von Heinz Stüwe).

Nur ein Interessent

Für Mellrichstadt hat es außer dem Rhön-Klinikum keinen anderen Kaufinteressenten gegeben.

Siegmund Schmitt,Landratsamt Rhön-Grabfeld, Spörleinstraße 11, 97616 Bad Neustadt/Saale

TERROR

An den Anschlägen von London und Glasgow waren sechs Ärzte beteiligt (DÄ 28–29/2007:

„Geschockt über die Verstrickung von Ärzten“ von Kurt Thomas).

Mörder

Diese Männer haben vielleicht ein- mal Medizin studiert und auch eine Approbation erhalten, „Ärzte“ sind sie jedoch nicht – sie sind schlicht und einfach Mörder!

Dr. med. Michael Kurtze,Duvenstedter Damm 37, 22397 Hamburg

Referenzen

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