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Archiv "Neue Medien — auch für die Heilberufe Ferdinand Klinkhammer" (08.10.1982)

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Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 40 vom 8. Oktober 1982

Neue Medien —

auch für die Heilberufe

Ferdinand Klinkhammer

Stichworte zu den neuen Medien: Bildschirmtext, Fernkopieren, Textcomputer, Praxiscomputer, Kabelfernsehen, Satellitenfernse- hen, Videotext.

Aussichten? Die „neuen Medien" sind zu einem guten Teil bereits im täglichen Einsatz (etwa Textcomputer. Fernkopierer), zum Teil in der Erprobung und kurz vor dem breiten Einsatz (vor allem:

Bildschirmtext), zum Teil sind sie technisch einsatzfähig, ihr Ein- satz wird aber rechtlich oder politisch behindert (in erster Linie ist davon das Kabelfernsehen betroffen).

Für die Heilberufe? Es lohnt sich in jedem Fall, jedes der neuen Medien daraufhin zu prüfen, ob es im Krankenhaus oder in der Praxis brauchbar ist. Mit einiger Sicherheit läßt sich heute schon voraussagen, daß einige der Medien auch für die ärztliche Berufs- ausübung Bedeutung gewinnen werden. In diesem Beitrag wird versucht, die Aussichten der einzelnen Medien daraufhin abzu- stecken.

Der Verfasser ist Geschäfts- führer des Deutschen Ärzte- Verlages, sein Artikel geht auf ein Referat zurück, das er anläßlich eines wissen- schaftlichen Symposions:

„Konsequenzen neuer Me- dien für die Ausübung Freier Berufe", veranstaltet vom In- stitut für Freie Berufe an der Universität Erlangen-Nürn- berg, gehalten hat. Die Refe- rate dieses Symposions wer- den im Jahrbuch des Insti- tuts zusammengefaßt, das in Kürze erscheinen wird.

Ein Medium, das vielfach noch zu den „neuen" gezählt wird, ist so neu schon gar nicht mehr: die Au- diovision. Die dabei verwandte Kombination von Ton und Film wurde im Grunde schon im klassi- schen Tonfilm realisiert. Auch die neuere Variante, eben die Audiovi- sion, hat heute einen festen Platz in der ärztlichen Ausbildung, Wei- terbildung und Fortbildung. Wie eine Katalogisierung durch das In- stitut für den wissenschaftlichen Film, Göttingen, ausweist, gibt es derzeit etwa 5000 Fortbildungsfil- me mit den Schwerpunkten Medi- zin und medizinische Naturwis- senschaft. Seit Beginn der 70er Jahre wurden .audiovisuelle Pro- gramme entwickelt und kommer- zialisiert, konnten sich allerdings in vielen Fällen nicht oder nur schwach am Markt behaupten.

Von historischer Bedeutung ist

noch die „Ärztliche Tonbandzei- tung", die 1961 herausgegeben wurde und der nur eine kurze Le- bensdauer beschieden war.

Video-Text

Zu den neuen Medien, die heute in der Öffentlichkeit gemeinhin unter dieser Definition auch als solche verstanden werden, zählt hinge- gen das Video-Text-Verfahren. Da- bei handelt es sich um eine Tele- kommunikationsform, bei der Textinformationen innerhalb des Fernsehbildsignals von den Fern- sehsendern ausgestrahlt, am Empfangsort in Zusatzbausteinen des Fernsehers dekodiert und dann auf dem Bildschirm sichtbar gemacht werden. In einer Sekun- de können auf diese Weise 4 Ta- feln mit je 24 Textreihen zu je ma-

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Neue Medien

ximal 40 Zeilen übertragen wer- den. Man spricht von einer Über- tragung in den Austastlücken des Fernsehprogramms. Die ge- wünschte Information kann der Vi- deotext-Teilnehmer mit der Tasta- tur seiner Fernsehfernbedienung abrufen.

Der Teilnehmer ist aber nicht in der Lage, eine ganz bestimmte Nachricht, die er gerade erhalten will- etwa neueste Sportergebnis- se -, sofort zu empfangen. Das ist nur dann möglich, wenn zu der Zeit ein entsprechendes Pro- gramm ausgestrahlt wird. Ist das nicht der Fall, dann muß der Teil- nehmer warten, bis in der gesen- deten Reihenfolge gerade die Ta- fel mit den Informationen er- scheint, die er wünscht. Er stellt also sein Empfangsgerät auf die gewünschte Tafel ein; sobald die Tafel gesendet wird, erscheint sie auf seinem Bildschirm und wird dort festgehalten. Da manchmal bis zu 100 Seiten hintereinander ausgestrahlt werden, kann es sein, daß der Teilnehmer seine ge- wünschte Tafel erst nach 25 Se- kunden empfängt. Videotext kann nicht für den Empfang durch ein- zelne Zielgruppen beschränkt werden - zweifellos ein Nachteil für spezielle Programme für Ärzte, Zahnärzte und Apotheker.

Bildschirmtext

Interessanter für die Anwendung in Heilberufen dürfte schon das Bildschirmtextverfahren (Btx) sein, das einen Dialog zwischen Anbieter und Anwender ermög- licht. Der Teilnehmer hat einen di- rekten Zugriff auf eine Textdaten- bank, die auch die Übermittlung von grob gerasterten Bildelemen- ten erlaubt. Er kann aus einer Viel- zahl von angebotenen Informatio- nen gezielt die ihn interessieren- den zu jeder seinen Bedürfnissen entsprechenden Zeit abrufen. Zur Teilnahme am Btx-Dienst benötigt der Teilnehmer ein Telefon mit ei- ner speziellen Datentaste, ein Mo- dem, das von der Post gegen Ge- bühr installiert wird und das die

elektrischen Signale für Bild- schirmtext auf die übliche Schwin- gungsfrequenz des Fernsprechers moduliert, sowie ein Farbfernseh- gerät mit Fernbedienung, das für Btx zusätzlich mit einem Decoder ausgestattet ist. Dieser gestattet es wiederum, die Schwingungsfre- quenz des Fernsprechers in elek- trische Signale für den Bild- und Tonaufbau umzuwandeln. Die Ko- sten für den Btx-Teilnehmer hän- gen von der Nutzungsdauer ab.

"Mischmedien"

Bei den Medien wird grund- sätzlich unterschieden in ..,.. Speicherungsmedien (zum Beispiel Datenbanken) ..,.. Verbreitungsmedien (zum Beispiel Laser, Glasfa- ser, Satellit)

..,.. Wiedergabemedien (zum Beispiel Buch, Rundfunk, Fernsehen)

Bei den neuen Medien han- delt es sich um Kombinatio- nen dieser Medienarten.

Die Post wird nach der bundeswei- ten Einführung des Bildschirmtex- tes 1983 die normalen Telefonorts- gebühren zur Anrechnung brin- gen, dazu müssen die vom Btx- Anbieter festgesetzten Gebühren für die abgerufenen Informationen bzw. die Nutzung spezieller Dienstleistungen gesondert be- zahlt werden. Die Berechnung er- folgt mit der Telefonrechnung.

Wie geht nun ein Btx-Kontakt vor sich?

Der Teilnehmer wählt über Telefon die Btx-Zentrale an und erhält so- mit Zugang zum Btx-System. Der Abruf der gewünschten Informa- tionen erfolgt mit der Tastatur der Fernbedienung über den zentra- len Computer der Bundespost, an

die weitere Informationszentren und Datenbanken angeschlossen sein können. Die Zugriffszeit ist sehr kurz. Der Informationsabruf erfolgt über den sog. Suchbaum, über den ein praktisch unbegrenz- tes Informationsangebot zur Ver- fügung gestellt werden kann. Die Btx-Technik läßt eine Reihe von Anwendungen zu:

..,.. Informationen für mehrere ..,.. Informationen für den einzel- nen bzw. für eine Zielgruppe und ..,.. Dialog mit dem Rechner oder mit im Verbund angeschlossenen Datenbanken.

Das Bildschirmtextverfahren hat gewisse technische Grenzen, die die Wiedergabequalität negativ beeinflussen. Eine Textseite ent- hält maximal 24 Textzeilen

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Zeichen. Somit ist eine Übertra- gung von Bildern nicht möglich. Es können allerdings grobe Zei- chendiagramme übertragen wer-

den. Zur Zeit können nur 6 Farben

wiedergegeben werden. Jedoch soll nach einem Btx-Standard, der zwischen 6 europäischen Natio- nen vereinbart wurde, diese Zahl noch in diesem Jahr auf 512 Farb- töne erweitert werden.

Das Btx-lnformationsangebot ist nahezu unbegrenzt. Die Speicher- kapazität der posteigenen Btx- Zentrale läßt sich beliebig erwei- tern. Hinzu kommt, daß der An- schluß von beliebig vielen exter- nen Rechnern möglich ist.

Was brachten die Feldversuche?

Im Großraum Düsseldorf und in West-Berlin wird Btx von der Post an je 2000 bis 3000 Teilnehmern getestet. Unter der Vielzahl von Anbietern sind auch vier Arznei- mittelhersteller. Die Btx-Software von zwei dieser Anbieter wurde auf dem diesjährigen ärztlichen Fortbildungskongreß in Berlin vor- geführt. Es handelte sich in beiden Fällen um spezielle Arztprogram- me, zu denen nur Ärzte im Testge- biet Zugang haben. Seide Pro-

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gramme geben dem Arzt die Mög- lichkeit, Informationen abzurufen, Informationsmaterial zu bestellen und in einem Btx-Spiel die Mög- lichkeiten des Bildschirmtextver- fahrens kennenzulernen. Der Ab- ruf von Arzneimittelmustern ist noch nicht enthalten, offenbar weil die rechtlichen Grundlagen noch geklärt werden müssen. Ei- ner der beiden Anbieter gab dem Arzt die Möglichkeit, im Dialog mit dem Computer mittels Multiple-

choice-Fragen sein Wissen zu te-

sten.

Langfristige Aussichten

Die bisher über Bildschirmtext ge- botenen ärztlichen Informationen dürften den Aufwand und Einsatz kaum rechtfertigen. Doch könnten zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sich Btx nach bundesweiter EinführUrig bei einer großen Teil- nehmerzahl durchsetzen sollte, auch sinnvolle Anwendungen für Heilberufe gefunden werden. Zum Beispiel:

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Ärztliche Organisationen und Verbände der pharmazeutischen Industrie betreiben eine gemein- same Btx-Redaktion, die täglich aktuelle Informationen zum Abruf durch Ärzte, Zahnärzte und Apo- theker Btx-gerecht einspeichert.

Es könnte sich dabei um offizielle Stellungnahmen zu Tagesereig- nissen aus dem Bereich der Ge- sundheits-, Sozial- oder Gesell- schaftspolitik handeln. Es könnten Produktinformationen, die eine schnelle Verbreitung erfordern,

möglich sein wie zum Beispiel Arz-

neimittelrückrufe, Warnhinweise, lndikationseinschränkungen.

f) Die Pharma-Industrie bietet den ärztlichen Btx-Teilnehmern ei- nen Literatur-Service, bei dem in- teressante Literatur dem Arzt zum Anfordern per Bildschirmtext an- geboten wird. ln diesem Service könnte auch ein Dienstleistungs- angebot über Literaturrecherchen angeboten werden. Über diesen Dienstleistungsservice hätte dann die pharmazeutische Industrie

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Neue Medien

Zwischen Individual- und Massenkommunikation

Sehr oft werden die "neuen Medien" mit "elektronischen" Medien gleichgesetzt. Demnach müßte auch das Radio ein neues Medium sein. Sind "neue Medien" schlicht solche, die erst in jüngster Zeit auf den Markt gebracht wurden? Wohl auch nicht. Denn sonst wären Trikotwerbung, Taxiwerbung, Diskothekenpromotian auch zu den "neuen Medien" zu zählen.

Der Verfasser sieht vielmehr- in Übereinstimmung mit Eberhard Witte- die "neuen Medien" dadurch charakterisiert, daß sie weder der Individualkommunikation noch der Massenkommunikation eindeutig zuzuordnen sind.

auch die Möglichkeit, ihr Btx-An- gebot so attraktiv zu machen, daß der Arzt es von sich aus abfragt.

Hierbei könnten dem Arzt dann die von der Pharma-Industrie ge- wünschten Produktinformationen mehr oder weniger als werbliche Beigabe mitgeliefert werden.

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Die unter 1. erwähnten Redak- tionen oder auch die Pharma-In- dustrie könnten einen Fortbil- dungs-Service aufbauen und spe- zielle Fortbildungsprogramme über Btx anbieten. Hier würde sich besonders das Multiple-choice- Verfahren eignen.

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ln gleicher Weise könnten auch Btx-Programme für Apothe- ker erstellt werden. Diese Pro- gramme könnten hier um ein Arz- neispezialitätenverzeichnis erwei- tert werden, das ggf. vom pharma- zeutischen Großhandel angeboten wird und in ein Bestellsystem ein- zubauen ist.

Man sollte auch an die Möglich- keit denken, daß Unternehmen der Pharma-Industrie ein Patienten- Programm entwickeln, das Infor- mationen über gesunde Lebens- formen (Sport, Diät, Verhaltens- weise bei bestimmten Erkrankun- gen, Erste Hilfe usw.) enthält. Das könnte wieder attraktiv gemacht werden mit einem anspruchsvol- len Unterhaltungsprogramm und durch Produktinformationen über

nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel werblichen Nutzen

bringen. Allerdings verbietet der Gesetzgeber bisher den Einsatz des Bildschirmtextes zu werbli- chen Zwecken - aber das könnte sich ja in späteren Zeiten ändern.

Einige technische Hindernisse ste- hen einer weiten Verbreitung von Btx einstweilen jedoch noch ent- gegen:

~ Telefon und Fernsehen müs- sen in der Regel beieinander ste- hen. Bei intensiver Btx-Nutzung wäre das Telefon über lange Zeit blockiert, so daß ein Zweitan- schluß nötig wäre.

~ Die Qualität der Bilddarstel- lung ist bisher nicht lesefreund- lich. Die Hardware-Hersteller sind zwar damit beschäftigt, Fernseh- geräte zu konstruieren, die es ge- statten, Btx-Hardcopys zu ziehen, d. h. also vom Fernsehbild ein Pa- pierbild im direkten Verfahren her- zustellen. Aber hier sind der farbli- ehen Wiedergabe deutliche Gren- zen gesetzt.

Kabeltext

Anders dürften die Aussichten der Nutzung neuer Medien durch die Heilberufe beim ~ abeltext ausse- hen. Während Videotext in der Austastlücke des Fernsehbildes übertragen und Bildschirmtext im schmalbandigen Fernmeldenetz vermittelt wird, stehen für Kabel- text die technische Qualität des

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Neue Medien

Breitbandnetzes und die vielkana- ligen Möglichkeiten der Breit- bandkommunikation zur Verfü- gung. Über die Vorstufe der Groß- gemeinschaftsantennen sollen die Pilotprojekte der Bundesländer zum Kabelfernsehen die Möglich-

keiten dieses neuen Breitbandme- diums ausloten und deren Einfüh- rung vorbereiten. Medienpoliti- sche Entwicklungen haben die Ka- belpilotprojekte bisher behindert und verzögert. Beim Kabelpilot- projekt Ludwigshafen dürfte je- doch Ende 1983/Anfang 1984 der Sendebetrieb aufgenommen wer- den können. Die Vielzahl der bei der Verkabelung — sei es über Glasfaserkabel oder konventionel- le Kabel — zur Verfügung stehen- den Kanäle könnte ein sehr weites Angebotsspektrum ermöglichen.

Dazu gehören Regionalprogram- me, bestehende dritte Program- me, ausländische Programme (auch Überseeprogramme via Sa- tellit), Lokalprogramme, Zielgrup- penprogramme, die abgerufen werden können, Kabeltext, Indivi- dualdienste und nicht zuletzt ein Dialog mit der Sendezentrale im Rückkanal.

Kommt es zur Verkabelung des Bundesgebietes?

Ein Ausschöpfen dieser Möglich- keiten erfordert aber nicht nur ei- ne Verkabelung zwischen Teilneh- mern und Sendezentrale, sondern auch hohe technische Aufwen- dungen in der Sendezentrale. Man muß nämlich dort die Möglichkeit schaffen, mittels großer Antennen- anlagen Hör- und Fernsehpro- gramme aufzufangen. Man muß Textspeicher, Dialogrechner und Gebührenzähler für die Individual- dienste installieren. Man benötigt Studio- und Abspieleinrichtungen für eigene Fernsehprogramme.

Angesichts dieser enormen Auf- wendungen und dem Geldmangel von Bund, Ländern und Gemein- den dürfte eine Verkabelung der gesamten Bundesrepublik noch in weiter Ferne stehen. Vielleicht wird sie überhaupt unterbleiben, weil andere Technologien wirt- schaftlichere und bessere Mög-

lichkeiten für die Breitbandkom- munikation bieten.

Die Breitbandverkabelung würde für die Heilberufe allerdings eine Vielzahl von Informationsmöglich- keiten eröffnen. So könnten Ärzte, Zahnärzte und Apotheker durch zielgruppenspezifische Tages- schauen mit Filmbeiträgen über aktuelle standespolitische Ge- schehen informiert werden. Die Berufsorganisationen könnten ak- tuelle Ereignisse kommentieren.

Fortbildungsinstitutionen könnten Fortbildungsprogramme verbrei- ten. Die Heilberufler wären in der Lage, in einem breiten Informa- tionsverbundsystem Datenbanken zu nutzen. Damit wäre es möglich, Literaturabfragen durchzuführen, Arzneimittelinformationen zu er- halten, spezifische Anfragen über Arzneimittelinteraktionen durch- zuführen, und zwar — wenn man die Möglichkeit der Satellitkom- munikation in Betracht zieht — weltweit. Dieses Medium könnte somit Chancen haben, von den Heilberufen in weitem Umfang ge- nutzt zu werden.

Das „neue Medium" der Zukunft kam erst mit der Entwicklung der Weltraumtechnik: die Informa- tionsübertragung über Satelliten.

Satellitenfunk

Satellitenfunk ist die modernste Form der Richtfunktechnik. We- gen der geradlinigen Ausbreitung von Mikrowellen und der ge- krümmten Erdoberfläche hätte man sicher zum Beispiel für eine Verbindung von Europa und Ame-

rika einen 1000 km hohen Richt- funkturm, der im Atlantik errichtet werden müßte, gebraucht. Das ist bautechnisch unmöglich. Hier hilft nun der „Kunstgriff" Satelliten- technik. Die sogenannten äquato- rialen Synchronsatelliten werden an bestimmten Punkten am Him- mel „verankert", d. h. sie werden mit Trägerraketen in einen Erdab- stand von rund 36 000 km beför- dert und fliegen dort in einer Kreisbahn um den Erdäquator, synchron zur Erddrehung.

Der derzeit modernste Typ ist In- telsat V, der über 12 000 Fern- sprechstromkreise verfügt oder 30 bis 40 Fernsehkanäle aufnehmen kann. Insgesamt werden derzeit von der Post, in deren Zuständig- keit in der Bundesrepublik das Sa- tellitenfernsehen fällt, über rund 1500 Leitungen Verbindungen mit 47 Ländern betrieben. Der schon in Planung befindliche Satellit In- telsat VI, der voraussichtlich Ende 1986 zum Einsatz kommt, soll be- reits eine Sprechkreiszahl von 60 000 bis 80 000 haben.

Um die schwachen Signale, die von den Satelliten abgestrahlt werden, zu empfangen und zu ver- stärken, betreibt die Deutsche Bundespost zwei Erde-Funkstel- len (Raisting/Oberbayern und Usingen bei Frankfurt).

Die Antenne II in Raisting hat ei- nen Parabolreflektor von 28,5 m Durchmesser, der gegen Schnee und Vereisung durch 5000 Infra- rotstrahler auf der Rückseite der Reflektorplatten geschützt ist, die automatisch eingeschaltet werden und bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt den Reflektor vor dem Vereisen schützen. Die An- tennen folgen den geringfügigen Positionsschwankungen der Sa- telliten automatisch. Empfindliche Verstärker, die mit flüssigem He- lium bis nahe an den absoluten Nullpunkt (minus 273 Grad) ge- kühlt werden, verstärken das au- ßerordentlich schwache Emp- fangssignal, das in einer Größen- ordnung von 1/00.0. Teil eines

1A00.0. Watt (10 -12) liegt, um das Zehntausendfache. Nach weiterer Verstärkung und mehrfacher Fre- quenzumsetzung gelangt das Si- gnal in das terrestrische Richt- funknetz und damit zum Empfän- ger. Die Antwort kommt auf dem- selben Weg zurück; und ein star- ker Sender strahlt sie zum Satelli- ten ab. Es wird also gesendet und empfangen über dieselbe Anten- ne, aber bei verschiedenen hohen Frequenzen in viele Verkehrsrich- tungen. Ein einziger Satellit kann mehr als 1/3 der Erdoberfläche mit Informationen versorgen.

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Neue Medien

Zur internationalen Abstimmung über das Satellitenfernsehen wur- de die Organisation lntelsat 1964 durch Regierungsabkommen ge- gründet. Ihr gehören heute etwa 80 Nationen an.

Der Nutzen für den einzelnen Fernsehzuschauer

Beim Satellitenfernsehen kann der einzelne Fernsehzuschauer Sen- dungen direkt empfangen, er ist also nicht auf das Kabelnetz der Bundespost angewiesen. Für das Satellitenfernsehen wird eine Parabolantenne benötigt, die ei- nen Spiegel von mindestens 90 cm Durchmesser haben soll und in . der Bundesrepublik den Empfang von etwa 10 Kanälen ermöglicht.

Bei einem 1 ,80 m Antennenspiegel lassen sich jedoch bereits schon 50 Kanäle empfangen. Hier wäre die Nutzung einer kostengünsti- gen Gemeinschaftsantenne und das Einspeisen in Kabelnetze die wirtschaftlichste Lösung. Diese Art der Satellitenkommunikation wird schon recht bald zur Verfü- gung stehen. Die Genfer Konfe- renz für Frequenzaufteilung hat der Bundesrepublik Deutschland bereits 5 Kanäle zugeteilt. Ende 1983/Anfang 1984 soll der europä- ische Direktsatellit mit der Europa- Rakete "Ariane" gestartet werden.

Geplant ist damit in einer präope- rationalen Testphase die Aus- strahlung der derzeitigen terrestri- schen Television-Programme von ARD und ZDF auf einem Kanal, die der Hörfunk-Programme in Ste- reoqualität Ende der 80er Jahre beginnt das eigentliche Satelliten- fernsehen mit speziellen Program- men. Unter anderem plant das Eu- ropaparlament die Schaffung ei- nes gemeinsamen europäischen Fernsehprogramms. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, daß Radio Luxemburg einen eigenen Satelliten plant, an des- sen Finanzierung auch Zeitungs- verleger beteiligt werden. Durch eine Anzahlung hat sich Radio Lu- xemburg den Start der Europa-Ra- kete "Ariane" für Mai 1985 gesi- chert. Es soll dann auch im Be- reich der Bundesrepublik möglich

sein, das ausgestrahlte Fernseh- programm, das Werbespots ent- hält, in der Bundesrepublik zu empfangen.

Zukunftsmusik ...

Die Satellitenkommunikation steckt noch in den Kinderschu- hen, ihre Möglichkeiten lassen sich heute nur erahnen. Einerseits könnten in Kombination mit der Kabelkommunikation Fernüber- tragungsnetze entstehen, die in bezug auf den Zugriff auf Daten- banken keinerlei Beschränkungen unterliegen. Satellitenfunk könnte aber auch - und das wäre sogar wahrscheinlicher - die außeror- dentlich teure Verkabelung, die in der Bundesrepublik sicher nicht vor Ende der 80er Jahre erfolgen wird, völlig überflüssig machen.

Wenn bis zu diesem Zeitpunkt ausreichend Satellitenkanäle zur Verfügung stehen, wenn Anten- nen mit höchstem Wirkungsgrad entwickelt werden, die für jeden Privathaushalt erschwinglich sind, und wenn die Fernsehgeräte mit entsprechenden Verstärkern aus- gerüstet werden, wird man sicher- lich in der Bundesrepublik auf die Verkabelung verzichten. An des- sen Stelle träte dann die Satelli- tenkommunikation mit all ihren ungeahnten technischen Möglich- keiten. Auch hier ergäben sich Einsatzmöglichkeiten für die Heil- berufe, wie sie für die Kabelkom- munikation bereits aufgezeigt worden sind - jedoch noch welt- umspannender.

Datenfernübertragung

Die neuen Verbreitungsmedien bieten auch für Mitglieder der Heilberufe ungeahnte Zugriffs- möglichkeiten auf Datenbanken.

Beispielsweise könnte das Daten- banksystem DIMDI, das vom Bun- desministerium für Forschung und Technik als Fachinforma- tionszentrum betrieben wird und in einem weltweiten Datenbank- verbund arbeitet, unverzüglich und ohne Zeitverlust über Bild- schirm zu Hause oder in der Praxis

abgefragt werden. Es Würde auch der Zugriff möglich sein zu einem neuen Datenbanksystem, das die American Medical Association un- ter dem Nam~n AMA-GTE aufge- baut hat und das im November 1981 vorgestellt wurde. Es bestün- de aber auch die Möglichkeit, daß der Arzt, der bereits einen Praxis- computer besitzt, über das Termi- nal dieses Praxiscomputers via Datenfernübertragung Datenban- ken abfragt und deren Antworten in seinen Praxiscomputer einspei- chert.

Kleincomputer für die Praxisrationalisierung

Mit der Entwicklung der Kleincom- puter gibt es jetzt Computer, die von ihrer Größenordnung (auch fi- nanziell!) her für die Arztpraxis ge- eignet sind. Zahlreiche Software- Häuser begannen im Hinblick auf diesen noch jungfräulichen Markt mit der Entwicklung von entspre- chenden Software-Paketen. Eine Spitzenposition nahm dabei das Zentralinstitut der Kassenärztli- chen Versorgung, Köln, ein, das mit eigenen Mitteln und mit Unter- stützung des Bundes ein derarti- ges Software-Paket entwickelte und zu einem benutzungsgeeigne- ten Abschluß brachte.

..,.. Dieses Programm wurde unter der Bezeichnung ARCOS vor etwa zwei Jahren an der Anwendung in- teressierten Unternehmen ohne Berechnung überlassen. Der Ein- satz wurde jedoch davon abhän- gig gemacht, daß mindestens eine kassenärztliche Quartalsabrech- nung über dieses System fehler- frei erstellt sein mußte. Damals gab es etwa 40 ARCOS-Überneh- mer, von denen heute noch weni- ge - darunter der Deutsche Ärzte- Verlag - das Projekt weiterverfol- gen. Wir haben das uns seinerzeit überlassene ARCOS in fast zwei- jähriger Arbeit in Zusammenarbeit mit einem "Pilotarzt" in benutzer- freundliche Programmsprachen umgeschrieben und bis zur Markt- reife weiterentwickelt. Mit einem solchen Praxiscomputer kann bei- spielsweise die Kassenabrech-

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Neue Medien

nung problemlos durchgeführt werden. Inzwischen läuft auch mit einem Privatabrechnungsmodul die Privatabrechnung problemlos.

Das System ist in der Lage, fehler- frei Anamnese zu übernehmen, den ärztlichen Verrichtungen die notwendigen Gebührenordnungs- positionen zuzuordnen, Befund- mitteilungen zu schreiben, eine umfangreiche Patientenkartei zu verwalten und im Grunde alle Funktionen bis zum Ausschreiben des Rezeptformulars zu überneh- men, die geeignet sind, den Ablauf in einer ärztlichen Praxis rationell zu gestalten.

Eine weite Verbreitung des Praxis- computers hängt ab von einer Vor- aussetzung, die leider bis heute noch nicht erfüllt ist:

..,.. Es muß möglich werden, dem Arzt ein Mehrplatzsystem, d. h. ei- nen Kleincomputer mit minde- stens zwei Bildschirmterminals, Plattenlaufwerk und Drucker zu- sammen mit einer optimalen Soft- ware anzubieten zu einem Preis, der 30 000 DM nicht überschreiten sollte. Es ist indes damit zu rech- nen, daß es gelingt, schon Ende dieses Jahres dieses Kostenlimit zu unterschreiten.

Wenn der Praxiscomputer breite Anwendung findet, so gestattet er, in Kombination mit den neuen Breitbandmedien, den Einstieg in die vielfältigsten, für die Heilberu- fe wichtigen lnformationssysteme.

Es wird dann sicherlich auch mög- lich sein, über Datenfernverarbei- tung einen Dialog nicht nur mit Datenbanken, sondern auch mit den Rechnern der Kassenärztli- chen Verrechnungsstellen oder mit den Rechnern von Arzneimit- telinformationszentren zu prakti- zieren.

Literatur beim Verfasser (Sonder- druck)

Anschrift des Verfassers: Dr. rer. nat.

Ferdinand Klinkhammer Dieselstraße 2

5000 Köln 40

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen TAGUNGSBERICHTE

Das Solidaritätsprinzip neu überdenken

Expertentagung des Zentralinstituts in Berlin

"Wir müssen das Solidaritätsprin-

zip als unverzichtbare Basis der sozialen Krankenversicherung neu überdenken." Dies war die einhellige Auffassung aller betei- ligten Experten aus Wissenschaft, Verbänden und Politik auf einem Symposium, das das Zentralinsti- tut für die kassenärztliche Versor- gung (ZI), Köln, in Berlin veranstal- tete und dessen Ergebnisse jetzt unter dem Titel "Finanzierungs- probleme in der Sozialversiche-

rung"*) im Deutschen Ärzte-Ver-

lag veröffentlicht wurden.

Die Solidarität, die heute in der gesetzlichen Krankenversiche- rung praktiziert wird, ist nicht in allen B~reichen notwendig und zweckmäßig. Sie führt, im Gegen- teil, zur individuellen Inaktivität und zur Schwächung individueller Leistungsbereitschaft Konkret forderte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Angestellten- Ersatzkassen, Hans-Werner Mül- ler: " ... Wir müssen den immer stärker ausgeuferten Leistungska- talog auf die Notwendigkeit soli- darischer Verpflichtung hin über- prüfen und wir müssen dafür - was vermutlich das Schwierigste ist - ein öffentliches Bewußtsein herbeiführen".

Beskes Konzept

Der Direktor des Instituts für Gesundheits-System-Forschung, Prof. Dr. med. Fritz Beske, Kiel, hat auf diesem Symposium sein inzwi- schen häufig diskutiertes Grund- konzept für die Neugestaltung ei- ner gesetzlichen Krankenversiche- rung erstmals vorgestellt. Dreh- und Angelpunkt dieses Konzeptes ist die Reduzierung des Leistungs-

kataloges der gesetzlichen Kran- kenversicherung auf eine gesetz- lich festgelegte Grundsicherung, die durch freiwillige Zusatzleistun- gen der Selbstverwaltungsorgane ergänzt werden kann. Bestim- mungsfaktoren einer gesetzlich festgelegten Grundsicherung sind unter anderem:

1. Medizinische Aspekte einer angemessenen gesundheitlichen Versorgung.

2. Ökonomische Aspekte einer volkswirtschaftlich tragbaren, auf die Dauer finanzierbaren gesund- heitlichen Versorgung.

3. Ordnungspolitische Aspekte ei- ner nach dem Versicherungsprin- zip ausgerichteten und nach dem Subsidiaritätsprinzip handelnden Selbstverwaltung.

Der Umfang des Leistungskatalo- ges der gesetzlichen Krankenver- sicherung wird nicht zuletzt von den Finanzierungsmöglichkeiten eines politisch und gesetzlich fest- zulegenden Höchstbeitragssatzes bestimmt, der unter dem heutigen durchschnittlichen Beitragssatz liegen muß.

Deutlich wurde Beske auch in sei- ner Aussage über die Rolle der Wissenschaft im Zusammenhang mit der Neuorientierung der ge- setzlichen Krankenversicherung.

Er meinte, die Antworten auf die vier bestimmenden Grundfragen

nach den: [>

·) Finanzierungsprobleme in der Sozialversi- cherung, Hrsg. G. Brenner, F. W. Schwartz, erschienen in der Reihe .. Tagungsberich- te" des Zentralinstituts für die kassenärzt- liche Versorgung, Band 5, Deutscher Ärz- te-Verlag GmbH, Köln 1982, 119 Seiten, kartoniert 19,80 DM

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