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Archiv "In Ruhe reifen" (09.09.2005)

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Dass umgekehrt Einzelverträge Still- stand für alle anderen Versicherten be- deuten, davon waren etliche in der Mini- steriumsrunde überzeugt. So vertrat SPD-Bundestagsabgeordneter Horst Schmidbauer die Ansicht, die Kassen hätten eine ethische Verpflichtung, ihren Patienten überzeugende IV-Pro- jekte wie in Dresden anzubieten. Dass die AOK Sachsen sich zum Vertragsab- schluss entschlossen hat, liegt nach An- gaben von Rainer Striebel, Geschäftsbe- reichsleiter Gesundheitspartner, auch daran, dass die Kasse in diesem Bundes- land bei den über 70-Jährigen einen Marktanteil von mehr als 70 Prozent hat. Im Klartext: Noch ein wenig mehr Zulauf von Versicherten dieses Alters kann die AOK Sachsen nicht erschüt- tern. Striebel berichtete zudem, dass ein Einstieg anderer Kassen zum Jahresen- de bereits vereinbart ist: „Man kann gar nicht anders, als das Projekt zu öffnen.“

Neues probt auch die Techniker Krankenkasse (TK) seit 1. Juni im Rah- men eines Integrationsvertrags Rücken- schmerz. Dafür hat sie bundesweit eine Vereinbarung mit der Deutschen Ge- sellschaft für Schmerztherapie geschlos- sen, die zunächst in fünf Regionen um- gesetzt wird. „Rückenschmerz ist die häufigste und teuerste Volkskrankheit“, sagte Andreas Vogt, Leiter der TK-Lan- desvertretung in Baden-Württemberg.

Patienten, die der Chronifizierung und langen beruflichen Ausfallzeiten entge- hen wollen, werden in Schmerzkonfe-

renzen untersucht und beraten. Ein Netz aus niedergelassenen Ärzten, Ärz- ten in Tageskliniken, aber auch Fachleu- ten wie Physiotherapeuten garantiert dann eine schnelle, abgestimmte, eng- maschige Therapie.

„Für die TK ist das ein Versuch“, beton- te Vogt. Schließlich steige man damit in die starke Steuerung von Patienten ein.

Risikobereitschaft zeigen auch die Ver- tragspartner: Sie haben sich auf eine er- folgsabhängige Vergütung eingelassen.

Im Kern wurde vereinbart, dass der er- ste Behandlungsmonat sehr viel besser bezahlt wird als der zweite. Einen Bo- nus gibt es, wenn ein Patient flott wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt und mindestens sechs Monate arbeitsfähig bleibt. Ein Malus wird fällig, wenn of- fenbar ungeeignete Patienten ins IV- Projekt aufgenommen wurden.

Die Vertreter von TK und Schmerz- gesellschaft mussten sich kritische Fra- gen gefallen lassen: Ob die Kasse auf Dauer nur noch auf bestimmte Versi- cherte schielen werde und beispielswei- se Hausfrauen oder Rentner lieber über das IV-Angebot im Unklaren las- se, weil es sich für sie nicht rechne? Ob man nicht ein Projekt an der Wirklich- keit vorbei konstruiere, weil manche Patienten auf keinen Fall an ihren Ar- beitsplatz zurückwollten? Hausfrauen mit chronischen Rückenschmerzen stünden nicht im Mittelpunkt, sagte Vogt, sie seien aber auch nicht ausge- schlossen. Und teilnehmen könne nur,

wer aktiv mitarbeiten wolle. Auch Vogt ist im Übrigen der Überzeugung, dass man konkurrierende Kassen nicht lan- ge außen vor halten kann: „Einen ech- ten Einmaligkeitsschutz können Sie schon in rechtlicher Hinsicht gar nicht schaffen.“ Dennoch sei es von Vorteil, als Erster zu starten; es gehe schneller und weniger bürokratisch zu. Die Kon- kurrenz wartet seiner Beobachtung nach gern ab, bis die ersten Kinder- krankheiten beseitigt sind – und steigt dann ein.

„Leuchttürme“ reichen nicht

Es gehe darum, die sektorübergreifen- de Versorgung möglichst praktikabel umzusetzen und in der Breite zu eta- blieren, erklärte im Anschluss Dr. med.

Christopher Hermann, Vizevorsitzen- der der AOK Baden-Württemberg:

„Leuchttürme, die Spitzenversorgung anbieten, reichen allein nicht aus.“ Es sei notwendig, möglichst viele Lei- stungserbringer mit ins Boot zu holen.

Sektorenübergreifende Angebote opti- mierten die Patientenversorgung durch eine verbesserte Koordination der ver- schiedenen Akteure. Zudem würde es den Patienten erleichtert, sich eine un- abhängige Zweitmeinung vor einem planbaren Eingriff einzuholen – so auch bei dem von der AOK Baden-Württem- berg initiierten Vertrag zur Integrierten und leitlinienorientierten Versorgung von Rückenleiden. Grundlage sei eine vernetzte Struktur des Behandlungsab- laufes, die der Hausarzt koordiniere und zu der auch stationäre Versorgung, Re- habilitation und Nachsorge gehörten.

„Wenn der Patient eine Zweitmeinung will, muss er dies nur seinem Kranken- haus mitteilen. Der Untersuchungster- min beim Spezialisten wird dann inner- halb von sieben Tagen organisiert“, be- richtete Hermann.

Kernstück des Programms ist eine behandlungsbegleitende Prävention in AOK-Rücken-Studios. Die Nachfrage unter den Versicherten ist groß: Nach Angaben der AOK kommen zurzeit et- wa 500 Patienten in die Studios. Mehr als 1 500 Hausärzte, 180 Orthopäden und 30 Krankenhäuser arbeiten bereits im IV-Vertrag der AOK mit. Hausärzte erhalten 25 Euro für jeden eingeschrie- P O L I T I K

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A2364 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 369. September 2005

In Ruhe reifen

Der „point of no return“ bei der Etablierung neuer Vertrags- und Versorgungsformen sei über- schritten, meint Prof. Dr. oec. Volker Amelung, Geschäftsführer des Bundesverbands Managed Care (BMC). Eine wichtige Voraussetzung, um neue Versorgungsformen langfristig erfolgreich umzusetzen, ist Amelung zufolge ausreichend Zeit: „Um auf die Schnelle Probleme zu lösen, ist In- tegrierte Versorgung der falsche Anreiz.“Seiner Ansicht nach ist zudem Verlässlichkeit ein Kern- faktor für den Erfolg neuer Versorgungsformen. Die heutige Wechselhaftigkeit der Politik sei vor allem für diejenigen Gift, die Geld in die neuen Versorgungsformen stecken.

Investoren fürchteten in erster Linie unrealistische Annahmen und zu optimistische Wachstums- prognosen, sagte Prof. Dr. Günther Braun von der Universität der Bundeswehr München am Ran- de einer BMC-Veranstaltung „Management von Neuen Versorgungsformen“. Risiken müssten ex- plizit angesprochen werden. Das Management, das den Businessplan erstellt, müsse sich mit der Materie gut auskennen und auf Veränderungen reagieren können. Auch ausreichend Kapital spie- le eine bedeutende Rolle.

„Wir müssen von dem Gedanken wegkommen, dass eine einheitliche Vorgehensweise für alle Integrationsformen besteht“, ergänzte Amelung während der Veranstaltung. Allerdings sei es ir- gendwann für die neuen Versorgungsformen wichtig, dass bestimmte Kernelemente auch auf an-

dere Vertragsabschlüsse übertragbar seien. MM

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