Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 15|
13. April 2012 A 775 BÖRSEBIUSSonnenfinsternis
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ei Solaraktien gibt es derzeit fast nur ein einziges Auswahl- kriterium: pleite oder noch nicht pleite. Das ist, zugegeben, etwas überspitzt formuliert, doch hat es die Branche in den letzten Wochen schon ziemlich gründlich zerlegt.War die Insolvenz des Kraft- werkbauers Solar Millennium für mich persönlich nicht gerade eine große Überraschung, so kam doch die jüngste Havarie von Q-Cells für den einen oder anderen aus heite- rem Himmel, wenigstens zum jetzi- gen Zeitpunkt.
Der Konkurs der Q-Cells kann schon als Donnerschlag gewertet werden, immerhin handelt es sich hier um den einst weltgrößten So- larhersteller, für den an der Börse zu seinen besten Zeiten immerhin acht Milliarden Euro bezahlt wur- den. Q-Cells scheiterte letztlich an seinen horrenden Schulden und erst recht an einer kleinen Clique von Berufsklägern. Aber selbst wenn der
beabsichtigte Tausch von Schulden in Aktien doch noch geklappt hätte, wären die Aktionäre am Ende die Deppen gewesen. Sie hätten einen Wertverlust von mehr als 95 Pro- zent hinnehmen müssen. Da ist die Pleite dann im Grunde nur noch das berühmte Ende mit Schrecken statt des Schrecken ohne Ende.
Spätestens jetzt ist also ein Blick in das eigene Depot dringend ange- sagt, ob denn nicht noch andere So- laraktien vor sich hin schwelen. Die Wahrscheinlichkeit ist ja relativ groß, zählten diese Titel in der Ver- gangenheit doch zu den Lieblingen der Anlageberater, frei nach dem Motto, alternativ investieren, gutes Gewissen haben und fette Gewinne kassieren. Aber das Schlaraffenland gibt’s halt nur im Märchen. Sollten Sie also in Ihrer Liste Solon-Aktien entdecken: Die sind auch schon pleite. Conergy scheint derzeit erst- mal gerettet, aber eben halt auch nur auf Kosten eines erheblichen
Wertverlustes für die Altaktionäre.
Phönix-Solar würde ich aktuell dringend auf die Liste der gefährde- ten Arten setzen.
Doch was ist mit dem Aushänge- schild Solarworld? Der Sonnenkö- nig und Konzernchef Frank Asbeck wettert derzeit vehement gegen die Förderkürzungen und verkennt doch, dass das eigentliche Problem der Branche die Konkurrenz aus China ist, die deutlich preiswerter produ- ziert. So mag es niemanden ver - wundern, dass Solarworld tief in die roten Zahlen gesunken ist und As- beck mit der Forderung nach Straf- zöllen lediglich populistische Argu- mente denn handfeste Strukturmaß- nahmen vorweisen kann. Alarmie- rend ist in diesem Zusammenhang auch, dass derzeit nicht nur die Ak- tionäre, sondern auch die Inhaber von Solarworld-Anleihen ziemlich gebeutelt sind. Verluste von bis zu zwei Dritteln des Nennwerts je nach Laufzeit sprechen eine Spra- che, die deutlicher nicht sein kann.
Eine Sonnenfinsternis geht be- kanntlich vorbei. Und alles ist wie- der gut. Die (zum Teil selbstver- schuldete) Krise der Solarbranche kann sich indes ziehen. Ziemlich.