• Keine Ergebnisse gefunden

Prognose der lokalen Waldbrandgefahr im Tessin durch Modellierung mit Hilfe der k-Nearest Neighbors (kNN) Methode

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Prognose der lokalen Waldbrandgefahr im Tessin durch Modellierung mit Hilfe der k-Nearest Neighbors (kNN) Methode"

Copied!
163
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Waldbrandgefahr im Tessin durch Modellierung mit Hilfe der k-Nearest Neighbors (kNN)

Methode

——–

INAUGURALDISSERTATION

zur

Erlangung der W¨urde eines Doktors der Philosophie vorgelegt der

Philosophisch-Naturwissenschaftlichen Fakult¨at der Universit¨at Basel

von

Andreas Felber aus Basel, Schweiz

Davos, 2005

(2)

Prof. Dr. E. Parlow Prof. Dr. D. Scherer Dr. P. Bartelt, SLF Davos

Basel, den 11. April 2005

Prof. Dr. H.-J. Wirz, Dekan

(3)

W. Somerset Maugham

(4)
(5)

Abbildungsverzeichnis ix

Tabellenverzeichnis xiii

Symbole und Abk¨urzungen xv

Zusammenfassung xvii

Abstract xix

1 Einleitung 1

1.1 Motivation . . . 1

1.2 Zielsetzung . . . 3

1.3 Gliederung der Arbeit . . . 4

2 Grundlagen 7 2.1 Das Ph¨anomen Waldbrand und seine ¨okologischen Folgen . . . 7

2.2 Geschichte der Waldbr¨ande auf der Alpens¨udseite . . . 10

2.3 Klima im Tessin . . . 14

2.4 Vegetation im Tessin . . . 18

3 Prognosemodelle 19 3.1 Einf¨uhrung . . . 19

3.2 Modelltypen . . . 19

3.3 Schritte der Modellentwicklung . . . 21

3.4 Prognosemodelle in der Waldbrandforschung . . . 22

3.5 Klassifikation von Ereignissen . . . 24

(6)

4.2 Grundlagen . . . 31

4.3 Die kNN-Methode . . . . 31

4.4 Entwicklung deskNN-Modells . . . . 34

5 Das kNN-Waldbrand Prognosemodell 39 5.1 Stationsauswahl und Gebietseinteilung . . . 39

5.2 Grundwahrscheinlichkeit s (base rate) . . . 42

5.3 Homogenit¨at der Messreihen . . . 45

5.4 Variablenwahl . . . 49

5.4.1 Empirische Bestimmung der Variablen . . . 50

5.4.2 Bestimmung der Variablen mittels logistischer Regression . 52 5.4.3 Skalierung der Variablen . . . 56

5.5 Variablengewichtung mittels Genetischen Algorithmen (GA) . . . 56

5.5.1 Methode . . . 57

5.6 Erstellung einerkNN-Prognose . . . . 60

5.6.1 Bin¨are Prognose (BF) . . . 60

5.6.2 Probabilistische Prognose (PF) . . . 61

5.6.3 Deskriptive Prognose (DF) . . . 63

6 Verifikation von Prognosemodellen 67 6.1 Einf¨uhrung . . . 67

6.2 Trainingsdatensatz und Testdatensatz . . . 68

6.3 Arten der Verifikation . . . 70

6.4 Verifikation von bin¨aren Prognosen . . . 72

6.4.1 Relative Operating Characteristic (ROC) . . . 77

6.5 Verifikation von probabilistischen Prognosen . . . 79

6.5.1 Zuverl¨assigkeitsdiagramm (attributes diagram) . . . 81

6.6 Verifikation von deskriptiven Prognosen . . . 81

7 Resultate 83 7.1 Einf¨uhrung . . . 83

7.2 Bin¨are Prognose (BF) . . . 83

7.2.1 Relative Operating Characteristic (ROC) . . . 87

7.3 Probabilistische Prognose (PF) . . . 87

(7)

7.5 Fallbeispiele . . . 91

7.6 Sensitivit¨atsanalyse . . . 99

8 Diskussion 107 8.1 Kritische Betrachtung der Ergebnisse . . . 107

8.1.1 Fazit - Verifikation . . . 107

8.1.2 Fazit - bin¨are Prognose . . . 108

8.1.3 Fazit - probabilistische Prognose . . . 109

8.1.4 Fazit - deskriptive Prognose . . . 110

8.1.5 Fazit - Grenzen und M¨oglichkeiten derkNN-Methode . . . 111

8.2 Vergleich mit anderen Modellen . . . 113

8.3 Bedeutung der Ergebnisse in der Waldbrandforschung . . . 114

8.4 K¨unftige Modellentwicklung . . . 115

9 Schlussfolgerungen und Perspektiven 117

10 Danksagung 121

A Logistisches Regressionsmodell 123

B Gebietszuordnung der Gemeinden 127

Literaturverzeichnis 135

Curriculum Vitae 143

(8)
(9)

1.1 L¨oscharbeiten am teilweise zerst¨orten Schutzwald von Leuk nach dem Waldbrand vom August 2003. . . 2 2.1 Zusammenh¨ange zwischen den verschiedenen Waldbrandtypen be-

ziehungsweise Ausbreitungsarten. . . 8 2.2 Brandh¨aufigkeit auf der Alpens¨udseite 16500 v. Chr. bis heute. . . 10 2.3 Verteilung der Anzahl Br¨ande und der Extremereignisse. Bezugs-

zeitraum 1920-2000. . . 11 2.4 Durchschnittliche monatliche Verteilung der Anzahl Br¨ande und

der betroffenen Fl¨ache auf der Alpens¨udseite (1981-1999). . . 13 2.5 Zusammenfassung der bedeutendsten Waldbrand-Einflussfaktoren

in der Schweiz. . . 13 2.6 Klimadiagramme der MeteoSchweiz-Stationen Piotta, Locarno-Monti

sowie Lugano. . . 15 2.7 Perioden von mindestens 60 Tagen mit einer Niederschlagssumme

< 10mm im 20. Jahrhundert. . . 17 3.1 Schematische Darstellung der wichtigsten Schritte und Abl¨aufe der

Modellentwicklung. . . 21 4.1 Unterscheidung der drei Hauptfaktoren Grunddisposition, variable

Disposition und ausl¨osendes Ereignis. . . 29 4.2 Konzeptionelles Schema, welches den Zusammenhang zwischen Wald-

br¨anden und Lawinen in Bezug auf die Prognosemodellierung wie- dergibt. . . 30 4.3 Systematische Darstellung der Diskriminierung von x+ (Ereignis-

tagen) und x (Nichtereignistagen) in die beiden Klassen Ω+ und Ω mittels kNN-Methode. . . . 34

(10)

5.1 Standorte der verwendeten meteorologischen Mess- und Ph¨anolo-

giestationen. . . 40

5.2 Fiktives Beispiel um den Einfluss eines Trends zu verdeutlichen. . 46

5.3 STL-Plot f¨ur die maximale Lufttemperatur der Station Lugano 1991-2002. . . 49

5.4 STL-Plot f¨ur die minimale relative Luftfeuchte der Station Lugano 1991-2002. . . 49

5.5 Ph¨anologischer Zeitraum. . . 52

5.6 Schema eines genetischen Algorithmus. . . 58

5.7 Bestimmung des Schwellenwertes (decision boundary) mittels dem HSS. . . 61

5.8 Korrelation zwischen der berechneten Wahrscheinlichkeit py eines Ereignisses und der tats¨achlichen H¨aufigkeitpdes Auftretens eines Waldbrandes. . . 62

5.9 M¨oglicher kNN-Output in Form einer Karte. . . . 64

5.10 Statistische Auswertung derDF Prognose. . . 64

6.1 Subjektive Einsch¨atzung der “N¨utzlichkeit” vom NXD-Lawinen- modell. . . 71

6.2 Gegen¨uberstellung POD und FAR. . . 74

6.3 ROC-Diagramm f¨ur die Waldbrandprognose des kNN-Modells. . . 78

6.4 Zuverl¨assigkeitsdiagramm f¨ur die Waldbrandprognose des kNN- Modells. . . 81

7.1 Gegen¨uberstellung POD und FAR der Region Lugano (1991-2002). 84 7.2 Gegen¨uberstellung POD und FAR der Region Locarno (1991-2002). 85 7.3 Gegen¨uberstellung POD und FAR der Region Piotta (1991-2002). 85 7.4 Heidke Skill Score derkNN-Modelle f¨ur die Prognose der Regionen Lugano, Locarno und Piotta (1991-2002). . . 86

7.5 ROC-Diagramm f¨ur die Prognosen der drei Regionen Lugano, Lo- carno und Piotta (1991-2002). . . 87

7.6 Zuverl¨assigkeitsdiagramm der Region Lugano (1991-2002). . . 89

7.7 Zuverl¨assigkeitsdiagramm der Region Locarno (1991-2002). . . 89

7.8 Zuverl¨assigkeitsdiagramm der Region Piotta (1991-2002). . . 90

(11)

7.10 Berechnete Anzahl positiver Nachbarn η+ und tats¨achlich aufge- tretene Waldbr¨ande der Region Lugano f¨ur den Zeitraum 01.01.1991- 31.12.2002 (volles Modell). . . 92 7.11 Berechnete Anzahl positiver Nachbarn η+ und tats¨achlich aufge-

tretene Waldbr¨ande der Region Lugano f¨ur den Zeitraum 01.01.1991- 31.12.2002 (reduziertes Modell). . . 93 7.12 Berechnete Anzahl positiver Nachbarn η+ und tats¨achlich aufge-

tretene Waldbr¨ande der Region Locarno f¨ur den Zeitraum 01.01.1991- 31.12.2002 (reduziertes Modell). . . 94 7.13 Berechnete Anzahl positiver Nachbarn η+ und tats¨achlich aufge-

tretene Waldbr¨ande der Region Piotta f¨ur den Zeitraum 01.01.1991- 31.12.2002 (reduziertes Modell). . . 94 7.14 Berechnete Anzahl positiver Nachbarn η+ > 3 und tats¨achlich

aufgetretene Waldbr¨ande der Region Lugano f¨ur den Zeitraum 01.01.1991-31.12.2002 (reduziertes Modell). . . 95 7.15 Berechnete Anzahl positiver Nachbarn und tats¨achlich aufgetrete-

ne Waldbr¨ande der Region Lugano f¨ur den Zeitraum 01.01.1997- 31.12.1997 (reduziertes Modell). . . 96 7.16 Berechnete Anzahl positiver Nachbarn η+ > 3 und tats¨achlich

aufgetretene Waldbr¨ande der Region Lugano f¨ur den Zeitraum 01.01.1997-31.12.1997 (reduziertes Modell). . . 97 7.17 Berechnete Anzahl positiver Nachbarn und tats¨achlich aufgetrete-

ne Waldbr¨ande der Region Lugano f¨ur den Zeitraum 01.04.1997- 30.04.1997 (volles und reduziertes Modell). . . 98 7.18 Meteorologische Situation an der Station Lugano im April 1997. . 98 7.19 Berechnete Anzahl positiver Nachbarn η+ und tats¨achlich aufge-

tretene Waldbr¨ande der Region Lugano f¨ur den Zeitraum 01.01.1991- 31.12.2003. . . 100 7.20 Berechnete Anzahl positiver Nachbarn η+ und tats¨achlich aufge-

tretene Waldbr¨ande der Region Lugano f¨ur den Zeitraum 01.01.1997- 31.12.1997. . . 101

(12)

31.12.1997 (reduziertes Modell). . . 104 7.22 Darstellung der Problematik der Wahl vonk. . . . 105 A.1 Verifikation des logistischen Prognosemodells. . . 125

(13)

3.1 Zusammenfassung und ¨Uberblick einiger weitverbreiteter Wald- brandprognosemodelle. . . 23 5.1 Ubersicht der in Frage kommenden ANETZ-Stationen (Meteo-¨

Schweiz). . . 41 5.2 Gebietseinteilung der Untersuchungsgebiete und entsprechende me-

teorologische Stationen. . . 42 5.3 Gemessene Variablen der ANETZ-Stationen und nach einer ersten

empirisch durchgef¨uhrten Variablenreduktion demkNN-Modell zur Verf¨ugung stehenden Gr¨ossen. . . 50 5.4 Ubersicht ¨uber die im¨ kNN-Modell zu ber¨ucksichtigenden Ph¨ano-

logiedaten und -stationen. . . 51 5.5 Zusammenfassung der Signifikanzsymbole. . . 53 5.6 Signifikanztest der Variablen des vollen Modells mit Hilfe der lo-

gistischen Regression f¨ur die Messstation Lugano (1991-2002). . . 54 5.7 Signifikanztest der Variablen des reduzierten Modells mit Hilfe der

logistischen Regression f¨ur die Messstation Lugano (1991-2002). . 54 5.8 Signifikanztest der Variablen des reduzierten Modells mit Hilfe der

logistischen Regression f¨ur die Messstation Locarno (1991-2002). . 55 5.9 Signifikanztest der Variablen des reduzierten Modells mit Hilfe der

logistischen Regression f¨ur die Messstation Piotta (1991-2002). . . 55 5.10 Beispieloutput einer deskriptiven Prognose (DF). . . 63 6.1 Zusammenfassung der wichtigsten Attribute einer Prognose. . . . 70 6.2 Kontingenzmatrix kategorieller Prognosen bin¨arer Ereignisse. . . . 72 6.3 Kontingenzmatrix kategorieller Prognosen bin¨arer Ereignisse.Joint

und marginal Wahrscheinlichkeiten. . . 72

(14)

7.2 Zusammenfassung der Anzahl aufgetretener Waldbr¨ande und der Anzahl berechneter positiver Nachbarn η+ in den drei Untersu- chungsgebieten. . . 93 7.3 Zusammenfassung der wichtigsten Gr¨ossen zur Bestimmung der

Sensitivit¨at des Modells. . . 103

(15)

Symbol Bedeutung

a prognostiziertes Ereignis Az Fl¨ache unter der ROC-Kurve b prognostiziertes Nichtereignis

β Koeffizienten, Sch¨atzer (Estimator bei LR) c Nichtprognostiziertes Ereignis

d Nichtprognostiziertes Nichtereignis D Abstand im p-dimensionalen Raum

EhYii Erwartungswert der bin¨aren Gr¨osse (liegt zwischen 0 und 1) ep Prognoseunsicherheit

ηi linearer Pr¨adiktor bei LR η+ Anzahl gefundener Nachbarn j Index der Beobachtungen k Anzahl Nachbarn

L Kategorien beiBrier Score n Umfang der Stichprobe

p Dimensionen (Anzahl der Merkmale)

py Eintrittswahrscheinlichkeit eines Waldbrandtages, bestimmt nach der probabilistischen Auswertung des kNN-Modells

pLR Eintrittswahrscheinlichkeit eines Waldbrandtages, berechnet mit LR Ω Merkmalsgrundraum

s Grundwahrscheinlichkeit (base rate)

S Stichprobe

xi meteorologische Variablen x Tag (Vektor), gebildet aus xi y zu prognostizierender Tag (Vektor) ˆ

xiyi skalierte und gewichtete Gr¨ossen (vergangener Tage, an zu prognostizierenden Tagen)

Yi Zielgr¨osse bei der LR

xi erkl¨arende Gr¨ossen bei LR (meteorolog. Variablen)

(16)

BF Bin¨are Prognose

BS Brier Score

CSI Critical success index

CT Classification trees (Entscheidungsb¨aume) DA Diskriminanzanalyse

DB Schwellenwert (decision boundary) DF Deskriptive Prognose

F False alarm rate

FAR False alarm ratio FBI Frequency bias

SLF Eidg. Institut f¨ur Schnee- und Lawinenforschung, Davos FWI Kanadischer-Feuer-Wetter Index

GA genetic algorithms (Genetische Algorithmen) HSS Heidke Skill Score

kNN k-Nearest Neighbors (k-n¨achste Nachbarn) LR logistische Regression

NNnet Neuronale Netze

NXD kNN-Lawinenprognosemodell, entwickelt am SLF PEC Treffergenauigkeit (percent correct score)

PF Probabilistische Prognose POD Probability of detection

ROC Relative Operating Characteristics s Grundwahrscheinlichkeit (base-rate)

SS Skill Score

STL Seasonal Trend Decomposition Procedure TSS True Skill Statistic

WSL Forschungsanstalt f¨ur Wald-, Schnee- und Landschaft

(17)

Waldbr¨ande stellen weltweit ein sehr grosses Naturgefahrenpotential dar. Unz¨ahli- ge Waldbr¨ande w¨uteten in den letzten Jahren in den USA, Brasilien, Indonesien, den Mittelmeeranrainern Europas und auch in der Schweiz, haupts¨achlich im Kanton Tessin.

Waldbrandprognosemodelle sind ein wichtiges Instrument zur Waldbrandpr¨aven- tion und daher f¨ur eine effiziente Waldbrandmanagementstrategie unabdingbar.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein statistisches Modell zur Prognose der lo- kalen Waldbrandgefahr, basierend auf der k-Nearest Neighbors (kNN) Methode, entwickelt. Die kNN-Methode ist eine nichtparametrische Diskriminanzanalyse, deren Annahmen darauf basieren, dass in einem durch Variablen aufgespannten Vektorraum mittels eines Euklid’schen Abstandmasses ¨ahnliche Datens¨atze ge- funden werden. Voraussetzung f¨ur das Funktionieren der Prognosemethode ist, dass sich ein Variablensatz finden l¨asst, sodass sich Tage mit Waldbr¨anden inner- halb des durch die Variablen aufgespannten Ereignisraumes gruppieren lassen.

Weiter setzt die Methode voraus, dass die erkl¨arenden Variablen keinem zeitli- chen Trend unterliegen und ¨uber das gesamte Untersuchungsgebiet extrapoliert werden k¨onnen.

Im Rahmen dieser Arbeit sind allgemein g¨ultige “Regeln” f¨ur die Anwendung der kNN-Methode als Prognosemodell f¨ur die Naturgefahren Waldbrand und Lawi- nen formuliert worden. Basierend auf diesen “Regeln”, ist eine einfache Weiter- entwicklung derkNN-Methode auf andere Naturgefahren m¨oglich.

Die Ergebnisse der kNN-Methode k¨onnen auf drei unterschiedliche Arten dar- gestellt werden: Die bin¨are Prognose stellt einen dichotomen Ja-Nein-Entscheid dar. Die Verifikation dieses Prognosetyps basiert auf der Auswertung von Kon-

(18)

diagramme stellen dabei die Verifikationsmasse dar. Die deskriptive Prognose ist die dritte und umfassendste Ausgabeform des kNN-Modells. Sie beinhaltet im Gegensatz zu den anderen beiden Prognosen die gesamte, nicht selektierte Infor- mation, welche in der Datenbank ¨uber die n¨achsten Nachbarn enthalten ist.

Das kNN-Modell stellt mit seinen unterschiedlichen Ausgabem¨oglichkeiten ein weiteres Unterst¨utzungswerkzeug im Entscheidungsprozess einer Gefahrenabsch¨atz- ung der aktuellen Waldbrandsituation dar und kann von entsprechenden Beh¨orden somit sinnvoll zur lokalen Waldbrandprognose eingesetzt werden.

(19)

Forest fire are a major natural hazard in Europe. While writing this work (2001- 2004) wildfires raged in Spain, Portugal and France. Since the 1960’s forest fire activity has also increased in Switzerland, primary in the Canton of Ticino.

The development of fire danger prediction methods is considered to be one of the most important elements of an effective forest fire management strategy. In this work a statistical forecast model, based on the k-nearest neighbors method (kNN), was developed and applied to asses forest fire danger.

Statistically, the kNN method is a non-parametric pattern classification tech- nique which arranges data in a multi-dimensional space and applies a distance metric (usually Euclidean) to define the distance between past and present data.

The method assumes that similar events are likely to exhibit similar precursors and that fire and weather factors can be extrapolated over the geographic forecast area.

General rules underlying the application of a k-nearest neighbors model were formulated in this work. Based on these fundamental principles a further develop- ment of thekNN model in the field of natural hazard prediction, both spatially and thematically, is enabled.

The output of thekNN forecast can be used in different ways. Abinary forecast is used with decision boundaries to predict event occurrence. Contingency tables for this type of forecast are evaluated. A probabilistic forecast can be used to predict the probability of occurrence and therefore danger levels.Brier score and attributes diagrams are presented that are used to verify this forecasting method.

In adescriptive forecast, which records a detailed list of events and all associated individual observations, the responsibility for the danger assessment is with the user.

The absolute quality of the kNN approach, however, is difficult to quantify be- cause the method provides examples, which often trigger decision making proces-

(20)
(21)

1.1 Motivation

Hochwasser, St¨urme, Steinschlag, Muren, Erdbeben, Waldbr¨ande und Lawinen bedrohen die Menschheit seit ihren Anf¨angen und haben einen nachhaltigen Ein- fluss auf die Entwicklung der verschiedenen Kulturen der Erde gehabt. Treten diese Ereignisse in von Menschen stark genutzten R¨aumen auf, sind Personen- und Sachsch¨aden oft direkte Folgen. Durch die fr¨uhzeitige Erkennung von Natur- gefahren und die Kommunikation an die Betroffenen k¨onnen die Ausmasse der Sch¨aden bei entsprechenden Massnahmen reduziert oder ganz eliminiert werden (Brabec, 2001).

Global brennen j¨ahrlich nach Sch¨atzungen der Ern¨ahrungs- und Landwirtschafts- organisation der Vereinten Nationen (FAO) 11.3 Mio. ha Wald (Gesamtwald- fl¨ache: 3.4 Mia. ha) (FAO, 1999). In j¨ungster Zeit haben Naturkatastrophen wie die Waldbr¨ande vom Sommer 2003 (Kantone Wallis und Tessin), die Murg¨ange von 2002 (Kanton Graub¨unden), die Lawinen vom Winter 1999 (gesamter Alpen- raum) und die Winterst¨urme 1999 (“Lothar”) die schweizerische ¨Offentlichkeit stark bewegt.

Der zunehmende Siedlungsdruck und die Ausbreitung touristischer Aktivit¨aten in potentiellen Gefahrenr¨aumen erfordern ein weit entwickeltes Risikomanage- mentkonzept. F¨ur die Minimierung von Sch¨aden und Evakuation gef¨ahrdeter R¨aume ist die Prognose potentieller Naturgefahren ein wichtiger und mitent- scheidender Bestandteil.

Die Schweiz ist haupts¨achlich von Hochwasser, Lawinen und Rutschungen, in ge- ringerem Ausmass aber auch von Waldbr¨anden betroffen. Obwohl die Naturgefahr Waldbrand nicht sehr bekannt ist, tritt sie - lokal vorkommend (Alpens¨udseite, dabei insbesondere im Kanton Tessin) - relativ h¨aufig auf. Im Durchschnitt bren- nen j¨ahrlich bei 80-100 Br¨anden rund 740ha Wald, dies haupts¨achlich in den

(22)

trockenen Winter- und den heissen Sommermonaten. Die Br¨ande k¨onnen schwer- wiegende ¨okologische und ¨okonomische Auswirkungen zur Folge haben, insbeson- dere dann, wenn der Schutz, den die W¨alder vor Lawinen oder Steinschlag bieten, zerst¨ort werden (Abb. 1.1). Die Installation von einer Hektar sch¨utzender Struk- tur kostet rund 1 Mio. SFr. (Allg¨ower, 2001). Neben dem ¨okonomischen Aspekt stellen die Gebirgsw¨alder auch aus ¨okologischer Sicht ein hoch sensibles ¨Okosy- stem dar, welches nach einer Zerst¨orung Jahrzehnte braucht, um wieder seinen urspr¨unglichen Zustand zu erreichen.

Abb. 1.1:L¨oscharbeiten am teilweise zerst¨orten Schutzwald von Leuk nach dem Wald- brand vom August 2003. Photo: A. Felber.

Waldbr¨ande sind in ihrer Art und Intensit¨at, in ihrem Verhalten und ihren Aus- wirkungen stark variierend, sodass eine Vielzahl von Faktoren ben¨otigt werden, um ein Feuer zu beschreiben.

Auch wenn die Schweiz kein typisches Waldbrandland wie etwa die USA oder die Mittelmeeranrainer ist, zeigt die Vergangenheit, dass ausgedehnte Katastro- phenwaldbr¨ande vorkommen k¨onnen. Die globale Klimaver¨anderung und die da- mit einhergehende m¨ogliche Ver¨anderung des Niederschlagregimes auf der Al- pens¨udseite fordern geeignete planerische Mittel und Strategien, um einem m¨ogli- chen k¨unftigen Anstieg der Waldbrandgefahr vorzubeugen.

(23)

1.2 Zielsetzung

Ausgereifte Modelle f¨ur das Verhalten von Waldbr¨anden in Abh¨angigkeit von Vegetationstyp, Menge und Anordnung des zur Verf¨ugung stehenden Brennma- terials, Topographie und meteorologischen Rahmenbedingungen liegen f¨ur eine Reihe von aussereurop¨aischen L¨andern vor. Auch die s¨udeurop¨aischen L¨ander haben sich in der Vergangenheit mit diversen Waldbrandprognosemodellen aus- einandergesetzt, wobei diese mehrheitlich auf der Brandgutfeuchte basieren. In der Schweiz wird dieser Ansatz haupts¨achlich f¨ur den Kanton Graub¨unden durch Arbeiten des Geographischen Institutes der Universit¨at Z¨urich verfolgt (Allg¨ower, 2001).

Neben solchen deterministisch-physikalischen Modellans¨atzen soll die vorlie- gende Arbeit einen statistischen Ansatz zur Modellierung der Waldbrandgefahr aufzeigen. F¨ur die Lawinenprognose hat sich gezeigt, dass mit Hilfe eines k- Nearest Neighbors (kNN) Modells f¨ur ein begrenztes Gebiet gute Ergebnisse er- zielt werden k¨onnen (Heierli et al., 2003). Basierend auf demselbenkNN-Ansatz soll in der vorliegenden Arbeit ein Prognosemodell f¨ur die Naturgefahr Waldbrand entwickelt werden.

Damit ein erfolgreiches Modell entwickelt werden kann, m¨ussen zuerst die zu erf¨ullenden Anforderungen bekannt sein.

Zur Entwicklung eines operationellen Waldbrandprognosemodells f¨ur die Re- gionen auf der Alpens¨udseite gelten folgende Ziele, die unter bestimmten Rand- bedingungen zu erf¨ullen sind:

1. Das Modell muss den Anspr¨uchen der f¨ur die Warnung von Waldbr¨anden zust¨andigen Beh¨orden gen¨ugen und von diesen f¨ur ihre zu erstellenden Pro- gnosen angewendet werden k¨onnen.

2. Die r¨aumliche Aufl¨osung des Modells soll im Skalenbereichlokal bisregional liegen.

3. Die zeitliche Aufl¨osung des Modells soll grunds¨atzlich bei einem Tag lie- gen. Es sollen aber sowohl Prognosen f¨ur den aktuellen Tag, als auch 3- Tagesprognosen berechnet werden k¨onnen.

4. Der Output des Modells soll eine Analyse nach unterschiedlichen Einflus- skriterien (z.B. H¨ohenlage, Exposition, Waldtyp, Ursache, etc.) erm¨ogli- chen.

(24)

5. Da das Modell sowohl auf Messdaten als auch auf meteorologische Progno- sedaten der MeteoSchweiz basiert, muss eine Schnittstelle f¨ur einen “einfa- chen” Datenimport implementiert werden.

6. Eine Modellverifikation muss einfach m¨oglich sein. Entsprechende Analyse- tools m¨ussen entwickelt und in das Modell integriert werden.

7. Die Struktur des Modells soll modular so aufgebaut werden, dass eine Erwei- terung (r¨aumlich oder thematisch) mit angemessenem Aufwand realisierbar ist.

K¨onnen die geforderten Bedingungen erf¨ullt werden, kann das Modell f¨ur neue Fragestellungen anderer Themenbereiche oder Regionen adaptiert werden.

Neben der Datenaufbereitung und der Pr¨ufung ihrer Qualit¨at soll in der vorliegen- den Arbeit die Problematik der Diskriminierung bin¨arer Ereignisse angesprochen werden. Die kNN-Methode stellt eine M¨oglichkeit zur L¨osung dieses Problems dar.

Die Resultate sollen haupts¨achlich in Bezug auf eine praxisorientierte Anwen- dung des Modells ¨uberpr¨uft werden. Zwar gibt es in der Waldbrandforschung zahlreiche theoretische Modellans¨atze, jedoch fehlen praxisbezogene, in der Rea- lit¨at sinnvoll einsetzbare Modelle.

1.3 Gliederung der Arbeit

Gegliedert ist die vorliegende Arbeit wie folgt: Im Kapitel 2 Grundlagen wer- den jene Punkte behandelt, welche die Grundlage dieser Arbeit bilden. Einen Uberblick ¨uber bereits existierende Waldbrandprognosemodelle und eine Ein-¨ f¨uhrung in die Problematik der Diskriminierung von erkl¨arenden Gr¨ossen zur Beschreibung bin¨arer Ereignisse liefert das Kapitel 3 Prognosemodelle. Ka- pitel 4, die k-Nearest Neighbors Methode, liefert einen ¨Uberblick ¨uber die kNN-Methode und eine Modellbeschreibung. Dabei werden ebenfalls Grundla- gen erarbeitet, welche f¨ur die Modellentwicklung gebraucht werden. Im Kapitel 5, das kNN-Waldbrand Prognosemodell, wird schrittweise die Entwicklung deskNN-Waldbrand Prognosemodells erkl¨art. Eine Einf¨uhrung in die Verifikation von Prognosemodellen und die Anwendung bez¨uglich derkNN-Resultate folgt im Kapitel 6, Verifikation von Prognosemodellen. ImKapitel 7, Resultate

(25)

werden die Ergebnisse der Arbeit aufgef¨uhrt und inKapitel 8, Diskussion an- schliessend diskutiert. Abschliessend folgt in Kapitel 9, Schlussfolgerungen eine Bewertung der Diskussion. Im Anhang werden Grundlagen des logistischen Regressionsmodells besprochen und es folgt eine ¨Ubersicht ¨uber die Gebietszu- ordnung der Gemeinden.

(26)
(27)

2.1 Das Ph¨anomen Waldbrand und seine

¨

okologischen Folgen

Unter dem Begriff “Waldbrand” werden verschiedene Arten und Auspr¨agungen eines Feuers zusammengefasst. Flur- oder Wiesenbr¨ande fallen ebenfalls in die Kategorie der Waldbr¨ande, welchen grunds¨atzlich besser der englische Begriff wildfire zugeordnet werden sollte. Da es f¨ur diesen Begriff keine sinngem¨aß gu- te ¨Ubersetzung gibt, wird im Folgenden trotzdem vom allgemeinen ¨Uberbegriff

“Waldbrand” gesprochen.

Je nach Entstehung und Ausbreitung k¨onnen verschiedene Waldbrandtypen un- terschieden werden. Waldbr¨ande werden in Abh¨angigkeit von Entstehungsursache und Ausbreitung kategorisiert (Abb. 2.1).

Die h¨aufigste Waldbrandart ist das Lauffeuer. Es breitet sich in der bodennahen Schicht durch Wind rasch aus. Die Streu-, Kraut- und Strauchschichten sind davon am st¨arksten betroffen.

Das Kronenfeuer bildet eine weitere Gruppe. Ausgehend von Bodenfeuern kann sich ein Brand, sofern zwischen dem Boden und der Baumkrone brennbares Mate- rial vorhanden ist, in die Baumkronen fortpflanzen. Bei starken Winden kann sich ein Kronenfeuer aufgrund der durch Hitze entstehenden konvektiven Str¨omungen rasch ¨uber grosse Distanzen ausbreiten (Flugfeuer).

Als Erdfeuer bezeichnet man unterirdische Glutherde. Aufgrund des nur sp¨arlich vorhandenen Sauerstoffs breitet sich das Feuer langsam aus. Da Erdfeuer an der Oberfl¨ache kaum sichtbar sind, gestaltet sich ihre Bek¨ampfung sehr schwierig.

Als letzte Gruppe sind die Stockfeuer zu erw¨ahnen. Sie glimmen in toten und hohlen Baumst¨ammen. ¨Uber diese gelangen die Feuer in den Boden bis zu den Wurzeln, wo sie neue Erdfeuer entfachen k¨onnen.

(28)

Herabfallende

in den Boden

Kronenfeuer

Eindringen

Umsichgreifen Unterirdisches

Lauffeuer

Stockfeuer

Fern¨ubertragung durch Flugfeuer Gluten

Durchbruch zur Erdoberfl¨ache Ubergreifen auf¨

Ubergreifen auf¨ Wurzelst¨ocke

Erdfeuer

Baumkronen

Abb. 2.1: Zusammenh¨ange zwischen den verschiedenen Waldbrandtypen be- ziehungsweise Ausbreitungsarten. Nach Jeklin & Sch¨ob (1993). (Leicht ver¨andert).

Wird ein Brand durch eine nat¨urliche Ursache (z.B. Blitz) ausgel¨ost, ist ein Wald- brand ein nat¨urlicher Vorgang. Sowohl in diesem Fall als auch bei einem durch Menschen verursachten Feuer m¨ussen die Brandfolgen nicht unbedingt negativ sein. In von Br¨anden regelm¨assig betroffenen Gebieten hat sich eine entspre- chend feuertolerante Fauna und Flora entwickelt. Regelm¨assige Br¨ande erneuern auch den Waldbestand. Brandfl¨achen weisen in den Jahren nach einem Brand eine im Vergleich zum benachbarten Wald h¨ohere Artenvielfalt auf (Conedera et al., 1996).

Aussagen bez¨uglich den ¨okologischen Folgen eines Waldbrandes beruhen zu ei- nem grossen Teil auf einem Experiment, welches im M¨arz 1998 in Copra (TI) durchgef¨uhrt wurde. Im Rahmen dieses Versuches wurde ein rund 0.5ha grosses Waldst¨uck kontrolliert in Brand gesteckt. Neben der Sottostazione Sud delle Alpi (SdA) beteiligten sich rund 15 weitere Forschergruppen (Conedera et al., 1998).

W¨ahrend eines Waldbrandes entsteht in der Regel starke oberirdische Thermik.

Diese wirkt sich sch¨adlich auf pflanzliches Gewebe aus. Nur Baumarten wie Ei-

(29)

chen, alte Birken und Kastanien k¨onnen aufgrund der dicken Borke teilweise

¨uberleben. Unterirdische Pflanzenteile hingegen werden vom Feuer kaum beein- tr¨achtigt. Temperaturmessungen ergaben innerhalb der Streuschicht Werte von 400-650C, in 2.5cm Tiefe nur noch Werte um 35C (Marxer, 2003). Wieder aus- treibende Arten wie die Kastanie sind somit gegen¨uber jenen Arten, welche sich nicht vegetativ vermehren im Vorteil und k¨onnen Brandfl¨achen rasch besiedeln.

Entgegen den Erwartungen hat sich die Artenzusammensetzung der wirbello- sen Fauna nach einem Lauffeuer kaum ver¨andert (Moretti et al., 1998). Je nach Lebens- und Verhaltensweisen der einzelnen Tierarten reduziert zwar das Feuer deren Individuenzahl stark, l¨oscht in der Regel jedoch keine aus.

Waldbr¨ande haben oft aber auch negative Folgen. Durch die grosse Hitzeeinwir- kung kann das Pflanzen- und Tierleben zumindest teilweise zerst¨ort werden. So k¨onnen u.a. auch Mikroorganismen im Boden gesch¨adigt werden, was eine Hu- mifizierung des abgestorbenen Materials verunm¨oglicht. Bodenstrukturver¨ande- rungen und erh¨ohte Erosionsgefahr sind die Folgen. Der Waldboden wird nicht mehr von Vegetation bedeckt und damit anf¨alliger f¨ur Witterungseinfl¨usse. Die Folgen sind Bodenabschwemmung, erh¨ohtes Risiko von Winderosion und erh¨ohte Evaporation (Winkler, 1971).

Viele W¨alder erf¨ullen eine Schutzfunktion gegen Naturgefahren (Lawinen, Mur- g¨ange, etc.) oder dienen als Erholungsraum f¨ur die Bev¨olkerung. Mit dem Verlust des Waldes geht auch diese Funktion verloren. Die von verheerenden Wald- und Buschbr¨anden betroffenen Regionen sind oft auch bewohnt, wie Beispiele aus verschiedenen L¨andern immer wieder zeigen.

Ganz allgemein l¨asst sich sagen, dass die Auswirkungen von Waldbr¨anden auf das Okosystem davon abh¨angen, zu welcher Jahreszeit, wie intensiv, wie lange und¨ wie oft es brennt. Die Kombination dieser Einflussfaktoren bezeichnet man als Feuerregime (Winkler, 1971). In einer feueranf¨alligen Region wie der Alpens¨udsei- te, muss man das Feuerregime als Standortfaktor bezeichnen, der die Entwicklung der Wald¨okosysteme massgeblich beeinflusst.

(30)

2.2 Geschichte der Waldbr¨ande auf der Alpens¨ udseite

Pollenanalytische Untersuchungen zeigen, dass die Alpens¨udseite der Schweiz von Natur aus eine waldbrandgef¨ahrdete Region ist. Seit dem Neolithikum vor 6500 Jahren l¨osten menschliche Aktivit¨aten regelm¨aßig Br¨ande aus (vgl. Abb. 2.2).

W¨ahrend der Bronze- und Eisenzeit kam es am h¨aufigsten zu Waldbr¨anden, weil der Mensch das Feuer f¨ur die Brandrodung einsetzte. Mit der Aufforstung der Kastanie w¨ahrend der R¨omerzeit und der sp¨ateren intensiven Landnutzung im Mittelalter nahm die H¨aufigkeit von Waldbr¨anden deutlich ab (Tinner et al., 1999).

Abb. 2.2: Der Mensch hat die H¨aufigkeit von Waldbr¨anden auch fr¨uher beeinflusst.

Ablagerungen von Kohlepartikeln in der Nacheiszeit, nachgewiesen in den Sedimenten des Origliosees, sind proportional zur Brandh¨aufigkeit (Tinner et al., 1998). Die Pe- riode von 5000-7200 v. Chr. zeigt das Niveau nat¨urlicher Waldbr¨ande unter ¨ahnlichen klimatologischen Bedingungen wie heute. Die extreme H¨aufigkeit von Waldbr¨anden in der Bronze- und Eisenzeit ist auf Brandrodungen durch den Menschen zur¨uckzuf¨uhren.

Die Brandrodungen fanden ein Ende, als die R¨omer um das Jahr 0 begannen die Edel- kastanie aufzuforsten (Tinner et al., 1999).

Im 20. Jahrhundert nahm die j¨ahrliche Anzahl der Br¨ande auf der Alpens¨udsei- te seit den 60er Jahren von durchschnittlich 30 auf 80 zu (Abb. 2.3 (a)). Dies weil die land- und forstwirtschaftliche Nutzungsintensit¨at abnahm. Ehemals of- fene Fl¨achen verwaldeten und brennbares Material h¨aufte sich an. Der generelle Anstieg der Feuergefahr f¨uhrte an feuergef¨ahrdeten Standorten zu hohen Feu- erfrequenzen, welche die Waldentwicklung stark beeinflussten (Conedera et al.,

(31)

1997). Seit den 80er Jahren sinkt die j¨ahrliche Anzahl der Waldbr¨ande wieder und auch die Gr¨ossen der betroffenen Brandfl¨achen nehmen seit den 60er Jahren ab.

Eine Ausnahme bildete das ausserordentliche Jahr 1973. Die Extremereignisse, bei denen sich die Waldbr¨ande auf Fl¨achen von ¨uber 100ha ausweiteten, waren zwischen 1941 und 1980 am h¨aufigsten (Abb. 2.3 (b)).

Zwischen 1981 und 2000 sank die j¨ahrliche Anzahl der Br¨ande auf das Niveau von 1921-1940 zur¨uck (Conedera, 2003). Leider fehlt in der Statistik der trockene und von einigen Waldbr¨anden betroffene Sommer 2003.

Abb. 2.3: Verteilung (a) der Zahl aller Br¨ande pro Jahr und (b) der Zahl der Extre- mereignisse, die eine Fl¨ache>100ha erfassten. Bezugszeitraum 1920-2000 (Conedera, 2003).

.

Die Entwicklung der H¨aufigkeit der Waldbr¨ande spiegelt den menschlichen Ein- fluss wider. Auf der Alpens¨udseite verursachte das Vordringen der Waldgebiete und die Anh¨aufung brennbarer Materialien auf dem Boden seit den 60er Jahren eine grosse Anzahl von Br¨anden. Die durchschnittlich betroffene Fl¨ache und die Anzahl der Extremereignisse nehmen jedoch vor allem dank der guten Organi-

(32)

sation der Brandverh¨utung ab. Im Tessin sind entsprechende Massnahmen seit 1980 in Kraft. Seit 1987 gilt die Verordnung zum absoluten Verbot von Feuern im Freien (partielle Lockerung seit 1996). Diese Massnahmen f¨uhrten zu einer Ab- nahme der j¨ahrlichen Anzahl Br¨ande und somit zu einer Ver¨anderung des Feuer- regimes, was bei der Anwendung des entwickelten statistischen Prognosemodells mitber¨ucksichtigt werden muss. Die Voraussetzung von homogenen Verh¨altnissen (meteorologisch, phytologisch und bez¨uglich der Verteilung der Br¨ande), welche als Brandbedingung f¨ur das kNN-Modell gelten, sind zwischen 1980 und 1990 nicht gegeben. Dies hat zur Folge, dass die G¨ultigkeit des Modells auf die Periode nach 1991 beschr¨ankt wurde.

Im Gegensatz zum Mittelmeerraum, wo der H¨ohepunkt der Waldbrandsaison gew¨ohnlich im Hochsommer erreicht wird, ereignen sich die meisten Br¨ande am Alpens¨udhang in den trockenen Wintermonaten, insbesondere zwischen Januar und April. W¨ahrend der heissen Sommermonate ist ein sekund¨arer Kulminati- onspunkt feststellbar, wobei sowohl die Anzahl als vor allem auch die betroffenen Fl¨achen deutlich geringer sind, wie Abbildung 2.4 zeigt. Es handelt sich dabei meist um Oberfl¨achenfeuer (Lauffeuer), welche sich zum Teil sprunghaft ausbrei- ten, sodass in den Brandgebieten immer wieder nicht verbrannte Inseln verbleiben (Conedera et al., 1997). Diese Tatsache muss bei der Interpretation der ¨okologi- schen Folgen von Waldbr¨anden mitber¨ucksichtigt werden.

Durch Landschaftspflege, Gesetzgebung sowie Massnahmen zur Brandverh¨utung ver¨andert der Mensch die Voraussetzung f¨ur Br¨ande. Durch Massnahmen der Brandbek¨ampfung kontrolliert er die Br¨ande. Trotzdem ist er durch Fahrl¨assigkeit und Brandstiftung f¨ur die meisten Br¨ande selbst verantwortlich. Die Abbildung 2.5 gibt neben einem ¨Uberblick der bedeutendsten Waldbrand-Einflussfaktoren auch die prozentuale Verteilung der Ursachen an.

(33)

Abb. 2.4: Durchschnittliche monatliche Verteilung der Anzahl Br¨ande und der betrof- fenen Fl¨ache auf der Alpens¨udseite (1981-1999).

Abb. 2.5: Zusammenfassung der bedeutendsten Waldbrand-Einflussfaktoren in der Schweiz (Conedera et al., 1996).

(34)

2.3 Klima im Tessin

Die klimatischen Eigenschaften des Tessins sind neben der Vegetation die wich- tigste Einflussgr¨osse zur Entstehung von Waldbr¨anden. Die Alpens¨udseite wird in Richtung Norden und Westen durch die Alpen begrenzt. Der Einfluss dieses morphologischen Hindernisses auf die atmosph¨arischen Hauptstr¨omungsrichtung und somit des Wetters kann sehr gross sein. Feuchte und warme west-s¨udwestli- chen Str¨omungen werden oft durch den Alpenkamm in Richtung Norden abgelei- tet. N¨ordliche, alpen¨uberquerende Str¨omungen werden zu katabatischen Winden (Nordf¨ohn). Der F¨ohn bewirkt, dass auf der Alpens¨udseite keine Niederschl¨age fallen. Die aus den n¨ordlichen Richtungen stammenden Luftmassen werden durch den Alpenhauptkamm zum Aufstieg gezwungen. Wird das Kondensationsniveau der aufsteigenden Luftmassen unterschritten, kommt es zur Kondensation re- spektive zu Niederschl¨agen. Die Temperaturabnahme auf der Nordseite folgt bis zum Kondensationsniveau dem trockenadiabatischen Temperaturgradienten (ca. 1K∗10−2m), danach aufgrund der freiwerdenden Verdunstungsw¨arme dem feuchtadiabatischen Temperaturgradienten (ca. 0.6K∗10−2m). Auf der Leeseite des Alpenhauptkammes sinkt die Luft ab und erw¨armt sich mit dem trockena- diabatischen Temperaturgradienten. Dies hat zur Folge, dass auf der S¨udseite die relative Luftfeuchte geringer und die Temperatur auf gleicher Meeresh¨ohe h¨oher ist als auf der Nordseite der Alpen. Die Kanalisation des Luftstroms in der Leven- tina f¨uhrt zu einer Zunahme der Windgeschwindigkeit und einer Reduktion der relativen Luftfeuchte. Beides sind entscheidende Faktoren f¨ur die Entstehung re- spektive Ausbreitung von Waldbr¨anden. Der Effekt der Austrocknung des Brand- gutes ist vornehmlich auf die Reduktion der relativen Luftfeuchte, und nicht auf die Temperaturzunahme zur¨uckzuf¨uhren. Beim Eintritt von Nordf¨ohnsituationen kann die relative Luftfeuchte auf der Alpens¨udseite innerhalb kurzer Zeit von 80%

auf Werte um 20% fallen. Die H¨aufigkeit der Nordf¨ohnsituationen erreicht mit Nordweststaulagen im Sp¨atwinter und Fr¨uhjahr ihren H¨ohepunkt. Gleichzeitig erreicht auch die Verteilung der Waldbr¨ande w¨ahrend diesen Perioden jeweils den h¨ochsten Wert.

Die große morphologische Variabilit¨at des Untersuchungsgebietes erschwert ei- ne eindeutige Klassifizierung des Klimas. Es lassen sich mehrere lokale Klima- typen unterscheiden, welche die durchschnittlichen Werte der Wetterph¨anomene zusammenfassen. Die große Anzahl von Mikroklimatypen bilden ein Mosaik in

(35)

den unterschiedlichen Teilen des Gebietes. Die verschiedenen T¨aler mit ihren un- terschiedlichen Orientierungen und H¨ohen, die “K¨ustengebiete” um die Seen und der ¨Ubergang zur Poebene im s¨udlichsten Teil sind einige Beispiele, die die kli- matische Heterogenit¨at der Alpens¨udseite charakterisieren.

Die Lufttemperatur, welche auf der Alpens¨udseite im gesamtschweizerischen Vergleich die h¨ochsten Werte aufweist (Locarno-Monti: 11.5C; Lugano: 11.6C mittlere Jahrestemperatur f¨ur den Zeitraum 1961-1990), hat auf die Waldbrand- gefahr keinen signifikanten Einfluss. Abbildung 2.6 zeigt Klimadiagramme der Stationen Piotta, Locarno-Monti und Lugano.

Abb. 2.6:Klimadiagramme der MeteoSchweiz-Stationen Piotta, Locarno-Monti sowie Lugano.

Die Mehrheit der durch Feuer betroffenen Gebiete weisen s¨udliche Expositionen auf, was darauf hindeutet, dass auch die Globalstrahlung einen wichtigen Faktor in Bezug auf die Waldbrandgefahr darstellt. Die h¨ochsten Globalstrahlungswerte werden wiederum bei Nordstaulagen gemessen, bei welchen auf der Alpens¨udsei- te - bedingt durch den F¨ohn - niedrige Luffeuchtigkeitswerte und ein geringer Aerosolanteil herrschen.

Das insubrische Klima (clima insubrico) der Alpens¨udseite ist durch milde und trockene Winter sowie feucht-warme Sommer charakterisiert. Besonders nieder- schlagsreich sind die Fr¨uhjahrs- und Herbstmonate. In den gew¨ohnlich heissen Sommermonaten kann es zu heftigen konvektiven Gewittern mit hoher Nieder- schlagsintensit¨at kommen. Nicht selten werden Werte bis 70mmh−1 registriert (Alexakis, 2000). Derart starke Niederschlagsereignisse k¨onnen an steilen Berg-

(36)

flanken zu einer grossen Gefahr von Murg¨angen f¨uhren. Niederschlagsarm sind hingegen die Wintermonate von Dezember bis Februar (Abb. 2.6), wobei eine eigentliche Trockenzeit nicht vorkommt (Alexakis, 2000).

Der Niederschlag stellt einen weiteren, in Bezug auf die Waldbrandgefahr be- deutenden Faktor dar, insbesondere wenn man nicht die Tageswerte, sondern ¨uber einen l¨angeren Zeitraum summierte Werte betrachtet. Es scheint paradox, dass die Alpens¨udseite, welche eine der niederschlagsreichsten Gebiete der Schweiz darstellt, zugleich die gr¨osste j¨ahrliche Anzahl an Waldbr¨anden aufweist. Im Durchschnitt fallen in Locarno-Magadino (1961-1990) 1770mm Niederschlag pro Jahr. Bez¨uglich des Auftretens von Waldbr¨anden ist jedoch entscheidend, dass die Summe der niederschlagsfreien Tage auf der Alpens¨udseite jene n¨ordlich der Alpen deutlich ¨ubertrifft. Das Niederschlagsregime weist im Tessin eine wesent- lich st¨arkere j¨ahrliche Variation auf. Seit den 80er Jahren l¨asst sich ein Zunahme geringerer Niederschlagsaktivit¨at zwischen November und M¨arz feststellen (Re- betez, 1999).

M¨oglicher Einfluss einer globalen Klima¨anderung

Betrachtet man nicht die j¨ahrlichen Niederschlagssummen, sondern jene der trock- enen Monate, so wird klar ersichtlich, dass sich daraus aufgrund sehr grosser j¨ahr- licher Schwankungen keine allgemeine Tendenz ableiten l¨asst. Zieht man jedoch nur die extremsten Perioden dieser Serie in Betracht (insbesondere jene mit den l¨angsten Trockenzeiten), so werden sehr interessante Klimatendenzen deutlich.

Ber¨ucksichtigt man nur Jahre mit Trockenperioden von mindestens zwei Mona- ten, w¨ahrend welchen nicht mehr als 10mm Niederschlag fielen, so erf¨ullen im 20. Jahrhundert 15 Jahre dieses Kriterium. Abbildung 2.7 stellt diese allgemeine Tendenz zu immer l¨angeren Trockenperioden dar. Rebetez (1999) zeigte zudem, dass Trockenperioden vornehmlich zu Zeiten starker Temperaturzunahme auftre- ten. Die intensivsten winterlichen Trockenperioden weisen also eine hohe zeitliche Korrelation zu starken Temperaturzunahmen w¨ahrend dieser Jahre auf. Aus den Analysen der Trockenperioden im Tessin geht jedoch kein direkter Zusammen- hang mit einer Zunahme von Waldbr¨anden im entsprechenden Zeitraum hervor, wie ein Vergleich der Abbildungen 2.7 und 2.3 zeigt.

(37)

Abb. 2.7:Perioden von mindestens 60 Tagen mit einer Niederschlagssumme<10mm im 20. Jahrhundert.

Die Gefahr extremer Waldbrandereignisse wird auch in Zukunft vornehmlich dann eintreten, wenn ausserordentlich f¨orderliche Witterungsbedingungen auf- treten. Trotz der abnehmenden Tendenz von Waldbr¨anden (Abb. 2.3 (a)) haben sich an der Alpens¨udseite beispielsweise im Fr¨uhjahr 1997 nach einer l¨angeren Trockenperiode und w¨ahrend Tagen mit starkem F¨ohn einige gr¨ossere Wald- br¨ande ereignet (Conedera et al., 1998).

W¨urde es zuk¨unftig infolge der globalen Klima¨anderung im Sommer zu nied- rigeren Niederschlagsmengen und h¨oheren Temperaturen kommen, k¨onnte dies infolge verminderter Abfl¨usse regelm¨assig zu Niederwasser in Vorflutern sowie zu niedrigerer Bodenfeuchte f¨uhren. Eine m¨ogliche Klima¨anderung k¨onnte somit die Wahrscheinlichkeit erh¨ohen, dass mehrere f¨orderliche Voraussetzungen f¨ur Br¨ande zusammentreffen. Einerseits wird die zuk¨unftige Entwicklung von Extre- mereignissen bei Waldbr¨anden weiterhin mit menschlichem Handeln wie Land- schaftspflege, Brandverh¨utung und Brandbek¨ampfung verkn¨upft sein. Anderer- seits spielt die H¨aufigkeit von extremen Wetterlagen wie l¨angeren Trockenperi- oden in Verbindung mit starken Winden eine grosse Rolle. In diesem Sinne muss

(38)

eine Erforschung der Auftrittstendenzen von Waldbr¨anden stets beide Faktoren ber¨ucksichtigen (Conedera, 2003). Nach Rebetez (1999) ist dagegen allgemeinen damit zu rechnen, dass im 21. Jahrhundert aufgrund der zu erwartenden globa- len Erw¨armung ungeachtet aller sozi¨okonomischen Ver¨anderungen die winterliche Waldbrandgefahr auf der Alpens¨udseite jedenfalls weiter zunehmen wird.

2.4 Vegetation im Tessin

S¨amtliche Vegetationsschichten (Kraut-, Strauch-, Baumschicht) k¨onnen durch Feuer mehr oder weniger stark betroffen und zerst¨ort werden. Eine hohe Indivi- duenzahl an Laubb¨aumen auf der gesamten Alpens¨udseite stellt viel potentielles Brandgut dar, was die Ausbruchswahrscheinlichkeit und die rasche Ausbreitung von Br¨anden erheblich erh¨oht.

Die Mehrzahl der Feuer entsteht in einer trockenen Krautschicht (Molinia littoralis, Calamagrastis, Festuca und Pteridium aquilinum) (Ceschi, 1977). In der Strauchschicht beg¨unstigen vor allem folgende Arten eine weitere Feueraus- breitung: Calluna vulgaris, Sarotamnus scoparius und Juniperus (Ceschi, 1977).

B¨aume m¨ussen in die Gruppe Laub- und Nadelh¨olzer (von Br¨anden relativ selten betroffen) unterteilt werden. Innerhalb der Gruppe der vorherrschenden Laubb¨au- me k¨onnen verschiedene “Risikoklassen” unterschieden werden. Da die Humifi- zierung der Edelkastanie (Castanea sativa) im Vergleich zu anderen Laubb¨aumen am meisten Zeit beansprucht, stellt sie aufgrund der m¨achtigen bodenbedecken- den Mull- und Moderschicht f¨ur Br¨ande die gr¨osste Gef¨ahrdung dar (Ellenberg, 1996). Neben der Art spielt das Alter der B¨aume bez¨uglich der Waldbrandgefahr eine Rolle. Junge Pflanzen sind aufgrund ihrer geringm¨achtigeren Rinde weniger gesch¨utzt und somit anf¨alliger.

Die am h¨aufigsten von Br¨anden betroffene Edelkastanie (Castanea sativa) w¨achst haupts¨achlich in wintermilden Lagen der kollinen und submontanen Stufen und bevorzugt m¨assig trockene bis feuchte, n¨ahrstoffarme B¨oden (m¨assig frische, locke- re, auch podsolige Braunerde; meidet kalkhaltige B¨oden; (Ellenberg, 1996)).

Die gr¨osste Auftrittsh¨aufigkeit weisen innerhalb der vielverbreiteten Kastani- enbest¨ande die Oberfl¨achenfeuer (Lauffeuer) auf, bei welchen haupts¨achlich die Humusschicht respektive Streu- und Unterholz zerst¨ort werden.

(39)

3.1 Einf¨ uhrung

Um Aussagen bez¨uglich der Gef¨ahrdung eines Gebietes durch eine Naturgefahr zu treffen, m¨ussen zahlreiche komplexe Zusammenh¨ange bekannt sein. F¨ur die Einsch¨atzung der Gefahr m¨ussen daher in grossem Umfang viele Daten und In- formationen aus verschiedenen Messnetzen und Regionen miteinander verkn¨upft werden.

Ziel der Modellierung von solcherart komplexen Problemen ist, die zum Teil bedrohlichen Konsequenzen von teilweise unverstanden Prozessen vorauszusa- gen, ohne von einer mehr oder weniger subjektiven Einsch¨atzung durch Experten abh¨angig zu sein. Solche Expertisen sind zwar oft von guter Qualit¨at, aber wegen der nicht gegebenen Nachvollzieh- und Reproduzierbarkeit ein f¨ur die wissen- schaftliche Zwecke ungeeignetes Mittel.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist, f¨ur die Naturgefahr Waldbrand ein Prognosemo- dell zu entwickeln, welches sowohl den Anforderungen der Wissenschaft als auch der Praxis entspricht.

3.2 Modelltypen

Die reale Umwelt, oder auch jedes wahrnehmbare System in ihr, ist zu komplex, um sie in ihrer Gesamtheit zu verstehen oder zu definieren. Bei der Behandlung eines einzelnen Problems ist man daher darauf angewiesen, das System gegen¨uber der Realit¨at vereinfacht darzustellen. Eine vereinfachte und daher leichter defi- nierbare und handhabbare Version der Realit¨at ist ein Modell (Hebel, 2003).

Trotz einer Vielzahl von System- respektive Modellbegriffen gibt es keine ein- heitliche Systematik. Im Folgenden wird eine Unterteilung von Modellen nach der Art der Prozessbeschreibung durchgef¨uhrt. Danach werden folgende Modelltypen unterschieden:

(40)

(a) empirische Modelle: Dies sind einfache Ursachen-Wirkungsmodelle, bei wel- chen keine physikalische Beschreibung der Prozesse stattfindet. Erkenntnis- se ¨uber das Systemverhalten k¨onnen dabei nicht gewonnen werden und dementsprechend ist keine unmittelbare ¨Ubertragbarkeit auf andere Stand- orte und Bedingungen m¨oglich. Ihr Einsatz haben diese Modelle in den Bereichen, wo eine exakte physikalische Beschreibung der Prozesse nicht bekannt ist. Als Beispiele k¨onnten diverse, zur Waldbrandprognose einge- setzte Modelle mit berechneten Indizes, basierend auf meteorologischen Be- dingungen, erw¨ahnt werden.

(b) deterministische Modelle: Sie beschreiben die ¨Anderung der Zustandsgr¨os- sen eindeutig aus dem jeweiligen Systemzustand und den Auswirkungen von aussen (Bossel, 1992). Eine optimale L¨osung, bei der alle Prozesse und Randbedingungen des Systems korrekt widergegeben werden, existiert in der Realit¨at ¨ausserst selten. Um eine N¨aherungsl¨osung zu erreichen, werden analytische oder numerische L¨osungsverfahren eingesetzt.

(c) stochastisch - statistische Modelle: Bei diesem Modelltyp wird ein stati- stischer Zusammenhang zwischen einer Ziel- und erkl¨arenden Gr¨ossen her- gestellt. Im Unterschied zu empirischen- oder deterministischen Modellen verlangen statistische Modelle in Abh¨angigkeit der Komplexit¨at der zu be- schreibenden Prozesse eine mehr oder weniger umfangreiche Datenbank. Als Beispiele k¨onnen hier die kNN-Methode oder Regressionsmodelle genannt werden.

Anhand der Anforderungen an das zu entwickelnde Waldbrandprognosemodell unter Ber¨ucksichtigung diverser Einschr¨ankungen (vgl. Kap. 1.2), muss entschie- den werden, welcher Modelltyp implementiert werden soll. Zu den Einschr¨ankun- gen sind beispielsweise Faktoren wie Datengrundlage oder Kenntnisse der ablau- fenden physikalischen Prozesse zu z¨ahlen.

Modelle vom Typ (a) und (c) sind erst dann zu verwenden, wenn kein oder nur ein ungen¨ugendes physikalisches Verst¨andnis der grundlegenden Prozesse vor- handen ist. Kennt man die Physik der ablaufenden Prozesse, ausreichend genau, liefert Typ (b) die besten Modellresultate.

Im vorliegenden Fall wurde, basierend auf der Komplexit¨at der zu einem Wald- brand f¨uhrenden Prozesse ein stochastisches Modellverfahren (c) zur Prognose

(41)

der Waldbrandgefahr ausgew¨ahlt.

3.3 Schritte der Modellentwicklung

Die eigentlichen Schritte der Modellentwicklung verlaufen unabh¨angig vom gew¨ahl- ten “Modelltyp” nach demselben Schema (Abb. 3.1).

Modell Analyse

Prognose Beurteilung

Interpretation Prognose- ergebnis reales System

Verifikation

Abb. 3.1:Schematische Darstellung der wichtigsten Schritte und Abl¨aufe der Modell- entwicklung.

Die Eigenschaften eines realen Systems m¨ussen vor einer Modellentwicklung ana- lysiert werden. Diese Analysen k¨onnen beispielsweise anhand unterschiedlicher statistischer Auswertungen der grundlegenden Prozesse vorgenommen werden.

Nach der Entwicklung des Modells, m¨ussen die Modellberechnungen (Prognosen) durchgef¨uhrt werden. Die damit berechneten Ergebnisse m¨ussen in der Folge in- terpretiert und verifiziert werden. Anschliessend kann beurteilt werden, ob die Modellqualit¨at den geforderten Anspr¨uchen gen¨ugt oder ob Verbesserungen not- wendig sind.

Bei der Entwicklung eines Modells ist es wichtig, dass man sich ungef¨ahr an diesen skizzierten Ablauf h¨alt, um allf¨allige Schw¨achen bereits im Entscheidungsprozess zu erkennen. Jeder Einzelschritt muss zudem auf dessen Plausibilit¨at ¨uberpr¨uft werden, damit sichergestellt ist, dass das entwickelte Modell die eingangs defi-

(42)

nierten Anforderungen erf¨ullt.

Allgemein m¨ussen alle Prognosemodelle immer unter dem Gesichtspunkt der Rahmen- und Einsatzbedingungen erarbeitet werden.

3.4 Prognosemodelle in der Waldbrandforschung

In der Waldbrandforschung stellen Modelle zur Prognose der Waldbrandgefahr nur einen kleinen Teilaspekt im Bereich der Feuerpr¨avention dar. Themen wie Feuererkennung, Feuerausbreitung, Risikoabsch¨atzungen oder Feuer¨okologie ha- ben hingegen eine weit gr¨ossere Bedeutung. Verl¨assliche Prognosemodelle k¨onnen f¨ur das Risikomanagement von Waldbr¨anden dennoch sehr hilfreich sein. In den meisten F¨allen l¨asst sich ein prognostizierter Brandausbruch zwar nicht verhin- dern, doch k¨onnen durch fr¨uhzeitige Gefahrenerkennung pr¨aventive Massnahmen getroffen werden. So k¨onnen beispielsweise die Feuerwehr in potentiell gef¨ahrdeten Gebieten fr¨uhzeitig verst¨arkt und in Alarmbereitschaft gesetzt oder touristische Gebiete wie Nationalparks f¨ur die ¨Offentlichkeit geschlossen werden. Br¨ande, wel- che vors¨atzlich, beispielsweise im Rahmen von Bodenpreisspekulationen, gelegt werden, k¨onnen von Prognosemodellen hingegen kaum ber¨ucksichtigt werden. Ein Modell ist prinzipiell nur in der Lage eine Aussage ¨uber eine potentielle Gef¨ahr- dung zu machen. Wo ein Brandstifter m¨oglicherweise einen Brand legt, kann nicht vorhergesehen werden.

Gegenw¨artig gibt es einige wenige Modelle, welche zur Prognose von Waldbr¨anden im Einsatz sind. Die meisten basieren auf dem Kanadischen Feuer-Wetter-Index System (FWI1) oder ¨ahnlichen Ans¨atzen.

Aufgrund der Komplexit¨at der f¨ur die Entstehung eines Waldbrandes massgebli- chen Prozesse basieren die meisten der erw¨ahnten Prognosemodelle auf empiri- schen Ans¨atzen. Dabei stellen meistens meteorologischen Variablen die Grundlage dar. Aufbauend auf dem FWI wurden in verschiedenen s¨udeurop¨aischen L¨andern diverse Indizes mit unterschiedlichem Erfolg erarbeitet (Viegas et al., 1999a). In der Schweiz wird ein indexbasierter Ansatz (Incendi) im Kanton Graub¨unden

1FWI: Das Kanadische Feuer-Wetter-Index System ber¨ucksichtigt f¨unf unterschiedliche, wald- brandbeinflussende Gr¨ossen um den FWI zu berechnen:Fine Fuel Moisture Code, Duff Moi- sture Code, Drought Code, Initial Spread Indexund denBuildup Index (Van Wagner, 1987).

Unter Ber¨ucksichtigung dieser Gr¨ossen wird der FWI Index berechnet, anhand dessen eine 4-stufige Gef¨ahrdung bestimmt wird.

(43)

durch das Geographische Institut der Universit¨at Z¨urich angewandt. Die berech- nete Gefahrenstufe ist t¨aglich im Internet abrufbar.

Tabelle 3.1 gibt einen ¨Uberblick ¨uber die am weitesten verbreiteten Waldbrand- prognosemodelle. Eine Vollst¨andigkeit dieser Liste kann nicht gew¨ahrleistet wer- den, da eine Vielzahl der entwickelten Modelle lokal und zum Teil nur kurzfristig eingesetzt werden. Einige Modelle werden mit Ausbreitungsmodellen integriert und decken dadurch weitere Fragestellungen im Bereich des Risikomanagements ab.

Tab. 3.1:Zusammenfassung und ¨Uberblick einiger weitverbreiteter Waldbrandprogno- semodelle.

Name Entwickler Einsatz- Methode

gebiet

FWI Van Wagner (1987) CDN

NFDRS Deeming et al. (1977) USA Wetter, Brand- gut, Brandgut- feuchte

Risque Sol (1989) F

num´erique

IREPI Bovio et al. (1994) I

DFR Garcia Diez et al. (1999) Galizien, E IP Goncalvez & Lourenco (1990) P

BEHAVE Burgan & Rothermel (1984) USA, Europa

INMG diverse P, Europa

ICONA diverse E, Europa

Incendi Sch¨oning et al. (1998) Graub¨unden

EFFIS Joint research center, Europa Zusammen-

ISPRA fassung der ver-

schiedenen euro- p¨aischen Indices

Neben den genannten indexbasierten empirisch-(deterministischen) Modellen, gibt es rein statistische Modellans¨atze, wie die von Mandallaz & Ye (1996); Langhart (1999) oder Felber & Bartelt (2002) entwickelten Prognosemodelle. Diese fallen

(44)

h¨aufig, aber nicht ausschließlich, in die Gruppe der statistisch - stochastischen Modelle (vgl. Kap. 3.2).

3.5 Klassifikation von Ereignissen

Das Ziel jedes Prognosemodells liegt darin, ein bekanntes Ereignis fr¨uhzeitig zu prognostizieren (vgl. Kap. 3.1). Durch Einschr¨ankung mit einer ausschliesslichen Ber¨ucksichtigung von bin¨aren Ereignissen, l¨asst sich die Problematik vereinfacht modellieren. Das grundlegende Problem dabei ist, einen Satz von beschreibenden und messbaren Variablen zu finden, welcher Zeitpunkte (Tage) mit und ohne Ereignisse in dem durch die Variablen aufgespannten Ereignisraum unterscheidet.

Diese Fragestellung wird als klassisches Problem der Diskriminierung von bin¨aren Ereignissen bezeichnet.

Das Grundproblem der Diskriminierung bin¨arer Ereignisse l¨asst sich unabh¨angig vom gew¨ahlten Modelltyp darstellen. Man versucht im Ereignisraum Ω die Tage mit und die jene ohne Ereignisse voneinander zu trennen. Dazu sollte ein stati- stischer Zusammenhang zwischen den an den Prozessen mitbeteiligten Gr¨ossen (Variablen) und dem Ereigniseintritt hergestellt werden k¨onnen.

Mit Hilfe der multivariaten Datenanalyse, welche eine Systematisierung von Merk- malsmustern erm¨oglicht, k¨onnen die genannten Klassifikationsprobleme gel¨ost werden. Besonders hervorzuheben ist die Diskriminanzanalyse (DA). Ziel der Dis- kriminanzanalyseverfahren ist, einen geeigneten Variablensatz zu finden, sodass sich in dem von diesen aufgespannten Ereignisraum Ω die positiven von den ne- gativen Ereignissen durch eine global anwendbare Funktion unterscheiden lassen.

Dies ist eine praktische Problemstellung, wie sie in verschiedenen Bereichen der Medizin, Biologie oder der Meteorologie h¨aufig auftritt.

Diskriminanzanalyseverfahren lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen:

Parametrische Verfahren zur Klassifikation: Diese zeichnen sich da- durch aus, dass sie Annahmen ¨uber die globale parametrische Form der klassenspezifischen Dichten, der Form der Trennfl¨ache oder der Form des Dichtequotienten treffen. Die lineare- beziehungsweise die quadratische Dis-

(45)

kriminanzanalyse kann nur dann zur L¨osung von Klassifikationsproblemen eingesetzt werden, wenn die Variablen normalverteilt sind und gleiche be- ziehungsweise unterschiedliche Kovarianzmatrizen aufweisen (Nothnagel, 1999).

Nichtparametrische Verfahren zur Klassifikation: Diese Verfahren verzichten auf globale Annahmen ¨uber Dichte oder Form der Trennfl¨achen.

Sie werden auch als verteilungsfreie Methoden bezeichnet. Die k-Nearest Neighbors (kNN) Methode wird ebenso wie beispielsweise Neuronale Netze (NNnet) oder Entscheidungsb¨aumeClassification trees (CT) dieser Gruppe zugeordnet.

H¨aufig werden die beiden genannten Verfahren unter dem Begriff Data Mining (Datenmustererkennungsverfahren) zusammengefasst.

Die Wirkung der Diskriminierung und somit die Qualit¨at des zu entwickelnden Modells h¨angt sehr stark von folgenden Umst¨anden ab:

Es m¨ussen alle Variablen, welche an der Entstehung des Ereignisses mit- beteiligt und somit zur Beschreibung des Prozesses erforderlich sind, im Modell enthalten sein.

Um die Klassifizierung zu optimieren, m¨ussen die entsprechenden Variablen in zweckm¨assiger Weise gewichtet werden.

Sind diese beiden Bedingungen in ausreichendem Masse erf¨ullt, so kann mit Hilfe einer der zuvor angef¨uhrten statistischen Methoden ein zweckm¨assiges Prognose- modell entwickelt werden.

(46)
(47)

Methode

4.1 Einf¨ uhrung

Obwohl man wegen der Komplexit¨at des zu modellierenden Prozesses im vorlie- genden Fall einen deterministischen Ansatz ausschliessen muss, stehen eine Reihe statistischer und empirischer Modelle zur Auswahl (vgl. Kapitel 3.5), welche zur L¨osung des Diskriminierungsproblems in Betracht gezogen werden k¨onnen. Die folgenden zwei Modelle wurden zur Prognose der Naturgefahr Waldbrand auf der Alpens¨udseite im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelt:

kNN-Modell: Nichtparametrische L¨osung des Klassifikationsproblems, wur- de aufgrund des erfolgreich im Einsatz stehenden NXD2-Lawinenprognose- modells entwickelt.

LR-Modell3: Parametrisches L¨osungsverfahren des Klassifikationsproblems, wurde als Teil des kNN-Modells entwickelt.

Da bei jedem Modelltyp sehr spezifische Anforderungen und Randbedingun- gen erf¨ullt werden m¨ussen, w¨are das Waldbrand-Prognoseproblem grunds¨atzlich durch verschiedene Verfahren zu l¨osen gewesen. Die Modellwahl wurde schliesslich aufgrund des bereits erfolgreich im Einsatz stehenden kNN-Lawinenprognose- modells getroffen.

Basierend auf demselben Ansatz kam demnach die Idee auf, auch f¨ur die Wald- brandprognose eink-Nearest Neighbors Modell zu entwickeln.

In den 80iger Jahren f¨uhrte Buser (1983) bzw. Buser et al. (1986) die kNN- Methode im Bereich der Lawinenprognose ein. Diverse Weiterentwicklungen von

2kNN-Modell: NXD-Lawinen.

3LR: logistisches Regressionsmodell zur Prognose der Waldbrandgefahr, entwickelt von Felber

& Bartelt (2002).

(48)

Kristensen & Larsson (1994); Meister & Brabec (1999); Gassner et al. (2000);

Brabec (2001) und Purves et al. (2002) f¨uhrten zu einer weiten Verbreitung des kNN-Ansatzes vor allem bei lokalen Lawinenwarndiensten in der Schweiz und im Ausland. Zahlreiche Verifikationen best¨atigten die hohe Qualit¨at des Prognose- modells, und folglich wurde eine thematische Weiterentwicklung des Modells im Rahmen der vorliegenden Arbeit lanciert.

Die potentielle Gefahr von Ereignissen wie Waldbr¨anden und Lawinen wird prim¨ar durch meteorologische Prozesse gesteuert (vgl. Kap. 2.1). Im Falle der Wald- br¨ande ist es das Brandgut, welches die potentielle Gef¨ahrdung beschreibt, bei den Lawinen die Schneedeckenstabilit¨at. Der Zustand letzterer l¨asst sich dabei durch meteorologische Abl¨aufe erkl¨aren. Dazu m¨ussen auch mittel- und l¨angerfri- stige meteorologische Entwicklungen ber¨ucksichtigt werden. Dies geschieht, indem weiter zur¨uckliegende Werte, wie zum Beispiel die 30-Tagesniederschlagssumme, im Modell mitber¨ucksichtigt werden.

Sowohl bei Waldbr¨anden als auch bei Lawinen kann man das Zustandekommen eines Ereignisses in drei Bereiche aufteilen. Dabei wird zwischen der Grunddis- position (i), der variablen Disposition (ii) und dem ausl¨osenden Ereignis (iii) unterschieden (Abb. 4.1).

(49)

Grunddisposition variable Disposition

1 2 3 4 5 6 7 8 9

16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 16

15 14 13 12 11 10

Zeit

Disposition

Ereignisse

BelastungdesSystems durchausl¨osendesEreignis effektiv ausl¨osende

Abb. 4.1: Unterscheidung der drei Hauptfaktoren Grunddisposition(i), variable Dis- position (ii) und ausl¨osendes Ereignis (iii), welche zu einem Ereignis f¨uhren k¨onnen.

(Ver¨andert nach Mani (1995)).

Die Bewertung der ausl¨osenden Ereignisse und der variablen Disposition erfor- dert in der Regel einen gr¨osseren methodischen Aufwand als die Ermittlung der Grunddisposition.

Die Grunddisposition zu gef¨ahrlichen Prozessen ist die prinzipielle, ¨uber l¨angere Zeit gleichbleibende Anlage oder Bereitschaft gef¨ahrlicher Prozesse, abzulaufen.

Sie wird durch ¨uber l¨angere Zeit konstant bleibende Parameter wie Relief oder Klima bestimmt.

Die variable Disposition ist die bei gegebener Grunddisposition zeitlich ver¨ander- liche, in einem bestimmten Umfang schwankende oder sich entwickelnde Dispo- sition f¨ur gef¨ahrliche Prozesse. Hierzu k¨onnten beispielsweise die Vegetation, die Jahreszeit, Trockenheit oder l¨angere F¨ohnperioden zusammengefasst werden.

Die aktuelle Gesamtdisposition (Potential) wird aus Grund- und variabler Dis- position zusammengesetzt. Prognosemodelle k¨onnen nur die aktuelle Disposition modellieren, das ausl¨osende Ereignis selbst kann hingegen nicht modelliert wer- den.

(50)

Das ausl¨osende Ereignis (z.B. Blitzschlag, etc. bei Waldbr¨anden respektive zus¨atz- licher Neuschnee, etc. bei Lawinen), setzt bei einer gegebenen aktuellen Disposi- tion den gef¨ahrlichen Prozess in Gang. Die Ausl¨osung der gef¨ahrlichen Prozesse erfolgt dann, wenn der Schwellenwert eines oder mehrerer kritischer Faktoren er- reicht bzw. ¨uberschritten wird. Je ausgepr¨agter jeweils die aktuelle Disposition zu einem gef¨ahrlichen Prozess ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Schwel- lenwert von kritischen ausl¨osenden Faktoren ¨uberschritten wird (BUWAL, 1998).

Abbildung 4.2 zeigt einen schematisch vereinfachten ¨Uberblick ¨uber die Gemein- samkeiten der beiden Naturgefahren Waldbrand und Lawinen in Bezug auf ei- ne Prognosemodellierung. Dabei kommt die Unterscheidung in Grunddisposition (Brandgut, Wetter, Gel¨ande respektive Schneedecke, Wetter, Gel¨ande) und va- riable Disposition (Luftfeuchte, Temperatur, Niederschlag respektive Neuschnee, Stabilit¨at, Wind) deutlich zum Ausdruck, welche den modellierbaren Teil der Prozesse ausmachen.

WIND

brand Wald- Gel¨ande

Brandgut Wetter

Wind Stabilit¨at Neuschnee Lawine

Gel¨ande Wetter Schneedecke Luftfeuchte

N’schlag, etc.

Temperatur Grunddisposition variable Disposition

Grunddisposition variable Disposition Abb. 4.2: Konzeptionelles Schema, welches den Zusammenhang zwischen Wald- br¨anden und Lawinen in Bezug auf die Prognosemodellierung wiedergibt. (Ver¨andert nach Jenkins & Hebertson (2000)).

(51)

4.2 Grundlagen

“Do as your neighbors do”

(Adriaans & Zantige, 1996a).

Fix & Hodges (1951, 1952) f¨uhrten in den 50iger Jahren mit ihren Publikatio- nen die k-Nearest Neighbors (kNN) Methode als nichtparametrische Diskrimi- nanzanalyse ein. Darauf aufbauend f¨uhrten Cover & Hart (1967) die k-Nearest Neighbors Regeln erstmals formal an. In den folgenden Jahren folgten zahlreiche Untersuchungen zurkNN-Methode. Ein umfassender und vollst¨andiger ¨Uberblick

¨uber die kNN-Ans¨atze kann in Dasarathy (1991) gefunden werden. Die meisten Arbeiten ¨uber Data Mining (Adriaans & Zantige, 1996b; Weiss & Indurkhya, 1998) und Machine Learning (Mitchie et al., 1994; Mitchell, 1997; Ripley, 1996) besprechen die kNN-Ans¨atze im Rahmen von distanz- oder fallbasierten Metho- den.

Derk-Nearest Neighbors Ansatz basiert auf der Annahme, dass heute eine ¨ahnlich grosse Waldbrandgefahr herrscht, wie an einem vergangenen Tag mit einer der heutigen vergleichbaren meteorologischen Situation. Grundgedanke eines kNN- Modells ist demnach, dass man eine umfangreiche Datenbank zusammenstellt, in welcher nach Tagen gesucht wird, die in Bezug auf ihre meteorologischen Va- riablen dem Prognosetag ¨ahnlich sind. Man pr¨uft dann, ob an den identifizierten Tagen Waldbr¨ande auftraten. Weisen die referenzierten Tage (N¨achste Nachbarn) das Vorkommen von Br¨anden auf, dann ist auch am Prognosetag h¨ochstwahr- scheinlich mit Waldbr¨anden zu rechnen.

Voraussetzung f¨ur ein Funktionieren dieser Prognosemethode ist, dass sich ein Variablensatz findet, sodass sich Tage mit Waldbr¨anden innerhalb des durch die Variablen aufgespannten Ereignisraumes gruppieren lassen.

4.3 Die kNN-Methode

Die meteorologische Situation an einem bestimmten Tag wird durch p∈ N me- teorologische Variablen beschrieben, sodass jedem Tag ein Vektorx=(x1, ..., xp) zugeordnet werden kann. Der Raum, welcher dadurch aufgespannt wird, heisst Ereignisraum Ω. Aus praktischen Gr¨unden kann eine Datenbank nur n∈N Ein-

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

f ist stetig als Nacheinander- ausf¨ uhrung der stetigen Funktionen Sinus

Da R 3 einfach zusammenh¨ angend ist, gilt: Es handelt sich genau dann um ein Potentialfeld, wenn die Ver- tr¨ aglichkeitsbedingung erf¨ ullt ist. Im R 3 ist dies ¨ aquivalent

Dies führt dazu, dass innerhalb solcher Datensätze eine hohe Korrelation zwischen den für die Biomasse entscheidenden Variablen festgestellt werden kann.. Besonders deutlich

(Was passiert, wenn Sie versuchen, dies bereits für n ≥ 1 zu

[r]

Es ist eine gute Übung (aber durchaus etwas schwerer), die Behauptung erst einmal zu „finden“ wenn sie nicht angegeben ist.. Zum Beispiel: in Aufgabe 6) muss die Formel für

[r]

[r]