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Archiv "Nutzen und Gefahren der Sauerstoffatmung" (25.05.1984)

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Aktuelle Medizin

Zur Fortbildung

Nutzen und Gefahren der Sauerstoffatmung

Wolfgang T. Ulmer

Aus der Medizinischen Universitätsklinik und Poliklinik (Chefarzt: Professor Dr. med. Wolfgang T. Ulmer) der Berufsgenossenschaftlichen Krankenanstalten

„Bergmannsheil Bochum"

Gefahren des Sauerstoffmangels Warmblüterzellen sind auf die kontinuierliche Zufuhr von Sauer- stoff angewiesen. Nach der Unter- brechung der Sauerstoffzufuhr treten nach ganz kurzer Zeit irre- versible Schäden in den Zellen auf, die in lebenswichtigen Zellsy- stemen lebensbedrohliche Funk- tionsstörungen bedeuten.

Die Überlebenszeiten nach kom- pletter Unterbrechung der Sauer- stoffzufuhr sind für verschiedene Zellsysteme unterschiedlich. Be- sonders gefährdet sind das zen- trale Nervensystem und hierbei oft primär das Atemzentrum und das Herz.

Der irreversiblen Schädigung geht eine Phase sauerstoffman- gelbedingter reversibler Funk- tionsstörungen voraus. Diese re- versible Phase kann, je nach Zelt- system, nur einige Sekunden bis zu einigen Stunden betragen. Die- se Zeiten werden verlängert, wenn die Sauerstoffzufuhr nicht komplett unterbrochen ist.

Der partielle Sauerstoffmangel kann unterschiedliche klinische Bilder hervorrufen, die von der In- tensität und der Dauer des Sauer- stoffmangels wie von den Durch- blutungsreserven der entspre-

Die Indikation zur Sauerstoff- atmung hat einen vielfältigen Wandel durchgemacht. Die zunehmend verbesserte Mög- lichkeit, routinemäßig den Sauerstoffpartialdruck (wie auch den Kohlensäurepartial- druck) bei Patienten zu mes- sen, brachte große Sicherheit zur Indikationsstellung. Es gibt eine größere Zahl von Er- krankungen, bei denen die richtig angewandte Sauer- stoffatmung von großem Nut- zen ist. Da, wie bei jedem wirksamen Arzneimittel, auch Gefahren auftreten können, die aber gut zu übersehen sind, werden in dem Beitrag Grundlagen und Praxis der Sauerstoffatmung dargestellt.

Richtige Dosierung hilft häu- fig, die über lange Zeit über- schätzten Gefahren zu be- herrschen. Die heute zur Ver- fügung stehenden Sauerstoff- kompressoren ermöglichen auch eine relativ problemlose Handhabung.

chenden Organe geprägt werden.

Häufig betreffen Sauerstoffman- gelzustände chronischer Art älte- re Personen, deren Durchblu- tungsreserven nicht nur von der physiologischen Kapillarreserve

abhängig sind, sondern auch vom Ausmaß lokaler atheromatöser und atherosklerotischer Gefäßver- änderungen. Die klinischen Bilder reichen von der Hypoxie-Psycho- se, oft mit deliranten Zügen, bis zur Rechtsherzinsuffizienz im Sin- ne des dekompensierten chroni- schen Cor pulmonale.

Auch Mischbilder mit Linksherzin- suffizienz kommen nicht selten vor. Stauungsleber, Stauungsnie- re und Stauungsgastritis können klinisch sehr deutlich werden und das Bild variieren.

Sauerstoffreserven im Organismus Wir verfügen trotz des Erforder- nisses der ständigen Sauerstoff- zufuhr in unserem Organismus über keine nennenswerten Sauer- stoffreserven. Im Blut ist unter Normalbedingungen ca. 1 Liter Sauerstoff an Hämoglobin gebun- den, was für den Sauerstoffver- brauch von etwa 3 Minuten ausrei- chen würde.

Bei einem vollständigen Kreislauf- stopp stehen aber in den Kapilla- ren nur wesentlich geringere Reserven zur Verfügung, wobei eine vollständige Sauerstoffaus- schöpfung auch von den meisten Zellsystemen nicht möglich ist.

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 21 vom 25. Mai 1984 (41) 1693

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600 570 540 510 480 450 420 390 360 330 300 270 240 210 180 150 120 90 60 30 0

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Sauerstoffatmung

Eine weitere eng begrenzte Re- serve steht uns in der Alveolarluft zur Verfügung. Bei einem intra- thorakalen Gasvolumen von 3,5

Litern befinden sich dort ca. 460 Milliliter 0 2 . Bei aufrechterhalte- nem Kreislauf, aber stillstehender alveolärer Ventilation ist hierin mit einer weiteren Sauerstoffreserve für etwa eine Minute zu rechnen (Darstellung 1).

Verschiedene Hypoxieformen Für die Klinik ist es zweckmäßig, neben einer Einteilung in akute und chronische Hypoxämie eine ventilatorische (arterielle) von ei- ner kardialen (venösen) zu unter-

möglichst frühzeitige inhalative Gabe von möglichst hochprozen- tigem Sauerstoff eine wesentliche Verlängerung der Überlebenszeit.

Durch die Anreicherung der Al- veolarluft mit reinem Sauerstoff werden die Zeitreserven bei venti- latorischem Versagen um ca. 10 Minuten verlängert (Darstellung 1).

Ventilatorisches Versagen kann neben dem Verschluß der Atemwe- ge bei Störungen des Atemzen- trums, die toxisch, auch medika- mentös toxisch oder traumatisch zustande kommen können, aber auch durch hypoxische Schäden, wie z. B. bei Kreislaufstillstand oder bei starker Abnahme des Herzzeitvolumens, auftreten.

schweren Lungenembolie an die Phase II (Gegenregulationsphase) zu erreichen. Die überwiegende Zahl der tödlich verlaufenden Lungenembolien ist darauf zu- rückzuführen, daß die Phase II nicht erreicht wird (14)*). Aber auch in der „Phase der labilen Stabilisation" schwerer Lungen- embolien (Phase III) ist die Sauer- stoffversorgung der lebenswichti- gen Organe kritisch bedroht.

Nicht selten kommt es zu schwe- reren arteriellen Hypoxämien durch die Störung des Perfu- sions-Nentilationsgleichgewichtes in der Lunge. Auch das Herzzeit- volumen ist stark reduziert. Eine Unterbrechung der Sauerstoffat- mung läßt bei experimenteller

Darstellung 1:

Abnahme des alveo- lären Sauerstoff- druckes bei normalem Sauer- stoffverbrauch und normal großem Al- veolarraum während Atemstillstand

Linke Kurve

= Zimmerluftatmung Mittlere Kurve

0 2angereicherte Alveolarluft (Einatemluft ca.

75% 0 2) Rechte Kurve

= reine 0 2-Atmung

Die entsprechen- den Zeitreserven betragen ca.

1 Va, 6 3/4 bzw.

10 1 /2 Minuten

scheiden. Für alle genannten For- men der Hypoxie kann die Sauer- stoffatmung nützlich, ja lebensret- tend sein.

Akute Hypoxämien kommen so- wohl ventilatorisch als auch kar- dial vor. Für die ventilatorische Form kann der akute Obstruk- tionsanfall (Asthma-Anfall) bei- spielhaft genannt werden. Für die kardiale Form sind die massive Lungenembolie oder auch Kam- merflimmern typische Beispiele.

Bei diesen Formen bewirkt die

Sauerstoffzufuhr bei Kreislaufversagen

Unter Sauerstoffatmung wird z. B.

bei sonst tödlich verlaufenden Lungenembolien wesentlich häu- figer die Phase II der Gegenregu- lation erreicht (Darstellung 2).

Die Verlängerung der Herzreser- ven und der Atemzentrumreser- ven um wenige Sekunden bis zu einigen Minuten ist entscheidend, um den Anschluß aus der Pha- se I (Okklusionshypotonie) einer

Lungenembolie den Blutdruck rasch kritisch absinken. Die recht- zeitige erneute Sauerstoffzufuhr ermöglicht eine Kreislauferho- lung. In kritischen Schocksituatio- nen kann die Verbesserung des Sauerstoffantransportes um 2 bis 10 Prozent entscheidend für die Überlebenschance sein. Die At- mung reinen Sauerstoffes er- reicht Verbesserungen in dieser Größenordnung.

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

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Gefahren des

hochprozentigen Sauerstoffs Das Einatmen reinen Sauerstoffes führt zu toxischen Wirkungen. Im Lungengewebe sind schon nach kurzer Zeit elektronenoptisch die ersten Zeichen von Zellschädi- gungen zu erkennen. Bei längerer 02-Gabe kommt es zur Kapillar- schädigung mit interstitiellem und schließlich alveolärem Ödem.

..,.. Die klinischen Bilder entspre- chen denen eines akuten respira- torischen Atemnotsyndroms mit Diffusionsstörungen und Kurz- schlußdurchblutung.

Die Zeitspanne, bis es zu derartig toxischen Sauerstoffwirkungen kommt, wird wesentlich verlän- gert, wenn die ·inspiratorische Sauerstoffkonzentration unter 100 Prozent liegt, wobei Schäden bei Sauerstoffkonzentrationen unter 50 Prozent inspiratorischen Sau- erstoff nicht bekannt wurden. Wir müssen deshalb bei entsprechen- den Patienten die inspiratori- sche Sauerstoffkonzentration der Atemluft bald reduzieren. Auch die Zufuhr von ca. 1 ,5 Liter Sauer- stoff über eine Nasensonde zur Zimmerluftatmung (Darstellung 3) bringt in den meisten Fällen noch einen b.edeutsamen Gewinn an Sauerstoffreserven.

Sauerstofftherapie

bei chronischer Hypoxämie Bei chronischer Hypoxämie, wie sie bei pulmonalen Erkrankun- gen, vorwiegend bei den obstruk- tiven Atemwegserkrankungen, aber auch bei Lu ngenfibrosen vorliegen, spielt die als "Euler-Lil- jestrand"-Mechanismus bezeich- nete zusätzliche Belastung des rechten Herzens eine entschei- dende Rolle. Bei diesem Mecha- nismus kommt es in Abhängigkeit von der alveolären Hypoxie zu ei- ner Strömungswiderstandszunah- me im Lungenkapillarbett Ab ar- teriellen Sauerstoffdrucken unter 60 mmHg ist mit einer entspre- chenden Widerstandszunahme im

Lungenkreislauf zu rechnen (4).

Die Widerstandszunahme im Lun- genkreislauf ist ein wesentlicher Faktor bei der Entwicklung des chronischen Cor pulmonale bis hin zu dessen Insuffizienz.

Unter Sauerstoffzufuhr, die bei diesen Störungen, meist mit 1 bis 1,5 Liter/Minute über eine Nasen- sonde gegeben (wie in Darstel- lung 3 gezeigt), begrenzt sein kann und soll, steigt der Sauar- stoffgehalt des arteriellen Blutes bei derartigen Patienten im Mittel um ca. 6 Prozent an, was in Pro- zent der arteriovenösen Sauer- stoffsättigungsdifferenz etwa 25 Prozent entspricht. Die Stoff- wechselsituation des Gewebes

Blutdruck (mmHg)

Lungenembolie

+

Lungenkreislauf absinkt. Vorwie- gend dem rechten Herzen kommt diese Entlastung zugute. Der Druckabfall in der A. pulmonalis liegt in der Größenordnung von 3 bis 8 mmHg entsprechend einer Widerstandsabnahme um 10 bis 25 Prozent.

Bei Patienten, bei denen ander- weitig die alveoläre Ventilation nicht verbessert werden kann und bei denen der arterielle Sauer- stoffdruck unter 55 mmHg liegt, sollte deshalb die Sauerstoffanrei- cherung der Atemluft in der oben beschriebenen Art erfolgen (7).

Wenn auch der Sauerstoffdruck in den hierbei im Alveolarraum auf- tretenden Konzentrationen nicht

130-,----"' ,---Paf 120

110 100 90 80 70 60 50 40 30 20

10-l---

111

= Okklusionshypotonie II = Gegenregulationsphase 111 = Labile Stabilisation

o~----~--~---~---

12-5'1 3-10'

Darstellung 2: Die drei Phasen der Lungenembolie

P.1 = Femoralisdruck, Pap = Pulmonalisdruck

wird hierdurch entscheidend ver- bessert. Das Herz wird, weil das Herzzeitvolumen abnehmen kann, wesentlich entlastet. Meist allerdings steigt der Sauerstoffge- halt des venösen Blutes entspre- chend an (1 0), was zeigt, daß das Herz das erforderliche Herzzeitvo- lumen auch aufzubringen in der Lage ist. Das Herz wird aber den- noch, auch wenn das Herzzeitvo- lumen konstant bleibt, entlastet, da der Strömungswiderstand im

-24 h

toxisch wirkt, so bestehen doch zu beachtende Gefahren, die al- lerdings nur bei wenigen der ent- sprechenden Patienten manifest werden:

..,.. Der Sauerstoffmangel wirkt bei diesen Patienten deutlich sti- mulierend auf das Atemzentrum.

Fällt unter Sauerstoffanreiche- rung dieser Stimulus weg, so nimmt als Folge die Gesamtventi- lation und somit auch die alveolä- re Ventilation ab. Diese Abnahme des "Atmungsstimulans Hypox- ämie" kann bei einzelnen Patien- ten so bedeutsam sein, daß eine Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 21 vom 25. Mai 1984 (45) 1695

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DEUTSCHESÄRZTEBLATT

Sauerstoffatmung

schwerere Hyperkapnie mit ent- sprechender ventilatorischer Azi- dose entsteht. Die Hyperkapnie kann dann Gefahren mit sich brin- gen, die größer sind, als diejeni- gen der Hypoxämie. Das Ausmaß der eintretenden Hyperkapnie hängt ab von der Menge des zu- geführten Sauerstoffes und er- reicht bei einer Zufuhr von 1 ,5 Li- tern/Minute im Mittel einen An- stieg des Kohlensäuredruckes von 4 mmHg (8, 12), was unbe- denklich ist.

..,. Im Einzelfall können aber An- stiege des Kohlensäuredruckes bis zu 15 und 20 mmHg vorkom- men, was mit Sicherheit den er- wünschten Nutzen negativ über- holt. Bei einem Anstieg des Koh- lensäuredruckes in der Größen- ordnung von > 6 mmHg ist Wach- samkeit geboten, und bei einem Anstieg von > 10 wird im allge- meinen der Nutzen der Sauer- stoffanreicherung der Atemluft als fraglich anzusehen sein. Der Aus- gangswert ist mit in die Bewer- tung einzubeziehen, wobei eine Azidose mit einem pH-Wert < 7,35 besonderer Kontrolle bedarf. Es wird deutlich, daß die Sauar- stofftherapie nicht unbedingt nur Nutzen bringt. Die erste Einstel- lung sollte deshalb mit den ent- sprechenden Kontrollen, d. h. im allgemeinen unter stationärer Be- handlung erfolgen (5). in der Re- gel zeigt das Ergebnis unter der ersten Einstellung das prinzipielle Verhalten des Patienten. Die mei- sten der Patienten ziehen Nutzen aus einer derartigen Sauerstoff- therapie.

Alle anderen Behandlungsmög- lichkeiten müssen vor der lndika- tionsstellu ng zur Sauerstoffbe- handlung ausgeschöpft sein:

Bronchodilatatoren, adäquate Glukokortikoidmedikation, Anti-

biotika, gegebenenfalls lntal®.

Auch unter der Sauerstoffbehand- lung muß die wesentliche medika- mentöse Behandlung weiterlau- fen. Diese sorgfältig einzustellen- de medikamentöse Behandlung ist für die Patienten im allgemei-

nen als wichtiger einzustufen als die additive Sauerstofftherapie.

Bei Einzelarbeiten, die bei derarti- gen Patienten unter der Sauar- stofftherapie eine besonders deutliche Lebensverlängerung beschreiben, scheint es fraglich, ob alle oben angedeuteten Be- handlungsmöglichkeiten adäquat ausgeschöpft waren (3, 6, 9, 11 ).

Auch bei Linksherzinsuffizienzen kann es - meist zu weniger star- ken - arteriellen Hypoxämien kommen. Die Linksherzinsuffi-

Darstellung 3: Sauerstoffinsufflationsge- rät, welches sich für die Anreicherung der Einatmungsluft mit Sauerstoff we- gen seiner guten Trageeigenschaft gut bewährt

zienz kann selbst eine obstruktive Atemwegserkrankung auslösen (1 ). So kann nach entsprechenden Maßergebnissen die chronische Linksherzinsuffizienz ebenfalls ei- ne Indikation zur Sauerstoffanrei- cherung der Atemluft geben.

ln den letzten Jahren wurde von v.

Ardenne (2) die Sauerstoffmehr- schritt-Therapie propagiert, wo- bei unter zusätzlichen Maßnah- men die unter Sauerstoffanrei- cherung eintretende Aufsättigung des arteriellen Blutes auch nach Absetzen der Sauerstoffatmung bestehen bleiben soll. Als Indika- tionen werden im wesentlichen

Leistungsabfall bei älteren Perso- nen angegeben. Hier werden die Inhalation höherprozentigen Sau- erstoffes mit Hilfe des 02-Düsen- applikators neben zusätzlichen Maßnahmen in Form von Medika- menteneinnahmen und Bewe- gungstraining als wesentliche Prinzipien gefordert. Ein Anstieg des arteriellen Sauerstoffdruckes kann bei diesen Personen um 5 bis 15 mmHg auch häufig allein durch körperliche Belastung (Ver- besserung des Ventilations-/Per- fusionsquotienten) erreicht wer- den.

Die bei v. Ardenne angenommene permissive Wirkung der Sauar- stoffatmung im Rahmen der Sau- erstoffmehrschritt-Therapie muß als hypothetisch angesehen wer- den. Unsere Untersuchungen zu dieser Frage, auch bei älteren ge- sunden Personen, konnten keine derartigen Effekte aufzeigen. Bei älteren Personen kann auf Grund einer besonders starken altersab- hängigen Abnahme des arteriel- len Sauerstoffpartialdruckes (13, 15) auch ohne schwerere pulmo- nale Erkrankungen ein arterieller Sauerstoffdruck unter 60 mmHg erreicht werden. Hier sind partiel- le Erfolge unter Sauerstoff- anreicherunQ der Atemluft denk- bar und zu prüfen. Nach unseren Messungen steigt der arterielle Sauerstoffpartialdruck unter der Sauerstoffanreicherung der Atem- luft um 10 bis 25 mmHg an. Die ve- nösen Sauerstoffwerte erhöhen sich entsprechend dem arteriel- len Sättigungsgewinn, was dem Gewebe zugute kommt. Leider verfügen wir noch über unzurei- chende Erkenntnisse über das Verhalten der Regulation in unter- schiedlichen Organsystemen.

Nach Absetzen der Sauerstoffat- mung geht der Erfolg innerhalb von 10 bis 20 Minuten wieder ver- loren. Alle anderen, als persistie- rende Effekte einer vorausgehen- den SauerstoffbeladunQ des arte- riellen Blutes beschriebenen Meßwerte haben unseres Erach- tens mit der Sauerstoffatmung nichts zu tun.

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Diese Erkenntnisse zeigen, daß bei Patienten, bei denen Sauer- stoffanreicherung der Einat- mungsluft über eine Nasensonde induziert ist, diese Sauerstoffbe- handlung möglichst langfristig er- folgen sollte. Der Patient hat im- mer nur in der Zeit Nutzen von der Sauerstoffinhalation, in welcher er sie anwendet. Erholung des kardiopulmonalen Systems kann für begrenzte Zeit Reserven schaffen. 8- bis 20stündige An- wendungen pro Tag sind die zu empfehlenden Zeiten, wobei Herz und Organe sich unter der Sauer- stoffanreicherung erholen, um dann mit begrenzten Reserven sauerstoffärmere Zeiten besser überstehen zu können.

Art der Sauerstoffbereitstellung Möglichkeiten bestehen mit Hilfe von Sauerstoff-Flaschen, die in entsprechend umsturzsicheren Halterungen anzubringen sind, den Sauerstoff über Reduzierven- tile, Rotameter und Anfeuchtung mit Wasser den Patienten zuzu- führen. Seit einigen Jahren gibt es auch Sauerstoffkonzentratoren, die über Molekularsiebe aus der Raumluft mit Hilfe elektrischer Pumpen eine Anreicherung der

Luft bis 95 bis 97 Prozent bei ei- nem Fluß bis zu 4 Liter/Minute si- chern. Diese Geräte wiegen heute nur noch 20 kg und arbeiten sehr leise.

Sie amortisieren sich innerhalb von etwa zwei Jahren im Ver- gleich zu dem Sauerstoff-Fla- schenbetrieb. Wegen der kompli- kationslosen Handhabung ist des- halb den Sauerstoffkonzentratio- nen in den meisten Fällen bei ei- ner Indikation zur Sauerstoffanrei- cherung der Atemluft der Vorzug zu geben. Die Versicherungsträ- ger, die bei nachgewiesener Indi- kation die Anschaffung der Geräte übernehmen, sollten diese nur leihweise abgeben. Nach der Rücknahme können sie nach rela- tiv preisgünstiger Überholung an- deren Patienten wieder zur Verfü- gung stehen.

Diese Ausführungen sollten kei- nesfalls der schrankenlosen Sau- erstoffanwendung das Wort re- den. Im Einzelfall muß geprüft werden, welcher Nutzen dem Pa- tienten mit der Sauerstoffanrei- cherung der Atemluft entsteht.

Nutzen, Risikoabschätzung, aber auch Kosten/Effekt-Überlegungen müssen bei der Indikationsstel- lung einsetzen, da der erwünsch-

te Effekt durchaus nicht bei jedem für die Therapie geeignet erschei- nenden Patienten sicher ist. Der Patient wird auch an ein Gerät

„gebunden". Die Akzeptanz einer derartigen Bindung ist unter- schiedlich. Manche Patienten nehmen eine derartige Bindung gerne an (und sind enttäuscht, wenn man ihnen den fehlenden Nutzen gegebenenfalls klarzuma- chen hat). Andere Patienten emp- finden mit einer derartigen Indika- tionsstellung erst ihre Einengung des Lebensraumes. Bei derarti- gen Patienten ist deshalb gerade auch bei der Sauerstoff-Indikation die ärztliche Führung ebenfalls ein wichtiges therapeutisches Prinzip.

Literatur im Sonderdruck, zu beziehen über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Professor

Dr. med. Wolfgang T. Ulmer Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik der

Berufsgenossenschaftlichen Krankenanstalten

„Bergmannsheil Bochum"

Hunscheidtstraße 1 4630 Bochum 1

FÜR SIE GELESEN

Psychiatrische Erkrankungen und Kontraktionsanomalien der Speiseröhre

Über 6 Monate wurden 50 Patien- ten, die zur ösophagusmanome- trie in die Klinik eingewiesen wur- den, unabhängig davon auf psych- iatrische Erkrankungen unter- sucht, um festzustellen, ob ir- gendeine Assoziation zwischen psychiatrischer Erkrankung und Motilitätsstörungen des Ösopha- gus bestand. Die manometrischen Untersuchungen wurden entspre-

chend dem osophagus-Befund ohne Kenntnis der psychiatri- schen Diagnose klassifiziert. 25 Patienten hatten eine oder mehre- re der folgenden Kontraktionsstö- rungen: eine Steigerung der mitt- leren Wellenamplitude, eine Zu- nahme der mittleren Wellendauer, vermehrte Häufigkeit anomaler Motorik oder das Vorhandensein dreizackiger Wellen.

Psychiatrische Erkrankungen wurden bei 21 (84 Prozent) der 25 Patienten gefunden, jedoch nur in 4 (31 Prozent) der 13 Patienten mit normalen manometrischen Ver- hältnissen (P< 0,005) und 4 (33

Prozent) der 12 Patienten mit wei- teren manometrischen Anomalien (P < 0,01). Die Tatsache, daß psychiatrische Erkrankungen ge- häuft mit Ösophagus-Kontrak- tionsanomalien assoziiert sind, könnte — nach Ansicht der Auto- ren — eine Basis für weitere Unter- suchungen der Beziehung zwi- schen Affektstörungen und Er- krankungen der Magen-Darm-Mo- tilität sein. dpe

Clouse, R. E.; Lustman, P. J.: Psychiatric III- ness and Contraction Abnormalities of the Esophagus, The New England Journal of Med i- cine 309 (1983) 1337-1342, Dr. R. E. Clouse, Digestive Disease Clinical Center, 4949 Barnes Hospital Plaza, St. Louis, MO 63110, USA

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 21 vom 25. Mai 1984 (49) 1697

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