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Archiv "Bundesärztekammer: Grundsätze zur Sterbebegleitung neu gefasst" (07.05.2004)

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iele Menschen verstehen leider unter den Begriffen „Sterben in Würde“ und „Selbstbestimmung am Lebensende“ lediglich die Zulas- sung der so genannten aktiven Sterbe- hilfe oder die Erlaubnis zur ärztlichen Assistenz beim Suizid. Solche Vereinfa- chungen erfassen weder die eigentliche Problematik, noch können sie zu echten Lösungen führen.

Da in der Bevölkerung einerseits ei- ne erhebliche Angst davor besteht, dass Ärzte über Gebühr Leben und auch Leid verlängern, andererseits die Be- fürchtung wächst, dass wegen knapper werdender Ressourcen es zu vorzeitiger Aufgabe medizinischer Bemühungen kommt, werden die ärztlichen Verhal- tensweisen am Ende des Lebens zuneh- mend zur Thematik von mehr oder we- niger heftig geführten Diskussionen.

Die Bundesärztekammer hat in ihren Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung zuletzt 1998 klar die Meinung der verfassten Ärzteschaft zu diesem Thema formuliert. In den nunmehr vergangenen sechs Jahren sind neue Rechts- auffassungen formuliert wor- den. Zudem wurden viele Um- fragen durchgeführt, Fernseh- sendungen produziert und Ar- tikel veröffentlicht, die häufig die Bereitschaft der Ärzte zur Assistenz beim Suizid wünsch- ten. In einigen benachbarten Ländern erfolgte außerdem die gesetzliche Öffnung zur so genannten Euthanasie. Einige Politiker propagieren diesen Weg auch für Deutschland.

Der Ausschuss für ethische und medizinisch-juristische Grundsatzfragen der Bundes- ärztekammer hat nun in vielen Sitzungen und mit reichlich Anregungen aus Ärzteschaft

und Öffentlichkeit die Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung überarbei- tet. Am 30. April 2004 hat der Vorstand der Bundesärztekammer die Neufas- sung verabschiedet.

Danach hält die deutsche Ärzte- schaft weiterhin trotz aller Umfrageer- gebnisse an ihrem strikten „Nein“ zur aktiven Sterbehilfe fest. Auch wertet sie die Mitwirkung des Arztes bei der Selbsttötung weiterhin als unärztlich.

Sie ist der Meinung, dass die Probleme des Sterbens durch Öffnung der aktiven Sterbehilfe, auch im Sinn des ärztlich as- sistierten Suizids, nicht gelöst werden können. Ganz im Gegenteil, es besteht die Befürchtung, dass durch Zulassung von Krankentötungen die Bemühun- gen für eine bessere Betreuung sterben- der Menschen geradezu behindert wer- den. Aktive Sterbehilfe ist auch deshalb

inakzeptabel, weil durch Zulassung ge- zielter Tötung auf Verlangen Gefahren für krankes und schwer beschädigtes Leben entstehen. Angesichts dessen, dass es viele Wege gibt, Druck auszu- üben und jemandem zu suggerieren, es sei richtig und anständig, das eigene En- de zu verlangen, darf es kein Ausweg sein, die aktive Tötung auch in hoff- nungslosen Situationen seitens des Arz- tes überhaupt zum Thema zu machen.

Die „Grundsätze zur ärztlichen Ster- bebegleitung“ vermeiden die Begriffe

„Behandlungsabbruch“ und „Sterbe- hilfe“, um klarzustellen, dass Ärzte bis zum Tod behandeln wollen und sollen, in ausweglosen Situationen jedoch nicht mehr mit dem Ziel zu heilen, son- dern mit dem Ziel, Leid zu lindern. Da- bei erfolgt also kein Abbruch der Be- handlung, sondern eine Änderung des Therapieziels im Sinn der Symptombekämpfung, das heißt Palliativmedizin ist ge- boten. Der Begriff „Sterbebe- gleitung“ meint zunächst ganz einfach jede Form mitmensch- licher Hilfe, die man einem Sterbenden schuldet und die sein Los erleichtern soll. Es wird darüber hinaus verdeut- licht, dass es um eine Hilfe im und beim Sterben und nicht um Hilfe zum Sterben geht.

Auch die Neufassung der Grundsätze kann uns Ärzten die immer wieder schwierigen Entscheidungen am Lebens- ende nicht abnehmen. Wir werden selbst dann, wenn sich alle Ärzte an Inhalt und Geist der Grundsätze orientieren, weiterhin mit Vorwürfen kon- frontiert werden, dass wir ei- nerseits zu viel, andererseits aber zu wenig tun, um den Tod hinauszuschieben.

Prof. Dr. med. Eggert Beleites P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 197. Mai 2004 AA1297

Bundesärztekammer

Grundsätze zur Sterbebegleitung neu gefasst

Was hat sich an den Grundsätzen geändert?

Die Neufassung (Wortlaut auf den folgenden Seiten) ist vorwiegend als ei- ne redaktionelle Bearbeitung zu begreifen.

Das Kapitel „Behandlung bei sonstigen lebensbedrohenden Schädigun- gen“ ist zur Verdeutlichung seines eigentlichen Anliegens umbenannt wor- den. Es bezieht sich nun ausschließlich auf schwerste zerebrale Schädigun- gen und anhaltende Bewusstlosigkeit. Es soll mit dieser Umformulierung eindeutiger klargestellt werden, dass Komapatienten Lebende sind und dass für uns Ärzte die Bewusstlosigkeit kein Kriterium für eine Einstellung der Behandlung oder Beendigung des Lebens sein darf.

Auch wird nun in mehreren Passagen verdeutlicht, dass die Anlegung ei- ner PEG sowie die Nahrungszufuhr über sie nur statthaft sind, wenn sie nicht gegen den Willen oder gegen den mutmaßlichen Willen des Patienten erfolgen. Im Kapitel I., welches sich mit dem Verhalten bei Sterbenden be- schäftigt, wurde nochmals betont, dass Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr nicht zur Basisbetreuung gehören, weil Sterbende gerade eben durch Flüs- sigkeitszufuhr unverhältnismäßig belastet werden können.

Die Präambel ist durch einige Sätze erweitert und präzisiert worden. Da- zu gehört, dass Art und Ausmaß einer Behandlung gemäß der medizini- schen Indikation vom Arzt zu verantworten sind und dies auch für die künstliche Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr gilt.

Ein Sterbevorgang soll nicht künstlich in die Länge gezogen werden, und alle Entscheidungen müssen individuell erarbeitet werden. Das heißt, die Ärzteschaft lehnt jegliche gruppenorientierte Entscheidungen, seien sie auf Alter, Abstammung oder Gesundheitszustand bezogen, entschieden ab.

Im Weiteren wird betont, dass in Zweifelsfällen eine Beratung mit ande- ren Ärzten und mit den Pflegenden zu erfolgen hat.

Die Bedeutung und Verbindlichkeit von Patientenverfügungen werden

mehr als bislang betont. )

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