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Archiv "Arztgeschichten: Die Reise" (04.06.2004)

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Hausarztmodelle

Zu den Plänen der Krankenkassen zur Einführung von Hausarztmodellen:

Mehr Solidarität

. . . Liebe fachärztliche Kolle- gen, lassen wir uns von einigen Standespolitikern doch nicht für dumm verkaufen, viele die- ser Herren (und Damen) den- ken vor allem an ihre eigenen Pfründe und wollen nur unser Bestes, nämlich unser Geld.

Bedingt durch die widerlichen und peinlichen Hahnenkämpfe unserer „Standesoberen“ in den letzten 15 Jahren haben wir jedweden Einfluss in Ber- lin verloren. Mittlerweile zei- gen uns die Berufsverbände sämtlicher medizinischer Hilfs- berufe, wie man erfolgreiche Lobbyarbeit organisiert. Kei- ner von denen wird mit Punk- ten bezahlt. Von den Apothe- kern und der Pharmaindustrie ganz zu schweigen. Ich denke, wir schulden jedem, der sich durch die Ausbildung zum Me- diziner gekämpft hat, den nöti- gen Respekt . . . Es gibt nicht den guten Hausarzt oder den schlechten Facharzt und umge- kehrt. Es gibt nur gute und schlechte Ärzte, das aber durch alle Fachrichtungen. Nur wenn wir uns gegenseitig re- spektieren, können wir auch wieder mehr Respekt von außen erwarten.

Meines Erachtens sollten wir die KBV, diesen verfilzten, von Seilschaften und Partikularin- teressen dominierten Apparat, eliminieren, der Politik den so genannten Sicherstellungsauf- trag mit einem Kraftausdruck vor die Füße knallen und da- nach unsere KVen wieder zu dem machen, was sie ursprüng- lich einmal waren, eine Inter- essenvertretung für uns Ärzte.

Dadurch würden wir uns den kostspieligen Aufbau von Par- allelstrukturen sparen, in de- nen unsere lieben, alteingeses- senen Standesoberen wieder in vorderster Front mitverdienen.

Und wenn wir denn mal strei- ken müssen, dann tun wir das alle und tragen auch die Fol- gen solidarisch . . .

Dr. med. Horst Knopp,Balthasar- Neumann-Straße 1, 56648 Saffig

A

A1668 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 234. Juni 2004

B R I E F E / B Ü C H E R

S

ie hatten sie zu der Patien- tin gesetzt, um für eine Viertelstunde die arterielle Punktionsstelle zu komprimie- ren. Zwei Tage zuvor war die Patientin an der Halsschlag- ader operiert worden – eigent- lich eine Routineangelegen- heit in diesem Haus der Maxi- malversorgung. Doch dann war sie nicht mehr von der Be- atmung abgekommen. Nach mehreren vergeblichen Ver- suchen hatte man sie schließ- lich von der Intensiv verlegt, und so war sie auf ihrer Station gelandet, eine Frau in den Siebzigern mit noch jugend- lich frischer Haut und ruhi- gem ausdruckslosen Gesicht, und wäre nicht das Zischen des Beatmungsgeräts gewesen, hätte man sie eher für schla- fend denn für schwer krank gehalten.

Sie selbst war eine noch un- erfahrene Ärztin. Man hatte sie ohne wesentliche Einwei- sung in den Stationsbetrieb eingebaut, und so führte sie ein Dasein zwischen Schwestern- tätigkeit („Schwester, ich brau- che dringend was zum Schla- fen!“) und ärztlicher Tätigkeit („Frau Doktor, legen Sie doch bitte den Zugang.“ ).Auf diese Weise war sie an das Bett der alten Frau geraten, und da saß sie nun, in der Stille des Raums, die nur durch die regelmäßige Tätigkeit des Be- atmungsgeräts unterbrochen wurde. Und während sie unter den Fingern das sanfte Pochen des Arterienpulses fühlte, die Wärme des Zimmers eine blei- erne Schläfrigkeit auslöste und das Beatmungsgerät mit der Präzision eines Metronoms die Stille durchschnitt, glitten ihre

Gedanken zurück zum Vor- mittag. „Du weißt, dass ich nicht verreise, also kennst du auch meine Antwort.“ – hatte da auf einer Briefkarte gestan- den. Ein Einzeiler, der noch nicht einmal ein klares Nein enthielt und bedeutete, dass ihre Mutter die Einladung zur Taufe ihrer Enkelkinder abge- lehnt hatte. In all den Jahren – und es waren zu diesem Zeit- punkt etwa 15 – war sie nie zu Besuch gekommen, obwohl die Entfernung nur ein paar Hundert Kilometer betrug und bequem mit dem Zug zu bewältigen gewesen wäre. „Du weißt, dass ich nicht ver- reise . . . “ Dieser Satz enthielt alles, was in Zukunft noch möglich sein würde. Seltsam, bis zum Eintreffen des Briefes hatte sie noch gehofft und war sich im gleichen Moment doch einer Absage sicher.

Dabei war es doch gerade das Schicksal der Mutter ge- wesen, das ihre berufliche Ent- scheidung so maßgeblich be- einflusst hatte, deren Tumor- erkrankung, die alle bis dahin geltenden Strukturen auflöste und zur völligen Vereinsa- mung jedes Familienmitglieds führte. Eben noch schien diese Erkrankung eine Bagatelle zu sein ( „Ich bin in drei Tagen wieder zu Hause“. . . ), gleich darauf aber brach ihre Kind- heit in Stücke. Sie war sechs Jahre alt gewesen, das mittlere von fünf Kindern, als die Mutter erkrankte. Danach war eine endlose Zahl von Tagen verstrichen, in denen zunächst kindliches Hoffen, dann Angst und schließlich Resignation einander abgelöst hatten. Sie hatte einfach nicht mehr ge-

glaubt, dass die Mutter noch einmal wiederkäme und als sie schließlich doch gekommen war, war sie anders gewesen, kühler, beiläufiger, fremder, seltsam liebe-los. Sie hatte sich mehr den jüngeren Zwillingen zugewandt, und in dem Maße, wie die Selbstständigkeit der großen Tochter gewachsen war, hatte sich etwas einge- schlichen, das der Bedeutung

„unheimlich“ am nächsten kam. Die äußere Ähnlichkeit der Tochter mit dem ungelieb- ten Mann war unübersehbar, ebenso der Intellekt der Toch- ter „Du bist mir unheimlich“ – sie spürte es, suchte durch gute Leistungen und eiserne Diszi- plin ihrer eigenen Verunsiche- rung Herr zu werden. Den immer deutlicher zutage tre- tenden Egoismus der Mutter, deren starke materielle Orien- tierung, gepaart mit der Gleichgültigkeit gegen das Elend anderer, verstand sie nicht, und diese neuen We- senszüge trugen maßgeblich zur Entfremdung bei. Da stets ein Streit entstand, wurden we- nig Worte darüber gewechselt.

Selbst die Enkelkinder lösten bei der Mutter keine besonde- ren Gefühle aus, wobei sie sich aber nie ganz sicher war, ob dies bei den Kindern der an- deren Töchter anders war.

Sie blickte auf die still vor ihr liegende alte Frau nieder, deren Gesicht leer gewischt war von den vielen lebens- erhaltenden Medikamenten.

„Ich verstehe sie nicht“, sagte sie laut in die zerhackte Stille des Zimmers hinein, und während sie sprach, kam zum Stillstand, was sie bis dahin be- gleitet hatte: sie hörte auf zu verstehen, hörte auf zu hoffen, sie fühlte sich nicht länger be- rufen, sich zu bemühen, sie musste keine Gefühle mehr investieren, wo die Enttäu- schung vorprogrammiert war.

Es hatte aufgehört.

„Ich fange einfach noch mal von vorn an“, dachte sie, und während sie sich streckte und mühsam in die Wirklich- keit zurücktastete, merkte sie plötzlich, dass unter ihren Fingern kein Pulsschlag mehr zu tasten war.

Dr. med. Regina Geitner

Die Reise

Seit dem Heft 41/2003 veröffentlicht das Deutsche Ärzte- blatt regelmäßig in jedem vierten Heft eine Arzt- geschichte. Im Anschluss an die Veröffentlichung mehrerer literarischer Arztgeschichten begann das DÄ in Heft 3/2004 mit der Veröffentli- chung von Beiträgen aus der Leserschaft.

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