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1. DAS WIChtIGStE AUF EINEN BlICK –
6SChNEllÜBERSICht
2. JohANN WolFGANG voN GoEthE:
10lEBEN UND WERK
2.1 Biografie 10
2.2 Zeitgeschichtlicher hintergrund 15
Vom Vorabend der Französischen Revolution 1789 bis zur Julirevolution 1830 16
Bürgerlicher Macht- und Wissenschaftsanspruch 18
Veränderungen in der Ästhetik 19
2.3 Angaben und Erläuterungen
zu wesentlichen Werken 21
3. tExtANAlySE UND -INtERpREtAtIoN
253.1 Entstehung und Quellen 25
3.2 Inhaltsangabe 33
3.3 Aufbau 52
Aristotelisches Drama und
Shakespeare‘sche Szenenfolge 52
Vergleich der Fassungen 58
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3.4 personenkonstellation und Charakteristiken 63
Figurenkonstellation 63
Hauptfiguren 66
Faust 66
Mephistopheles 67
Margarete, Gretchen 69
Nebenfiguren 70
Valentin 70
Marthe Schwerdtlein 71
Wagner 71
Der Herr 73
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen 74
3.6 Stil und Sprache 95
3.7 Interpretationsansätze 99
Das Faustische und der Widerspruch 99
Dialektik und Ironie 100
Faust und Gretchen – das Thema
des Kindesmordes 104
Formale Aspekte 105
4. REZEptIoNSGESChIChtE
108Reaktionen bis zum „Ende der Kunstperiode“ 109
Nachahmungen und Parodien 111
Faust-Rezeption in den Weltkriegen 114
Faust-Rezeption nach 1945 114
Verschwörungstheorien und Legenden 119
Faust heute 121
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5. MAtERIAlIEN
1276. pRÜFUNGSAUFGABEN
135MIt MUStERlöSUNGEN
lItERAtUR
146StIChWoRtvERZEIChNIS
154zur Vollversion
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2 J. W. voN GoEthE:
lEBEN UND WERK
3 tExtANAlySE UND -INtERpREtAtIoN 1 SChNEllÜBERSICht
JohANN WolFGANG voN GoEthE
6
1. DAS WIChtIGStE AUF EINEN BlICK – SChNEllÜBERSICht
Damit sich jeder Leser in diesem Band sofort zurechtfindet und das für ihn Interessante entdeckt, folgt eine Übersicht.
Im 2. Kapitel wird Johann Wolfgang von Goethes Leben beschrie- ben und auf den zeitgeschichtlichen Hintergrund verwiesen:
Goethe lebte von 1749 bis 1832 vorwiegend in Weimar, der Hauptstadt des kleinen Herzogtums (seit 1815 Großherzog- tums) Sachsen-Weimar-Eisenach.
Goethe kam 1775 nach Weimar; er brachte Textentwürfe zum Faust mit. Es war der Vorabend der Französischen Revolution von 1789, mit der sich Europa prinzipiell veränderte und die geistige Bewegung der Aufklärung politisch wirksam wurde.
Im Faust schlägt sich die Entwicklung bürgerlichen Denkens, verbunden mit der Entwicklung moderner Wissenschaften, die Alchemie und Zauberei verdrängten, nieder; sie werden begleitet durch ästhetische Entwicklungen.
Im 3. Kapitel findet der Leser eine Textanalyse und -interpre- tation.
Faust – Entstehung und Quellen:
Der historische Faust, ein Zeitgenosse Luthers, gehört zu den in- teressantesten Gestalten der europäischen Kulturgeschichte und steht am Beginn der Moderne; Goethe fand zahlreiche literarische Verarbeitungen des Themas vor.
S. 10 ff.
S. 16 f.
S. 18
S. 25 ff.
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2.1 Biografie
2 J. W. voN GoEthE:
lEBEN UND WERK
3 tExtANAlySE UND -INtERpREtAtIoN 1 SChNEllÜBERSICht
JohANN WolFGANG voN GoEthE
10
2. JohANN WolFGANG voN GoEthE:
lEBEN UND WERK 2.1 Biografie
JAhR oRt EREIGNIS AltER
1749 28. August Frankfurt a. M.
Johann Wolfgang Goethe wird als Sohn des Kaiserlichen Rates Dr. jur. Johann Kaspar Goethe, Sohn eines Schneiders, und Katharina Elisabeth, geb. Textor, Tochter des Schultheißen, in Frankfurt am Main, im Haus „Zu den drei Leiern“
am Großen Hirsch graben geboren. Die Familie ist wohlhabend; der Reichtum stammt vom Großvater.
1750 Frankfurt a. M. Schwester Cornelia Friederike Christiana Goethe geboren.
1
1753 Frankfurt a. M. Der Vater schenkt den Kindern zu Weihnachten ein puppentheater.
Goethe schrieb das Geschenk später der Großmutter zu, um den Ruf des Vaters zu schädigen.
4
1759 – 1763
Frankfurt a. M. Während der französischen Besetzung Frankfurts besucht Goethe das franzö- sische theater.
10 –14
1765 Leipzig Goethe studiert die Rechte, hört aber auch Vorlesungen zur Literatur und lernt Gellert und Gottsched kennen. – Liebe zu Käthchen Schönkopf, der Tochter eines Zinngießers.
16
1768 Frankfurt a. M. Goethe kehrt nach einem Blutsturz nach Hause zurück. Er verkehrt im pietis- tischen Kreis der Susanna Katharina von Klettenberg und liest Wieland, Shakespeare u. a.
19 Johann Wolfgang
von Goethe (1749 –1832),
© ullstein bild – Archiv Gersten- berg
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2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
4 REZEptIoNS- GESChIChtE
5 MAtERIAlIEN 6 pRÜFUNGS-
AUFGABEN
FAUSt I 15
2.2 Zeitgeschichtlicher hintergrund
Grundlegende politische und gesellschaftliche Wandlungen nach 1770:
Im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg entsteht ein bürgerlicher Staat (Unabhängigkeitserklärung 1776).
In Frankreich bereitet sich die Revolution von 1789 vor, die Europa grundsätzlich von einer höfisch- aristokratischen in eine bürgerliche Gesellschaft verändert und 1806, während der Napoleonischen Kriege, zum Zusammen- bruch Preußens führt.
Zeit der Ablösung der politischen Feudalstruktur und eines orthodoxen Christentums durch eine auf Wissen- schaft orientierte bürgerliche Entwicklung; Abkehr von einem religiös-metaphysischen Weltbild und Vordringen aufklärerischen Denkens und der kritischen Vernunft.
Von England aus Beginn einer industriellen Revolution.
Deutschland ist in Kleinstaaten zersplittert, dadurch wirtschaftlich rückständig, und hat kein politisches, ökonomisches und kulturelles Zentrum.
Künstlerisch-ästhetisch wird das Literaturverständnis, das bisher weitgehend von Aristoteles und dem französischen Klassizismus bestimmt wurde, durch die Rezeption der Dramen Shakespeares erweitert und führt zu einer neuen Dramenform, die zur offenen Form tendiert und epische Elemente bekommt. Neubestimmung des Verhältnisses zur Antike.
ZUSAMMEN- FASSUNG
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2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
2 J. W. voN GoEthE:
lEBEN UND WERK
3 tExtANAlySE UND -INtERpREtAtIoN 1 SChNEllÜBERSICht
JohANN WolFGANG voN GoEthE
16
vom vorabend der Französischen Revolution 1789 bis zur Julirevolution 1830
Die Entstehungszeit des Faust-Komplexes reicht von 1770 bis 1832, zu ihm gehören Urfaust, Faust. Ein Fragment, Faust. Eine Tragödie mit Der Tragödie Erster Teil und Der Tragödie Zweiter Teil. Goethe begann mit der Arbeit während der deutschen Sturm- und-Drang-Zeit, die eine Zuspitzung aufklärerischen Denkens bedeutete . Zum einen verwirklichten sich die aufklärerischen Ide- en Westeuropas im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg: Sie führten nicht nur zum Sieg über die Kolonialmächte, sondern zur Gründung eines bürgerlichen Staates (Unabhängigkeitserklärung der 13 Vereinigten Staaten, 4. Juli 1776), der die Ideen der franzö- sischen Aufklärung (Rousseau), insbesondere die Menschenrech- te, zu verwirklichen antrat. Zum anderen war es der Vorabend der bürgerlichen Französischen Revolution von 1789. Europa wur- de durch die Aufklärung und die durch sie entwickelte kritische Vernunft auf die geistigen und politischen Veränderungen vorbe- reitet. „Vernunft“ war eine zentrale Kategorie im 18. Jahrhundert und bedeutete, mit Hilfe des analytischen Denkens zu Ideen vor- zustoßen, die eine neue Qualität im Weltverständnis des Menschen und im Umgang miteinander hervorbrachten. Dagegen galt der
„Verstand“ als jenes Maß von Urteilskraft und Intelligenz, „durch dessen Hilfe jeder Mensch mit den gewöhnlichen Angelegenheiten der Gesellschaft fertig wird“ 1.
Im Zentrum des aufklärerischen Denkens standen die Men- schenrechte. Erste Anregungen gab der englische Materialist Thomas Hobbes (1588 –1679). Ihre Präzisierung geschah durch den deutschen Philosophen und Aufklärer Samuel von Pufendorf
1 Manfred Naumann (Hrsg.): Artikel aus der von Diderot und d’Alembert herausgegebenen Enzyklopädie. Leipzig: Reclam, 1984 (Universal-Bibliothek Band 90), S. 139.
Aufklärung
Menschenrechte
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3.1 Entstehung und Quellen
2 J. W. voN GoEthE:
lEBEN UND WERK
3 tExtANAlySE UND -INtERpREtAtIoN 1 SChNEllÜBERSICht
JohANN WolFGANG voN GoEthE
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1802 zweifelte Schiller erneut am Abschluss und kündigte Cotta an, wenn es doch dazu komme, werden „seine Forderungen (…) groß sein“ 27. Goethe sei vor allem rücksichtslos gegenüber den Verle- gern und Buchhändlern, keiner sei mit ihm zufrieden und er sei mit keinem zufrieden gewesen: „Liberalität gegen seine Verleger ist seine Sache nicht.“ 28 Dass dann der Erste Teil fertig wurde, hing mit der dreizehnbändigen neuen Werkausgabe zusammen, die bei Cotta erscheinen sollte. Für sie schloss Goethe den Ersten Teil im April 1806 ab, der zur Ostermesse 1808 erschien.
27 Bode, Bd. 2, S. 219.
28 Ebd.
Will Quadflieg als Faust und Gustaf Gründgens als Mephisto im Theaterfilm Faust (BRD1960)
© Cinetext
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3.3 Aufbau
4 REZEptIoNS- GESChIChtE
5 MAtERIAlIEN 6 pRÜFUNGS-
AUFGABEN
FAUSt I 57
ENt WICKlUNG DER GREtChENhANDlUNG
Abfolge der Stationen, die Faust durchläuft Besuch Fausts bei
Gretchen (ohne Szenendarstellung)
Das klassische Dramendreieck Marthens Garten
(höhepunkt)
Gretchens Stube Wald und höhle Garten,
Gartenhäus chen (Steigerung)
Straße
Der Nachbarin Haus (Steigerung)
Spaziergang Abend
(erregendes Moment) Straße (Exposition)
Am Brunnen
(fallende handlung)
Zwinger
Nacht (retardie- rendes Moment)
Dom
Kerker (Katas- trophe)
Nacht – Vor dem Tor – Studier- zimmer – Auer- bachs Keller
Hexenküche – Wald und höhle – Walpurgisnacht – Walpurgis- nachtstraum – Trüber Tag. Feld – Nacht. Offen Feld – Kerker
Faust tritt aus der Handlung zurück.
(peripetie/Umschlag)
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3.3 Aufbau
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JohANN WolFGANG voN GoEthE
58
In der dramaturgischen Katastrophe (Kerker) finden beide Handlungen ihren Abschluss: Die Gretchen-Handlung mit dem tiefsten Punkt, den die Handlung erreichen kann, einen endgülti- gen, die Faust-Handlung mit dem Aufbruch zu einer neuen Station einen vorläufigen.
vergleich der Fassungen
Die Versnummern beziehen sich auf Faust. Erster Teil. Geringfü- gige Abweichungen, Auslassungen oder Zusätze werden der Über- sichtlichkeit halber nicht vermerkt. Die Gegenüberstellung 49 sagt auch nichts über die quantitativen Verhältnisse der Szenen. So ist z. B. Kerker im Urfaust halb so umfangreich wie in Faust. Erster Teil.
URFAUSt FAUSt. EIN FR AGMENt FAUSt. EINE tR AGöDIE
– – – – Zueignung
– – – – Vorspiel auf dem
Theater
– – – – Prolog im Himmel
Nacht (nur V. 354–605) Nacht (nur V. 354–605) Nacht (V. 354 – 807)
– – – – Vor dem Tor
(Osterspaziergang)
– – – – Studierzimmer I
(Pudel und Mephisto)
– – unauffällige Paktszene Studierzimmer II
(veränderte Paktszene)
– – Mephistos Monolog
in Fausts Kleid)
Mephistos Monolog in Fausts Kleid) Schülerszene Schülerszene
(verändert)
Schülerszene
49 Sie folgt in den Grundzügen BA 8, S. 761, nimmt aber formale Kriterien zusätzlich auf.
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108
4. REZEptIoNSGESChIChtE
Faust wirkte von seinem Erscheinen bis heute vielfältig auf Kunst und tägliches Leben. Zeitgenossen glaubten Goethe sowohl in Faust als auch Mephisto zu erkennen.
Die Romantiker begrüßten vor allem die Schluss-Szene.
Schon früh kam es zu Nachahmungen und Parodien.
Eine eigene Rezeptionsgeschichte bilden die Anekdoten.
Bedeutende Auseinandersetzungen mit der Faust-Gestalt schrieben u. a. Thomas Mann (Doktor Faustus) und Volker Braun (Hinze-Kunze-Roman).
Nach 1945 schien die Faust-Figur diskreditiert und galt mitschuldig am „deutschen Wesen“.
Berühmt wurde die Verkörperung des Mephisto durch Gustav Gründgens.
Eine folgenreiche Inszenierung geschah 1968 am Deutschen Theater in (Ost-)Berlin, an die sich in der DDR eine wichtige Debatte anschloss.
Goethes Stück hat auch zu verschiedenen Legenden und Verschwörungstheorien (Freimaurerei) angeregt.
Neue Akzente für das Verständnis des Stückes und künftige Inszenierungen setzte im Jahr 2006 die Faust- Konferenz am Deutschen Theater.
Faust ist bis heute das meistbesuchte Theaterstück.
ZUSAMMEN- FASSUNG
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FAUSt I 109
Reaktionen bis zum „Ende der Kunstperiode“
Goethes Faust hat in allen Bereichen der Kunst und des täg- lichen Lebens seine Spuren hinterlassen, ob als Kunstwerk, das nach einer Interpretation verlangte, als Thema für andere Künste und Kunstwerke oder als Zitatenspender.
Im Freundeskreis Goethes war das Stück umstritten, kritisie- rende Zeitgenossen gab es zur Genüge. Der Kreis um den als
„Proktophantasmisten“ verspotteten Berliner Aufklärer und Lite- raturkritiker Friedrich Nicolai hielt das Werk für unverschämt, Fausts Charakter für mangelhaft und den Mephisto für einen
„elenden Hanswurst“. Neben geglückten Szenen gäbe es viel
„alltägliches, gemeines Geschwätz“, ein Intermezzo (der Walpur- gisnachtstraum) mit „pöbelhaften Zoten“, das danach verlangte, sich „diesem goethischen Unwesen (zu) widersetzen“ 86. Der Auf- klärer und Weimarer Freund Goethes Christoph Martin Wieland war dagegen beeindruckt, aber auch irritiert von der „barock- genialischen Tragödie“, dem „exzentrischen Geniewerk“, das eine Mischung aus „diabolischer Schöpfungskraft“ in der Art des
„Höllen- Breughel“ 87 und „pöbelhafter Unfläterei“ in der Art des Aristophanes sei. Mit dieser Mischung habe sich Goethe mehr ge- schadet, „als ihm sein ärgster Feind jemals schaden könnte“ 88. Die Figur des Gretchens hielt man bei Goethe und in der deutschen Literatur für neuartig. In ihrer Naivität und Unschuld sah man jene Werte, zu denen sich der Sturm und Drang verpflichtet hatte. In der formalen Anlage hatte Goethe das Fassungsvermögen seiner Zeitgenossen überfordert, indem er aristotelische Strukturen mit
86 Der Lehrer Christoph Daniel Ebeling an Friedrich Nicolai, 14. Juni 1808. In: Bode, Bd. 2, S. 392 f.
87 So wurde, im Unterschied zu seinem Vater, dem Bauern-Breughel, der flämische Maler Pieter Brueghel der Jüngere (1564 –1638) genannt.
88 Christoph Martin Wieland an den Dichter und Zensor in Wien Joseph Friedrich von Retzer, 20. Juni 1808. In: Bode, Bd. 2, S. 393 f.
Vielfältige Spuren
„goethisches Unwesen“
Zeitgenössische Rezeption