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Archiv "Prävention am Beginn des Lebens" (22.07.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 29–30

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22. Juli 2013 487

M E D I Z I N

EDITORIAL

Prävention am Beginn des Lebens:

Hirnblutung bei kleinen Frühgeborenen

Harald Ehrhardt, Klaus-Peter Zimmer

Editorial zum Beitrag:

„Prospektive Überwachung von Risikofaktoren reduziert Hirnblutungsrate bei Frühgeborenen“

von Schmid MB, Reister F, Mayer B, Hopfner RJ auf den folgenden Seiten

schaftliche Datenlage zeigt, dass bereits eine Viel- zahl von einzelnen Faktoren bekannt ist, die das Ri- siko für eine Hirnblutung bei kleinen Frühgeborenen erhöhen. Neben den für den Neonatologen nicht be- einflussbaren Risikofaktoren wie Gestationsalter, Komplettierung der antenatalen Steroidprophylaxe und dem Amnioninfektionssyndrom wurde eine Rei- he von Risikofaktoren identifiziert, die durch ein entsprechendes postpartales Qualitätsmanagement beeinflusst werden können:

Hierzu zählen, um nur einige der wichtigen Einfluss- größen zu benennen (5):

das späte Abnabeln des Frühgeborenen

die Vermeidung von Fluktuationen der ZNS-Per- fusion bei noch unzureichender Autoregulation

die stringente Überwachung der Vitalparameter.

Maßnahmenkatalog zur Reduktion der Hirnblutungsrate

Auch im deutschsprachigen Raum wurde bereits ge- zeigt, dass nicht nur die erwiesenen einzelnen Ein- flussfaktoren auf die Hirnblutungsrate bei kleinen Frühgeborenen zu einem deutlich besseren Behand- lungsergebnis führen können, sondern auch ein Maß- nahmenkatalog zur Reduktion der Hirnblutungsrate dazu beiträgt (6). Die in dieser Ausgabe des Deut- schen Ärzteblattes publizierte Arbeit von Schmid et al. geht bei dem Maßnahmenbündel über die bisher publizierten Arbeiten hinaus und kann im Vergleich mit einer historischen Patientenkohorte in etwa eine Halbierung dieser Komplikationsrate nachweisen (7). Gerade vor dem Aspekt der langfristigen Folgen ist dies ein mehr als ermutigendes Ergebnis, das das Resultat der erfolgreichen Zusammenarbeit des ge- samten Behandlungsteams und nicht Folge des Han- delns eines Einzelnen oder einer einzelnen Maßnah- me ist.

Die Erfahrung des betreuenden Teams sollte in diesem Zusammenhang nicht unterschätzt werden.

Wissenschaftlich ist einwandfrei belegt, dass sowohl die Anzahl und Ausbildung des Personals als auch die Qualität der Versorgung von Frühgeborenen we- sentlichen Einfluss auf das Behandlungsergebnis dieser Patientenkohorte nimmt (8, 9).

Die DRG-Fallpauschalen für Frühgeborene be- rücksichtigen genau dies und sind auf der Basis einer vergleichsweise hohen Personalvorhaltung und qua- litativ hochwertigen Ausstattung kalkuliert.

D

ie Langzeitprognose von kleinen Frühgebore- nen – insbesondere mit einem Geburtsgewicht

< 1500 g – wird wesentlich von den Komplikationen während der Intensivtherapie nach der Geburt be- stimmt. In vielen großen Studien konnte gezeigt wer- den, dass die höhergradige Hirnblutung mit und ohne Parenchym beteiligung die langfristige psychomoto- rische Prognose dieser Kinder in besonderem Maße terminiert (1).

Deshalb sind in der Diskussion um die Qualität der Behandlung von Frühgeborenen neben den Über- lebensraten weitere Qualitätsindikatoren und hier vor allem die Rate an Hirnblutungen in den Fokus der Diskussion gerückt. Vor nicht allzu langer Zeit wurde in diesem Fachblatt eine Arbeit zur risikoad- justierten Betrachtung der Rate an Hirnblutungen bei Frühgeborenen publiziert, die die Komplexität des Vergleichs dieses Qualitätsparameters zwischen ver- schiedenen spezialisierten Zentren aufzeigte, aber auch die starke Variation der Inzidenz der Hirnblu- tungsraten bei Frühgeborenen deutlich machte (2).

Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern bestehen weiterhin große Unterschiede bei diesem Qualitätskriterium (3).

Entscheidend für die Langzeitprognose

Weil die Hirnblutung bei Frühgeborenen meist in den ersten Lebenstagen nach der Geburt auftritt, ter- miniert diese kurze kritische Phase am Beginn des Lebens ganz entscheidend die Langzeitprognose.

Die Störung der normalen psychomotorischen Ent- wicklung hat gravierende Auswirkungen für das In- dividuum, sie führt zu einer erheblichen Belastung für die Familie des Kindes und ist mit einem erhöh- ten Förderungsbedarf verbunden.

Abgesehen von den Folgen für jeden einzelnen betroffenen Patienten und die Familien sind die lang- fristig erheblichen zusätzlichen Kosten für das Ge- sundheitssystem zu berücksichtigen (4).

Verbesserung der Versorgung rückt in den Hintergrund

Leider rückt – in der Diskussion um die Bewertung unterschiedlicher Behandlungsergebnisse und in An- betracht der Flut und Qualität an epidemiologischen Daten – die Verbesserung der Behandlung dieser Kinder auf Basis wissenschaftlicher Evidenz in den Hintergrund. Die Rückbesinnung auf die wissen-

Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Abteilung allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, Justus-Liebig- Universität Gießen

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M E D I Z I N

Kritiker der Studie werden anführen, dass nicht al- le Maßnahmen des Katalogs auf wissenschaftlicher Evidenz beruhen. Diesem Argument kann nicht wi- dersprochen werden. Jedoch ist die Evaluation jedes einzelnen Parameters in großen Multicenter-Studien mit entsprechender Aussagekraft aufgrund der be- grenzten Ressourcen und der Vielzahl an wichtigen Fragestellungen nur schwer zu realisieren. Trotzdem zeigt diese Studie, dass es zu einer dauerhaften Ver- besserung der Behandlungsergebnisse führt, wenn man sich regelmäßig bewusstmacht, was die wichti- gen Behandlungsziele sind und die Eigenkontrolle durch das gesamte Behandlungsteam vorhanden ist.

Dies ist auf keinen Fall überraschend, denkt man zum Beispiel an die Effektivität der Infektionspro- phylaxe durch regelmäßige Händehygieneschulun- gen und Teamtrainings (10).

Rückbesinnung auf wissenschaftliche Evidenz

Die von Schmid et al. vorgelegte Arbeit ist nur eines von vielen Beispielen, dass Standards Of Procedure (SOPs) zu einer Verbesserung der Behandlungser- gebnisse führen. Das Interventionsprogramm der Ul- mer Kollegen zeigt auf, dass folgende Faktoren die Behandlungsergebnisse verbessern:

Evaluation der wissenschaftlichen Datenlage

interdisziplinäre Zusammenarbeit

konsequente Umsetzung von Guidelines

regelmäßige kritische Reflexion von Qualitäts- beziehungsweise Komplikationsparametern.

Dabei sinken die Behandlungskosten, ein Aspekt, der in einer Zeit des hohen ökonomischen Drucks nicht zu unterschätzen ist. Vor diesem Hintergrund ist die Forderung zu wiederholen, dass auch das DRG-System Qualität und nicht Komplikationen be- lohnen sollte. Gleichzeitig ist die Rückbesinnung auf die wissenschaftliche Evidenz ein Lösungsansatz in der derzeitigen kontroversen Diskussion um die Inzi- denz von Risikoparametern und den risikoadjustier- ten Vergleich dieser epidemiologischen Daten.

Letztere versetzt die behandelnden Ärzte nur in die Lage, die Behandlungsergebnisse nicht nur zentrumsspezifisch für verschiedene Zeitintervalle, sondern auch zwischen verschiedenen Behandlungs- zentren zu vergleichen. Sie kann aber per se nicht zu einer Verbesserung der Behandlungsqualität führen.

Gerade vor dem Hintergrund der lebenslangen Kon- sequenzen muss der Fokus auf die Verbesserung der Therapieergebnisse gerichtet werden.

Interessenkonflikt

Dr. Ehrhardt ist leitender Oberarzt der Neonatologie der Justus-Liebig-Uni- versität Gießen, Prof. Zimmer ist geschäftsführender ärztlicher Direktor der Kinderklinik der Justus-Liebig-Universität Gießen und Leiter der Abteilung Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie. Es besteht kein Interessenkonflikt.

LITERATUR

1. McCrea HJ, Ment LR: The diagnosis, and postnatal prevention of intraventricular hemorrhage in the preterm neonate. Clin Perina- tol 2008; 35: 777–92.

2. Vogtmann C, Koch R, Gmyrek D, Kaiser A, Friedrich A: Risk-ad- justed intraventricular hemorrhage rates in very premature in- fants: towards quality assurance between neonatal units. Dtsch Arztebl Int 2012; 109: 527–33.

3. Stoll BJ, Hansen NI, Bell EF, et al.: Neonatal outcomes of ex - tremely preterm infants from the NICHD Neonatal Research Net- work. Pediatrics 2010; 126: 443–56.

4. Petrou S, Johnson S, Wolke D, Marlow N: The association be - tween neurodevelopmental disability and economic outcomes during mid-childhood. Child Care Health Dev 2013; 39:

345–57.

5. Bassan H: Intracranial hemorrhage in the preterm infant: under- standing it, preventing it. Clin Perinatol 2009; 36: 737–62.

6. Obladen M, Metze B, Henrich W, Aktas A, Czernik C, Schulz-Bal- des A: Interdisciplinary surveillance of intraventricular haemor- rhage associated conditions in infants <1000 g. Acta Paediatr 2008; 97: 731–7.

7. Schmid MB, Reister F, Mayer B, Hopfner RJ, Fuchs H, Hummler HD: Prospective risk factor monitoring reduces intracranial hemorrhage rates in preterm infants. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(29–30): 489–96.

8. Synnes AR, Macnab YC, Qiu Z: Neonatal intensive care unit characteristics affect the incidence of severe intraventricular hemorrhage. Med Care 2006; 44: 754–9.

9. Lake ET, Staiger D, Horbar J, et al.: Association between hospital recognition for nursing excellence and outcomes of very low-birth-weight infants. JAMA 2012; 307: 1709–16.

10. Mathai E, Allegranzi B, Seto WH, et al.: Educating health care workers to optimal hand hygiene practices: addressing the need. Infection 2010; 38: 349–56.

Anschrift für die Verfasser Dr. med. Harald Ehrhardt

Neonatologie der Justus-Liebig-Universität Gießen Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin UKGM, Standort Gießen

Justus-Liebig-Universität Feulgenstraße 12 35392 Gießen

harald.ehrhardt@paediat.med.uni-giessen.de

Englischer Titel: Prevention at the Beginning of Life:

Cerebral Hemorrhage in Very Preterm Infants

Zitierweise

Ehrhardt H, Zimmer KP: Prevention at the beginning of life: cerebral hemorrhage in very preterm infants. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(29–30):

487–8. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0487

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The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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